Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220374/2/Ga/La

Linz, 07.03.1994

VwSen-220374/2/Ga/La Linz, am 7. März 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des M F in S , Ü , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 14.

Dezember 1992, Zl. Ge-364-1992/Pa, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973 (GewO 1973), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens verfügt.

II. Der Berufungswerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis ist über den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: zwei Tage) kostenpflichtig verhängt worden, weil er sich der Mittäterschaft an einer Übertretung der Gewerbeordnung 1973 und dadurch der Verletzung des § 7 VStG iVm § 189 Abs.1 und § 366 Abs.1 Z2 GewO 1973 schuldig gemacht habe.

Als erwiesen wurde angenommen (§ 44a Z1 VStG): Der Berufungswerber hat Herrn H A vorsätzlich die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, indem er für den Standort S , A , um die Erteilung einer Konzession für das Gastgewerbe in der Betriebsart eines Gasthauses angesucht hat, die ihm mit Wirkung vom 29. Jänner 1991 auch erteilt worden ist, obwohl dieses Gewerbe (wie durch Kontrollen am 30. November 1991 und am 6. Februar 1992 festgestellt worden ist) tatsächlich von der "S " Handels- und Gastronomiegesellschaft m.b.H., dessen handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener Herr H A ist, ausgeübt worden ist.

1.2. Dagegen richtet sich die mit dem Antrag auf Verfahrenseinstellung eingebrachte, ohne vorgängige Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat durch die Strafbehörde als belangte Behörde vorgelegte Berufung. Die Einwände des Berufungswerbers bestehen im wesentlichen in der Bestreitung der Nebentäterschaft als Gehilfe.

Zum Inhalt der - zulässigen - Berufung hat sich die belangte Behörde nicht geäußert.

2. Schon aus der Aktenlage war ersichtlich, daß das Straferkenntnis - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - aufzuheben ist. Dies aus folgenden Gründen:

3.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO 1973 (idF vor dem Inkrafttreten der Gewerberechtsnovelle 1992) begeht eine Verwaltungsübertretung, wer ein konzessioniertes Gewerbe (§ 5 Z2) ohne die erforderliche Konzession ausübt. Gemäß § 366 Abs.1 Einleitungssatz GewO 1973 ist eine derartige Verwaltungsübertretung mit Geldstrafe bis zu 50.000 S bedroht.

§ 189 Abs.1 bestimmt die Konzessionspflicht für das Gastgewerbe und umschreibt in Z1 bis Z4 die verschiedenen Berechtigungen, die auf Grund der Konzession ausgeübt werden dürfen. Unter Ausübung eines Gewerbes ist nach der ständigen Entscheidungspraxis des unabhängigen Verwaltungssenates eine den Gegenstand des Gewerbes bildende Tätigkeit (vorliegend:

eine solche, die sich - abgestellt auf die Betriebsart - den Berechtigungen des § 189 Abs.1 Z1 bis 4 GewO 1973 zuordnen läßt) zu verstehen.

3.2. Als sogen. Nebentäter, u.zw. als Beihelfer ist gemäß § 7 VStG zu bestrafen, wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, dies auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar sein sollte. Jedenfalls muß die (vorsätzliche) Taterleichterung bewirkt haben, daß der Dritte den objektiven Tatbestand einer Verwaltungsübertretung - hier: jene gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO 1973 - verwirklicht hat.

Der Verwaltungsgerichtshof judiziert in ständiger Rechtsprechung, daß für die Beihilfe eine Beteiligung an dem strafbaren Verhalten des unmittelbaren Täters, somit ein Zusammenwirken mit ihm, wesentlich ist. Dieses Zusammenwirken muß festgestellt sein, wenn eine Bestrafung gerechtfertigt sein soll, die sich auf § 7 VStG stützt (siehe die zB bei K. Ringhofer, Verwaltungsverfahren II., Manz, Wien 1992, 112 ff, angeführte Judikatur).

