Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220990/2/Ga/Km

Linz, 29.07.1994

VwSen-220990/2/Ga/Km Linz, am 29. Juli 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Ing. E D , vertreten durch Dr. W M , Dr. G B , Rechtsanwälte in L , B gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 29. März 1994, Zl.

100-1/16-53-207, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973 GewO 1973, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

II. Der Berufungswerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber einer Verwaltungsübertretung gemäß "§ 366 Abs.1 Z1 iVm § 367 Z53 GewO 1973 idgF" schuldig erkannt; über ihn wurde eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: ein Tag) kostenpflichtig verhängt.

Als erwiesen wurde angenommen (§ 44a Z1 VStG): Der Berufungswerber habe als gewerberechtlicher Geschäftsführer einer namentlich genannten Baugesellschaft m.b.H. zu verantworten, daß diese Gesellschaft einen Dritten beauftragt habe, auf dem Grazer Messegelände bei einem näher bezeichneten Hallenneubau Vollendungs- und Ausbesserungsarbeiten in der Zeit vom 15.8. bis 30.8.1993 durchzuführen und damit für Schlosserarbeiten beauftragt habe, obwohl er hätte wissen müssen, oder dies nach seinem Beruf oder seiner Beschäftigung bei Anwendung entsprechender Aufmerksamkeit hätte wissen können, daß damit der Dritte durch die Ausübung dieser Tätigkeit eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs.1 Z1 GewO 1973 begehe, weil er keine entsprechende Gewerbeberechtigung besitze.

2. Mit seinem bei der Strafbehörde eingebrachten, die Mangelhaftigkeit des Verfahrens und eine unrichtige rechtliche Beurteilung rügenden Rechtsmittel beantragt der Berufungswerber ua. die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Verfahrenseinstellung.

3. Die Strafbehörde als belangte Behörde hat die Berufung und den bezughabenden Strafakt vorgelegt. Zum Inhalt der Berufung hat sie sich nicht geäußert.

Schon aus der Einsicht in den vorgelegten Strafakt war ersichtlich, daß die Berufung im Ergebnis erfolgreich und das angefochtene Straferkenntnis - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - aufzuheben ist.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1.1. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß a) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und b) die Identität der Tat (insbes. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Im Sinne der Anforderung nach lit.a sind entsprechende, dh.

in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können.

Hingegen verlangt die Anforderung nach lit.b (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat), daß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden muß, als er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren (und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß weiters der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

4.1.2. Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. ISd § 32 Abs.2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte (physische) Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung. Eine solche Verfolgungshandlung muß sich ferner auf eine bestimmte Tatzeit, einen bestimmten Tatort und sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift iSd § 44a Z2 VStG beziehen (vgl. Ringhofer, Verwaltungsverfahren II, zu § 32 E5 sowie E30 ff).

4.2. Im Berufungsfall sind zwei behördliche Akte, die als Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 VStG in Frage kommen, gesetzt worden: Es sind dies die Ladung vom 12. Jänner 1994, hinausgegeben am 24. Jänner 1994 und das bekämpfte Straferkenntnis selbst, das am 29. April 1994 expediert wurde (im Strafakt ist weiters noch das Konzept einer Strafverfügung mit dem Datum 30. Dezember 1993 auffindbar; da diesem Entwurf keinerlei Vermerk über eine erfolgte Hinausgabe entnommen werden kann, scheidet dieses Papier als Verfolgungshandlung von vornherein aus).

Beide genannten Verfolgungshandlungen enthalten jedoch keine Tatzeit! Die Verbotsnorm des § 367 Z53 GewO 1973 (in der hier zugrunde gelegten Fassung der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl.Nr. 29/1993; auf den in der Begründung des bekämpften Straferkenntnisses dargestellten Wortlaut dieser Vorschrift wird verwiesen) regelt zwei Übertretungstatbestände.

Vorliegend hat die belangte Behörde den zweiten Fall zugrundegelegt, bei dem es nach seinen Tatbestandsmerkmalen wesentlich darauf ankommt, daß die als Beschuldigter in Verfolgung gezogene Person ".... einen anderen zu einer Tätigkeit veranlaßt, ...".

