Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161331/2/Zo/Ri

Linz, 07.06.2006

 

 

 

VwSen-161331/2/Zo/Ri Linz, am 7. Juni 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des A S E, geb. , L, Deutschland, vom 19.4.2006 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 27.3.2006, VerkR96-10452-2005, wegen zweier Übertretungen des GGBG zu Recht erkannt:

 

I. Hinsichtlich Punkt 1 wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt.

Die verletzte Rechtsvorschrift wird auf § 13 Abs.3 Gefahrgutbeförderungsgesetz iVm Abs.5.4.1.1.1 lit.a, c, d und g ADR konkretisiert.

Die Strafbestimmung des § 27 Abs.2 Z9 GGBG, BGBl. I 1998/145 wird in der Fassung BGBl. I Nr. 86/02 angewendet.

 

II. Hinsichtlich Punkt 2 wird der Berufung stattgegeben, das Straferkenntnis diesbezüglich aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

 

III. Die Verfahrenskosten für das erstinstanzliche Verfahren reduzieren sich auf 7,20 Euro, für das Berufungsverfahren ist ein Betrag von 14,40 Euro zu bezahlen (d.s. 20% der zu Punkt 1 verhängten Geldstrafe).

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 51 Abs.1 und 19 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 51 Abs.1 und § 45 Abs.1 Z2 VStG.

Zu III.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I. u. II.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen wirft dem Berufungswerber vor, dass er am 2.9.2005 gegen 21.25 Uhr in Kematen auf der A8 bei StrKm 24,900 das Sattelkraftfahrzeug ST-, RA- gelenkt habe, wobei er mit diesem folgendes Gefahrgut beförderte:

22.960 kg Alkylsulfonsäuren, flüssig, UN 2586, Kl. 8 III ADR.

Er habe hiebei nicht die in den gemäß § 2 Z1 GGBG in Betracht kommenden Vorschriften vorgeschriebenen Begleitpapiere mitgeführt, zumal

1. betreffend des Beförderungspapieres (Absender Firma P GmbH in Brüssel) kein ordnungsgemäßes Beförderungspapier nach Kapitel 5.4.1.1 ADR mitgeführt wurde, obwohl nach Kapitel 8.1.2.1 lit.a ADR in der Beförderungseinheit die nach Abschnitt 5.4.1 ADR vorgeschriebenen Beförderungspapiere für alle beförderten gefährlichen Güter mitgeführt werden müssen. Es fehlten: die Verpackungsgruppe, die Buchstaben "UN", die Angabe des Gefahrzettels und die Anschrift des Absenders;

2. betreffend des Beförderungspapieres (Absender Firma I C Germany GmbH) kein ordnungsgemäßes Beförderungspapier nach Kapitel 5.4.1.1 ADR mitgeführt habe, obwohl nach Kap. 8.1.2.1 lit.a ADR in der Beförderungseinheit die nach Abschnitt 5.4.1 ADR vorgeschriebenen Beförderungspapiere für alle beförderten gefährlichen Güter mitgeführt werden müssen. Es fehlten: die Angabe des Gefahrzettels, die UN-Nummer 2586, Name und Anschrift des Absenders und die Verpackungsgruppe.

 

Der Berufungswerber habe dadurch zwei Verwaltungsübertretungen nach § 13 Abs. 3 GGBG begangen, weshalb über ihn gemäß § 27 Abs.2 Z9 GGBG zwei Geldstrafen von jeweils 72 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 30 Stunden) verhängt wurden. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 14,40 Euro verpflichtet.

 

Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber vorbringt, dass er nicht für die Papiere verantwortlich sei. Die Verantwortung trage der Absender, der Verlader und der Transportunternehmer. Der Fahrer sei jedoch für das Beförderungspapier nicht verantwortlich.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Grieskirchen hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung war nicht erforderlich, weil sich bereits aus dem Akt der entscheidungswesentliche Sachverhalt zur Gänze ergibt. Die verhängte Geldstrafe beträgt weniger als 500 Euro und eine mündliche Verhandlung wurde nicht beantragt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Berufungswerber lenkte zur Vorfallszeit das Sattelkraftfahrzeug mit dem Kennzeichen ST-, RA- auf der A8 bei Kilometer 24,900. Bei der Kontrolle wurde festgestellt, dass er das im Spruch angeführte Gefahrgut transportierte. Das Gefahrgut stammte von der P GmbH in Brüssel und der Lenker sollte dieses zur Firma R B nach Wart in Niederösterreich transportieren. Er hatte den gegenständlichen Tankcontainer bei der I C Germany GmbH in Mannheim übernommen.

