Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160124/8/Sch/Pe

Linz, 26.01.2005

 

 

 VwSen-160124/8/Sch/Pe Linz, am 26. Jänner 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung der Frau I G vom 11. November 2004, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 4. November 2004, VerkR96-5448-2004-Ro, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967), nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 17. Jänner 2005 zu Recht erkannt:

 

 

  1. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
  2.  

  3. Die Berufungswerberin hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 40 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 4. November 2004, VerkR96-5448-2004-Ro, wurde über Frau I G, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 eine Geldstrafe von 200 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden verhängt, weil sie als Zulassungsbesitzerin des Pkw mit dem Kennzeichen trotz schriftlicher Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 16. August 2004, VerkR96-5448-2004-Ro, nicht binnen zwei Wochen der Behörde Auskunft darüber erteilt habe, wer dieses Fahrzeug am 14. Juli 2004 um ca. 9.00 Uhr gelenkt habe oder wer diese Auskunft könne.

 

Überdies wurde die Berufungswerberin zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 20 verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat die Berufungswerberin rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Eingangs ist festzuhalten, dass die Berufungswerberin das ihr zur Last gelegte Delikt auf der Sachverhaltsebene sowohl im gesamten erstbehördlichen Verwaltungsstrafverfahren als auch im Berufungsverfahren unbestritten gelassen hat. Sohin erübrigen sich diesbezügliche Ausführungen von vornherein; das - nach Ablauf der Frist des § 31 Abs.2 VStG erfolgte - Vorbringen in der Berufungsverhandlung, ihr Bruder habe das auf sie zugelassene Fahrzeug zum angefragten Zeitpunkt gelenkt, ist ohne Relevanz für die Entscheidung in der Sache selbst.

 

Beim Verfassungsgerichtshof sind laut Mitteilung der Berufungswerberin zumindest zwei Verfahren anhängig betreffend Beschwerden gegen Erkenntnisse unabhängiger Verwaltungssenate wegen Übertretung des § 103 Abs.2 KFG 1967. Hiebei handelt es sich um solche des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 5. Oktober 2004, Zl. UVS-2003/21/028-8, und des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom 15. November 2004, Zl. UVS-7/12.352/2-2004. Beide Tribunale setzen sich in ihren Berufungsentscheidungen mit den Einwendungen der Berufungswerberin, wie sie auch im verfahrensgegenständlichen Fall erhoben wurden, auseinander. Diesbezüglich wird besonders auf die Ausführungen im obzitierten Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Salzburg verwiesen. Dort heißt u.a.:

"§ 103 Abs 2 KFG beinhaltet eine Sondervorschrift über die Aussagepflicht, die nach ihrem Inhalt nicht nur die Anwendung des § 38 VStG über das Entschlagungsrecht, sondern auch des § 33 VStG über die Unzulässigkeit der Erzwingung der Beantwortung einer an den Beschuldigten gestellten Frage ausschließt (VwGH 18.5.1984, 84/02/0166). Die Verpflichtung zur Lenkerauskunft ist durch die Verfassungsbestimmung des letzten Satzes des Abs 2 gedeckt (VfGH 29.9.1988, G 72/88), wie dies auch der Vertreter des Beschuldigten im ergänzenden Schriftsatz ausführte. Hinsichtlich der weiters im Schriftsatz geäußerten Bedenken - die in Rede stehende, in § 103 Abs 2 KFG enthaltende Verfassungsbestimmung widerspreche dem Anklageprinzip nach Art 90 Abs 2 B-VG und stehe somit in Widerspruch zu den leitenden Grundsätzen des Bundesverfassungsrechtes (Art 44 Abs 3 B-VG) - kann ebenfalls auf die im oben zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes dargelegte Rechtssprechung verwiesen werden. Eine Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten betreffend § 103 Abs 2 KFG bzw 134 Abs 1 KFG liegt nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg nicht vor."

