Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-210049/11/Ga/La

Linz, 11.02.1994

VwSen-210049/11/Ga/La Linz, am 11. Februar 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des F R in T, vertreten durch Dr. R B, Rechtsanwalt in S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 15. Oktober 1992, Zl. Ge96-2573-1992, wegen Übertretung des O.ö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 - O.ö.

AWG, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens verfügt.

II. Der Berufungswerber hat keine Beiträge zum Verwaltungsstrafverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Mit dem bekämpften Straferkenntnis wurde der Berufungswerber einer Übertretung des § 42 Abs.1 Z2 lit.b iVm § 7 Abs.1 sowie § 2 Abs.1 O.ö. AWG schuldig erkannt, weil er seit ca. fünf Jahren bis zumindest 2. Juli 1992 auf seinem bestimmt genannten Grundstück großflächig Schotter und Schutt und an verschiedenen Stellen auch Papier, Blech, Plastik, Autoreifen, PVC-Schläuche und sonstigen Schutt abgelagert habe, obwohl Abfälle vorübergehend nur in Abfallbehältern gelagert oder in Abfallbehandlungsanlagen, je nach deren Zweckbestimmung vorübergehend gelagert oder dauernd abgelagert werden dürfen; deswegen wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) kostenpflichtig verhängt.

1.2. Dagegen richtet sich die mit dem Antrag auf Aufhebung bei der Strafbehörde eingebrachte und ohne Gegenäußerung vorgelegte Berufung, worüber der unabhängige Verwaltungssenat wie folgt erwogen hat:

2. Schon aus der Aktenlage zu Zl. Ge96-2573-1992+1 war ersichtlich, daß das Straferkenntnis - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - aufzuheben ist.

3.1. Gemäß § 42 Abs.1 Z2 O.ö. AWG begeht eine mit Geldstrafe bis zu 100.000 S zu ahndende Verwaltungsübertretung, wer gemäß lit.b dieser Bestimmung entgegen § 7 Abs.1 O.ö. AWG Abfälle wegwirft oder sonst außerhalb von Abfallbehältern oder Abfallbehandlungsanlagen lagert bzw. ablagert.

§ 7 Abs.1 O.ö. AWG ordnet an, daß Abfälle nur in Abfallbehältern vorübergehend gelagert oder (nur) in Abfallbehandlungsanlagen, je nach deren Zweckbestimmung, vorübergehend gelagert oder dauernd abgelagert werden dürfen.

§ 20 Abs.1 O.ö. AWG stellt klar, was unter dem abfallrechtlichen Begriff der "Abfallbehandlungsanlage" zu verstehen ist.

§ 2 Abs.1 O.ö. AWG schließlich regelt den Abfallbegriff aus der subjektiven Sicht der Entledigungsabsicht (Z1) einerseits und aus der objektiven Sicht des vom Landes-Abfallwirtschaftsgesetzgeber näher definierten öffentlichen Interesses (Z2) andererseits.

§ 44a VStG verlangt für den Spruch eines verurteilenden Straferkenntnisses gemäß Z1 die bestimmte Beschreibung der als erwiesen angenommenen Tat und gemäß Z2 die Angabe der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift.

3.2. Vor dem Hintergrund der hier anzuwendenden Rechtslage ist die Berufung im Ergebnis erfolgreich, weil der Schuldspruch des Straferkenntnisses an einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit dadurch leidet, daß er die aus § 44a Z1 VStG erfließenden (und vom Verwaltungsgerichtshof seit Erk.

verst.Sen. VwSlg. 11466 A/1984 u. VwSlg. 11894 A/1985 ständig judizierten) Bestimmtheitsanforderungen irreparabel (siehe unten P. 4.1.) nicht erfüllt.

3.3. Das Straferkenntnis wirft nämlich dem Berufungswerber einen wesentlich unvollständigen Tatbestand vor. Die Übertretung der hier maßgeblichen Verbotsnorm des § 7 Abs.1 O.ö. AWG (gemäß seiner Überschrift vom Gesetzgeber als allgemeine Regel für die Lagerung und Ablagerung von Abfällen verstanden) kann konkret nicht durch den Sachverhalt der Ablagerung für sich allein verwirklicht werden. Als zweites wesentliches Tatbestandselement muß im vorgelegten Fall notwendig hinzutreten, daß die Ablagerung außerhalb einer Abfallbehandlungsanlage erfolgte.

