Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-220995/3/Ga/La

Linz, 29.08.1994

VwSen-220995/3/Ga/La Linz, am 29. August 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 5. Kammer (Vorsitzender: Dr. Grof, Berichter:

Mag. Gallnbrunner, Beisitzer: Dr. Schön) über die Berufung des E B , vertreten durch Dr. H K Rechtsanwalt in L, Mstraße , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 16. März 1994, Zl. Ge96/293/1993, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973 - GewO 1973, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

II. Der Berufungswerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1 § 51c und § 51e Abs.1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber schuldig erkannt, er habe, wie am 4. Juni 1991 und 13. Dezember 1993 festgestellt, die - mit den im einzelnen angeführten Bescheiden - gewerbebehördlich genehmigte "Betriebsanlage für die Ausübung des Fleischergewerbes bzw. eine Schlachthausbetriebsanlage" in E, nach näher beschriebenen solchen Änderungen, die geeignet gewesen seien, in bestimmter Weise die im § 74 Abs.2 GewO 1973 genannten Interessen zu beeinträchtigen, "zumindest im Zeitraum vom 4.6.1991 bis zum 13.12.1993 betrieben", ohne im Besitz der hiefür erforderlichen Genehmigung gemäß § 81 GewO 1973 gewesen zu sein.

Dadurch habe der Berufungswerber durch Verletzung des § 81 Abs.1 iVm § 74 Abs.2 und § 366 Abs.1 Z4 GewO 1973 (in der hier anzuwendenden Fassung der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl.Nr. 23/1993) eine Verwaltungsübertretung begangen, für die er als Gewerbeinhaber verantwortlich sei, weshalb über ihn gemäß § 366 Abs.1 Z4 GewO 1973 eine Geldstrafe in der Höhe von 25.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 14 Tage) kostenpflichtig verhängt wurde.

2. Dagegen richtet sich die bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung, mit der zwar nicht die Vornahme von Änderungen der Betriebsanlage, jedoch deren Genehmigungspflichtigkeit bestritten wird. Auch wird eingewendet, daß der Tatzeitpunkt '4. Juni 1991' schon verjährt und die Annahme eines Dauerdeliktes in diesem Fall nicht gerechtfertigt sei. So bestehe gar keine Beweisgrundlage dafür, daß der Betrieb in der Folge stets auch in den nach Ansicht der Strafbehörde nicht genehmigten Teilen "geführt" worden sei.

Gestützt auf dieses Vorbringen rügt der Berufungswerber das Straferkenntnis als nicht zu Recht ergangen und beantragt Aufhebung und Verfahrenseinstellung.

3. Diese Berufung hat die Strafbehörde als belangte Behörde am 20. Juni 1994 ohne Gegenäußerung vorgelegt und den Strafakt angeschlossen. Gleichzeitig hat sie erklärt, daß sie eine Berufungsvorentscheidung nicht beabsichtige (ihre Zuständigkeit zur Berufungsvorentscheidung war jedoch schon durch Fristablauf mit 14. April 1994 ex lege untergegangen; vgl. § 51b zweiter Satz VStG).

Schon aus der Einsicht in den Strafakt zu Zl. Ge96/293/1993 war ersichtlich, daß die Berufung im Ergebnis erfolgreich und das angefochtene Straferkenntnis - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - aufzuheben ist.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z4 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).

Nach § 81 Abs.1 GewO 1973 bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen erforderlich ist. Zufolge § 74 Abs.2 GewO 1973 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die in den Ziffern 1 bis 5 dieser Vorschrift angeführten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstigen nachteiligen Einwirkungen hervorzurufen.

4.1.2. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Um den Erfordernissen dieser Gesetzesvorschrift zu entsprechen, hat nach der seit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates des VwGH vom 13.6.1984, Slg. N.F. Nr.

11.466/A, ständigen Judikatur der Spruch eines Straferkenntnisses die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale möglich ist und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht.

4.2. Dem Erfordernis des § 44a Z1 VStG entspricht der Schuldspruch jedoch aus folgenden Gründen nicht:

Wie sich aus dem Wortlaut des § 366 Abs.1 Z4 GewO 1973 ändert oder nach der Änderung betreibt - ergibt, enthält diese Gesetzesstelle zwei alternative Straftatbestände. Die belangte Behörde stellt nun im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses darauf ab, daß die verfahrensgegenständliche Betriebsanlage nach Änderung durch Ausführung eines Konfiskatraumes mit Nebenraum, Errichtung eines Tiefkühlraumes, Errichtung von Belegschaftsräumen mit Wasch- und WC-Anlagen sowie Aufstellung einer Vakuumverpackungsmaschine BETRIEBEN WURDE, versäumte es jedoch, darzulegen, worin das Betreiben nach der Änderung gelegen sein sollte. Damit aber hat die belangte Behörde unabhängig von in diesem Zusammenhang erforderlichen Begründungsdarlegungen - das Tatverhalten nicht hinlänglich - iSd § 44a Z1 VStG - dargestellt (vgl. die Ausführungen des VwGH zu einem hier vergleichbaren Fall im Erk. vom 26.4.1994, 93/04/0243).

4.3. Obzwar in diesem Fall das angefochtene Straferkenntnis selbst als Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG noch innerhalb der Verjährungsfrist erlassen wurde, konnte dennoch aus der Begründung des Straferkenntnisses nichts für die salvierende Interpretation des Schuldspruchs (vgl. VwGH 15.2.1983, 81/11/0122; 21.10.1985, 85/02/0139) gewonnen werden. Zum einen betrifft der Mangel wesentliche Tatbestandsmerkmale, zum anderen ist die Begründung des Straferkenntnisses in diesem entscheidenden Punkt - worin liegt das Betreiben nach der Änderung? - nicht aufschlußreich genug bzw. werden (Seite 5 der Begründung) Arbeiten im Konfiskat- und Hauptlagerraum sowie im 'Hantierraum' nur zum Zwecke der Darstellung der Genehmigungspflichtigkeit der Änderung im Lichte des § 74 Abs.2 Z2 und Z5 GewO 1973 und nur generell beschrieben.

Entscheidend in diesem Zusammenhang ist jedoch, daß schon im Schuldspruch die Erwähnung des 'Hantierraumes' so indifferent gestaltet ist, daß nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit hervorgeht, ob dieser Raum neu errichtet wurde und somit als Änderung vorgeworfen sein soll oder bloß im Sinne einer erläuternden Beschreibung des (zwischen den neu errichteten Anlagenteilen) vorhandenen Altbestandes erwähnt ist.

5. Zusammenfassend ist daher eine Verbesserung des insoweit wesentlich unvollständig gebliebenen Abspruchs des Straferkenntnisses dem unabhängigen Verwaltungssenat schon wegen eingetretener Vefolgungsverjährung nicht zugänglich.

Abgesehen davon würde die erstmalige Ermittlung und Anlastung von derart wesentlichen Tatumständen durch den unabhängigen Verwaltungssenat diesen in eine von Verfassungs wegen (Art.129 B-VG; Art.6 Abs.1 MRK) ihm nicht zugedachte Position des Anklägers drängen.

Im Grunde des § 44a Z1 VStG war daher das Straferkenntnis aufzuheben; die Einstellung des Strafverfahrens war zu verfügen, weil Umstände vorliegen, die die Verfolgung des Berufungswerbers in dieser Sache ausschließen.

6. Bei diesem Ergebnis bedarf es keiner weiteren Erörterung des Berufungsvorbringens. So kann auch dahingestellt bleiben, ob die Verjährungseinrede zutrifft. Immerhin aber fällt auf, daß die belangte Behörde das genehmigungslose Betreiben der geänderten Betriebsanlage als Dauerdelikt gewertet hat. Wenn aber in Übereinstimmung mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch 4. A, E 37 f zu § 31 VStG auf Seite 877), der Rechtsprechung des unabhängigen Verwaltungssenates (zB Erk. 6.7.1994, Zl.

220647/2/Kl; 5.8.1994, Zl. 210076/4/Ga) sowie der Literatur (Stolzlechner-Wendl-Zitta, Die gewerbliche Betriebsanlage, 2. A., RZ 311) von einem fortgesetzten (Begehungs-)Delikt auszugehen gewesen wäre, dann allerdings wäre - unter dem Blickwinkel der vom Berufungswerber eingewendeten Verjährungsfrage - auch zu bedenken gewesen, ob angesichts (bloß) zweier Teilakte, die immerhin zweieinhalb Jahre auseinanderliegen, überhaupt noch von einem erkennbaren zeitlichen Zusammenhang ausgegangen werden durfte.

7. Die Aufhebung und Einstellung haben auf der Kostenseite die Entlastung des Berufungswerbers von allen Beiträgen zum Strafverfahren zur Folge.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum