Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400468/4/WEI/Bk

Linz, 09.09.1997

VwSen-400468/4/WEI/Bk Linz, am 9. September 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde der Y, geb. , derzeit P vertreten durch Dres. F und W, Rechtsanwälte in L vom 3. September 1997, wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides und der Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird gleichzeitig festgestellt, daß die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

II. Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von S 3.365,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen: §§ 51 Abs 1, 52 Abs 2 und 4 Fremdengesetz - FrG (BGBl Nr. 838/1992) iVm  §§ 67c und 79a AVG 1991 idF BGBl Nr. 474/1995.

Entscheidungsgründe:

1. Der unabhängige Verwaltungssenat geht aufgrund der Aktenlage in Verbindung mit der vorliegenden Beschwerde vom folgenden Sachverhalt aus:

1.1. Die Beschwerdeführerin (Bfin), eine türkische Staatsbürgerin und Angehörige der kurdischen Volksgruppe, ließ sich beim österreichischen Generalkonsulat in Instanbul einen Touristensichtvermerk erteilen, mit dem sie am 28. Jänner 1996 in das Bundesgebiet von Österreich einreiste. Sie hatte von vornherein die Absicht bei ihrer in Österreich lebenden Schwester zu bleiben und einen Asylantrag zu stellen. Diesen stellte sie am 19. Februar 1996.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Linz, vom 15. Juli 1996, Zl. 96 01.007-BAL, wurde der Asylantrag der Bfin gemäß § 3 Asylgesetz 1991 abgewiesen. Mit Eingabe vom 5. August 1996 erhob die Bfin Berufung gegen den abweisenden Asylbescheid vom 15. Juli 1996. Der Bundesminister für Inneres wies die Berufung mit Bescheid vom 11. November 1996, Zl. 4.349.796/1-III/13/96, rechtswirksam erlassen am 19. November 1996, ab.

1.2. Mit Bescheid vom 30. September 1996, Zl. Fr-92.861, hat die belangte Behörde gegen die Bfin im Hinblick auf ihre unrichtigen Angaben über Zweck und Dauer des beabsichtigten Aufenthaltes in Österreich gegenüber dem österreichischen Generalkonsulat in Istanbul ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot im Grunde des § 18 Abs 1 und 2 Z 6 FrG erlassen.

Mit Bescheid vom 31. Oktober 1996, Zl. Fr-92861, entschied die belangte Behörde über den Antrag der Bfin gemäß § 54 Abs 1 FrG und stellte fest, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme einer Bedrohung der Bfin in der Türkei gemäß § 37 Abs 1 oder 2 FrG bestünden. Gegen beide Bescheide der belangten Behörde brachte die Bfin Berufung ein. Mit Bescheid vom 16. Juli 1997, St 534/96, gab die Sicherheitsdirektion für Oberösterreich den Berufungen jeweils keine Folge und bestätigte die Entscheidungen der belangten Behörde. Der Berufungsbescheid wurde am 30. Juli 1997 beim Zustellpostamt hinterlegt.

1.3. Mit Mandatsbescheid vom 21. August 1997, Zl. Fr-92.861, ordnete die belangte Behörde gegen die Bfin die vorläufige Verwahrung (Schubhaft) zur Sicherung der Abschiebung an. Begründend wurde auf das bestehende Aufenthaltsverbot und den unerlaubten Aufenthalt der Bfin im Bundesgebiet hingewiesen. Diesen Bescheid hat die Bfin nach dem aktenkundigen Zustellnachweis am 22. August 1997 um 10.10 Uhr persönlich übernommen. Danach wurde sie von Sicherheitsorganen der belangten Behörde festgenommen und der belangten Behörde vorgeführt. In der Folge wurde sie ins Polizeigefangenenhaus verbracht, wo sie seither in Schubhaft angehalten wird.

Anläßlich der fremdenpolizeilichen Einvernahme vom 22. August 1997 wurde der Bfin mitgeteilt, daß die belangte Behörde ihre Abschiebung in die Türkei beabsichtige, da sie trotz des rechtskräftigen und durchsetzbaren Aufenthaltsverbotes Österreich nicht freiwillig verlassen hat. Über den Verbleib ihres türkischen Reisepasses befragt erklärte sie, daß sie ihn einer Frau "G" übergeben hätte, um ihn verlängern zu lassen. Daraufhin wurde ihr eröffnet, daß die belangte Behörde ein Heimreisezertifikat beim türkischen Generalkonsulat in Salzburg beantragen werde.

Erhebungen der belangten Behörde bei der Volkshilfe/Flüchtlingsbetreuung ergaben, daß eine Frau G die Bfin zwar betreut habe, den Besitz des Reisepasses der Bfin bzw ein Wissen über dessen Verbleib aber in Abrede stellte (vgl Berichte der Abt. IV vom 26.08. und 01.09.1997).

Mit Schreiben vom 26. August 1997 hat die belangte Behörde das türkische Generalkonsulat unter Vorlage einer anläßlich der fremdenpolizeilichen Ersteinvernahme angefertigten Kopie des türkischen Reisepasses der Bfin und zweier Lichtbilder um Ausstellung eines Heimreisezertifikates ersucht.

1.4. Mit Schriftsatz vom 3. September 1997, beim O.ö. Verwaltungssenat eingelangt am 4. September 1997, hat die Bfin durch ihre Rechtsvertreter Beschwerde gemäß §§ 51f FrG eingebracht und beantragt, den Schubhaftbescheid sowie die darauf beruhende Anhaltung für rechtswidrig zu erklären und den Bund zum Kostenersatz zu verpflichten.

