Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221226/3/Ga/La

Linz, 15.05.1995

VwSen-221226/3/Ga/La Linz, am 15. Mai 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 5. Kammer (Vorsitzender: Dr. Grof, Berichter:

Mag. Gallnbrunner, Beisitzer: Dr. Schön) über die Berufung der C. B. in ............., ..........., gegen as Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft ........ vom 3.

April 1995, Zl. Ge96-6-1995, wegen Übertretungen der Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Rechtsgrundlage:

Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG: § 66 Abs.4.

Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG: § 24; § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.1; § 66 Abs.1.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis ist über die Berufungswerberin wegen Verletzung a) des § 366 Abs.1 Z1 iVm § 94b Z13 GewO 1994 und b) des § 366 Abs.1 Z2 iVm § 74 GewO 1994 je eine Geldstrafe in der Höhe von 25.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: je 14 Tage) je kostenpflichtig verhängt worden; ihr wurde vorgeworfen, sie sei schuldig, sie habe es als handelsrechtliche Geschäftsführerin der "Stahl- und Industrieanlagenbaugesellschaft m.b.H." in der Gemeinde .........., ............., zu verantworten, daß diese Gesellschaft am angegebenen Standort in der Zeit von 1.

Dezember 1994 bis 9. Jänner 1995 "a) das Schlossergewerbe (Fertigung und Montage von Industrieanlagen) ausgeübt hat, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben und b) eine Betriebsanlage für das Schlossergewerbe (Fertigung und Montage von Industrieanlagen) betrieben hat, ohne eine Genehmigung der Behörde für die Errichtung und den Betrieb dieser Betriebsanlage erlangt zu haben." 2. Begründend verweist die belangte Behörde auf einen Augenschein an Ort und Stelle, der zum Vorwurf der Übertretungen geführt habe. Die Einsicht in die Gewerbekartei habe ergeben, daß für das Schlossergewerbe keine Gewerbeberechtigung vorliege. Auch sei festgestellt worden, daß für die Betriebsanlage und Montage von Industrieanlagen bzw. für die Ausübung des Schlossergewerbes keine gewerbebehördliche Genehmigung bestehe, obwohl die Anlage durch die Eignung, die Nachbarn durch Lärmaussendung zu belästigen, genehmigungspflichtig sei.

3. Mit der dagegen erhobenen, als 'Einspruch' bezeichneten Berufung bestreitet die Beschuldigte die Taten und bringt mit näherer Begründung vor, daß in der fraglichen Zeit weder das Schlossergewerbe betrieben noch eine Betriebsanlage geführt worden sei. Obgleich das Rechtsmittel keinen ausdrücklichen Antrag enthält, ist von einem immerhin erkennbaren Begehren auf Beseitigung des Straferkenntnisses auszugehen (vgl. zB VwGH 30.3.1993, 91/08/0098).

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4. Schon auf Grund der Aktenlage, ohne daß es einer öffentlichen mündlichen Verhandlung bedarf, ist ersichtlich, daß - in Anwendung der diesbezüglich nach wie vor strengen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - die Berufung in beiden Spruchpunkten wegen fehlender Tatbestandsmäßigkeit zum Erfolg führt.

So hat (vgl. hiezu einschlägig das Erk. VwGH vom 28.2.1995, 93/04/0002, mit Verweis auf das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg. NF Nr. 11466/A) gemäß § 44a Z1 VStG der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1. die Zuordnung des Tatvorhaltes zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und 2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1.

anlangt, sind entsprechende, dh. in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2. anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren (Wiederaufnahmeverfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten(Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden .

4.1. Zum Spruchpunkt lit. a Gemäß § 1 Abs.2 GewO 1994 wird eine Tätigkeit dann gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist. Nach Abs.3 liegt Selbständigkeit iSd Bundesgesetzes vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird.

Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Ausgehend davon hat es die belangte Behörde unterlassen, die von ihr als einem Handwerksgewerbe (und somit einem Anmeldungsgewerbe iSd § 5 Abs.1 GewO 1994) unterliegend gewertete Tätigkeit der Gesellschaft - sofern mit der Wortfolge "Fertigung und Montage von Industrieanlagen" überhaupt eine Tätigkeit gemeint sein sollte - im Spruch unter Beachtung der hiefür maßgeblichen Tatbestandsmerkmale näher zu beschreiben, weil der Vorwurf der bezeichneten, dem Schlossergewerbe zugerechneten Tätigkeit allein noch nicht die Erfüllung der angeführten Tatbestandsmerkmale einer gewerblichen Tätigkeit iSd § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 indiziert (vgl. neuerlich VwGH vom 28.2.1995, 93/04/0002).

