Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150385/8/Lg/Hue/RSt

Linz, 27.06.2006

 

 

 

VwSen-150385/8/Lg/Hue/RSt Linz, am 27. Juni 2006

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 25. April 2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des C. S., D-97 K., vertreten durch Rechtsanwältin Dr. B. W., 60 I., gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 29. November 2005, Zl. BauR96-253-2005, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

  1. Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen. Die Geldstrafe wird auf 200 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 17 Stunden herabgesetzt.
  2.  

  3. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 20 Euro.

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2, 19, 20 VStG.

Zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 33 Stunden verhängt, weil er am 16. Juni 2005 um 8.10 Uhr als Lenker eines Kfz mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen und dem behördlichen Kennzeichen SW die mautpflichtige A, I., bei ABKm 37, Gemeinde W., Bezirk G., in Fahrtrichtung V. benützt habe, ohne dass die für die Benützung der Autobahn vorgeschriebene fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet worden sei. Die Achsenzahl des Kfz (4) sei höher gewesen als die eingestellte Kategorie bzw. Achsenzahl (3).
  2.  

  3. In der Berufung wird im Wesentlichen vorgebracht, dass der Bw einige Tage vor dem Tatzeitpunkt das Kfz übernommen habe und die richtige Achsenzahl (4) vom Sohn seines Arbeitgebers eingestellt worden sei. Es sei dem Bw nicht bekannt gewesen, dass das Fahrzeug später in die betriebseigene Werkstatt gegeben hätte werden müssen und dort irrtümlich die Achsenzahl verstellt worden sei. Aus diesem Grund habe der Bw nicht neuerlich die eingestellte Achsenzahl überprüft, da er der festen Überzeugung gewesen sei, dass nur er allein das Fahrzeug benützt.

 

Beantragt wird die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens nach Durchführung einer Berufungsverhandlung und Einvernahme des Sohnes des Arbeitgebers des Bw.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der A. vom 16. Juni 2005 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Als Beanstandungsgrund ist angegeben, dass die Achsenzahl des Kraftfahrzeuges mit 4 höher gewesen sei als die mit 3 eingestellte Kategorie/Achsenzahl am Fahrzeuggerät und dadurch sei die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet worden. Weiters sei es am 16. Juni 2005 um 14.54 Uhr auf der A bei km 13, Fahrtrichtung S., zusätzlich zu einer Kontrolle durch ein Mautaufsichtsorgan gekommen, bei der ein mündliches Ersatzmautangebot gestellt worden sei; diesem sei jedoch nicht entsprochen worden. Der Bw habe gegenüber dem Mautaufsichtsorgan geäußert, dass er die GO-Box nicht kontrollieren wolle, da er für die Einstellung nicht verantwortlich sei.

 

Nach Strafverfügung vom 26. Juli 2005 wurde der Verfahrensakt im Rechtshilfeweg über den Stadtmagistrat Innsbruck der Vertreterin der Bw zur Einsicht vorgelegt. Danach rechtfertigte sich der Bw im Wesentlichen wie in der später eingebrachten Berufung.

 

Einer ergänzenden Stellungnahme der A. vom 24. Oktober 2005, in der auf die Mitwirkungspflicht des Fahrzeuglenkers hingewiesen wird, sind zwei Beweisbilder und eine Einzelleistungsinformation vom Tattag angeschlossen.

 

Dazu äußerte sich der Bw im Wesentlichen wie in der später eingebrachten Berufung. Weiters wurde ergänzt, dass eine Verhängung einer Strafe in keinem Verhältnis zu unabsichtlich hinterzogenen Maut stehen würde und es werde eine Ermahnung beantragt.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25. April 2006 wurde zunächst festgestellt, dass der beantragte Zeuge, H. L., die Annahme der Ladung zur Verhandlung verweigert hat.

 

Die Vertreterin des Bw brachte vor, dass den Bw kein Verschulden treffe, da er nicht verpflichtet sei, die Kontrolle laut Mautordnung durchzuführen, da es sich bei der Mautordnung um eine nicht ordnungsgemäß kundgemachte Norm handle.

 

Beantragt wurde die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Herabsetzung der Strafe bzw. die Erteilung einer Ermahnung.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1 Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs.2 BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden.

 

Punkt 8.2.2. der Mautordnung besagt, dass bei Ausgabe der GO-Box eine Basiskategorie entsprechend der vorhandenen Achsenanzahl des mautpflichtigen Kraftfahrzeuges eingestellt wird (die Basiskategorie stellt die Untergrenze für eine manuelle Umstellung durch den Nutzer dar). Der Kraftzeuglenker hat vor jedem Fahrtantritt die Kategorie entsprechend Punkt 8.2.4.2. zu überprüfen.

