Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220758/8/Schi/Ka

Linz, 01.06.1995

VwSen-220758/8/Schi/Ka Linz, am 1. Juni 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung des Ing. H S, p.A. Fa. M, K & Co, BaugesmbH, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 30.9.1993, GZ.502-32/Kn/We/107/92a, wegen Übertretungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 31 Abs.2 und 3 sowie 45 Abs.1 Z2 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber fünf Geldstrafen in der Höhe von je 5.000 S, insgesamt 25.000 S kostenpflichtig verhängt, weil er es als gem. § 31 Abs.2 Arbeitnehmerschutzgesetz Bevollmächtigter der Fa. I M, K & Co BaugesmbH, mit dem Sitz in L, und somit als für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften Verantwortlicher für die von oa Firma betriebene Baustelle "Kläranlage - U" zu vertreten, daß auf dieser Baustelle am 16.4.1992, 11.00 Uhr, wie anläßlich einer Überprüfung durch das Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk festgestellt wurde, 3 Arbeitnehmer der oa Firma mit Eisenverlegearbeiten für ein Wandelement des Klärbeckens auf der 3. Etage (6 m Höhe) eines dreifeldrigen Stahlrohrgerüstes beschäftigt wurden, wobei dieses Gerüst folgende Mängel aufwies:

1) Der Gerüstbelag des mittleren Gerüstfeldes bestand aus Schaltafeln, obwohl § 19 Abs.3 der Bauarbeiterschutzverordnung bestimmt, daß Gerüstlagen einen Belag aus mind. 5 cm dicken oder solchen Pfosten haben müssen, deren Dicke infolge Abnützung um nicht mehr als 5 mm geringer ist.

Weiters müssen die Pfosten mind. eine Breite von 18 cm aufweisen und gut besäumt sein. Die Pfosten sind dicht zu verlegen und sicher zu lagern; ihr Überstand darf nicht mehr als 20 cm betragen.

2) Die Gerüstbeläge des mittleren Gerüstfeldes wurden in der 2. und 3. Etage (= 4 und 6 m Höhe) lediglich durch ca. 2 cm dicke Holzlatten gegen Absturz abgesichert, obwohl § 19 Abs.4 der Bauarbeiterschutzverordnung vorschreibt, daß Gerüstlagen in Höhe von mehr als 2m über dem Erd- oder Geschoßboden dort, wo Absturzgefahr besteht, mit Brustwehren und, mit Ausnahme der einfach gestellten Leitergerüste, mit Fußwehren zu versehen sind, wobei Brustwehren in etwa 1 m Höhe über dem Gerüstbelag anzubringen sind und, wenn sie aus Brettern bestehen, mind. 12/2, 4 cm stark sein müssen.

3) Sämtliche Gerüstbeläge besaßen keine stirnseitigen Absturzsicherungen, obwohl § 46 Abs.6 Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung vorschreibt, daß Gerüstbeläge, von denen Arbeitnehmer mehr als 2 m abstürzen können, durch Brust- und Fußwehren abgesichert sein müssen.

4) Als Zugang zur 3. Gerüstlage wurde eine Schaltafel von einem Stahlträger im Bereich der Klärbeckenwand zu der Gerüstlage gelegt, welche überdies keine Absturzsicherungen besaß, obwohl § 31 Abs.4 der Bauarbeiterschutzverordnung vorschreibt, daß für das gefahrenlose Besteigen und Verlassen von Gerüsten sowie für die Verbindung zwischen den Gerüstgeschossen, Treppen oder Leitergänge anzulegen sind.

5) Das Gerüst war weder zug- und druckfest mit der Klärbeckenwand verankert, noch entsprechend abgestützt. Es waren lediglich 3 Pfosten an das Gerüst angelehnt, obwohl § 46 Abs.3 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung vorschreibt, daß Gerüste auf tragfähigen Unterlagen aufgestellt, standsicher, ausreichend verstrebt und nötigenfalls an standsicheren, genügend festen Bauteilen verankert sein müssen.

Der Beschuldigte hat hiedurch folgende Verwaltungsübertretungen begangen:

§ 31 Abs.2 lit.p) Arbeitnehmerschutzgesetz, BGBl.Nr.

234/1972 idgF iVm ad 1) § 19 Abs.3 Bauarbeiterschutzverordnung (BAV), BGBl.Nr.267/1954 idgF ad 2) § 19 Abs.4 BAV ad 3) § 46 Abs.6 Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV), BGBl.Nr. 218/1983 idgF ad 4) § 31 Abs.4 BAV ad 5) § 46 Abs.3 AAV Das angefochtene Straferkenntnis vom 30.9.1993 wurde durch Hinterlegung am 15.10.1993 zugestellt und somit erlassen.

2. Dagegen hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben.

3. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz hat mit Schreiben vom 5.11.1993, eingelangt beim O.ö. Verwaltungssenat am 11.11.1993, als belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsstrafakt samt Berufung vorgelegt und darauf hingewiesen, daß keine Berufungsvorentscheidung erlassen wird.

Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht (mehr) anzuberaumen (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

4.1. Gemäß § 31 Abs.2 VStG beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

Sind nach Abs.3 dieses Paragraphen seit dem in Abs.2 bezeichneten Zeitpunkt drei Jahre vergangen, so darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden. Eine Strafe darf nicht mehr vollstreckt werden, wenn seit ihrer rechtskräftigen Verhängung drei Jahre vergangen sind. Die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Verwaltungsgerichtshof sowie Zeiten, während deren die Strafvollstreckung unzulässig, ausgesetzt, aufgeschoben oder unterbrochen war, sind nicht einzurechnen.

Gemäß § 45 Abs.1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn 1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet, 2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen; 3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

4.2. Aus dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ergibt sich, daß die Tat am 16.4.1992 begangen bzw festgestellt wurde. Mit Ablauf des 16.4.1995 ist somit Strafbarkeitsverjährung im gegenständlichen Fall eingetreten.

4.3. Da vorliegend die Verjährung im Laufe des Berufungsverfahrens eingetreten ist, hatte der unabhängige Verwaltungssenat (als Berufungsbehörde) das Straferkenntnis aufzuheben. Gleichzeitig war im Grunde des § 45 Abs.1 Z2 zweiter Fall VStG die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zu verfügen.

II. Der Ausspruch über den Entfall von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

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