Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160228/10/Zo/Pe

Linz, 07.04.2005

 

 

 VwSen-160228/10/Zo/Pe Linz, am 7. April 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn T E, vom 7.1.2005 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 30.11.2004, VerkR96-8727-2004, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung und sofortiger Verkündung am 31.3.2005 zu Recht erkannt:

 

  1. Die Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt.
  2. Bezüglich der verhängten Strafen wird die Geldstrafe auf 100 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf zwei Tage herabgesetzt.

     

  3. Die Verfahrenskosten für das erstinstanzliche Verfahren ermäßigen sich auf 10 Euro, für das Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs1, 51e und 19 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, dass er am 6.8.2004 um 13.58 Uhr das Kraftfahrzeug auf der A 25 Welser Autobahn in Fahrtrichtung Linz gelenkt habe, wobei er auf Höhe von km 7,0 bei einer Geschwindigkeit von 95 km/h zu dem vor ihm fahrenden Fahrzeug einen Abstand von 13 m = 0,50 Sekunden eingehalten hat, und somit keinen solchen Abstand zu dem vor ihm fahrenden Fahrzeug eingehalten hat, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre und zwar auch dann, wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre.

 

Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 18 Abs.1 StVO 1960 begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 150 Euro bzw. Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Kostenbeitrages in Höhe von 15 Euro verpflichtet.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber vorbrachte, dass aus der Verkehrssituation für ihn der Sachverhalt bzw. die Strafbewertung relativ unklar erscheine. Auch das Strafausmaß sei undefiniert und zu hoch und stünde in keiner Relation zu seinem Einkommen bei Sorgepflichten für zwei Kinder.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Wels-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Verlesung des Verfahrensaktes der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 31.3.2005, an welcher sowohl der Berufungswerber als auch die Erstinstanz ohne Angabe von Gründen nicht teilgenommen haben. Bei dieser Verhandlung wurde in die auf Video dokumentierte Abstandsmessung Einsicht genommen und von einem Sachverständigen zur Messung ein Gutachten erstattet.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Vorweg ist festzuhalten, dass die mündliche Verhandlung vorerst für den 17.2.2005 anberaumt wurde, aufgrund einer Erkrankung des Berufungswerbers aber auf den 31.3.2005 verlegt wurde. Die Ladung zu dieser Verhandlung wurde dem Berufungswerber am 17.2.2005 an seinem Hauptwohnsitz hinterlegt, von diesem aber nicht behoben. Der Berufungswerber ist Zulassungsbesitzer des Pkw mit dem Kennzeichen. Gegen den Lenker dieses Fahrzeuges wurde Anzeige erstattet, weil dieses am 6.8.2004 um 13.58 Uhr auf der A 25 bei km 7,0 bei einer Geschwindigkeit von 95 km/h lediglich einen Abstand von 13 m bzw. 0,5 Sekunden eingehalten hatte. Mit Strafverfügung vom 30.8.2004 wurde dem Berufungswerber die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung vorgehalten, er hat dagegen Einspruch erhoben, es wurde ein Zeuge einvernommen und dem Berufungswerber Parteiengehör gewahrt, letztlich erging das nunmehr angefochtne Straferkenntnis. Anzuführen ist, dass der Berufungswerber in sämtlichen Schriftsätzen und auch in der Berufung seine Lenkereigenschaft nicht bestritten hat.

 

Die Aufzeichnung der gegenständlichen Abstandsmessung beginnt um 13.58 Uhr und 0 Sekunden. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich das Fahrzeug des Berufungswerbers in der Mitte zwischen dem rechten und dem linken Fahrstreifen. Auf dem rechten Fahrstreifen fahren zwei Lkw, auf dem linken Fahrstreifen befinden sich ungefähr auf Höhe des Fahrzeuges des Berufungswerbers zwei Pkw. Es ist möglich, dass der Berufungswerber kurz vor Beginn der Aufzeichnungen vom rechten auf den linken Fahrstreifen gewechselt hat, um die auf dem rechten Fahrstreifen befindlichen Lkw zu überholen. Dies ergibt sich aufgrund der versetzten Fahrweise des Berufungswerbers, auf den Videoaufzeichnungen ist ein solcher Fahrstreifenwechsel aber nicht ersichtlich, weshalb dieser allenfalls bereits vor 13.58 Uhr stattgefunden haben muss. Um 13.58 Uhr und 4 Sekunden befindet sich das Fahrzeug des Berufungswerbers zur Gänze auf dem linken Fahrstreifen. Zu diesem Zeitpunkt besteht eine teilweise Überdeckung mit dem vor ihm fahrenden Fahrzeug, wobei dieses den äußerst linken Rand des linken Fahrstreifen benützt. In weiterer Folge ordnet sich der Berufungswerber zur Gänze auf dem linken Fahrstreifen hinter dem vor ihm fahrenden Fahrzeug ein. Die Fahrzeuge nähern sich mit augenscheinlich gleichbleibender Geschwindigkeit der Messstelle, wobei - soweit das optisch erkennbar ist - sich der Abstand zwischen den beiden Fahrzeugen nicht merkbar verändert. Die Aufzeichnung endet um 13.58 Uhr und 17 Sekunden. In diesem Zeitraum hat sich kein Fahrzeug zwischen dem Fahrzeug des Berufungswerbers und dem vor ihm fahrenden Fahrzeug eingeordnet und es ist keine Veränderung der Geschwindigkeit des vorausfahrenden Fahrzeuges ersichtlich.

