Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221186/2/Schi/Ka

Linz, 18.12.1995

VwSen-221186/2/Schi/Ka Linz, am 18. Dezember 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung der H S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 10.1.1995, Ge96-2674-1994, wegen einer Übertretung nach der GewO 1994, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

II. Die Berufungswerberin hat einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem O.ö. Verwaltungssenat in Höhe von 20 % der verhängten Strafe, ds 400 S, binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl.Nr. 471/1995, iVm §§ 24, 16, 19, 51 Abs.1, 51c, 51d und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.52/1991 idF BGBl.Nr.620/1995; zu II: §§ 64 Abs. 1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis vom 10.1.1995 wurde über die Berufungswerberin (Bw) wegen Übertretung nach § 366 Abs.1 Z2 iVm §§ 74ff GewO 1994 eine Geldstrafe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt, weil sie zumindest ab 15.9.1994 bis zuletzt am 13.11.1994 ihr Cafe-Restaurant (Cafe C) in N als Discothek mit Musikanlage samt Disc-Jockey betrieben habe, ohne für den Betrieb dieser gewerblichen Betriebsanlage, die geeignet ist, Nachbarn, insbesondere durch den Musikbetrieb durch Lärm zu belästigen, die hiefür erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung erlangt zu haben. Gemäß § 64 VStG wurde ein Kostenbeitrag zum Verwaltungsstrafverfahren in Höhe von 200 S vorgeschrieben.

2. Dagegen hat die Rechtsmittelwerberin mit Schriftsatz vom 23.1.1995 rechtzeitig Berufung erhoben. Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt, daß der Gastbetrieb "seit geraumer Zeit" nicht mehr von der Bw selbst, sondern von verschiedenen Pächtern betrieben worden wäre. Zum Zeitpunkt der angeführten Vorkommnisse sei der Gastbetrieb von Frau E geführt worden, weshalb diese für allfällige "Unzukömmlichkeiten" verantwortlich wäre. Es sei ihr daher unverständlich, wieso sie bestraft werde. Außerdem sei ihre finanzielle Situation mehr als schlecht und es sei ihr unmöglich, den Strafbetrag von 2.200 S zu bezahlen.

Hinsichtlich der Lärmbelästigung hält sie fest, daß das Haus eine Massivmauer und einen Vorbau habe, sich hinter dem Haus nur ein Kuhstall befinde und der nächste Nachbar ca. 200 m weit weg sei. Die Anzeigen dürften offensichtlich auf Gehässigkeiten eines Mieters in ihrem Haus, der ihr 15.000 S Miete schulde, zurückzuführen sein. Sie ersuche höflich, ihrer Berufung stattzugeben und die Strafe aufzuheben.

3. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch (nur) eines seiner Mitglieder, weil keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde. Der O.ö.

Verwaltungssenat hat über die - zulässige - Berufung, nach Beweisaufnahme durch Einsicht in den Strafakt der belangten Behörde erwogen.

Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind in der Begründung des Straferkenntnisses vollständig und mit dem Akteninhalt übereinstimmend so dargestellt, daß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann. Weitere Beweise sind nicht mehr aufzunehmen.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat geht aufgrund des vorliegenden Aktes in Verbindung mit der Berufungsschrift von folgendem maßgeblichen Sachverhalt aus:

4.1. Die Bw besitzt seit 2.2.1979 im Standort Niederthalheim Nr.27 eine Gastgewerbekonzession in der Betriebsart eines Cafe-Restaurants. Eine Betriebsanlagengenehmigung nach der GewO 1994 für das gegenständliche Gastlokal liegt jedoch nicht vor.

