Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221365/2/Kop/Rd

Linz, 17.01.1997

VwSen-221365/2/Kop/Rd Linz, am 17. Jänner 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des KU, vertreten durch RA, vom 21.5.1996 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 30.4.1996, GZ: 100-1/16-53-3626, wegen einer Verwaltungsübertretung der Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch nach dem Wort "Abschleppauftrag" durch die Wortfolge "eines Mieters gegenüber" zu ergänzen ist.

II. Zuzüglich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden dem Berufungswerber 400 S als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat auferlegt (20 % der verhängten Geldstrafe).

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51e, 51i VStG; § 367 Z40 iVm § 247 Abs.3 GewO 1994.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis vom 30.4.1996, GZ: 100-1/16-53-3626, wurde vom Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen) gemäß § 367 Z40 iVm § 247 Abs.3 GewO 1994 verhängt, weil er es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der KU KG zu verantworten hat, daß die oa KG am 9.5.1995 und am 16.6.1995 Forderungsschreiben an Herrn G, schickte, obwohl die geltend gemachte Forderung von Herrn G bestritten wurde und diese Forderung aus einem Abschleppauftrag der Fa. T & Co GesmbH stammt und gemäß § 247 Abs.3 GewO 1994 Gewerbetreibende, die zur Ausübung des Gewerbes der Inkassoinstitute berechtigt sind, zur Einziehung einer fremden Forderung, die dem Ersatz eines Schadens ohne Beziehung auf einen Vertrag (§ 1295 ABGB) dient, nur berechtigt sind, wenn diese Forderung unbestritten ist.

1.1. In der Begründung führt die erstinstanzliche Behörde dazu im wesentlichen folgendes aus:

"Die gegenständliche Forderung resultiert aus einem Abschleppauftrag vom 20.1.1995, welcher von einem Mieter des Parkplatzes P in Wien bei der Fa. T & Co GesmbH in Auftrag gegeben wurde, da das Fahrzeug von Herrn W dort angeblich widerrechtlich abgestellt worden sein soll. Die Fa. T & Co GesmbH hat mit diesem deliktischen Schadenersatzanspruch resultierend aus der ihr erwachsenden Abschlepp- bzw.

Mehrfahrtkosten nunmehr der Fa. Inkasso-Service KU KG abgetreten und es wurde diese Forderung nunmehr vom gegenständlichen Inkassobüro betrieben.

Mit Schreiben vom 26.4.1995 teilte Herr W, vertreten durch die RAe der Fa. KU KG mit, daß er die gegen sich geltend gemachte Forderung bestreite und eine Zahlung ablehne. Fest steht, daß dessen ungeachtet Herr W am 9.5.1995 und am 16.6.1995 jeweils ein weiteres Forderungsschreiben von der Fa. KU KG erhielt, in welchem der Besuch von Außendienstmitarbeitern durch das Inkassobüro angedroht wurde. Hiemit wurde die von Herrn W vorgenommene Bestreitung der geltend gemachten Forderung vom Inkassobüro KU KG ignoriert.

... Es steht fest, daß Herr G die Forderung bestritten hat und mit der Fa. T & Co GesmbH niemals in vertraglicher Beziehung getreten ist.

Somit ist der ...... zur Last gelegte Tatbestand als erwiesen anzusehen. In seiner Rechtfertigung vom 9.2.1996 bestreitet Herr KU grundsätzlich den von der Behörde zugrundegelegten Sachverhalt nicht. Zur weiteren Rechtfertigung vom 11.4.1996 von Herrn KU, vertreten durch RA , sei angemerkt, daß der Gewerbetreibende des Inkassobüros von sich aus verpflichtet ist, die gegenständlichen Bestimmungen der Gewerbeordnung zu überprüfen und einzuhalten. Da die Bestreitung der gegenständlichen Forderung eindeutig erfolgt ist, liegt zumindest Fahrlässigkeit vor." 2. In der rechtzeitig eingebrachten Berufung beantragte der Bw das Straferkenntnis zu beheben und das eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen; in eventu gemäß § 21 Abs.1 VStG vorzugehen.