 

Vom Sachverständigen wurde ausgeführt, dass bei der gegenständlichen Abstandsmessung die Geschwindigkeiten beider Fahrzeuge mehrmals einzeln gemessen wurden. Dabei ergibt sich bei jeder Messung für jedes der beiden Fahrzeuge im Beobachtungszeitraum von 17 Sekunden eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 95 km/h (Messtoleranz 3 km/h). Daraus ist ersichtlich, dass das vordere Fahrzeug keine Bremsung durchgeführt hat. Auch das Fahrzeug des Berufungswerbers ist innerhalb dieser 17 Sekunden mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 95 km/h gefahren. Daraus ergibt sich schlüssig, dass der Lenker des hinteren Fahrzeuges nicht bremsbereit gefahren ist, weil in dem Fall, dass der Fuß vom Gaspedal genommen wird, bereits aufgrund des Luftwiderstandes sowie der Motorbremswirkung eine deutlich messbare Geschwindigkeitsverringerung feststellbar sein müsste.

 

Der gemessene Abstand zwischen der Vorderachse des Vorderfahrzeuges und der Vorderachse des hinteren Fahrzeuges beträgt 15,4 m. Davon wurde die Fahrzeuglänge des vorderen Fahrzeuges mit einem angenommenen Wert von 2,5 m abgezogen. Tatsächlich ist die Länge des vorderen Fahrzeuges von der Vorderachse bis zur hinteren Stoßstange aber mit Sicherheit höher. Auch die Distanz zwischen Vorderachse und vorderer Stoßstange des Fahrzeuges des Berufungswerbers wurde nicht berücksichtigt, sodass sich in Wahrheit ein niedrigerer Wert als der in der Anzeige ausgeworfene Messwert von 12,9 m ergibt. Dieser gemessene Wert von 12,9 m wurde noch auf 13 m aufgerundet und dann aufgrund der gemessenen Geschwindigkeit eben der Sekundenabstand von 0,50 Sekunden errechnet. Bei einer genauen Auswertung unter Berücksichtigung der oben angeführten Messungenauigkeiten würde sich der vorwerfbare Abstand um mindestens 1 m reduzieren und dieser würde jedenfalls kleiner als 12 m sein, was einen entsprechenden Sekundenabstand von 0,45 Sekunden ergibt.

 

Vom Sachverständigen wurde weiters ausgeführt, dass aufgrund einer großen Zahl wissenschaftlicher Untersuchungen beim 20. deutschen Verkehrsgerichtstag als Reaktionszeit ein durchschnittlicher Wert von 0,86 Sekunden für Kraftfahrzeuglenker festgelegt wurde, wobei 48 % der an der Untersuchung teilnehmenden Fahrzeuglenker eine höhere Reaktionszeit aufweisen und nur 2 % eine geringere. Auch von der Europäischen Vereinigung für Unfallforschung (EVU) wurde diese mittlere Reaktionszeit von 0,86 Sekunden als Reaktionszeit empfohlen. Der bei der gegenständlichen Messung festgestellte Abstand liegt deutlich darunter und ist daher aus technischer Sicht nicht ausreichend.

 

Das gegenständliche Messgerät der Marke VKS 3.0 mit der Nr. A11 ist entsprechend dem Eichschein vom 26.8.2003 gültig geeicht.

 

5. Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1. Gemäß § 18 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand zum nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

 

5.2. Beim Hintereinanderfahren muss zumindest jener Abstand eingehalten werden, welcher der Reaktionszeit entspricht. Von der Rechtsprechung wird diesbezüglich ein durchschnittlicher Abstand von 1 Sekunde für erforderlich gehalten. Aufgrund der nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen bei der mündlichen Verhandlung beträgt die Reaktionszeit zumindest 0,86 Sekunden. Zumindest dieser zeitliche Abstand muss daher beim Hintereinanderfahren jedenfalls eingehalten werden. Nachdem der Berufungswerber diesen Abstand deutlich unterschritten hat, hat er die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten. Umstände, welche sein Verschulden ausschließen würden, sind im Verfahren nicht hervorgekommen, weshalb gemäß § 5 Abs.1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die Einhaltung eines zu geringen Abstandes führt immer wieder zu Auffahrunfällen, welche insbesondere bei den auf Autobahnen eingehaltenen hohen Geschwindigkeiten oft auch zu schweren Verletzungen führen. Aus diesem Grund muss beim Unterschreiten des erforderlichen Sicherheitsabstandes eine spürbare Geldstrafe verhängt werden. Dem Berufungswerber kommt der Strafmilderungsgrund der absoluten Unbescholtenheit wegen einer Vormerkung nicht zu gute, andererseits bildet diese bereits 4 1/2 Jahre zurückliegende Vormerkung wegen Nichterteilen der Lenkerauskunft aber auch keinen Straferschwerungsgrund. Unter Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse des Berufungswerbers sowie der Sorgepflichten für zwei Kinder, konnte die von der Erstinstanz verhängte Geldstrafe deutlich herabgesetzt werden. Eine noch weitere Herabsetzung war jedoch sowohl aus general- als auch spezialpräventiven Gründen nicht möglich.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Z ö b l

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