Dieses für das Tatbild des § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 essentielle Sprucherfordernis kann durch eine entsprechende Bescheidbegründung, die im übrigen hier gar nicht vorliegt, nicht ersetzt werden (vgl. zB auch Erk. vom 24.11.1992, 92/04/0156, mit Vorjudikatur; diese Rechtsprechung hat ohne Zweifel für die hier maßgeblichen Bestimmungen der Gewerbeordnung in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1992 bzw.

der Wiederverlautbarung K.BGBl.Nr. 194/1994 gleichermaßen Geltung).

Daraus ist für diesen Fall abzuleiten, daß die im Faktum lit. a) ausgedrückte Charakterisierung des Tatsachverhalts keine Zuordnung zur angelasteten Übertretung erlaubt.

4.2. Zum Spruchpunkt lit.b Den oben dargestellten Anforderungen aus dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z1 VStG entspricht der Schuldspruch auch in diesem Faktum nicht.

So fehlt schon, bezogen auf die Tatbestandselemente des § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994, wonach eine Verwaltungsübertretung begeht, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt, der ausdrückliche Vorwurf, daß es sich um eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage gehandelt hat, die unbefugt betrieben worden sein soll. Daran anknüpfend wäre vor allem erforderlich gewesen, daß in den Spruchteil nach § 44a Z1 VStG auch jene konkreten Umstände gemäß den Tatbeständen nach § 74 GewO 1994 aufgenommen werden, die geeignet sind, eine Genehmigungspflicht nach dieser Vorschrift für die Betriebsanlage hervorzurufen.

Auch in diesem Fall sind derart wesentliche Tatbestandsmerkmale nicht durch Ausführungen in der Bescheidbegründung ersetzbar, zumal diese im vorliegenden Fall die die Sachverhaltsannahme stützenden Ermittlungsergebnisse nicht mit der erforderlichen Schärfe darstellen.

Schließlich hätte der Spruch konkret beschreibend auch angeben müssen, in bezug auf welche "örtlich gebundene Einrichtung" der inkriminierte Vorwurf erhoben wird (zu all dem vgl. zB VwGH 28.6.1988, 88/04/0047; VwGH 20.12.1994, 92/04/0276; jeweils mit Vorjudikatur). Siehe auch die bei KOBZINA/HRDLICKA, Gewerbeordnung 1994, 3. A, zu § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 auf Seiten 582 f unter "g) Spruchfassung" angeführte Judikatur.

4.3. Zusammenfassend ist das angefochtene Straferkenntnis inhaltlich rechtswidrig, weil in beiden Spruchpunkten das Tatverhalten - bezogen auf, wie dargestellt, wesentliche Merkmale der im Spruchteil gemäß § 44a Z2 VStG als verletzt zugrundegelegten Strafbestimmungen - so wenig eindeutig umschrieben ist, daß dadurch die der Berufungswerberin vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen nicht gebildet werden können.

Es war daher mit Aufhebung vorzugehen und gemäß § 45 Abs.1 Z1 zweiter Fall VStG die Einstellung zu verfügen.

5. Unbeschadet dieser Entscheidung fällt zum Strafausspruch des aufzuheben gewesenen Erkenntnisses auf, daß in beiden Spruchpunkten mit der festgesetzten Strafe von je 25.000 S die Hälfte der Höchststrafe verhängt wurde. Dem steht gegenüber, daß in der Bescheidbegründung ausdrücklich nur von einer geringen Schuldform, nämlich Fahrlässigkeit, die Rede ist und die belangte Behörde auch angibt, die absolute Unbescholtenheit der Berufungswerberin als mildernd gewertet zu haben. Nicht dargestellt ist hingegen, welche Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Beschuldigten bei der Strafbemessung berücksichtigt wurden, obwohl diese Verhältnisse im Strafakt ausgewiesen sind.

Somit bleibt festzuhalten, daß die verhängten hohen Geldstrafen im Straferkenntnis nicht begründet sind. Gleiches gilt für die jeweils mit ihrem Höchstmaß festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafen.

6. Mit diesem Verfahrensergebnis entfällt die Kostenpflicht der Berufungswerberin (die Aufhebung bewirkt zugleich auch den Wegfall des strafbehördlichen Kostenausspruchs; Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens waren nicht aufzuerlegen).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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