Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160720/2/Zo/Pe

Linz, 23.08.2005

 

 

 

VwSen-160720/2/Zo/Pe Linz, am 23. August 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn O F, vertreten durch Rechtsanwälte Ing. Mag. K H, Mag. J P H, vom 13.7.2005 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 5.7.2005, Zl. S-13024/05, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.
  2.  

  3. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 45 Abs.1 Z2 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird dem Berufungswerber vorgeworfen, dass er am 31.3.2005 gegen 17.00 Uhr in Linz auf dem Hauptplatz in Höhe der Häuser 3 bis 5 aus Richtung Klosterstraße kommend in Fahrrichtung Nibelungenbrücke den Pkw mit dem Kennzeichen gelenkt und beim Fahren hinter dem nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug keinen solchen Abstand eingehalten habe, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhaltung möglich gewesen wäre, weil er mit dem von ihm gelenkten Kraftfahrzeug auf ein vor ihm in der selben Richtung befindliches Kraftfahrzeug aufgefahren sei. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 18 Abs.1 StVO 1960 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 50 Stunden, Verfahrenskostenbeitrag 10 Euro) verhängt wurde.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber vorbringt, dass es sich um einen Verkehrsunfall mit Sachschaden handeln würde und ein Identitätsaustausch in Gegenwart des Unfallkommandos stattgefunden habe. Es würde gemäß § 99 Abs.6 lit.a StVO 1960 keine Verwaltungsübertretung vorliegen, weil die Bestimmungen über das Verhalten bei einem Verkehrsunfall mit bloßem Sachschaden (§ 4 Abs.5) eingehalten worden sind. Die Verletzungsanzeige des Zweitbeteiligten würde keinesfalls beweisen, dass dieser tatsächlich verletzt worden sei, sondern bedeute lediglich, dass dieser eine Verletzung behaupte. Aufgrund der geringen Geschwindigkeit, mit welcher der Anstoß erfolgt sei und der dadurch aufgetretenen lediglich minimalen kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung sei bereits aus technischer Sicht eine Verletzung des Zweitbeteiligten ausgeschlossen. Allenfalls von diesem behauptete Verletzungen könnten nicht vom gegenständlichen Verkehrsunfall herrühren. Es hätte daher ein kraftfahrzeugtechnisches Gutachten zum Beweis dafür eingeholt werden müssen, dass durch den gegenständlichen Verkehrsunfall eine Verletzung des Zweitbeteiligten ausgeschlossen ist und es sich tatsächlich nur um einen Sachschadenunfall gehandelt habe. Es wurde daher beantragt, das Straferkenntnis aufzuheben und jedenfalls eine mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen.

 

3. Der Polizeidirektor von Linz hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht erforderlich, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte am 31.3.2005 um ca. 17.00 Uhr seinen Pkw mit dem Kennzeichen L in Linz auf dem Hauptplatz aus Richtung Kosterstraße kommend in Fahrrichtung Nibelungenbrücke. Der vor ihm fahrende Pkw mit dem Kennzeichen PE wurde wegen eines Rückstaus verkehrsbedingt angehalten. Der Lenker dieses Fahrzeuges, Herr S gab dazu an, dass er vor der Kreuzung seinen Pkw wegen des Rotlichtes anhalten musste und bereits ca. 10 Sekunden gestanden sei, als er am Heck seines Fahrzeuges einen Anstoß verspürte. Der Berufungswerber selbst führte an, dass er sein Fahrzeug wegen eines Rückstaus verkehrsbedingt angehalten habe und beim Anfahren den vor ihm noch immer stehenden Pkw des Zweitbeteiligten übersehen habe und ihm deswegen aufgefahren sei.

 

Unmittelbar nach dem Verkehrsunfall wurden keine Verletzungen behauptet und die beteiligten Fahrzeuglenker haben ihre Daten ausgetauscht. Der Beifahrer des Zweitbeteiligten verspürte am Abend des Unfalltages Schmerzen in der Halswirbelsäule und suchte deshalb am nächsten Tag einen Arzt auf. Vom Unfallkommando der BPD Linz wurde deshalb unter Anschluss der entsprechenden Verletzungsanzeige eine Anzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung erstattet, welche vom Bezirksanwalt beim Bezirksgericht Linz am 2.5.2005 gemäß § 90 Abs.1 StPO zurückgelegt wurde.

 

5. Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1. Gemäß § 18 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand zum nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

 

5.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Entscheidung vom 5.7.2000, Zl. 97/03/0081) ist § 18 Abs.1 StVO 1960 dahingehend auszulegen, dass er den einzuhaltenden Abstand beim Hintereinanderfahren regelt. Tatbestandsmerkmal für eine Verwaltungsübertretung nach § 18 Abs.1 StVO 1960 ist somit, dass zu einem vorausfahrenden Fahrzeug der im Gesetz umschriebene Sicherheitsabstand nicht eingehalten wird. Das Auffahren auf ein angehaltenes (oder überhaupt abgestelltes) Fahrzeug erfüllt nicht den Tatbestand des § 18 Abs.1 StVO 1960, wenn sich dieser Vorgang nicht im Zuge eines "Hintereinanderfahrens" ereignet hat.

 

Aus den Schilderungen des gegenständlichen Verkehrsunfalles sowohl des Berufungswerbers als auch seines Unfallgegners ergibt sich, dass der Zweitbeteiligte sein Fahrzeug aufgrund eines Rückstaus an einer Kreuzung angehalten hatte und bereits einige Zeit gestanden ist. Erst dann ist der Berufungswerber von hinten auf das bereits stehende Fahrzeug aufgefahren. Dieses Auffahren bildet nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates zwar einen Sorgfaltsverstoß, stellt aber keine Verwaltungsübertretung des § 18 Abs.1 StVO 1960 dar, weil in dieser Bestimmung nach der diesbezüglich klaren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur geregelt ist, welcher Abstand während des Hintereinanderfahrens einzuhalten ist. Das Auffahren auf ein angehaltenes Fahrzeug ist hingegen in § 18 Abs.1 StVO 1960 nicht geregelt. Der Berufungswerber hat daher die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen, weshalb der Berufung stattzugeben und das Straferkenntnis aufzuheben war.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Z ö b l

 

 

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