2.1. Die Schubhaftbeschwerde führt begründend an, daß die belangte Behörde noch keinerlei Dokumente hätte, die eine Abschiebung möglich machten. Insbesondere läge kein Heimreisedokument der türkischen Behörden vor. Die Haft könnte daher noch nicht zur Sicherung der Abschiebung verhängt werden. Die Bfin wäre bislang in Linz aufrecht gemeldet gewesen und hätte keinerlei Anstalten gesetzt, sich unrechtmäßig zu verhalten. Die Anfechtung der Entscheidung im Verfahren nach § 54 FrG durch Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof verbunden mit einem Antrag auf aufschiebende Wirkung wäre ein zulässiger Rechtsbehelf. Es wäre daher nicht zumutbar, vorher Österreich zu verlassen. Die Bfin hätte sich dem Zugriff der Behörden nicht entzogen und auch ihren Aufenthaltsort nicht verschleiert. Die Voraussetzungen für die verhängte Schubhaft lägen daher nicht vor. Erst nach Vorliegen aller Dokumente für die Abschiebung dürfte die Bfin in Schubhaft genommen werden.

2.2 Die belangte Behörde hat ihre Verwaltungsakten vorgelegt, in ihrer Gegenschrift den Verfahrensgang geschildert, auf das Verschwinden des Reisedokuments der Bfin und auf die amtsbekannte Tatsache hingewiesen, daß Fremde, denen die Abschiebung droht, ihr Reisedokument verborgen halten oder vernichten. Da die Bfin nicht gewillt sei, fremdenrechtliche Normen zur Kenntnis zu nehmen und das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen, werde die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung für notwendig erachtet. Abschließend wird die kostenpflichtige Abweisung der Schubhaftbeschwerde beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinlänglich geklärt erscheint, weshalb gemäß § 52 Abs 2 Z 1 FrG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung kann gemäß § 51 Abs 1 FrG der unabhängige Verwaltungssenat von dem in Schubhaft Angehaltenen angerufen werden. Solange die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl § 52 Abs 4 FrG).

Die formellen Voraussetzungen liegen vor, die Beschwerde ist zwar zulässig, aber unbegründet.

4.2. Gemäß § 41 Abs 1 FrG können Fremde festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder Durchbeförderung zu sichern.

Die belangte Behörde hat die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung aufgrund der aktenkundigen Umstände mit Recht angeordnet. Die Ansicht der Beschwerde, daß erst nach Vorliegen des Heimreisezertifikates eine Schubhaft zu Sicherung der Abschiebung zulässig wäre, ist verfehlt. Schon aus dem Regelungszusammenhang des § 48 Abs 3 und 4 FrG ergibt sich die Unhaltbarkeit dieses Standpunktes. Nach Durchsetzbarkeit des Aufenthaltsverbotes gilt die zur Verfahrenssicherung angeordnete Schubhaft ex lege als zur Sicherung der Abschiebung verhängt. § 48 Abs 4 Z 3 FrG ermöglicht sogar die Verlängerung der Schubhaft über 2 Monate hinaus gerade für den Fall, daß noch kein Heimreisezertifikat vorliegt.

Die Bfin hat durch ihr bisheriges Verhalten eindeutig erkennen lassen, daß sie nicht bereit ist, die Republik Österreich freiwillig zu verlassen. Sie hat nach der Aktenlage keine Möglichkeit, ihren Aufenthalt zu legalisieren. Auch eine Arbeitsbewilligung kann ihr unter den gegebenen Umständen nicht erteilt werden. Abgesehen davon, daß sie sich schon lange vor der Erlassung des Aufenthaltsverbotes unrechtmäßig in Österreich aufhielt, muß sie jedenfalls seit der Durchsetzbarkeit des Aufenthaltsverbotes jederzeit mit ihrer Abschiebung in die Türkei rechnen. Will sie diese Abschiebung vermeiden, so muß sie sich aber zwangsläufig dem Zugriff der Fremdenbehörde durch Untertauchen in die Anonymität entziehen. Dies wäre jedenfalls konkret zu befürchten, befände sich die Bfin auf freiem Fuß. Daß sie die Abschiebung zumindest erschweren will, zeigt auch der Umstand, daß ihr Reisepaß mittlerweile abhanden gekommen und für die Fremdenbehörde nicht greifbar ist. Auch der Beschwerdestandpunkt, daß der Bfin trotz Rechtskraft des Aufenthaltsverbotes die Ausreise in Richtung Türkei nicht zumutbar wäre, ignoriert die uneingeschränkte Durchsetzbarkeit des rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes, obwohl bislang keiner Beschwerde an einen der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde. Dies spricht abermals für die Notwendigkeit der Anhaltung der Bfin in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung. Auch der Umstand, daß sie bei Verwandten wohnt, kann den behördlichen Zugriff keinesfalls sichern.

Es war daher die vorliegende Beschwerde als unbegründet abzuweisen und gemäß § 52 Abs 4 FrG festzustellen, daß die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

5. Bei diesem Ergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde tätig geworden ist, antragsgemäß der Ersatz der notwendigen Aufwendungen gemäß § 79a AVG iVm § 52 Abs 2 FrG für den Vorlageaufwand und den Schriftsatzaufwand zuzusprechen. Nach der geltenden Aufwandersatzverordnung UVS des Bundeskanzlers (BGBl Nr. 855/1995) beträgt der Pauschbetrag für den Vorlageaufwand S 565,-- und für den Schriftsatzaufwand S 2.800,--.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. W e i ß

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