Gerade die Erfüllung dieses zweiten Tatbestandselements wirft der Schuldspruch dem Berufungswerber nicht vor. Er wiederholt in diesem Punkt nur den abstrakten Gesetzestext, u.zw. gänzlich losgelöst vom Kernanliegen eines auf die Person des Täters konkret ausgerichteten Schuldstrafrechts.

Überdies nimmt der Schuldspruch eine Unsicherheit noch dadurch in Kauf, daß im Zuge dieser Gesetzestext-Wiederholung noch zwei weitere Tatbestände des § 7 Abs.1 O.ö. AWG - gleichfalls ohne sachverhaltsbezogene Individualisierung - mitangeführt sind.

Aus der Sicht des Beschuldigten läßt eine solche Spruchformulierung nicht zweifelsfrei erkennen, welchem Tatbild nun das ihm zur Last gelegte Verhalten entsprechen soll. Die Tatbilderfüllung darf jedoch nicht der Auswahl durch den Täter überlassen bleiben.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes reicht es nicht aus, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes wiederzugeben, sondern muß die Tat entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falls individualisiert werden; der Umfang der dabei notwendigen Konkretisierung hängt vom einzelnen Tatbild ab (vgl. die Darlegung unter der Fußnote 3 zu § 44a VStG auf Seite 939 bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage 1990).

4.1. Damit aber hat die belangte Behörde dem Berufungswerber die ihm als Verwaltungsübertretung vorgehaltene Tat derart unbestimmt angelastet, daß von Anfang an die Verfolgungsverjährungsfrist nicht unterbrochen werden konnte (auch die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 30. Juni 1992 als erste Verfolgungshandlung weist mit einer insoweit wortgleichen Formulierung den geschilderten Mangel auf).

Eine Verbesserung des dadurch inhaltlich rechtswidrigen Schuldspruchs war dem unabhängigen Verwaltungssenat deswegen nicht zugänglich, weil es sich vorliegend nicht um die Verdeutlichung von bloß nicht deutlich genug formulierten Tatbestandselementen (vgl. VwGH v. 28.6.1988, 88/04/0047), sondern um einen von vornherein wesentlich unvollständig bzw. wesentlich unbestimmt vorgeworfenen Tatbestand handelt.

4.2. Im übrigen könnte nicht einmal die Begründung des (als rechtzeitige Verfolgungshandlung gemäß § 32 VStG zu wertenden) Straferkenntnisses als Auslegungshilfe für die Tatbildlichkeit herangezogen werden, weil sie sich in hier wesentlichen Sachverhaltselementen selbst widerspricht: Auf Seite 3 werden dieselben, als Abfälle beurteilten beweglichen Sachen ohne ersichtlichen Grund in einem Atemzug sowohl als gelagert als auch als abgelagert eingestuft, sodaß daraus für den mindest zu fordernden Konkretisierungsstandard einer tatbildlichen Tatanlastung gerade nichts zu gewinnen ist.

5. Es war daher das Straferkenntnis im Grunde des § 44a Z1 VStG aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen, weil Umstände vorliegen, die die weitere Verfolgung des Berufungswerbers in dieser Sache ausschließen.

6. Bei diesem Ergebnis braucht weder auf weitere Mängel des Straferkenntnisses noch auf die Einwände des Berufungswerbers näher eingegangen werden. Allerdings ist im Sinne des diesbezüglichen Berufungsvorbringens auffallend, daß die von der belangten Behörde vorgenommene rechtliche Beurteilung des Schotters als Abfall im Lichte des § 2 Abs.1 Z1 oder Z2 O.ö. AWG aus dem Akt insgesamt nicht nachvollziehbar ist.

Zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens ist auf die angegebene Gesetzesbestimmung gegründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum