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des Landes Oberösterreich
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VwSen-221072/2/Kl/Rd

Linz, 16.03.1995

VwSen-221072/2/Kl/Rd Linz, am 16. März 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des J H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 7.7.1994, Ge96/221/1993/Um, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es sind keine Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.4 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit eingangs zitiertem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 7.7.1994, Ge96/221/1993/Um, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 4.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von vier Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs.1 Z4 iVm §§ 81 und 74 Abs.2 GewO 1994 verhängt, weil er seine Betriebsanlage im Standort T, Gemeinde L, durch Errichtung einer Betriebstankstelle sowie eines Waschplatzes für Kraftfahrzeuge abgeändert hat.

Bei diesen Änderungen handelt es sich um genehmigungspflichtige Maßnahmen iSd § 81 Abs.1 GewO 1994, da durch den Betrieb dieser Anlagen eine Beeinträchtigung der in § 74 Abs.2 leg.cit. angeführten Interessen, insbesondere eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer, nicht ausgeschlossen werden kann. Der wiederholten Aufforderung, für diese Anlagen um nachträgliche gewerberechtliche Genehmigung anzusuchen, ist er bisher nicht nachgekommen.

Er hat somit zumindest im Zeitraum vom 2.4.1990 bis 19.11.1992 die Betriebsanlage im Standort T, L, nach erfolgter Änderung durch Errichtung einer Betriebstankstelle sowie eines Waschplatzes für Kraftfahrzeuge betrieben, ohne die hierfür erforderliche gewerberechtliche Genehmigung erlangt zu haben.

Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag von 400 S festgelegt.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, in welcher das Straferkenntnis zur Gänze mit der Begründung angefochten wurde, daß sämtliche Bewilligungen und Genehmigungen vorlägen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und keine Stellungnahme abgegeben.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht anzuberaumen, da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben war (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z4 GewO 1973, BGBl.Nr. 50/1974 idF vor der Gewerberechtsnovelle 1992, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).

Nach § 81 Abs.1 leg.cit. bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung iSd vorstehenden Bestimmungen, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen erforderlich ist. Zufolge § 74 Abs.2 leg.cit. dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die in den Z1 bis 5 angeführten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstigen nachteiligen Einwirkungen hervorzurufen.

4.2. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat gemäß § 44a Z1 VStG der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Um den Erfordernissen der zuletzt genannten Gesetzesstelle zu entsprechen, hat der Spruch eines Straferkenntnisses die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale möglich ist und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (vgl. Erk.

des verst. Sen. vom 13. Juni 1984, Slg NF Nr. 11.466/A).

Nach dem diesbezüglich eindeutigen Wortlaut des § 81 Abs.1 GewO bedarf nicht jede Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung, sondern nur eine solche, die geeignet ist, die im § 74 Abs.2 leg.cit. umschriebenen Interessen zu beeinträchtigen.

Ein Schuldspruch nach § 366 Abs.1 Z4 GewO muß daher, um das Erfordernis des § 44a Z1 VStG zu erfüllen, auch jene Tatumstände enthalten, die eine Beurteilung dahin zulassen, ob die vorgenommene Änderung der Betriebsanlage die im § 74 Abs.2 GewO genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet ist (vgl. VwGH vom 5.11.1991, Zl. 91/04/0167).

Unter dem Begriff "Änderung" iSd § 81 ist jede durch die bereits erteilte Genehmigung nicht gedeckte Maßnahme des Inhabers einer Betriebsanlage zu verstehen, durch die einer der in dieser Bestimmung angeführten Umstände eintritt (vgl.

Stolzlechner-Wendl-Zitta, "Die gewerbliche Betriebsanlage", RZ 284 mNw).

Um dem Sprucherfordernis des § 44a Z1 VStG zu entsprechen, ist es daher erforderlich, daß im Spruch des Straferkenntnisses zur Konkretisierung der genehmigten Betriebsanlage der (die) Genehmigungsbescheid(e) angeführt wird (werden) (vgl. VwGH vom 28.1.1993, Zl. 91/04/0246). Daß die Betriebsanlage im Standort T, Gemeinde L, eine genehmigte Betriebsanlage ist und mit welchem Bescheid sie genehmigt wurde, geht aus dem gesamten Verwaltungsstrafverfahren nicht hervor. Es kann daher auch aus dem Spruch keine Änderung des genehmigten Zustandes abgeleitet werden.

4.3. Die belangte Behörde stellt im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses darauf ab, daß die verfahrensgegenständliche Betriebsanlage nach Änderung "betrieben wurde", verabsäumte es jedoch, darzulegen, worin das Betreiben nach der Änderung gelegen sein sollte. Es wurde daher verabsäumt, das Tatverhalten hinlänglich - iSd § 44a Z1 VStG - darzulegen (vgl. VwGH vom 26. April 1994, Zl. 93/04/0243). Dies ist aber insbesondere deshalb erforderlich, um aus dem näher umschriebenen Betrieb nach der vorgenommenen Änderung der Betriebsanlage die Eignung der Beeinträchtigung der nach § 74 Abs.2 GewO genannten Interessen in eindeutiger Weise ableiten zu können, und dies zwar immer im Hinblick auf die jeweils vorgenommene Änderung.

Da innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist ein der angeführten Konkretisierung entsprechender Tatvorwurf nicht erfolgt ist, war daher - ohne daß auf die Sache selbst näher einzugehen war - das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

4.4. Die belangte Behörde hat einen Tatzeitraum von 2.4.1990 bis 19.11.1992 vorgeworfen.

Gemäß § 1 Abs.1 VStG kann als Verwaltungsübertretung eine Tat nur dann bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war. Der darin enthaltene Grundsatz "nullum crimen sine lege" bringt zum Ausdruck, daß maßgebliche Rechtslage jene im Zeitpunkt der Begehung der Tat ist. Dieser Grundsatz erfährt nur dann keine Anwendung, wenn zwischen Tatbegehung und Bestrafung eine Änderung der Rechtslage für den Täter günstiger ist, dh eine nach Art oder Maß mildere Strafdrohung vorsieht (§ 1 Abs.2 VStG).

Es war daher im gegenständlichen Fall die Rechtslage vor der Gewerberechtsnovelle 1992 anzuwenden.

Abschließend wird angemerkt, daß nach der nunmehr ständigen Judikatur des VwGH in allen Fällen des § 366 Abs.1 GewO 1973 die für die verhängte Strafe angewendete Gesetzesbestimmung iSd § 44a Z3 VStG "§ 366 Abs.1 Einleitung GewO" zu lauten hat.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis waren gemäß § 66 Abs.1 VStG - weil das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war keine Verfahrenskostenbeiträge aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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