4.2. Zur Betriebsweise des Lokales ergibt sich aus dem Akt folgendes:

4.2.1. In einem Schreiben vom 7.11.1994 der Anrainer des Cafe C in Niederthalheim, welches von insgesamt 15 Nachbarn unterzeichnet war, wird ua ausgeführt, daß "die sanitären Anlagen und die Abwasserentsorgung keineswegs den Anforderungen entsprechen. Die Senkgrube lief mehrmals über, die Fäkalien rannen entlang eines Privatweges in Richtung Kroißbach. Zahlreiche Gäste pflegen zur Verrichtung der Notdurft und zwecks Erbrechen die Hauseingänge und Gärten von Anrainern aufzusuchen. Beim Parkplatz existiert neben dem Gestank eine illegale Mülldeponie mitten im Ort; Autowracks runden das Bild ab. Spielende Kinder fanden am Parkplatz vor dem Lokal bereits Fixerspritzen. Gerade in den Sommermonaten verhielten sich die Besucher des Cafe C mehrmals wie Vandalen. Gläser, Flaschen, Becher, Teller wurden auf die Straße oder in die Wiesen der Nachbarn geworfen, Haus- und Betriebszufahrten waren verparkt, Hauseingänge mit Erbrochenem oder Kot verunstaltet. Der Lärm im Lokal genügte offenbar nicht, denn auch auf den Zufahrtsstraßen und in den Wiesen saßen Besucher vor unseren Häusern bei ihren Autos und hörten lautstark Musik." 4.2.2. Weiters ergibt sich aufgrund der Anzeige des GP Schwanenstadt vom 16.11.1994: Den einschreitenden Gendarmeriebeamten bot sich folgendes Bild, als sie am 13.11.1994 um 03.45 Uhr über Anordnung und unter Aufsicht der BH Vöcklabruck (Herr D) im Lokal "A S" in Niederthalheim eintragen:

Zur Kontrollzeit befanden sich ca. 40 Gäste noch im Lokal.

Das Lokal war in völlig verschmutztem Zustand; Flaschen, Gläser, Zigaretten udgl. lagen verstreut am Boden; mehrere Gäste befanden sich in stark alkoholisiertem Zustand und lagen teilweise auf den aufgestellten Sofas; zwei Gäste befanden sich im WC und mußten sich übergeben; die Küche ist nicht benützbar und dient als Lagerraum für Getränke; das Licht war äußerst dumpf und die abgespielte Musik war vor dem Lokal deutlich wahrnehmbar.

4.2.3. Weiters wird in der gegenständlichen Anzeige des GP Schwanenstadt unter Faktum I angeführt, daß Frau W A E seit ca. 3 Monaten das Lokal "als Pächterin" auf eigene Rechnung und Verantwortung betreibt; dazu wurde seitens der BH Vöcklabruck festgestellt, daß Frau Ertl seit 1.9.1994 als Dienstnehmerin bei Frau S gemeldet ist (Bestätigung der Gebietskrankenkasse). Unter Faktum IV wird angeführt, daß Frau E am 13.11.1994 gegen 03.45 Uhr durch ihren Discjockey die Musik im Lokal so laut spielen ließ, daß der ungebührlicherweise störende Lärm vor dem Lokal deutlich wahrgenommen werden konnte.

4.3. Eine Anzeige gemäß § 345 Abs.2 iVm § 40 Abs.3 GewO 1994 über die Ausübung des Gewerbes durch einen Pächter (Frau Ertl) findet sich im Akt nicht.

5. In rechtlicher Hinsicht hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erfoderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

Gemäß § 74 Abs.2 Z2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen oder Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen.

Nach ständiger Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine Genehmigungspflicht einer gewerblichen Betriebsanlage bereits dann vor, wenn das Auftreten nachteiliger Auswirkungen auf Personen (Nachbarn) im Sinne des § 74 Abs.2 Z2 GewO 1973 nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. VwGH 2.7.1982, 81/04/0230: Gastgewerbebetrieb mit Lüftungsanlage, Kühlanlage usw).

5.2. Im Sinne dieser Judikatur hat daher insbesondere auch im Hinblick auf den oben unter Punkt 3. dargestellten maßgeblichen Sachverhalt die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zu Recht das Vorliegen einer gewerblichen Betriebsanlage angenommen; aufgrund der massiven Nachbarbeschwerden steht nicht nur fest, daß die gegenständliche Gastgewerbebetriebsanlage lediglich geeignet ist, Belästigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs.2 GewO 1994 zu verursachen, sondern derartige Belästigungen und Einwirkungen auch tatsächlich hervorgerufen hat. Der diesbezügliche Einwand der Bw, daß die Anzeige offensichtlich eine Gehässigkeit eines Mieters in ihrem eigenen Haus sei, ist daher völlig aus der Luft gegriffen. Die Bw hat somit jedenfalls den objektiven Tatbestand der Verwaltungsübertretung verwirklicht.

Es war daher noch zu prüfen, ob die Bw die Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht zu vertreten hat.

5.3. Die vorliegende Verwaltungsübertretung stellt ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG dar. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anders bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder eine Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Nach Absatz 2 dieser Bestimmung entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

5.4. Zum diesbezüglichen Einwand, wonach der Gastbetrieb von Frau E geführt worden sei und daher diese und nicht die Bw für allfällige Unzukömmlichkeiten verantwortlich sei, ist folgendes festzustellen: Zunächst fällt auf, daß die Bw im erstbehördlichen Verfahren angegeben hat, daß Frau E als Aushilfskellnerin beschäftigt worden wäre und deshalb sie als Gastgewerbeinhaberin keinerlei Schuld treffe. Da der Bw diesbezüglich dennoch von der Erstbehörde ein Verschulden nachgewiesen wurde, wendet sie im Berufungsverfahren ein, Frau E sei die Pächterin des gegenständlichen Betriebes.

Dazu ist festzuhalten, daß auch dieser Einwand der Bw nicht zum Erfolg verhelfen kann, weil er insofern unrichtig ist, als Frau E während des Tatzeitraumes nur Dienstnehmerin der Bw war. Dies geht aus einer Bestätigung der Gebietskrankenkasse hervor. Außerdem hätte die Bw zwar das Recht gehabt, gemäß § 40 Abs.1 GewO 1994 die Ausübung eines Gewerbes einer Person zu übertragen, die es auf eigene Rechnung und im eigenen Namen ausübt (Pächter des Gewerbes).

Gemäß § 40 Abs.3 GewO 1994 entsteht aber das Recht des Pächters zur Ausübung des Gewerbes frühestens mit dem Einlangen der Anzeige über die Übertragung der Ausübung des Gewerbes an den Pächter bei der Bezirksverwaltungsbehörde (§ 345 Abs.2 GewO 1994); eine derartige Anzeige ist aber bei der BH Vöcklabruck nie eingelangt, sodaß die Bw jedenfalls die volle Verantwortung für die gegenständliche Gastgewerbebetriebsanlage trifft. Im übrigen würde auch bei rechtswirksamer Bestellung eines Pächters die Verantwortung für die Genehmigung der gastgewerblichen Betriebsanlage die Bw treffen; allenfalls könnte dann von einem geringeren Verschulden ausgegangen werden, niemals jedoch von einer gänzlichen Schuldlosigkeit. Der diesbezügliche grobe Sorgfaltsmangel ist daher jedenfalls der Bw voll anzulasten.

6. Die Strafbemessung wurde von der belangten Behörde nach den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen und es wurde von ihr in diesem Zuge auf sämtliche Strafbemessungsgründe Bedacht genommen. Da die verhängte Geldstrafe im untersten Bereich des gesetzlich festgelegten Strafrahmens (bis 50.000 S) gelegen ist, war sie auch im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse der Bw nicht als überhöht anzusehen. Dafür, daß die belangte Behörde das ihr im Zuge der Strafbemessung zukommende Ermessen gesetzwidrig gehandhabt hätte, haben sich im Verfahren vor dem O.ö.

Verwaltungssenat keine Anhaltspunkte ergeben, zumal ohnedies eine - wie schon ausgeführt - im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens gelegene Geldstrafe verhängt wurde. Es war daher auch im Hinblick auf die Schulden der Bw die verhängte Geldstrafe zu bestätigen. Im Hinblick auf die geschützten Interessen der Nachbarn waren aber für die Strafbemessung auch generalpräventive Aspekte zu berücksichtigen; auch diesbezüglich dürfte die verhängte Geldstrafe gerade noch ausreichen.

7. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Bw gemäß § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG ein Betrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem O.ö. Verwaltungssenat in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, ds 400 S, vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

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