3.3. Gemäß § 66 Abs.4 AVG (§ 24 VStG) hat der unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Die Sache, auf deren Entscheidung der unabhängige Verwaltungssenat dabei beschränkt ist, ergibt sich zuallererst aus dem spruchgemäßen Tatvorwurf des bekämpften Straferkenntnisses. Für dessen Inhalt ist § 44a VStG maßgeblich; die Z1 verlangt den Vorwurf der als erwiesen angenommenen Tat, die hinsichtlich des Täters und der Tatumstände (= alle wesentlichen Sachverhaltselemente) so genau umschrieben sein muß, daß zum einen die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und zum anderen die Identität der Tat unverwechselbar feststeht.

4.1. Vor dem Hintergrund der hier maßgeblichen Rechtslage und der auch für den unabhängigen Verwaltungssenat beachtlichen höchstgerichtlichen Rechtsprechung (diesbezüglich zusammenfassend: VwGH v. 10.6.1992, 92/04/0055) genügt weder die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 18. Mai 1992 als erste Verfolgungshandlung noch der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses den Anforderungen an die Tatbildlichkeit der Tat.

So wäre erforderlich gewesen, jene Sachverhalte anzulasten, die erst mit Eindeutigkeit erkennen und zuordnen lassen, daß der unmittelbare Täter die Verwaltungsübertretung des § 366 Abs.1 Z2 (iVm § 5 Z2) GewO 1973 objektiv verwirklicht hat.

Konkret hätte (jedenfalls auch) vorgeworfen werden müssen, durch welche den Berechtigungen entsprechende Tätigkeiten (zB Verabreichung und Verkauf von bestimmten Speisen; Ausschank und Verkauf von bestimmten alkoholischen oder nichtalkoholischen Getränken in unverschlossenen Gefäßen) der Haupttäter das Gastgewerbe ausgeübt hat, und weiters, daß er dies getan hat, ohne im Besitz der hiefür erforderlichen Konzession gewesen zu sein.

Diese Erfordernisse können durch bloße Fundstellenzitate der angewendeten Gesetzesvorschrift oder durch Erwähnung der zugrundegelegten Sachverhaltselemente nur in den Erläuterungen des Straferkenntnisses (wie dies vorliegend, zum Teil wenigstens, auf Seite 3, dritter Absatz v.o., geschieht) nicht substituiert werden.

4.2. Davon abgesehen enthält das Straferkenntnis auch keine genügend konkreten Feststellungen über das Vorliegen eines Zusammenwirkens des Gehilfen mit dem Haupttäter. Dieses läge nach Meinung der Judikatur (zB VwSlg. 4948 A/1959) beispielsweise dann vor, wenn der Berufungswerber mit dem verantwortlichen Organ der oben genannten Gesellschaft im ausdrücklichen Einvernehmen oder auch nur im faktischen Zusammenwirken so gehandelt hätte, als wäre die entsprechende Konzession für die Betreibung des Gasthauses durch den Haupttäter unter Einhaltung aller einschlägigen Vorschriften erteilt worden. Indem jedoch dem Berufungswerber nur zur Last gelegt wird, dem Haupttäter die Verwaltungsübertretung dadurch erleichtert zu haben, daß ihm (nämlich dem Berufungswerber) für einen bestimmten Standort eine bestimmte Konzession erteilt worden ist, ist darin allein das Zusammenwirken noch nicht konkretisiert und ist (allein deshalb) die Anwendung des § 7 VStG noch nicht gerechtfertigt.

5. Zusammenfassend war aus all diesen Gründen das Straferkenntnis aufzuheben. Einer Verbesserung durch den unabhängigen Verwaltungssenat ist der Schuldspruch nicht zugänglich, weil es sich vorliegend nicht etwa nur um die Verdeutlichung von bloß nicht deutlich genug formulierten Tatbestandselementen (vgl. VwGH v. 28.6.1988, 88/04/0047), sondern um einen von vornherein wesentlich unvollständig vorgeworfenen Tatbestand, der in dieser wesentlich verkürzten Fassung keine Verwaltungsübertretung bildet, handelt. Aus diesem Grund war auch die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 45 Abs.1 Z1 zweite Alternative VStG zu verfügen.

Zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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