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des Landes Oberösterreich
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VwSen-220081/8/Gu/Bf

Linz, 28.11.1991

VwSen - 220081/8/Gu/Bf Linz, am 28. November 1991 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des J, vertreten durch Rechtsanwalt gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 25. Juli 1991, Ge96/99/1991/6/91-H, wegen Übertretung des Arbeitnehmerschutzgesetzes (Bauarbeitenschutzverordnung) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis sowohl im Schuldspruch als auch hinsichtlich Strafhöhe und Kostenausspruch bestätigt.

Als Rechtsgrundlage hat hiefür § 66 Abs.4 AVG i.V.m. § 24 VStG und § 31 Abs.2 lit.p i.V.m. § 31 Abs.5 des Arbeitnehmerschutzgesetzes 1972, zuletzt geändert durch Bundesgesetz BGBl.Nr.393/1986 i.V.m. § 16 Abs.4 der Bauarbeitenschutzverordnung BGBl.Nr.267/1954, § 33 Abs.1 lit.a Z.12 des Arbeitnehmerschutzgesetzes 1972 i.d.cit. Fassung zu dienen.

II. Der Berufungswerber hat gemäß § 64 Abs.2 VStG als Beitrag für die Verfahrenskosten des Berufungsverfahrens den Betrag von 2.000 S binnen 14 Tagen an den unabhängigen Verwaltungssenat zu entrichten.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis den Beschuldigten J, als handelsrechtlichen Geschäftsführer der R, schuldig erkannt, am 22. April 1991 auf der Baustelle in mehrere Arbeitnehmer in einer 2,3 m tiefen ca. 90 cm breiten Künette beschäftigt zu haben, obwohl diese Künette zum Zeitpunkt der Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat nicht gepölzt gewesen sei.

In Anwendung der §§ 16, Abs.4 der Bauarbeitenschutzverordnung BGBl.Nr. 267/1954 i.V.m. § 31 Abs.2 lit.b des Arbeitnehmerschutzgesetzes 1972 i.d.g.F. hat die belangte Behörde über den Beschuldigten eine Geldstrafe in Höhe von 10.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 10 Tagen verhängt und Verfahrenskosten von 1.000 S auferlegt.

2. Dagegen richtet sich die Berufung des anwaltlich vertretenen Beschuldigten im wesentlichen mit der Begründung, daß sowohl er, als auch die zuständige Bauleiterin Frau Ing. K den zuständigen Polier drei- bis viermal ermahnt habe, die Pölzung der Künette vorzunehmen. Warum dieser Polier die vorgeschriebene Pölzung nicht vorgenommen habe, wisse er nicht. Es könne jedoch von ihm nicht mehr verlangt werden, als die Anordnungen zu geben. Im übrigen sei die Verantwortlichkeit des Poliers festgeschrieben und könne von ihm nicht verlangt werden, daß er sich auf jede Baustelle begebe und warte bis der Polier die Anordnungen befolge. Er habe sich keines untüchtigen Erfüllungsgehilfen bedient. Seine und der Bauleiterin Anordnungen seien nicht zu bezweifeln.

3. Aufgrund der Berufung wurde am 18.11.1991 die mündliche Verhandlung in Gegenwart der Vertreter der Arbeitsinspektorate Linz und Vöcklabruck sowie des Vertreters des Beschuldigten durchgeführt.

4. Aufgrund deren Ergebnisses, insbesondere den im Akt erliegenden Urkunden und der Verantwortung des Beschuldigten ist erwiesen, daß im angefochtenen Straferkenntnis erwähnte Künette zur Tatzeit nicht gepölzt war, obwohl das Pölzmaterial bereitlag. Das Material in dem sich die Künette befand, war nicht aus Fels oder felsähnlich und wies die vom Spruch erfaßten Maße auf.

Ein Strafverfahren bezüglich des in Rede stehenden Sachverhaltes in Anwendung anderer strengerer gesetzlicher Bestimmungen behängt nicht.

Der bei der Baustelle verwendete Polier wurde von der Bauleiterin Ing. K mehrmals gemahnt, daß er für den Arbeitsschutz verantwortlich ist und ihm mit Schreiben vom 25. Juni 1991 die Verantwortung für die Einhaltung der Verordnung über den Schutz von Dienstnehmern bei der Ausführung von Bauarbeiten, Bauneben- und Bauhilfsarbeiten, sohin nach der Tatzeit schriftlich übertragen. Eine Ermahnung des Poliers erfolgte auch durch Herrn Dipl.Ing. K seitens der Bauherrnschaft.

Die vom Beschuldigten als handelsrechtlichen Geschäftsführer vertretene R hat neun hauptberufliche Poliere, die bei Antritt ihrer Tätigkeit auf ihre Pflichten aufmerksam gemacht werden.

Die vom Beschuldigten mit der Bauaufsicht und damit einhergehend mit der Kontrolle der Baustellen, beauftragte Frau Bauingenieur K hat, nach der Annahme des Beschuldigten, ein- bis zweimal in der Woche die in Rede stehende Baustelle besucht.

Der Beschuldigte besucht vereinzelt die Baustellen, hauptsächlich zu Baubesprechungen und zwar dann, wenn wichtige Fragen zu klären sind. Daß der Beschuldige den Tatort besucht hat, ist nicht erwiesen.

