Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221242/3/Le/La

Linz, 10.05.1996

VwSen-221242/3/Le/La Linz, am 10. Mai 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Bleier, Beisitzer: Mag. Kisch, Berichter: Dr. Leitgeb) über die Berufung des F... L..., vertreten durch Rechtsanwälte Dr.

J... R... und Dr. G... L..., H..., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 18.5.1995, Zl.

Ge96-60-1994, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen alle Beiträge zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z3, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 18.5.1995 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 366 Abs.1 Z1 iVm § 257 der Gewerbeordnung 1994 (im folgenden kurz: GewO 1994) eine Geldstrafe in Höhe von 20.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 134 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10% der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, in der Zeit von Anfang November (erste Novemberwoche) bis Ende November 1993 etwa drei Wochen lang und in der letzten Februar - und den ersten drei Märzwochen des Jahres 1994, zuletzt am 22.3.1994, Herrn Z... H... zur Arbeitsleistung auf der Baustelle des Dipl.-Ing. R... diesem als Arbeitskraft zur Verfügung gestellt zu haben.

Herr H... hätte unter anderem Maurerzuträgerarbeiten (wie Mörtel machen und fahren, Ziegel tragen und anlegen), weiters Verschalung putzen, Aufräumarbeiten auf der Baustelle (Ende Februar 1993) (gemeint wohl: 1994) und Zimmerhilfsarbeiten (im März 1994) durchgeführt.

Er wäre für diese Arbeiten jeweils pro Woche, außer für die Arbeiten im Jahr 1994, vom Beschuldigten mit 4.000 S bzw. für die Zimmermeisterarbeiten am 22.3.1994 mit 1.200 S entlohnt worden.

Die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften unterliege der Bewilligungspflicht gemäß § 257 GewO 1994, für die der Beschuldigte keine Bewilligung der Gewerbebehörde besessen hätte, obwohl er diese Arbeitskräfteüberlassung selbständig, regelmäßig und mit der Absicht betrieben hätte, dadurch einen wirtschaftlichen Vorteil bzw. einen Gewinn zu erzielen.

In der Begründung dazu wurde das Ermittlungsverfahren zusammengefaßt, die aufgenommenen Beweise gewürdigt und die Rechtslage dargestellt; schließlich wurden auch die Gründe der Strafbemessung dargelegt.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 29.5.1995, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

In der Begründung dazu stellte der Bw seine Sicht der Dinge dar und bestritt die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung entschieden.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich, daß der für die Entscheidung maßgebende Sachverhalt ausreichend ermittelt ist, sodaß aus verwaltungsökonomischen Gründen von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden konnte. Eine solche wurde im übrigen auch nicht beantragt.

3.2. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt steht demnach folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

Mit Schreiben vom 19.4.1994 übermittelte die Wirtschaftskammer Oberösterreich, Landesinnung Oberösterreich der Baugewerbe, an die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land eine Sachverhaltsdarstellung, der nach Ansicht der Kammer zu entnehmen sei, daß Herr L... bereits mindestens seit Juli 1992 Tätigkeiten ausgeübt habe, die in den Vorbehaltsbereich des Baumeistergewerbes fallen.

Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land übermittelte diese Sachverhaltsdarstellung am 9.5.1994 an das Gendarmeriepostenkommando Steyr mit dem Auftrag, ehestens den von der Wirtschaftskammer mitgeteilten Sachverhalt zu erheben, Herrn L... zu den erhobenen Vorwürfen genau zu befragen und Anzeige wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 zu erstatten.

Im Erhebungsbericht des Gendarmeriepostenkommandos Steyr vom 12.7.1994 wurde nach einer ausführlichen Darstellung der angestellten Erhebungen resümierend vermerkt, daß sich F...

L... zwar mit der Vermittlung von ausländischen Arbeitskräften beschäftigt, aber selbst keine Tätigkeiten ausgeübt haben dürfte, die auf das Baumeistergewerbe abgezielt gewesen wären. Die Anschuldigungen des Z... H...

gegen F... L... hätten sich dem Erhebungsergebnis zufolge als ziemlich haltlos und sogar zum Teil aus der Luft gegriffen erwiesen.

Anläßlich der ersten Vernehmung des Beschuldigten bei der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land am 15.9.1995 wurde dem nunmehrigen Bw erstmals der Gegenstand der Vernehmung (genaue Beschreibung der Tat) vorgehalten, u.zw. mit folgendem Wortlaut:

"Sie haben das bewilligungspflichtige Baumeistergewerbe dadurch unbefugt ausgeübt, daß Sie Herrn Z... H... von Mitte Februar bis 22. März 1994 auf der Baustelle des Herrn G...

und der Frau M... R... in G..., Parz. ... mit Maurerarbeiten beschäftigt haben. Herr H... hat diese Maurerarbeiten in Ihrem Auftrag durchgeführt. Sie haben diese Tätigkeit selbständig, regelmäßig und mit der Absicht, einen wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen, ausgeübt. Sie hatten weiters auf dieser Baustelle für die Fa. K.... Bau OEG, B..., die Bauaufsicht inne. Sie haben hiefür keine Gewerbeberechtigung besessen und sich dadurch einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs.1 Ziff 1 GewO 1994 schuldig gemacht.

bzw. haben Sie eine Beihilfe zu einer Verwaltungsübertretung dadurch begangen, daß Sie Herrn H... den Bauherrn als Maurer zur Verfügung gestellt bzw. vermittelt haben, obwohl dieser keine Gewerbeberechtigung besessen hat. Dadurch haben Sie eine Verwaltungsübertretung nach § 7 VStG zu § 366 Abs.1 Ziff. 1 GewO 1994 begangen.

bzw. haben Sie unbefugt Herrn H... den Bauherrn bzw. der Fa.