 

Nach Punkt 8.2.4.2. der Mautordnung hat sich der Nutzer vor dem Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes über die Funktionstüchtigkeit der GO-Box durch einmaliges Drücken (kürzer als zwei Sekunden) der Bedientaste zu vergewissern (Statusabfrage). Diese Überprüfungspflicht umfasst jedenfalls auch die korrekte Deklarierung und Einstellung der Kategorie gemäß Punkt 8.2.2.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG wird eine Übertretung gemäß § 20 Abs. 2 BStMG straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut bezahlt.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Scheidet eine schriftliche Aufforderung gem. Abs. 4 aus, so ist anlässlich einer Kontrolle der ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut jenes Fahrzeuges, mit dem die Tat begangen wurde, der Zulassungsbesitzer mündlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 2 auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht und die Tat nicht bereits verjährt ist. Die Aufforderung ist an den Lenker zu richten, der bei der Leistung der Ersatzmaut als Vertreter des Zulassungsbesitzers fungiert. Ihr wird entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen (Abs. 5).

 

5.2. Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass der Bw eine Mautstrecke ohne ordnungsgemäße Mautentrichtung (nämlich mit falsch eingestellter Achsenzahl bei der GO-Box) benützt hat. Unstrittig ist ferner, dass gem. § 19 Abs. 5 BStMG die Zahlung einer Ersatzmaut angeboten worden ist, dieser Aufforderung jedoch nicht entsprochen wurde.

Dem Vorbringen des Bw, der Sohn seines Arbeitgebers würde die Einstellung der GO-Box vornehmen, dieser sei dafür verantwortlich und zudem hätte der Bw keine Kenntnis vom irrtümlichen Verstellen der Achsenzahl durch die betriebseigene Werkstätte gehabt, wird unter Hinweis auf die Punkte 8.2.2. und 8.2.4.2. der Mautordnung entgegnet, dass sich der Lenker vor jedem Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes über die Funktionstüchtigkeit der GO-Box durch einmaliges Drücken (kürzer als zwei Sekunden) der Bedientaste zu vergewissern (Statusabfrage) hat. Diese Überprüfungspflicht umfasst jedenfalls auch die korrekte Deklarierung und Einstellung der Kategorie gemäß Punkt 8.2.2.

Dem Bw ist deshalb vorzuwerfen, dass er seinen Pflichten als Fahrzeuglenker nicht nachgekommen ist, da er vor Befahren einer mautpflichtigen Strecke die geänderte Achsenzahl nicht manuell umgestellt und sich auf die Einstellungen des Sohnes seines Arbeitgebers verlassen und die Statusabfragen vor den Fahrten bei der GO-Box, die auch die eingestellte Achsenzahl/Kategorie umfassen, offensichtlich nicht durchgeführt hat, was von ihm auch selbst eingeräumt worden ist.

 

Dem Einwand des Bw, die Mautordnung sei nicht ordnungsgemäß verlautbart worden und es träfen ihn deshalb keine in der Mautordnung normierten Verpflichtungen, ist mit Walter - Mayer, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 8. Auflage, RZ 602, S. 240f, entgegenzuhalten, dass das Bundesverfassungsgesetz keine ausdrückliche Vorschrift darüber enthält, wie Verordnungen kundzumachen sind. Dass eine "gehörige" und "gesetzmäßige" Kundmachung zu erfolgen hat, ergibt sich aus Art. 89 Abs. 1 und Art. 139 Abs. 3 lit. c B-VG.

Das BStMG sieht in § 16 vor, dass die Mautordnung von der A. im Internet zu verlautbaren ist und frei von Sondergebühren jederzeit ohne Identitätsnachweis zugänglich sein muss. Auf Verlangen hat die A. die Mautordnung jedermann gegen angemessenen Kostenersatz zuzusenden. Die Kundmachung der Mautordnung über das Internet ist somit gesetzeskonform und "gehörig" erfolgt. (Verfassungs-)Rechtliche Bedenken dagegen bestehen seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates nicht. Zusätzlich zu den im BStMG normierten Publikationsbestimmungen der Mautordnung bietet die A. die Möglichkeit, per E-Mail-Newsletter kostenlos über Änderungen der Mautordnung informiert zu werden; auch die Altfassungen der Mautordnung sind jederzeit auf der A.-Homepage kostenlos abrufbar.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und - da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind - auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Nicht entschuldigend würde eine eventuelle Rechtsunkenntnis bzw. eine möglicherweise vorliegende Unkenntnis der Gebrauchsvorschriften für die GO-Box wirken. Der Lenker ist verpflichtet, sich mit den rechtlichen und faktischen Voraussetzungen der legalen Benützung mautpflichtiger Strecken auf geeignete Weise vertraut zu machen. Im Zweifel ist zugunsten des Bw von Fahrlässigkeit auszugehen, nämlich in dem Sinne, dass er übersehen hat, die Achsenzahl zu überprüfen bzw. manuell umzustellen.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass die gesetzliche Mindestgeldstrafe (und eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde. Im Hinblick darauf, dass zur Unbescholtenheit als weiterer Milderungsgrund die wenigstens teilweise Mautentrichtung tritt (ein Umstand, der auch nach der Mautordnung die Höhe der Ersatzmaut beeinflusst und der regelmäßig zum Aufgriff der Täter führt), erscheint es vertretbar unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechts (§ 20 VStG), die Strafe auf die Hälfte herabzusetzen. Die Tat bleibt jedoch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Langeder

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