5. Diese Feststellungen sind unbestritten geblieben und bilden den Prüfungsmaßstab für das angefochtene Straferkenntnis.

Zur rechtlichen Seite hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen: Gemäß § 31 Abs.2 lit.p des mehrfach zitierten Arbeitnehmerschutzgesetzes (ASchG) begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Vorschriften der aufgrund des § 24 leg.cit. erlassenen Verordnungen oder den aufgrund des § 27 leg.cit. vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen oder den erteilten Aufträgen zuwiderhandeln eine Verwaltungsübertretung und sind, soferne die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen.

Gemäß § 33 Abs.1 lit.a Z.12 ASchG gilt die Verordnung vom 10. November 1954, BGBl.Nr. 267, über Vorschriften zum Schutze des Lebens und der Gesundheit von Dienstnehmern, der Ausführung von Bauarbeiten, Bauneben- und Bauhilfsarbeiten (Bauarbeitenschutzverordnung) im bisherigen Umfang als Bundesgesetz weiter.

Gemäß § 16 Abs.4 dieser Bauarbeitenschutzverordnung müssen Künetten, die nicht in Felsen oder in einem Boden, dessen örtliche Standfestigkeit an jene von Felsen herankommt, ausgeführt werden, bei Tiefen von mehr als 1,25 m auf jeden Fall gepölzt werden. Beim Vorliegen von schlechten Bodenverhältnissen oder besonderen Einflüssen wie Erschütterungen durch Straßenverkehr oder ähnlichen Einwirkungen ist auch schon bei geringerer Tiefe zu pölzen.

Gemäß § 92 leg.cit. sind Übertretungen der Vorschriften nach Maßgabe der Vorschriften der Gewerbeordnung oder des § 24 des Arbeitsinspektionsgesetzes zu ahnden. Aufgrund des Außerkrafttretens der Bestimmungen der Gewerbeordnung 1869, der Verordnungsermächtigung in § 24 des ASchG und seiner Übergangsbestimmungen sind die Übertretungen der Bauarbeitenschutzverordnung nunmehr nach dem Arbeitnehmerschutzgesetz zu ahnden.

Gemäß § 31 Abs.5 ASchG sind Arbeitgeber neben ihren Bevollmächtigten strafbar, wenn die Übertretung mit ihrem Wissen begangen wurde oder wenn sie bei der nach den Verhältnissen möglichen eigenen Beaufsichtigung des Betriebes oder bei der Auswahl oder der Beaufsichtigung der Bevollmächtigten es an der erforderlichen Sorgefalt haben fehlen lassen.

Im vorliegenden Fall ist erwiesen, daß der Beschuldigte zur Überwachung der in Rede stehenden Vorschriften die Verantwortung delegiert hat. Diese Delegation bzw.

Übertragung der Veranwortung nach § 31 des ASchG bedarf nicht der strengen Formerfordernisse des § 9 Abs.2 bis 4 VStG. Insoferne ging die belangte Behörde von einem unrichtigen Anknüpfungspunkt aus.

Es irrt aber auch der Beschuldigte, wenn er meint, er brauche nur Anordnungen zu treffen und eine taugliche Person beschäftigen und sei dann von der Verantwortung frei. Um von der Verantwortung frei zu sein, hätte er neben den Anordnungen auch ein Mindestmaß an Kontrolle zu verwirklichen gehabt, ohne die eine Feststellung, er bediene sich gewissenhafter Erfüllungsgehilfen nicht denkmöglich ist. Bei dem vorstehend festgestellten Sachverhalt kann von einer Kontrolle keine Rede sein.

Im Ergebnis hat daher der Beschuldigte nicht alle Handlungen im Sinne des § 31 Abs.5 ASchG gesetzt, die notwendig und möglich gewesen wären, um die Tat zu verhindern. Infolge des Mangels der erforderlichen Sorgfalt als Arbeitgeber war im Ergebnis der erstinstanzliche Schuldspruch Rechtens. Daran änderte nichts, daß die rechtliche Qualifikation von der Berufungsbehörde anders zu treffen war.

Bezüglich der Strafbemessung hat der Berufungswerber keine Rüge vorgebracht bzw. keinen Eventualantrag gestellt.

Aufgrund der herrschenden Offizialmaxime war ausgehend vom monatlichen Einkommen von 40.000 S, welches die Erstbehörde angenommen hat und vom Berufungswerber nicht bestritten worden ist unter den weiteren Prämissen, daß im Verfahren keine Erschwerungs- und Milderungsgründe hervorgekommen sind, Sorgepflichten nicht geltend gemacht sowie ein Vermögen verneint worden ist, die erstinstanzlichen Annahmen bestätigt und angesichts des Strafrahmens von 50.000 S, der Berufungswerber nicht beschwert, indem der Strafrahmen im Hinblick auf das Maß der Gefährdung nur zu einem Fünftel ausgeschöpft worden ist.

Nachdem der Berufungswerber mit seinem Rechtsmittel im Ergebnis erfolglos geblieben ist, waren ihm gemäß § 64 Abs.2 VStG als Beitrag zu den Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren 20 % der verhängten Strafe, das sind 2.000 S, zusätzlich zu den Verfahrenskosten I. Instanz aufzuerlegen. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Erkenntnis ist eine weitere Berufung nicht zulässig.

Hinweis:

Gegen dieses Erkenntnis kann binnen sechs Wochen nach Zustellung der schriftlichen Ausfertigung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von der Unterschrift eines Rechtsanwaltes umfaßt sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer 6

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