Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-400657/3/Gf/Ta

Linz, 23.05.2003

VwSen-400657/3/Gf/Ta Linz, am 23. Mai 2003

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde des NB, vertreten durch RA Dr. GS, wegen Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird stattgegeben und die Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides sowie der Anhaltung des Rechtsmittelwerbers in Schubhaft festgestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 73 Abs. 4 FrG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Über den Rechtsmittelwerber wurde mit Bescheid der BPD Linz vom 20. Mai 2003, Zl. Fr-85284, zum Zweck der Sicherung der zwangsweisen Vollstreckung des gegen ihn mit Bescheid der BH Linz-Land vom 16. Oktober 1996, Zl. Sich-04/17807, erlassenen, am 22. Dezember 1999 in Rechtskraft erwachsenen, unbefristeten Aufenthaltsverbotes im Wege der Abschiebung die Schubhaft verhängt und durch Überstellung in das PAZ der BPD Linz vollzogen.

Begründend wurde darin im Wesentlichen ausgeführt, dass nach seinem bisherigen straffälligen Verhalten davon auszugehen sei, dass er seiner Ausreiseverpflichtung nicht freiwillig nachkommen werde und sohin damit gerechnet werden müsse, dass er sich dem weiteren fremdenpolizeilichen Verfahren zu entziehen versuchen werde.

1.2. Dagegen richtet sich die vorliegende, am 21. Mai 2002 zur Post gegebene, u.a. - soweit es die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates anbelangt - auch auf § 72 des Fremdengesetzes, BGBl.Nr. I 75/1997, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 134/2002 (im Folgenden: FrG), gestützte Beschwerde.

Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, dass er seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes staatenlos geworden sei, eine Abschiebung somit nicht in Betracht komme und damit auch die Schubhaftverhängung von vornherein ihren Zweck verfehle.

Außerdem hätten in der Zwischenzeit seine Ehegattin und seine vier Kinder die österreichische Staatsbürgerschaft erlangt, wobei er bei diesen jederzeit Unterkunft nehmen könne. Eine im Gefolge der Wiederaufnahme des Verfahrens durchzuführende Interessenabwägung i.S.d. Art. 8 MRK müsse nunmehr insofern zu seinen Gunsten ausschlagen, als kein Aufenthaltsverbot mehr verhängt werden dürfe.

Deshalb wird die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Schubhaftverhängung sowie der Anhaltung in Schubhaft beantragt.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BPD Linz zu Zl. 1006415/FRB; da sich bereits aus diesem in Verbindung mit dem Parteienvorbringen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen dementsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 73 Abs. 2 Z. 1 FrG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat über die vorliegende Beschwerde erwogen:

3.1. Gemäß § 72 Abs. 1 FrG hat u.a. derjenige, der unter Berufung auf das FrG angehalten wurde, das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Anhaltung anzurufen.

Nach § 61 Abs. 1 FrG können Fremde u.a. dann in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um die Abschiebung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf eine Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie sich diesem Verfahren entziehen werden.

3.2. Davon ausgehend ist im gegenständlichen Fall zunächst die Frage zu klären, ob das im Jahr 1996 gegen den Beschwerdeführer verhängte Aufenthaltsverbot weiterhin wirksam ist.

In diesem Zusammenhang wendet der Beschwerdeführer unter Vorlage entsprechender Nachweise ein, dass seine Ehegattin und seine vier Kinder zwischenzeitlich die österreichische Staatsbürgerschaft erlangt haben; die belangte Behörde ist diesem Vorbringen in ihrer Gegenschrift auch nicht entgegengetreten.

Nach der - Art. 8 MRK näher ausführenden - Bestimmung des § 37 Abs. 2 FrG darf ein Aufenthaltsverbot jedenfalls nicht erlassen werden, wenn dessen Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung, wobei bei dieser Abwägung insbesondere auf die Dauer des Aufenthaltes, des Ausmaßes der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen und die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen Bedacht zu nehmen ist.

Davon ausgehend und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Gattin und seine Kinder sich seit mehr als 10 Jahren in Österreich aufhalten und dadurch auch die österreichische Staatsbürgerschaft erlangt haben, ist evident, dass sich die das seinerzeitige Aufenthaltsverbot aus dem Jahr 1996 tragenden sachverhaltsmäßigen Grundlagen in einem entscheidungswesentlichen Punkt geändert haben: Es kann nämlich offenkundig nicht verlässlich (wobei ein derartiger Grad an Sicherheit bei Eingriffen in die persönliche Freiheit als einem der höchstrangigen Rechtsgüter des Menschen jedenfalls zu fordern ist !) ausgeschlossen werden, dass die das Aufenthaltsverbot damals verhängt habende Behörde nunmehr bei Einbeziehung dieses Umstandes zu einem anderen Ergebnis kommen könnte.

Damit entfällt aber auch die Rechtskraftwirkung dieses Bescheides, die wiederum eine Voraussetzung für seine Vollstreckbarkeit bildet.

Liegt sohin aber kein vollstreckbares Aufenthaltsverbot vor, dann stellt sich auch die zur Sicherung der Vollstreckung desselben im Wege der Abschiebung verhängte Schubhaft als rechtswidrig dar.

3.3. Die vorliegende Schubhaftbeschwerde erweist sich daher im Ergebnis als begründet, sodass ihr gemäß § 73 Abs. 4 FrG stattzugeben war.

4. Eine Kostenentscheidung war mangels eines darauf gerichteten Antrages nicht zu treffen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 13 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Dr. G r o f

Beachte:

Vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben.

VwGH vom 30.10.2003, Zl.: 2003/02/0161-8

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum