Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160503/6/Br/Sta

Linz, 10.05.2005

 

 

 VwSen-160503/6/Br/Sta Linz, am 10. Mai 2005

DVR.0690392
 
 
 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn R K, T, K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 31. März 2005, Zl. VerkR96-28692-2004, nach der am 10. Mai 2005 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:
 

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 10/2004 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1,
§ 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 117/2002 - VStG;

 

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Wider den Berufungswerber wurden mit dem o.a. Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land wegen der Übertretung nach § 4 Abs.5 iVm § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe von 190 Euro und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden verhängt, weil er am 12.11.2004 in der Zeit von 11.00 Uhr bis 12.00 Uhr als Lenker eines nach dem Kennzeichen bestimmten Lkw auf dem Parkplatz der Firma F in A, L einen dort abgestellten Pkw beim Ausparken beschädigt hätte und hiervon nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Sicherheitsdienststelle verständigte.

 

1.1. Die Behörde erster Instanz stützte den Schuldspruch mit unter Hinweis auf die Anzeige und die Nichtteilnahme des Berufungswerbers im Sinne der schriftlichen Aufforderung zu Rechtfertigung vom 11.2.2005.

 

 

2. In der fristgerecht durch den ag. Rechtsvertreter erhobenen Berufung führt dieser im Ergebnis aus, von einer angeblichen Beschädigung bzw. Anstoß an ein anderes Fahrzeug nichts gemerkt zu haben.

Ferner verweist er auf seine Ortsabwesenheit in der Zeit vom 12.1.2005 bis 20.2.2005 (Aufenthalt in W).

 

 

3. Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung war gemäß § 51e Abs.1 VStG durchzuführen.

 

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes und durch Anhörung des Berufungswerbers im Rahmen der Berufungsverhandlung. Ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung entschuldigt nicht teil.

In Vorbereitung der Berufungsverhandlung wurden von der Berufungsbehörde die fehlenden Aktenbestandteile beigeschafft und dem Berufungsverfahren als Beweismittel einbezogen.

 

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

 

4.1. Zur Aktenlage:

Dem von der Behörde erster Instanz vorgelegten Verfahrensakt war lediglich die sogenannte "Gendisanzeige" beigeschlossen. Erst im Rahmen der Vorbereitung der Berufungsverhandlung wurde im Wege der Gendarmerie Enns die Lichtbildbeilage und im Wege der Behörde erster Instanz per FAX die Verkehrsunfallanzeige nachgereicht. Aus der Verkehrsunfallanzeige geht lediglich hervor, dass der Berufungswerber "zwischen 11.00 - 12.00 Uhr" beim Ausparken mit einem Pritschenwagen seines Arbeitgebers ein dort abgestelltes Fahrzeug an der Stoßstange touchiert hätte.

Als nicht nachvollziehbar erweisen sich die fotografisch dargestellten Kratzer auf der Motorhaube des vom Berufungswerber gelenkten Fahrzeuges.

 

 

4.2. Beweisaufnahme im Rahmen der Berufungsverhandlung:

Wie seitens des Zulassungsbesitzers des angeblichen Schädigerfahrzeuges - Fa. P - im Zuge der Berufungsverhandlung in Erfahrung gebracht werden konnte wurde eine Schadenersatzleistung des Zweitbeteiligten bislang nicht beansprucht. Der ebenfalls im Verlaufe der Verhandlung informell und fernmündlich befragte Anzeiger J H schätzte den Fahrzeugkontakt derart ein, dass er sich nicht sicher war, ob dieser durch den Berufungswerber überhaupt bemerkt werden hätte müssen. Er habe den Lenker von seiner Beobachtung nicht mehr in Kenntnis setzen können, weil dieser nach dem Ausparken sofort weitergefahren sei.

Mit Blick auf all diese Umstände musste in Verbindung mit der Darstellung des Berufungswerbers zumindest im Zweifel davon ausgegangen werden, dass der Berufungswerber diesen Vorgang weder bemerkt hat, noch bemerken hätte müssen. Er nahm persönlich an der Berufungsverhandlung teil. Dabei hinterließ er einen durchaus glaubwürdigen Eindruck, wobei er beteuerte nichts von dem Vorfall bemerkt zu haben und hinzufügte, dass für ihn selbst keine Malusfolgen als Motiv für eine "Schadensflucht" vorgelegen hätten. Auch sein damaliger Mitfahrer habe von einem angeblichen Fahrzeugkontakt offenbar nichts bemerkt. Da letztlich bislang auch kein Schadenersatzanspruch gestellt worden sein dürfte, kann es dahingestellt bleiben, ob die hier der Verursachungssphäre des Berufungswerbers zugeordnete Delle des Zweitfahrzeuges überhaupt vom Berufungswerber herbeigeführt wurde.

Abschließend ist noch festzustellen, dass er im Verfahren vor der Behörde erster Instanz zu Unrecht nicht gehört wurde, weil ihm nachweislich die Ladung nicht zugegangen ist, indem sie nach erfolgter Hinterlegung der Behörde wieder rückgeleitet wurde.

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Der § 4 Abs.5 StVO 1960 lautet:

Wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, haben die im Abs.1 genannten Personen (die Unfallbeteiligten) die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

 

 

5.1.1. Die Vorschrift des § 4 Abs. 5 StVO bezweckt wohl, dass einem durch einen Parkschaden Geschädigten unnötige Nachforschungen hinsichtlich des Mitbeteiligten am Unfall erspart bleiben. Wenn aber im gegenständlichen der Zweitbeteiligte offenbar noch keine Ansprüche gestellt hat, ist rechtlich nicht nur davon auszugehen, dass dem Berufungswerber neben dem fehlenden Verschulden, auch keine dem Schutzziel des Gesetzes entgegen stehende Wirkungen eingetreten ist.

Im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation geht der Verfassungsgerichtshof davon aus, dass der § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG nicht etwa bewirkt, dass ein Verdächtiger seine Unschuld nachzuweisen hat (VfSlg. 11195/1986). Vielmehr hat die Behörde die Verwirklichung des (objektiven) Tatbestandes durch den Beschuldigten nachzuweisen und bei Vorliegen von Anhaltspunkten, die an seinem Verschulden zweifeln lassen, auch die Verschuldensfrage von Amts wegen zu klären. Das Gesetz befreit die Behörde in Anbetracht der regelmäßigen Sachlage nur insoweit von weiteren Nachforschungen über die subjektive Tatseite (insbesondere einen Irrtum über den Sachverhalt oder die allfällige Unmöglichkeit, das Verbot zu beachten), als das entgegen dem Anschein behauptete Fehlen des Verschuldens nicht glaubhaft ist. Eine solche, der Lebenserfahrung Rechnung tragende Regelung ist nicht von vornherein durch Art 6 Abs.2 EMRK ausgeschlossen.

Da ein Verschulden des Berufungswerbers jedenfalls nicht erwiesen gelten kann war hier nach § 45 Abs.1 Z1 VStG die Bescheidbehebung und die Verfahrenseinstellung zu verfügen (vgl. VwGH 12.3.1986, Zl. 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122).

Es konnte letztlich dahingestellt bleiben, ob der mit einer Zeitspanne von einer Stunde bestimmte Tatvorwurf noch mit § 44a Abs.1 Z1 VStG in Einklang zu bringen gewesen wäre.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 
 

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