Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221119/17/Le/La

Linz, 17.10.1995

VwSen-221119/17/Le/La Linz, am 17. Oktober 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des Ing. H K, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. W und Mag. M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 21.10.1994, Ge96-55-1994-Pa-Gra, wegen Übertretung des Arbeitnehmerschutzgesetzes und der Allgemeinen ArbeitnehmerschutzVO zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist ein Betrag von 20 % der verhängten Strafe, ds 1.000 S, binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger zwangsweiser Einbringung zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: §§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 21. Oktober 1994 wurde der nunmehrige Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) als gemäß § 9 VStG verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der Bauunternehmen Ing. H Ges.m.b.H. mit einer Geldstrafe in Höhe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe zwei Tage) bestraft. Es wurde ihm vorgeworfen, daß er es zu verantworten hätte, daß am 5. Mai 1994 bei der Baustelle "G", bei dem 14-feldrigen und 2-lagigen Stahlrohrgerüst bei 5 Feldern als Unterbau Hochlochziegel verwendet wurden, welche keine tragfähige Unterlage darstellen würden; zum Zeitpunkt der Überprüfung hätte sich ein Arbeitnehmer des Betriebes auf der obersten Gerüstlage befunden.

Der Beschuldigte habe damit eine Verwaltungsübertretung nach ÖNORM B 4007, Punkt 1.8.1. iVm § 46 Abs.3 der AAV sowie iVm § 31 Abs.2 lit.p des ANSchG begangen.

In der Begründung wurde einerseits auf die Gesetzeslage und andererseits auf die zitierte ÖNORM verwiesen und deren Sinn wiedergegeben. Weiters setzte sich die Behörde mit der Rechtfertigung des Beschuldigten, daß die verwendeten Hochlochziegel für diesen Verwendungszweck nach seiner Erfahrung ausreichend tragfähig gewesen seien, auseinander.

Die Behörde wies insbesonders darauf hin, daß bereits das Zuwiderhandeln gegen ein Verbot zur Strafbarkeit genügt. Für eine Strafbarkeit sei nicht das Vorliegen eines Schadens oder einer Gefahr Voraussetzung, sondern sei bereits die Nichtbefolgung der gesetzlichen Norm ausreichend. Zu den Pflichten eines verantwortlichen Arbeitgebers gehöre es, sich unter anderem auch mit den entsprechenden Arbeitnehmerschutzbestimmungen vertraut zu machen und dafür zu sorgen, daß diese auch eingehalten werden. Im gegenständlichen Fall sei vom Beschuldigten offensichtlich eine Kontrolle des beanstandeten Gerüstes vorgenommen worden, doch hätte er die verwendeten Hochlochziegel für diesen Verwendungszweck als ausreichend tragfähig und geeignet gehalten. Hätte sich der Beschuldigte mit den einschlägigen Normen im erforderlichen Ausmaß beschäftigt, so hätte er wissen müssen, daß die Verwendung dieser Ziegel für derartige Zwecke gesetzlich verboten sei.

Schließlich begründete die belangte Behörde ausführlich die Strafbemessung.

2. Dagegen richtet sich die vorliegende, rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 8.11.1994, mit der beantragt wurde, nach Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen, hilfsweise den angefochtenen Bescheid aufzuheben und der Behörde die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auftragen, hilfsweise den angefochtenen Bescheid aufzuheben und unter Anwendung des § 21 VStG von einer Bestrafung abzusehen.

In der Begründung dazu wurde darauf hingewiesen, daß das bekämpfte Straferkenntnis an Begründungsmängel leide, weil das bloße Zitieren des Gesetzestextes zur Begründung eines Straferkenntnisses nicht ausreiche. Es sei auch die Behauptung, daß die Verwendung von Mauerziegeln "für derartige Zwecke" gesetzlich verboten sei, unrichtig, weil eine derartige gesetzliche Vorschrift nicht existiere.

Weiters hätte die Behörde den wesentlichen Sachverhalt nicht bzw. unrichtig festgestellt, weil keinesfalls Hochlochziegel als Gerüstunterbau verwendet wurden, sondern es vielmehr so gewesen sei, daß das Gerüst auf Holzpfosten aufgesetzt war, welche als Querpfosten auf Hochlochziegel gelegt waren. Eine derartige Konstruktion sei für den gegebenen Verwendungszweck mit nur wirklich zwei beschäftigten Arbeitern am Gerüst ausreichend tragsicher gewesen und jedenfalls geeignet, ein Vielfaches der Belastung auszuhalten, welche durch die gegenständliche Belastung entstand. Aufgrund der mehrfachen Hinweise des Beschuldigten auf die Tragfähigkeit dieser Konstruktion wäre die Behörde verpflichtet gewesen, ein Sachverständigengutachten dazu einzuholen.