2.1. Zur Begründung führt der Bw im wesentlichen aus, daß eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens vorliege, weil sich die Behörde mit dem Argument, daß das Inkassobüro U zu keinem Zeitpunkt durch die Fa. T von der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen Herrn G verständigt wurde, nicht auseinandergesetzt habe. Der Bw habe von keinem Zeitpunkt davon ausgehen müssen, mit der gegenständlichen Einmahnung einen deliktischen Schadenersatzanspruch geltend zu machen. Die Tatsache, daß die gegenständliche Forderung in der Folge bestritten wurde, reicht nicht aus, die Schuldlosigkeit des Bw zu entkräften. In der Bestreitung der Forderung wurde, abgesehen davon, daß eine falsche Gesetzesstelle zitiert wurde, in keiner Weise darauf Bezug genommen, daß die gegenständliche Forderung eine deliktische Schadenersatzforderung sei.

Als materielle Unrichtigkeit des Straferkenntnisses wurde gerügt, daß es einem Inkassobüro nicht obliege, eine rechtliche Qualifikation der Forderung seiner Auftraggeber vorzunehmen. Es wären auch keine Anhaltungspunkte gegeben, daß es sich bei der gegenständlichen Forderung etwa um eine Schadenersatzforderung ohne Beziehung auf einen Vertrag handle. Mangels Erkennbarkeit einer allfälligen Normverletzung könne daher auch kein strafbares Verhalten iSd § 5 VStG vorliegen.

3. Die erstinstanzliche Behörde hat den Akt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt, womit dessen Zuständigkeit begründet wurde.

Da eine 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und der Bw nicht ausdrücklich die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, war von einer solchen abzusehen, zumal der rechtserhebliche Sachverhalt vom Bw nicht bestritten wurde.

4. Herr W, vertreten durch RA , wurde in den Schreiben vom 28.3.1995 und vom 18.4.1995 des Inkasso-Service KU KG, gewerberechtlicher Geschäftsführer Herr KU, aufgefordert, die Kosten für das Abschleppen seines KFZ vor dem Hause P, Wien, in der Gesamthöhe von zunächst 2.642 S zugunsten des vom Mieter des Parkplatzes beauftragten Abschleppunternehmens T & Co (Inh. der M GmbH, Wien) an die KU KG zu bezahlen. Wie aus dem Schreiben der T & Co, Inh.

der M GmbH vom 4.4.1995 an die RAe hervorgeht, war zuvor die (angebliche) Forderung des Mieters des Parkplatzes P, Wien, gegen Herrn W (in bezug auf das widerrechtliche Abstellen dessen KFZ auf dem genannten Parkplatz) an das Abschleppunternehmen T & Co, Inh. M GmbH abgetreten worden.

Die M GmbH hatte in der Folge die KU KG als "Inkassoservice" mit der Einbringung dieser Forderung betraut.

Mit Schriftsatz vom 26.4.1995 teilten die rechtsfreundlichen Vertreter des Herrn W der KU KG mit Hinweis auf § 243d Abs.3 GewO mit, daß Herr G die Forderung des Auftraggebers (M GmbH) bestreitet und aufgrund dieser Mitteilung davon ausgeht, daß sich ein weiteres Einschreiten der KU KG erübrigt.

Trotzdem urgierte die KU KG mit Schreiben vom 9.5.1995 und 16.6.1995 die Bezahlung der gegenständlichen Forderung (zuletzt in Höhe von 3.987,53 S), nachdem sie "die Sache nochmals überprüft" hat und "feststellen" mußte, "daß die Forderung entgegen Ihrer Behauptung völlig zu Recht besteht".

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 367 Z40 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafen ist, wer Forderungen entgegen den Vorschriften des § 247 Abs.2 oder 3 einzieht.

Gemäß § 247 Abs.3 GewO 1994 sind Gewerbetreibende, die zur Ausübung des Gewerbes der Inkassoinstitute berechtigt sind, zur Einziehung einer fremden Forderung, die dem Ersatz eines Schadens ohne Beziehung auf einen Vertrag (§ 1295 ABGB) dient, nur berechtigt, wenn diese Forderung unbestritten ist.