K... Bau OEG überlassen." 3.3. Nachdem einige Zeugen vernommen worden waren, wurde der Beschuldigte am 27.10.1994 nochmals niederschriftlich vernommen und wurde ihm wortwörtlich derselbe Tatvorwurf unterbreitet.

Erst anläßlich der niederschriftlichen Vernehmung vom 25.11.1994 wurde dem nunmehrigen Bw zur Last gelegt, Herrn H... Z... an Herrn Dipl.-Ing. R... zur Durchführung von verschiedenen Bauhilfsarbeiten überlassen zu haben, obwohl er dafür keine Bewilligung besessen habe.

3.4. In etwa zur selben Zeit wurde gegen den nunmehrigen Bw ein Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes geführt, das vom Magistrat der Stadt Steyr zuständigkeitshalber an die belangte Behörde abgetreten worden war.

Das daraufhin erlassene Verwaltungsstraferkenntnis wurde mit dem Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 17.10.1995, VwSen-250452/39/Lg/Bk, aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö.

Verwaltungssenates.

Da eine Geldstrafe über 10.000 S verhängt wurde, ist für die Durchführung dieses Verfahrens die Zuständigkeit der Kammer gegeben (§ 51c VStG).

4.2. Das angefochtene Straferkenntnis war aufzuheben, weil folgende essentielle Verfahrensvorschriften nicht eingehalten worden sind:

§ 31 Abs.1 VStG erklärt die Verfolgung einer Person als unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.2) vorgenommen worden ist.

Die Verjährungsfrist beträgt nach Abs.1 bei allen anderen Verwaltungsübertretungen 6 Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ...

Verfolgungshandlung ist gemäß § 32 Abs.2 VStG jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u.dgl.), u.zw. auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Der dem Bw vorgeworfene Tatzeitraum endete am 22.3.1994. Da es sich bei der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung um ein Begehungsdelikt handelt, bei dem ein bestimmtes aktives Tun, nämlich die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften zur Arbeitsleistung an Dritte, mit Strafe bedroht ist, begann der Lauf der Verjährungsfrist an diesem Tage.

Die belangte Behörde hat jedoch erst anläßlich der niederschriftlichen Vernehmung vom 25.11.1994 dem Beschuldigten die im Straferkenntnis vorgeworfene Tat zur Rechtfertigung vorgehalten.

Innerhalb der Verjährungsfrist des § 31 Abs.2 VStG wurde ihm lediglich anläßlich der niederschriftlichen Vernehmung vom 15.9.1994 der unter 3.2. dargestellte alternative Tatvorwurf vorgehalten. Eine schriftliche Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter ist zuvor nicht an den Beschuldigten ergangen.

Dieser Tatvorwurf war jedoch nicht ausreichend konkretisiert, wobei dafür folgende Überlegungen maßgeblich sind:

Eine Verfolgungshandlung muß, damit sie den Eintritt der Verfolgungsverjährung ausschließt, unter anderem wegen eines bestimmten strafbaren Sachverhalts erfolgen. Dies erfordert, daß er sich auf alle die Tat betreffenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat. Es ist daher schon im Beschuldigten-Ladungsbescheid bzw. der Aufforderung nach § 40 Abs.2 VStG die Tat ausreichend zu konkretisieren (Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Seite 880 f).

Nach dem Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 19.10.1978, 1664/75, unterbricht eine Verfolgungshandlung nur dann die Verjährung, wenn sie sich auf alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente bezogen hat.

Dazu gehört auch die sich nach der Art der jeweils in Rede stehenden Übertretung zu richtende, den Umständen des konkreten Falles angemessene Angabe des Tatortes (VwGH 21.10.1985, 85/02/0145 u.a.).

Diesen Erfordernissen entspricht die Umschreibung des Tatvorwurfes eingangs der Vernehmung des Beschuldigten am 15.9.1994 - in Hinblick auf das in der Folge ergangene Straferkenntnis - jedoch nicht:

Dem Beschuldigten wurde zwar relativ genau die unbefugte Ausübung des Baumeistergewerbes vorgeworfen, doch wurde ihm dann nur mehr fragmentarisch - als alternativer Tatvorwurf (arg. "bzw.")? - Beihilfe zu einer Verwaltungsübertretung vorgeworfen, daß der Beschuldigte Herrn H... den Bauherrn als Maurer zur Verfügung gestellt bzw. vermittelt hätte, obwohl dieser (H...?) keine Gewerbeberechtigung besessen hätte; schließlich wurde - ebenfalls als alternativer Tatvorwurf? - ebenfalls nur bruchstückeweise dem Beschuldigten vorgeworfen, "unbefugt Herrn H... den Bauherrn bzw. der Firma K... Bau OEG überlassen" zu haben.

Diese Formulierung ist jedoch für den Tatvorwurf einer Übertretung des § 366 Abs.1 Z1 iVm § 257 GewO 1994 vollkommen unzureichend, weil die wesentlichen Tatbestandselemente zur Konkretisierung der Tat hier nicht erwähnt wurden. So fehlen etwa Angaben über die Tatzeit, den Tatort, den Beschäftiger sowie der Tatvorwurf der Überlassung zur Arbeitsleistung.

Durch diese Umschreibung wurde jedoch der dem Beschuldigten zur Last gelegte und im angefochtenen Straferkenntnis sodann näher umschriebene Tatvorwurf nicht so ausreichend konkretisiert, daß diese Vernehmung als taugliche Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG anzusehen ist.

Das hat zur Folge, daß die weitere Verfolgung des nunmehrigen Bw iSd § 31 Abs.1 VStG unzulässig geworden ist, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Zu II.:

Die Aufhebung und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens bewirkt auf der Kostenseite, daß der Bw weder mit Beiträgen zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz noch zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu belasten ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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