Auch ein Verschulden sei nicht gegeben, da nicht im entferntesten eine Gefahr des Einsturzes des Gerüstes gegeben gewesen sei. Da keinerlei nachteilige Folgen aus der vorgeworfenen Handlung entstanden sind, würden auch die Voraussetzungen gemäß § 21 VStG vorliegen. Unabhängig davon, ob die gewählte Konstruktion ausreichend tragsicher gewesen war, könne die Frage, ob die verwendeten Unterlagen "entsprechend tragfähig" waren, nur nach dem vorhandenen Erfahrungswissen und möglicherweise durch ein statisches Gutachten geklärt werden, sodaß ein allfälliger Verstoß gegen diesen unbestimmten Gesetzesbegriff keinesfalls ein gravierendes Verschulden darstellen könne.

Der ÖNORM B 4007 komme keinerlei rechtliche Qualität zu, sodaß die darin enthaltenen Bestimmungen keinesfalls zum Vorwurf gemacht werden könnten.

3. Der O.ö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsicht in die Verwaltungsakten, insbesonders in das vom Arbeitsinspektorat angefertigte Lichtbild, das das Gerüst an der gegenständlichen Baustelle zeigt. Weiters wurde für 11.

Oktober 1995 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt und an diesem Tage durchgeführt. An dieser Verhandlung nahmen der Bw mit seinem Rechtsvertreter sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates teil; die belangte Behörde war nicht vertreten. Der unabhängige Verwaltungssenat zog weiters einen Amtssachverständigen aus dem Bereich der Bau- und Gewerbetechnik bei, um die vom Bw aufgeworfenen Fragen prüfen zu können.

Als Ergebnis der öffentlichen mündlichen Verhandlung steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

Die beiden als Zeugen vernommenen Arbeitnehmer des Bw, nämlich Herr A K und Herr C B, stellten ca. zwei Wochen vor dem 5.5.1994 gemeinsam mit einigen Hilfsarbeitern das gegenständliche Gerüst bei der Baustelle "G" auf. Um die Unebenheiten des Gehsteiges, der an dieser Stelle abfällt, auszugleichen, verwendeten sie als Unterbau des Gerüstes einige auf der Baustelle vorhandene Hochlochziegel, die eine Länge von 50 cm, eine Breite von 25 cm und eine Höhe von 23,5 cm bzw. 25 cm aufwiesen. Auf diese Hochlochziegel wurden zum Teil Bretter, zum Teil Kanthölzer oder beides aufgelegt, sodann ein Querbrett darauf und darauf schließlich das Gerüst abgestützt. Aus dem vom Arbeitsinspektorat angefertigten Lichtbild dieses Gerüstes ist ersichtlich, daß diese Ziegel, die von den Zeugen als "rote Ziegel" beschrieben wurden, grau waren, woraus ersichtlich ist, daß diese Ziegel nicht neu waren. Beiden Maurern war bewußt, daß diese Art des Gerüstunterbaues nicht den Regeln des Gerüstbaues entspricht, doch waren sie davon überzeugt, daß aufgrund der geringen Dimension dieses Gerüstes im vorliegenden Fall eine ausreichende Tragfähigkeit dieses Unterbaues gewährleistet war.

Der Bw hat das Gerüst mehrmals an Ort und Stelle gesehen; auch er gab an, daß es ihm grundsätzlich bewußt war, daß diese Art des Unterbaues nicht gesetzeskonform war, doch hätte er die Ansicht vertreten, daß im gegenständlichen Fall aufgrund der massiven Ausführung dieser Ziegel eine ausreichende Tragfähigkeit gegeben war. Er gab weiters an, daß es sich bei dieser Baustelle um eine "Regiebaustelle" gehandelt hätte und er es sich bei einer Privatkundschaft nicht hätte leisten können, das Gerüst wieder abzubauen.

Festgestellt wurde überdies, daß das Gerüst an der Außenwand des Gebäudes angehängt war.