 

Entgegen der Ansicht der Berufungswerberin kann nach h. Dafürhalten das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 8. April 2004, Gz.: 38544/97, nicht als unpräjudiziell abgetan werden. Dort ist u.a. ausgeführt:

"Das Herzstück der Beschw des Bf ist, dass er bestraft wurde, weil er es verabsäumt hat, eine Information zu geben, die ihn im Zusammenhang mit einem Strafverfahren wegen Fahrens mit überhöhter Geschwindigkeit belasten hätte können. Es wurde aber weder zu der Zeit, als der Bf aufgefordert wurde, den Lenker des Fahrzeugs bekannt zu geben, noch danach, ein Verfahren gegen ihn geführt. Somit ist der vorliegende Fall nicht einer, der die Verwendung von unter Zwang erlangten Informationen in einem nachfolgenden Strafverfahren betroffen hat.

Im vorliegenden Fall wurde das Verfahren wegen Fahrens mit überhöhter Geschwindigkeit gegen unbekannte Täter geführt, als die Behörden den Bf gemäß § 103 Abs 2 KFG aufforderten, bekannt zu geben, wer sein Fahrzeug am 5.3.1995 gelenkt habe. Es gab eindeutig kein gegen den Bf anhängiges Verfahren wegen Fahrens mit überhöhter Geschwindigkeit und man kann nicht einmal sagen, dass es in Aussicht genommen worden wäre, da die Behörden keinerlei Verdachtsgründe gegen ihn hatten.

Er wurde gem § 103 Abs 2 KFG lediglich auf Grund des Umstands bestraft, dass er eine unzulängliche Auskunft erteilt habe, weil er es unterlassen habe, die vollständige Adresse der betreffenden Person anzugeben. Weder im innerstaatlichen Verfahren noch vor dem GH hat er jemals behauptet, dass er zur Zeit der strafbaren Handlung der Lenker des Fahrzeuges gewesen sei."

 

Daran, dass diese Entscheidung eben vorliegt, kann auch der Umstand nichts ändern, dass es gegenständlich ein Sondervotum wegen einer gemeinsamen abweichenden Meinung dreier mit dem obzitierten Verfahren befasster Richter gegeben hat. Der Oö. Verwaltungssenat vermag sich sohin den Ausführungen der Berufungswerberin nicht anzuschließen.

 

Zur Strafzumessung ist zu bemerken:

Der Zweck des § 103 Abs.2 KFG 1967 liegt nicht nur darin, einen etwaigen einer Verwaltungsübertretung schuldigen Lenker festzustellen. Es sollen darüber hinaus nämlich auch im Zusammenhang mit der Ausforschung von Zeugen und Straftätern geordnete und zielführende Amtshandlungen ermöglicht werden.

 

Das beträchtliche öffentliche Interesse an dieser Bestimmung hat der Bundesverfassungsgesetzgeber dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er einen Teil hievon in Verfassungsrang erhoben hat.

 

Übertretungen des § 103 Abs.2 KFG 1967 dürfen daher nicht als "Bagatelldelikte" mit geringfügigen Geldstrafen abgetan werden.

 

Die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe in der Höhe von 200 Euro kann sohin angesichts dieser Erwägungen, aber auch des Umfanges des Strafrahmens, nämlich bis zu 2.180 Euro, nicht als überhöht angesehen werden, erreicht sie doch nicht einmal 10 % hievon.

 

Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit der Berufungswerberin wurde hinreichend berücksichtigt, Erschwerungsgründe lagen nicht vor.

 

Den von der Erstbehörde im Schätzungswege angenommenen persönlichen Verhältnissen der Berufungswerberin wurde nicht entgegengetreten, sodass sie auch der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates zugrunde gelegt werden können. Sie lassen erwarten, dass sie zur Bezahlung der Verwaltungsstrafe ohne unzumutbare Einschränkung ihrer Lebensführung in der Lage sein wird.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

S c h ö n

 

Beachte: 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt. VfGH vom 11.03.2005, Zl.: B 210/05-3

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt. VwGH vom 27.01.2006, Zl.: 2005/02/0142-6

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