 

Der Berufungswerber wies dem Polizeibeamten zwei verschiedene Beförderungspapiere vor. Beim ersten Beförderungspapier scheint als Absender eine P GmbH in Brüssel auf, wobei die Adresse allerdings unvollständig ist. Weiters fehlte die Angabe der Verpackungsgruppe, der UN-Nummer waren die Buchstaben "UN" nicht vorangestellt und es fehlte auch die Nummer des Gefahrzettels. Die Stoffbezeichnung ist nur schwer leserlich, vermutlich lautet sie "Petresul" und entspricht damit nicht der offiziellen Benennung des entsprechenden Gefahrgutes.

 

Beim zweiten Beförderungspapier fehlt der Absender zur Gänze, weiters fehlten die Angaben des Gefahrzettels, die UN-Nummer und die Verpackungsgruppe. Auch bei diesem Beförderungspapier ist die Stoffbezeichnung nur schwer leserlich.

 

Der Berufungswerber gab den Polizeibeamten gegenüber zu diesen Beförderungspapieren an, dass er das Beförderungspapier selbst geschrieben habe. Die Firma I C Germany GmbH kaufe nämlich dieses Gut von der Firma P in Brüssel und der österreichische Empfänger dürfe die Adresse von dieser Firma nicht wissen. Er habe deshalb über Auftrag der Spedition ein neues Beförderungspapier schreiben müssen. Der Absender und der Beförderer hätten ihm keine genauen Angaben hinsichtlich des Beförderungspapieres gemacht. Er habe den Tankcontainer bei der Firma I in Deutschland übernommen.

 

5. Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 13 Abs.3 GGBG hat der Lenker bei der Beförderung die im ADR vorgeschriebenen Begleitpapiere und Ausstattungsgegenstände mitzuführen.

 

Abschnitt 5.4.0 ADR bestimmt, dass bei jeder durch das ADR geregelten Beförderung von Gütern die in diesem Kapitel jeweils vorgeschriebenen Dokumente jeweils mitzuführen sind, es sei denn, in den Unterabschnitten 1.1.3.1 bis 1.1.3.5 ist eine Freistellung vorgesehen.

 

Gemäß Abs.5.4.1.1.1 ADR muss das Beförderungspapier bei jedem zur Beförderung aufgegebenen Stoff oder Gegenstand folgende Angaben enthalten:

a) die UN-Nummer, der die Buchstaben "UN" vorangestellt sind

...

c) für Stoffe und Gegenstände der übrigen Klassen: die im Kapitel 3.2 Tabelle a Spalte 5 angegebenen Nummern der Gefahrzettelmuster. Wenn mehr als ein Gefahrzettel angegeben ist, sind die Nummern nach der ersten Nummer in Klammer anzugeben.

d) gegebenenfalls die dem Stoff zugeordnete Verpackungsgruppe, der die Buchstaben "VP" oder die Initialen vorangestellt werden dürfen, die dem Ausdruck "Verpackungsgruppe" in den gemäß Abs.5.4.1.4.1. verwendeten Sprachen entsprechen;

...

g) den Namen und die Anschrift des Absenders

....

 

5.2. Beim gegenständlichen Transport handelte es sich um die Beförderung eines gefährlichen Stoffes von der P GmbH in Brüssel zum Empfänger in Österreich. Der Umstand, dass der Tankcontainer mit diesem Gefahrgut in Deutschland zwischengelagert wurde, ändert nichts daran, dass es sich um einen einheitlichen Transport von Brüssel nach Österreich handelt. Es ist für diesen Transport eines Gefahrgutes natürlich nur ein Beförderungspapier erforderlich. Der Umstand, dass der Berufungswerber zwei verschiedene Beförderungspapiere vorgewiesen hat, wobei allerdings beide nicht den Vorschriften des ADR entsprechen, bildet deshalb nur eine Verwaltungsübertretung. Hinsichtlich des zweiten Punktes im Straferkenntnis konnte daher der Berufung stattgegeben werden und dieser Tatvorwurf gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG eingestellt werden.

