Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220124/6/Kl/Rd

Linz, 08.09.1992

VwSen - 220124/6/Kl/Rd Linz, am 8. September 1992 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Ing. Walter S, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wels vom 14. November 1991, MA2-Ge-2522-1991, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1973, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 29. April 1992, zu Recht:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben als die verhängte Strafe auf 2.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 2 Tage herabgesetzt wird. Im übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 19 und 51 VStG.

II. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 200 S.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Der Magistrat Wels hat mit Straferkenntnis vom 14. November 1991, MA2-Ge-2522-1991, über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 5.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen, verhängt, weil er mindestens seit 20. November 1990 bis heute ohne im Besitze der erforderlichen Betriebsanlagengenehmigung zu sein, am Standort, einen Lebensmittelerzeugungsbetrieb, insbesondere die Verarbeitung von Sojabohnen in einer sogenannten "Tofurei" betrieben hat.

2. Dagegen wurde rechtzeitig Berufung eingebracht und darin die Aufhebung des Schuldspruches oder zumindest das Absehen von der Verhängung einer Strafe beantragt. Als Begründung wurde im wesentlichen angeführt, daß bereits im Herbst 1989 beim Magistrat Wels um die Erteilung einer erforderlichen gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung angesucht wurde. Gleichzeitig wurde um die erforderliche Baubewilligung angesucht, welche aber bescheidmäßig abgelehnt wurde. Im Grunde einer Augenscheinsverhandlung im April 1991 waren noch Lärm- und Geruchsmessungen aufgrund Nachbarbeschwerden erforderlich und konnte deshalb das gewerbebehördliche Verfahren nicht abgeschlossen werden. Es wird zwar zugegeben, die erforderliche Betriebsanlagengenehmigung nicht zu haben, aber es wurde vor nunmehr zwei Jahren darum angesucht und bislang keine Entscheidung getroffen. Da Nachbarn nicht gestört werden und andererseits Fremdmittel in den Betrieb investiert wurden, konnte mit dem Betrieb nicht mehr, ohne die Existenz zu gefährden, zugewartet werden.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsstrafakt des Magistrates Wels Einsicht genommen; eine Gegenschrift wurde von der belangten Behörde nicht erstattet. Am 29. April 1992 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der die Verfahrensparteien geladen wurden.

4. Im Grunde der öffentlichen mündlichen Verhandlung ergab sich folgender unbestrittener Sachverhalt, der der Entscheidung zugrundegelegt wird.

In der P, wurde im Jahr 1983 ein Lebensmittelerzeugungsbetrieb begonnen, welcher 1986 vom Berufungswerber käuflich erworben wurde. Wie der Vorgänger wurde dieser Betrieb als Tofurei betrieben. Eine Betriebsanlagengenehmigung bestand weder für den Vorbesitzer noch für den Berufungswerber. Eine Gewerbeanmeldung erfolgte durch den Berufungswerber am 13. März 1987 und es wurde vom Magistrat Wels für das Gewerbe der Herstellung von Lebensmittelprodukten auf pflanzlicher Grundlage, eingeschränkt auf Tofu und ähnliche Produkte, mit dem Standort P in der Gewerbeschein ausgestellt. Beim Haus P handelt es sich um ein Wohnhaus, welches in eine Betriebsanlage umgebaut wurde, welche sich aber im Wohngebiet befindet. Die angrenzenden bzw. gegenüberliegenden Liegenschaften gehören aber bereits dem Industriegebiet an. Der Betrieb wird nicht ständig durchgeführt, sondern läuft nur zwei bis drei Tage pro Woche, dies entweder zu Beginn oder zu Ende der Woche und zwar von 7.00 Uhr bis 18.00 Uhr. Im Betrieb arbeiten zwei Familienangehörige und zwei Aushilfskräfte mit. Aufgrund von Umbaumaßnahmen wurde am 22. Dezember 1989 neben der baubehördlichen Genehmigung die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung beim Magistrat Wels beantragt. Erst aufgrund eines negativen Baubescheides, welcher vom Berufungswerber angefochten wurde, wurde die Gewerbebehörde durch eine Augenscheinsverhandlung tätig (April 1991) und mußte diese wegen Nachbarbeschwerden zum Zwecke von Gutachtenseinholungen vertagt werden. Das diesbezügliche Verfahren ist bis dato nicht abgeschlossen. Neben dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren wurden auch die Voraussetzungen für eine Schließung nach § 360 Abs.2 GewO 1973 überprüft und konnte aber ein Gefährdungstatbestand durch die medizinische Amtssachverständige nicht festgestellt werden.