Der beigezogene technische Amtssachverständige bezeichnete in seiner fachlichen Stellungnahme diese Art des Unterbaues nicht als ausreichend tragfähig, wobei er besonders darauf hinwies, daß der gepflasterte Gehsteig naturgemäß Unebenheiten aufwies, sodaß die Ziegel ungleichmäßig belastet wurden. Durch die Unebenheit des Untergrundes könne es nicht ausgeschlossen werden, daß die Ziegel nur an wenigen Punkten auf dem Untergrund aufliegen, sodaß durch die ungleichmäßige Belastung ein Bruch der Ziegel durch die Auflast des Gerüstes nicht auszuschließen sei. Die Auflast resultiere aus dem Eigengewicht der Säulen, der Pfostenlagen sowie das Gewicht der auf den einzelnen Ebenen anwesenden Arbeitnehmer. Überdies müßten auch noch ein allfälliger Winddruck und Stoßbelastungen berücksichtigt werden. Er kam sohin zum Ergebnis, daß ein Bruch dieser Ziegel nicht ausgeschlossen werden kann, was bei der Ausführung in Hochloch und der Verwendung von weiters aufgelegten Kanthölzern zu einem Kippen dieser Kanthölzer führen könnte, wodurch das Gerüst in weiterer Folge einstürzen könnte.

Die vom Bw anläßlich der mündlichen Verhandlung angestellte Berechnung der Belastung eines einzelnen Ziegels wurde vom Sachverständigen überprüft und nachgerechnet; dabei kam dieser zum Ergebnis, daß die vom Bw angenommene Belastung der einzelnen Ziegel nicht mit 1,25 kg/cm2 anzusetzen sei, sondern mit ca. der doppelten Größe.

Der Vertreter des Arbeitsinspektorates verwies weiters darauf, daß man gerade bei derart großen Ziegeln von außen oft nicht sehen kann, ob diese im Inneren Sprünge und Risse aufweisen.

Der O.ö. Verwaltungssenat hat über die Berufung erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Durch diese Bestimmung wird im vorliegenden Fall die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates begründet.

Da eine Strafe in Höhe von weniger als 10.000 S verhängt wurde, ist zur Entscheidung in dieser Angelegenheit gemäß § 51c VStG das Einzelmitglied zuständig.

4.2. Gemäß § 31 Abs.2 lit.p des Arbeitnehmerschutzgesetzes ANSchG begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die p) den Vorschriften der aufgrund des § 24 dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder den aufgrund des § 27 dieses Bundesgesetzes vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen oder den erteilten Aufträgen zuwiderhandeln, eine Verwaltungsübertretung und sind, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen.

§ 46 Abs.3 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung AAV, BGBl.Nr. 218/1983 idgF, bestimmt, daß Gerüste auf tragfähigen Unterlagen aufgestellt sein müssen; sie müssen standsicher, ausreichend verstrebt und nötigenfalls an standsicheren, genügend festen Bauteilen verankert sein.

In der ÖNORM B 4007 "Gerüste - Allgemeines, Verwendung, Bauart und Belastung", Ausgabe 1. Juli 1988, wird unter 1.8.1. hinsichtlich des Aufstellens und Abtragens von Gerüsten folgendes bestimmt: "Höhenunterschiede sind durch geeignete Einrichtungen (zB Leiterfüße, Schraubenspindeln) auszugleichen (siehe Bild 4). Holzunterlagen sind kippsicher auszubilden, Mauersteine oder ähnliches dürfen nicht verwendet werden." 4.3. Es ist dem Bw durchaus beizupflichten, wenn er in seiner Berufung darauf verweist, daß diese ÖNORM B 4007 nicht für verbindlich erklärt wurde. Allerdings ist ihre Anwendbarkeit deshalb nicht von vornherein ausgeschlossen, da sie den jeweiligen Stand der Technik wiederspiegelt, hier also den Stand der Gerüstbautechnik. Dieses Regelwerk kann daher durchaus zur Auslegung des in § 46 Abs.3 AAV verwendeten Begriffes "tragfähige Unterlage" herangezogen werden.

Als "tragfähige Unterlagen" sind daher Leiterfüße und Schraubenspindeln anzusehen, keinesfalls aber Mauersteine oder ähnliches.

Der Bw hat in seinen Berufungsausführungen indirekt selbst auf die Unsicherheit der Beurteilung der entsprechenden Tragfähigkeit von Hochlochziegeln hingewiesen, indem er nämlich ausgeführt hat, daß "die Frage, ob die verwendeten Unterlagen entsprechend tragfähig sind, nur nach dem vorhandenen Erfahrungswissen und möglicherweise durch ein statisches Gutachten geklärt werden (kann)".

Gerade deshalb, weil eben eine verläßliche Beurteilung der Tragfähigkeit von Ziegeln für die Zwecke des Gerüstbaues nicht mit der erforderlichen Sicherheit durch bloßen Augenschein möglich ist, wurde deren Verwendung als Gerüstunterbau vom Normungsinstitut nicht zugestimmt. Wie der Vertreter des Arbeitsinspektorates glaubwürdig dargestellt hat, können sich gerade bei großen Ziegeln im Inneren - und daher von außen nicht sichtbar! - Risse und Sprünge gebildet haben, die in der Folge bei ungleicher Belastung zum Bruch des Ziegels führen können.

Es steht daher fest, daß Hochlochziegel der im gegenständlichen Fall verwendeten Art nicht als "tragfähige Unterlage" iSd § 46 Abs.3 AAV angesehen werden können.

4.4. Aber selbst dann, wenn man die ÖNORM B 4007 außer Acht lassen würde, ergibt sich aus den Besonderheiten des Anlaßfalles, daß aus fachlicher Sicht diese Art des Unterbaues im gegenständlichen Fall keine "tragfähige Unterlage" iSd § 46 Abs.3 AAV dargestellt hat. Der Umstand, daß das Gerüst tatsächlich nicht eingestürzt ist, ändert nichts daran, daß diese Art des Unterbaues grundsätzlich nicht als tragfähig eingestuft werden konnte und das Verwaltungsstrafverfahren durchzuführen war.

Aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren geht eindeutig hervor, daß diese Hochlochziegel nicht neu waren und überdies auf einer unebenen Fläche, nämlich auf einem Gehsteig mit Kopfsteinpflaster, aufgelegt waren. Es ist bekannt, daß Kopfsteinpflaster keine ebene Oberfläche hat, sodaß die darauf gelegten Hochlochziegel auch nicht mit der ganzen Fläche aufliegen konnten, sondern lediglich an einzelnen Punkten. Auch wenn die Säulen des Gerüstes nicht unmittelbar auf die Ziegel aufgesetzt waren, sondern sich dazwischen Kanthölzer und Bretter befanden, so wirkte dennoch die Last des Gerüstes auf die jeweiligen Ziegel.

Diese Last setzt sich zusammen aus dem Eigengewicht der Säulen und den horizontalen Auflagen des Gerüstes sowie dem Gewicht der darauf arbeitenden Personen einschließlich allfälliger Materialien.

Wie der Zeugenaussage Kreindl zu entnehmen ist, wurde das Gerüst von ihm, dem Maurer C B sowie einigen Hilfsarbeitern aufgestellt. Es befanden sich daher zumindest zum Zeitpunkt des Gerüstaufbaues mehr als zwei Personen gleichzeitig auf diesem Gerüst (weshalb die vom Sachverständigen vorgenommene Berechnung immer noch zugunsten des Bw ausfiel).

Der Druck des Gerüstes auf den Unterbau kann durch weitere Faktoren, wie Materialgewicht, Werkzeug, Wind und stoßartige Belastungen verstärkt werden, was aufgrund der ungleichmäßigen Auflage an Untergrund (Kopfsteinpflaster!) schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung zum Bruch eines Hochlochziegels führen kann.

Die vom Bw in diesem Zusammenhang ins Treffen geführte Ziegelklassentabelle kann für die gegenständliche Verwendung dieser Ziegel als Gerüstunterbau keine relevante Aussage treffen, da die Ziegelklassentabelle nur eine Aussage treffen kann über die Ziegelfestigkeit bei gleichmäßiger Belastung und Auflage auf einer planen Fläche (wie sie dem Einbau in einer Mauer und damit dem eigentlichen Verwendungszweck eines Ziegels entspricht).

Dazu kommt, daß im gegenständlichen Fall auf den Hochlochziegeln Kanthölzer und Bretter aufgelegt waren, sodaß schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung als wahrscheinlich angenommen werden kann, daß der Bruch eines Ziegels zu einem Kippen des/der aufgelegten Kanthölzer führen könnte, was in weiterer Folge das Einstürzen des Gerüstes bewirken könnte. Im Hinblick darauf, daß dadurch Leben und Gesundheit der am Gerüst beschäftigten Arbeitnehmer gefährdet waren, kann eine solche Art und Weise des Gerüstunterbaues nicht als "tragfähige Unterlage" angesehen werden.

Damit aber steht fest, daß der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand in objektiver Hinsicht erfüllt hat.

4.5. Der Bw hat aber auch die subjektive Tatseite der ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretung verwirklicht:

Wie er selbst sowohl vor der Erstbehörde als auch eingangs der mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat einräumte, war es ihm bewußt, daß ein Gerüst nicht auf Ziegeln aufgelegt werden darf. Seine Verantwortung, daß auf einer "Regiebaustelle" bzw. bei einer "Privatkundschaft" nicht einfach das Gerüst wieder ab- und dann nochmals aufgebaut werden könnte, zeigt seine Fahrlässigkeit auf. Daran ändert nichts der Umstand, daß er später beteuert hat, von der Tragfähigkeit dieser Ziegel für das gegenständliche kleine Gerüst und der zu erwartenden geringen Belastung überzeugt gewesen zu sein.