 

Im gegenständlichen Beförderungspapier fehlen die oben angeführten Angaben zur Gänze. Es handelt sich also nicht bloß um fehlerhafte Angaben, sondern das Beförderungspapier ist insgesamt unvollständig. Der Lenker ist gemäß § 13 Abs.3 GGBG verpflichtet, das im ADR vorgeschriebene Beförderungspapier mitzuführen. Unter einem solchen "im ADR vorgeschriebenen" Beförderungspapier ist jedoch ein solches zu verstehen, welches sämtliche im Abs.5.4.1.1.1 ADR vorgesehenen Angaben tatsächlich enthält. Der Berufungswerber ist mit seinem Vorbringen insoweit im Recht, als es ihm als Kraftfahrer nicht zugemutet werden kann, die inhaltliche Richtigkeit der Angaben im Beförderungspapier zu überprüfen. Andererseits verfügt er aber über eine entsprechende Gefahrgutausbildung und muss daher wissen, welche Angaben im Beförderungspapier jedenfalls vorhanden sein müssen. Der Umstand, dass mehrere der erforderlichen Angaben tatsächlich gefehlt haben, hätte ihm daher jedenfalls auffallen müssen. Dies gilt umso mehr im gegenständlichen Fall, in dem der Berufungswerber nach seinen eigenen Angaben das Beförderungspapier selbst geschrieben hat. Hinsichtlich der Vollständigkeit der Angaben im Beförderungspapier ist also auch der Lenker verantwortlich.

 

Hinsichtlich der fehlerhaften Stoffbezeichnung ist allerdings zu berücksichtigen, dass dem Lenker die Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit dieser chemischen Angaben nicht zugemutet werden kann. Die Erstinstanz hat daher zu Recht diesen in der Strafverfügung noch erhobenen Vorwurf im Straferkenntnis nicht mehr aufrecht erhalten.

 

Das Berufungsverfahren hat keine Hinweise darauf ergeben, dass den Berufungswerber an den fehlenden Angaben im Beförderungspapier kein Verschulden treffe. Diese hätten ihm auf Grund seiner speziellen Ausbildung als Gefahrgutlenker jedenfalls auffallen müssen. Er hat daher zumindest fahrlässiges Verhalten zu verantworten.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Der gegenständliche Vorfall ereignete sich am 2.9.2005. Zu diesem Zeitpunkt sah die Strafbestimmung des § 27 Abs.2 Z9 GGBG für diese Übertretung durch den Lenker eine Mindeststrafe von 72 Euro vor. Am 28.10.2005 ist BGBl. I Nr. 118/2005 in Kraft getreten, die entsprechende Strafbestimmung sieht für den Lenker abhängig von der jeweiligen Gefahrenkategorie unterschiedliche Strafrahmen vor. Die fehlenden Angaben im Beförderungspapier fallen in der Regel in die Gefahrenkategorie II, wobei die Mindeststrafe 100 Euro beträgt.

 

Es ist daher im Sinne des Günstigkeitsprinzipes des § 1 Abs.2 VStG die alte Rechtslage anzuwenden, weil diese eine niedrigere Mindeststrafe vorsieht und damit für den Berufungswerber günstiger ist.

 

Die Erstinstanz hat lediglich die im Gesetz vorgesehene Mindeststrafe verhängt. Diese entspricht durchaus dem Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung. Als strafmildernd ist die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers zu werten. Sonstige Strafmilderungs- oder Straferschwerungsgründe lagen hingegen nicht vor. Die Geldstrafe entspricht auch den von der Erstinstanz geschätzten persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers, wobei dieser der Schätzung im Verfahren nicht widersprochen hat (monatliches Nettoeinkommen von 1.000 Euro, kein Vermögen und Sorgepflichten für zwei Kinder).

 

Die Erstinstanz hat zutreffend ausgeführt, weshalb § 20 und § 21 VStG nicht anzuwenden sind. Es konnte deshalb der Berufung gegen Punkt 1 des Straferkenntnisses auch hinsichtlich der Strafhöhe nicht stattgegeben werden.

 

Zu III.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Z ö b l

 

 

 

Beschlagwortung:

Beförderungspapier; Verantwortlichkeit des Lenkers;

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