Der Betrieb einer Tofuproduktion wird auch weiterhin fortgeführt, ohne daß die erforderlichen Genehmigungen vorliegen.

5. Hierüber hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

5.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z.3 der GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt. Gemäß § 74 Abs.2 Z.2 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, den Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterungen oder in anderer Weise zu belästigen.

5.2. Wie der Sachverhalt unbestritten zum Ausdruck bringt, wird vom Berufungswerber eine Betriebsanlage betrieben, die geeignet ist, Nachbarn zu belästigen. Eine tatsächliche Belästigung muß jedoch im Strafverfahren nicht nachgewiesen werden. Da die Anlage einer behördlichen Genehmigung bedarf, wurde auch seitens des Berufungswerbers um eine solche angesucht. Es ist daher der objektive Tatbestand als erwiesen anzusehen.

5.3. Hinsichtlich des Verschuldens ist auszuführen, daß da die Verwaltungsvorschrift keine besondere Schuldform verlangt - fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit wird ohne weiteres angenommen, wenn der Beschuldigte nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Eine solche Glaubhaftmachung ist dem Täter nicht gelungen. Vielmehr muß einem Gewerbetreibenden angelastet werden, daß er die für die Ausübung des Gewerbes erforderlichen Vorschriften kennt bzw. sich von diesen Kenntnis bei der zuständigen Behörde verschafft. Der vom Berufungswerber eingangs erwähnte Rechtsirrtum über die Bewilligungspflicht der Anlage entschuldigt den Berufungswerber nicht, weil ein Mindestmaß an Rechtskenntnis vorausgesetzt werden kann bzw. die Verpflichtung zur Information besteht und daher ein Verschulden dem Berufungswerber vorzuwerfen ist. Schließlich hat der Berufungswerber am 22. Dezember 1989 selbst um die erforderliche Betriebsanlagengenehmigung angesucht und es kann daher in subjektiver Hinsicht vorsätzliche Begehungsweise des Weiterbetriebs ohne die erforderliche Genehmigung dem Berufungswerber vorgeworfen werden.

5.4. Hinsichtlich des Strafausmaßes wird folgendes erwogen: Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies nach dem Zweck der Bestrafung die in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Schon aus der gesetzlich geregelten Genehmigungspflicht für Betriebsanlagen ist ein gesteigertes Schutzbedürfnis abzuleiten, weshalb erst nach Erteilung der Betriebsanlagengenehmigung unter Einhaltung der allenfalls vorgeschriebenen Auflagen das Gewerbe ausgeübt werden darf. Der Betrieb einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage noch vor der behördlichen Genehmigung steht daher in krassem Widerspruch zu den geschützten Interessen. Es ist aber dem Berufungswerber zugute zu halten, daß eine konkrete Gefährdung der Nachbarn bzw. nachteilige Folgen nicht eingetreten sind. Als mildernd ist daher zu werten, daß der Berufungswerber selbst sodann um die Betriebsanlagengenehmigung angesucht hat und daß das diesbezügliche gewerbebehördliche Verfahren seit nunmehr über zwei Jahren anhängig ist. Demgegenüber ist aber erschwerend zu werten, daß schon durch einen Zeitraum von einigen Jahren die Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung betrieben wird. Es ist allerdings dem Berufungswerber zugute zu halten, daß der Betrieb nicht ständig läuft, sondern nur sporadisch einige Tage pro Woche. Außerdem wurde berücksichtigt, daß eine Gefährdung von Nachbarn durch eine medizinische Amtssachverständige nicht festgestellt werden konnte.

Angesichts der persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers (Alleineigentümer der Liegenschaft Prinz-Eugen-Straße 1, Jahresgewinn 1991 von 50.000 S, keine Sorgepflichten) kann aber im Hinblick auf das Geständnis des Berufungswerbers und im Hinblick auf den Umstand, daß keine einschlägigen Vormerkungen gegen ihn aufscheinen, mit einer geringeren als der verhängten Strafe das Auslangen gefunden werden.

Hinsichtlich des Berufungsantrages auf ein Absehen von der Strafe ist zu bemerken, daß einerseits kein Anspruch des Berufungswerbers auf einen ausdrücklichen Abspruch gemäß § 21 VStG besteht und andererseits, wie schon oben dargestellt, kein geringfügiges Verschulden vorliegt. Schon aus diesem Grunde kommt ein Absehen von der Strafe nicht in Betracht.

Aufgrund der nach § 16 VStG angeordneten Verhältnismäßigkeit war daher auch die Ersatzfreiheitsstrafe herabzusetzen.

6. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruch zitierte Gesetzesstelle. Ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren entfällt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t 6

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