Der Bw hat dadurch, daß er diese Art des Gerüstbaues zugelassen hat, fahrlässig gehandelt.

§ 5 Abs.1 VStG bestimmt zur Schuld, daß, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt.

Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder der Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Bei der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt: Das Tatbild besteht dabei in einem bloßen Verhalten ohne Merkmal eines Erfolges. Hier tritt gemäß § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG eine Umkehr der Beweislast ein, sodaß der Beschuldigte von sich aus initiativ glaubhaft zu machen hat, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Diese Glaubhaftmachung ist dem Bw im vorliegenden Fall nicht gelungen, zumal er als Baumeister zu einer besonderen Sorgfaltsübung in objektiver und subjektiver Hinsicht verpflichtet ist.

Zur Frage des Ausmaßes der objektiven Sorgfaltspflicht hat der VwGH bereits wiederholt ausgesprochen, daß der hiefür geltende Maßstab ein objektiv-normativer ist. Maßfigur ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in die Lage des Täters versetzt zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig hat der Täter folglich nur dann gehandelt, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, an seiner Stelle anders verhalten hätte (siehe Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4.A, Seite 706).

Ein einsichtiger und besonnener Baumeister hätte die in der ÖNORM B 4007 enthaltenen Bestimmungen als Regeln der Baukunst hinsichtlich der Gerüstaufstellung, eingehalten und keine Ziegel als Unterlage für ein Gerüst verwendet (verwenden lassen).

Zur Sorgfaltsübung war der Bw aufgrund seines Berufes, seiner beruflichen Ausbildung und seiner Verantwortung gegenüber seinen Arbeitnehmern befähigt und verpflichtet; die Sorgfaltsübung war ihm auch zuzumuten.

Gerade dann, wenn Leben und Gesundheit von Arbeitnehmern gefährdet sein können, ist ein strengerer Maßstab hinsichtlich der Sorgfaltsübung anzulegen. Es wäre am Bw gelegen, seine Arbeitnehmer entsprechend auszubilden und anzuweisen, daß in keinem Fall Ziegel als Unterlage für ein Gerüst verwendet werden dürfen; es wäre weiters an ihm gelegen, ihnen entsprechende technische Einrichtungen für den Gerüstbau, wie Schraubenspindeln oder Leiterfüße, zur Verfügung zu stellen, damit die Arbeitnehmer Gerüste fachmännisch und standsicher errichten können. Es wäre im vorliegenden Fall für ihn aber auch möglich gewesen, bei der gegenständlichen Baustelle die untergelegten Ziegel durch andere Unterlagen zu ersetzen. Dies insbesonders deshalb, als aus dem Ermittlungsverfahren hervorkam, daß dieses Gerüst über mehr als zwei Wochen stand und zum Teil darauf auch nicht gearbeitet wurde; der Bw hatte selbst behauptet, daß das Gerüst selbst bei Entfernen eines Ziegels nicht hätte einstürzen können (Seite 6 des Tonbandprotokolls zur Verhandlungsschrift).

Es steht sohin fest, daß der Bw auch die subjektive Tatseite der ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretung erfüllt hat.

4.6. Zur Strafbemessung ist anzuführen, daß in Anbetracht des vorgesehenen Strafrahmens von bis zu 50.000 S und den Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnissen des Bw die Strafe ohnedies im untersten Bereich angesiedelt wurde.

Wie die unter 4.5. festgehaltenen Ausführungen zeigen, ist das Verschulden des Bw nicht geringfügig, sodaß § 21 VStG nicht zur Anwendung kommen konnte.

Zu II.:

Die Bestätigung des Straferkenntnisses hat zur Folge, daß der Bw auch mit dem gesetzlichen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat zu belasten war. Die Kosten betragen gemäß § 64 VStG 20 % der verhängten Strafe, ds im gegenständlichen Fall 1.000 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. L e i t g e b

Zusatz nur zu 2.:

Zu dem im Vorlagebericht vom 11.11.1994 begehrten "Zuspruch des pauschalierten Aufwandersatzes" darf darauf hingewiesen werden, daß ein solcher Aufwandersatz für die belangte Behörde weder im AVG noch im VStG vorgesehen ist.

Es wird daher ersucht, in Hinkunft von derartigen Anträgen Abstand zu nehmen!

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