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des Landes Oberösterreich
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VwSen-220861/15/Schi/Km

Linz, 13.01.1997

VwSen-220861/15/Schi/Km Linz, am 13. Jänner 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Im Grunde des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Oktober 1996, Zl. 95/02/0425, hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich durch sein Mitglied Dr.

Schieferer über die Berufung des P T, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. E P, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels (Magistrat Wels) vom 17.

Jänner 1994, MA2-Ge-2711-1992 Ste, wegen Übertretungen des Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetzes (KJBG), zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 45 Abs.1 Z2 und Abs.2 iVm § 31 Abs.3 VStG wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren mit der Feststellung, daß ein Umstand vorliegt, der die Strafbarkeit aufhebt, eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat gemäß § 66 Abs.1 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu leisten.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters (Magistrates) der Stadt Wels vom 17.1.1994, MA2-Ge-2411-1992 Ste, wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, es als gemäß § 9 Abs.2 VStG verantwortlicher Beauftragter der Firma T H GesmbH & Co KG, W, es zu vertreten, daß wie nachstehend angeführt, die Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 - KJBG, BGBl.Nr.599 idgF, übertreten wurden:

A) Bei insgesamt 13 Arbeitnehmern wurde an einzelnen angeführten Tagen die höchstzulässige Tagesarbeitszeit überschritten (§ 11 KJBG); B) Bei 10 Arbeitnehmern wurde an einigen bestimmten Tagen die höchstzulässige Wochenarbeitszeit (§ 11 Abs.1 KJBG) überschritten; C) Bei 5 Arbeitnehmern wurden an einigen bestimmten Tagen die Nachtruhezeit (§ 16 KJBG) unterschritten; D) Bei 9 Arbeitnehmern wurde an einigen bestimmten Tagen die im § 17 Abs.2 geregelte Nachtruhezeit nicht eingehalten; E) Eine Arbeitnehmerin wurde am 25.9.1992 die im § 17 Abs.1 KJBG geregelte Nachtruhezeit insofern nicht eingehalten und die Jugendliche bis zu einem späteren Zeitpunkt beschäftigt; F) Bei vier Arbeitnehmern wurde an jeweils einem Tag die Sonntagsruhe (§ 18 Abs.1, 2 und 3 KJBG) nicht gewährt.

1.2. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Berufungswerber für jeden einzelnen Fall verschieden hohe Geldstrafen verhängt, sodaß sich zusammengezählt eine Geldstrafe von 70.000 S ergab. Für diese zusammengezählte Geldstrafe von 70.000 S wurde gemäß § 30 KJBG eine (Gesamt) Freiheitsstrafe von zwei Wochen verhängt.

1.3. Gegen diesen Bescheid hat der Beschuldigte mit Schriftsatz vom 3. Februar 1994 rechtzeitig Berufung erhoben und beantragt, das angefochtene Straferkenntnis wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zu verfügen.

2.1. Mit h. Erkenntnis vom 17.7.1995, VwSen-22086/18/Schi/Ka, wurde der Berufung insofern Folge gegeben, als die Strafaussprüche zu sämtlichen unter A-F angeführten Fakten ersatzlos aufgehoben wurden. Ebenso habe der vorgeschriebene Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 7.000 S zu entfallen (Spruchabschnitt I.). Unter Spruchabschnitt II. wurde die Berufung des Arbeitsinspektorates als unbegründet abgewiesen und unter Spruchabschnitt III.

ausgesprochen, daß der Berufungswerber keine Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten habe.

2.2. Dieses Erkenntnis hat der Bundesminister für Arbeit und Soziales mit Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpft. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 4.10.1996, Zl. 95/02/0425, den angefochtenen h. Bescheid vom 17.7.1995 hinsichtlich Spruchpunkt I. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Da somit eine die Berufung erledigende Entscheidung nicht mehr vorlag, hatte der O.ö. Verwaltungssenat eine neuerliche Berufungsentscheidung zu treffen.

2.3. Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß das angefochtene Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels (Magistrat Wels) vom 17.1.1994 aufzuheben ist, war trotz des ausdrücklichen Antrages in der Berufung, eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen und durchzuführen, die vorliegende Entscheidung ohne mündliche Verhandlung im Sinn des § 51e Abs.2 VStG zu treffen.

3. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

3.1. Gemäß § 31 Abs.2 VStG beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

Sind nach Abs.3 dieses Paragraphen seit dem in Abs.2 bezeichneten Zeitpunkt drei Jahre vergangen, so darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden. Eine Strafe darf nicht mehr vollstreckt werden, wenn seit ihrer rechtskräftigen Verhängung drei Jahre vergangen sind. Die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Verwaltungsgerichtshof sowie Zeiten, während deren die Strafvollstreckung unzulässig, ausgesetzt, aufgeschoben oder unterbrochen war, sind nicht einzurechnen.

Gemäß § 45 Abs.1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn 1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet, 2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen; 3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

3.2. Aus dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ergibt sich, daß die Taten an verschiedenen Tagen ab 31.8.1992 bis 27.9.1992 begangen worden waren. Theoretisch wären sohin mit Ablauf des 27.9.1995 sämtliche Verwaltungsübertretungen absolut verjährt gewesen. Allerdings ist zufolge der Anordnung des § 31 Abs.3 letzter Satz VStG die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof, vor dem Verwaltungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften sowie Zeiten, während deren die Strafvollstreckung unzulässig, ausgesetzt, aufgeschoben oder unterbrochen war, nicht einzurechnen. Dabei hat der Verwaltungsgerichtshof insbesondere im Erkennntnis (v. 19.3.1987, Zl. 86/02/0171) ausgesprochen, daß die Zeit der Nichteinrechnung mit dem Einlangen der Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof beginnt und zu dem Zeitpunkt endet, in dem das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes bei der belangten Behörde einlangt.

3.3. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der Aktenlage, daß die Beschwerde des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 13.9.1995 am 14. September 1995 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangt ist.

An dieser Stelle sei bemerkt, daß zwar der Verwaltungsgerichtshof (im Erkenntnis auf Seite 3) ausgeführt hat, daß die Einbringung der Beschwerde gemäß § 26 Abs.1 Z4 VwGG zwar rechtzeitig erfolgt ist; dennoch sind bereits zu diesem Zeitpunkt folgende Taten wegen Ablaufes der Dreijahresfrist absolut verjährt gewesen: A.2 (E J; 5.9.1992 und 12.9.1992); A.6 (R D; 7.9.1992); A.9 (O O; 5.9.1992 und 12.9.1992); B.1.

(E J, 31.8.-6.9.1992 und 7.9.-13.9.1992); B.2 (I T, 7.9.-13.1992); B.6 (O O; 31.8.-6.9.1992 und 7.9.-13.9.1992); D.4 (H N; 5.9. und 6.9.1992); D.7 (R D; 7.9.-8.9.1992).

Zum Zeitpunkt des Einlangens der gegenständlichen Beschwerde beim VwGH konnten sohin nur noch die übrigen (zum Teil wegen des Fortsetzungszusammenhanges noch nicht verjährten), jedoch längstens bis 27.9. verwirklichten Taten in ihrer Verjährung wegen der Nicheinrechnung unterbrochen sein; es handelte sich sohin - rein rechnerisch - nur noch um 12 Tage d.i. vom 15.9.-27.9).

3.4. Nun ist aber das aufhebende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Oktober 1996 (erst) am 23.

Dezember 1996 beim O.ö. Verwaltungssenat eingelangt. Zu diesem Zeitpunkt begann sohin für die übrigen Delikte der Ablauf der restlichen 12 Tage im Hinblick auf die absolute dreijährige Verjährungsfrist zu laufen.

3.5. Da nun der Berufungswerber in seiner Berufungsschrift ausdrücklich eine mündliche Verhandlung verlangt hat, wäre sohin zufolge der Anordnung des § 51e Abs.4 VStG eine mündliche Verhandlung unter Gewährung einer Vorbereitungsfrist von mindestens zwei Wochen anzuberaumen gewesen. Da aber - wie bereits oben ausgeführt - nur noch 12 Tage zur Vollendung der dreijährigen Verjährungsfrist hinsichtlich aller übrigen Fakten offen waren, wären bereits zum Zeitpunkt der frühest möglichen Durchführung der mündlichen Verhandlung ganz abgesehen von der Unmöglichkeit der Ausschreibung der Verhandlung und der Zustellung der Ladungen an den Weihnachtsfeiertagen nämlich am Dienstag, 7.1.1997, alle Taten verjährt gewesen, zumal die absolute Verjährung bereits am Sonntag, 5.1.1997 eingetreten ist.

4. Es war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben.

Gleichzeitig war im Grunde des § 45 Abs.1 Z2 2. Fall VStG die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zu verfügen.

II. Der Ausspruch über den Entfall von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Schieferer

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