Zwar hat die belangte Behörde in der Formulierung des Schuldspruchs das Wort "beauftragt" verwendet, doch besteht kein Zweifel, daß nach dem Sinngehalt dieses Wortes im gegebenen Zusammenhang nur das Tatbestandsmerkmal der Veranlassung gemeint sein kann.

Diese Veranlassung bestimmt hier die Tatzeit.

Sachverhaltsbezogen hätte daher ermittelt und vorgeworfen werden müssen, wann der verpönte Erfolg der Veranlassung stattgefunden hat. Eine Zeitangabe über die Veranlassung ist jedoch schon in der im Akt einliegenden Anzeige der Handelskammer S vom 27. August 1993 nicht enthalten. Diesbezügliche Ermittlungen sind im Strafakt auch sonst nicht nachgewiesen - dies möglicherweise deswegen, weil die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage den im Schuldspruch angeführten Zeitraum, in dem die werkvertraglich übernommenen Arbeiten von der dritten Person ausgeführt worden sind, als hier maßgebliche Tatzeit gehalten hatte.

Tatsächlich jedoch wäre, wie aus einer Beilage zur Berufung hervorgeht, als Tatzeit der 5. August 1993 in Frage gekommen; an diesem Tag nämlich hat die involvierte Baugesellschaft den Werkvertrag über die Vollendungs- und Ausbesserungsarbeiten abgeschlossen. Mit Abschluß dieses Werkvertrages wurde der Dritte als Werkunternehmer durch die Baugesellschaft als Werkbesteller zur Herstellung des vertraglich bestimmten Erfolges verpflichtet (= veranlaßt; vgl. hiezu P. Bydlinkski, Grundzüge des Privatrechts [1991] Rz 659).

4.3. Im Ergebnis ist festzuhalten, daß hinsichtlich der dem Berufungswerber angelasteten Verwaltungsübertretung infolge einer gravierend unvollständigen Tatindividualisierung die sechsmonatige Verfolgungsverjährungsfrist nie unterbrochen worden ist.

Nach den Umständen des Falles kann der Tatzeitmangel auch vom unabhängigen Verwaltungssenat nicht mehr saniert werden.

5. Es war daher das den Berufungswerber in seinen Rechten verletzende Straferkennntnis aufzuheben und die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen, weil Umstände vorliegen, die die Verfolgung des Berufungswerbers in dieser Sache ausschließen.

6.1. Bei diesem Verfahrensergebnis war auf die Frage, ob überhaupt, so wie dies der Schuldspruch des Straferkenntnisses annimmt, durch den Dritten das "Schlossergewerbe" ausgeübt worden ist, nicht mehr einzugehen. Allerdings fällt auf, daß diesbezüglich der Begründung des Straferkenntnisses in Verletzung der Vorschrift des § 58 Abs.2 und § 60 AVG (iVm § 24 VStG) jegliche Darstellung der rechtlichen Beurteilung mangelt.

6.2. Auch ein näheres Eingehen auf die Berufungsbegründung erübrigt sich. Festgehalten wird lediglich, daß die Ladung vom 12. Jänner 1994, deren Nichterhalt der Berufungswerber als Ursache des ihm behauptetermaßen nicht gewährten Parteiengehörs im zugrundeliegenden Strafverfahren rügt, entgegen seiner Meinung als Verfolgungshandlung deswegen gewertet werden muß, weil sie den Bereich der Behörde immerhin (wenngleich ihn nicht erreichend) verlassen hat (z.B. Ringhofer, Verwaltungsverfahren II, S 307, E 64). Im übrigen gilt das von der belangten Behörde zwar angebotene, jedoch nicht zustandegekommene Parteiengehör nach den Umständen dieses Falles mit der Berufungsbegründung jedenfalls als nachgeholt.

7. Die Aufhebung und Einstellung haben auf der Kostenseite die Entlastung des Berufungswerbers von allen Beiträgen zum Strafverfahren zur Folge.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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