Zunächst ist festzuhalten, daß es sich bei der gegenständlichen bestrittenen Forderung um einen deliktischen Schadenersatzanspruch gemäß § 1295 ABGB handelt, da die Kosten der Abschleppung als Folgeschaden des rechtswidrigen Verhaltens (Abstellen eines KFZ auf einem dem Mieter des Hauses P vorbehaltenen somit fremden Privatparkplatz) anzusehen ist.

Das Bestehen eines vertraglichen Verhältnisses zwischen dem Abgeschleppten einerseits und dem Abschleppunternehmen bzw.

dem Parkplatzberechtigten andererseits wird vom Bw weder behauptet noch liegt aufgrund der Aktenlage (sh.o. P.4 der Begründung) ein solches vor.

Dem Bw ist insoweit Recht zu geben, als in den Schriftsätzen des Bw an Herrn G die gegenständliche Forderung nicht ausdrücklich als Schadenersatzforderung bezeichnet worden ist, sondern diesem Schreiben lediglich zu entnehmen war, daß diese Forderungen iZm einem "Abschleppdienst" stünden.

Mit Schreiben vom 26.4.1995 des rechtsfreundlichen Vertreters des Herrn W wurde dem Bw jedoch mitgeteilt, daß dieser erstens die behauptete Forderung bestritt und zweitens ausdrücklich auf die Bestimmungen der GewO verwies, wobei eine falsche Gesetzesstelle der GewO zitiert wurde.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte der Bw sich insbesondere durch Rücksprache mit seinem Auftraggeber informieren müssen, um welche Art der Forderung es sich bei der gegenständlichen handelt bzw. ob die gegenständliche Forderung womöglich eine deliktische Schadenersatzforderung ist.

Wenn der Bw darauf verweist, daß es ihm als Inkassobüro nicht obliege, eine rechtliche Qualifikation der Forderung seiner Auftraggeber vorzunehmen, so ist ihm entgegenzuhalten, daß durch den ausdrücklichen Gesetzeswortlaut des § 247 Abs.3 GewO 1994 - der den Umfang der Gewerbeberechtigung festlegt - sehr wohl in diesem Rahmen dazu verhalten ist, zu prüfen, ob eine deliktische Schadenersatzforderung vorliegt oder nicht.

Der Bw hat dies jedoch unterlassen und mit den Schreiben vom 9.5. und 16.6.1996 weiterhin die Bezahlung der gegenständlichen Forderung urgiert, womit der Tatbestand des § 367 Z40 GewO iVm § 247 Abs.3 GewO 1994 zunächst in objektiver Hinsicht als erfüllt anzusehen ist.

5.2. Nach der ständigen Judikatur des VwGH ist jeder Gewerbetreibende verpflichtet, sich mit den die Ausübung seines Gewerbes betreffenden Normen vertraut zu machen. Dies gilt umso mehr, da die GewO 1994 nur einen einzigen Paragraphen (§ 247) über die Ausübung des Gewerbes der Inkassoinstitute enthält und der Bw ausdrücklich mit Schriftsatz vom 26.4.1995 auf die Bestimmungen der GewO durch die rechtsfreundliche Vertretung von Herrn W hingewiesen worden ist.

Gemäß § 5 Abs.1 Satz 2 VStG wird fahrlässiges Verhalten bei Ungehorsamsdelikten vermutet, sofern der Beschuldigte nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Mit Schriftsatz vom 9.5.1995 führte der Beschuldigte an, daß er "die Sache nochmals überprüft habe und feststellen mußte", "daß die Forderung entgegen Ihrer Behauptung völlig zu Recht besteht". Hätte der Beschuldigte sich wirklich bei seinem Auftraggeber (Ing. M GmbH) erkundigt, hätte er bemerken müssen, daß die gegenständliche Forderung eine deliktische Schadenersatzforderung des berechtigten Mieters des Parkplatzes wegen dem widerrechtlichen Abstellen eines KFZ darstellt. Dies läßt nur den Schluß zu, daß der Beschuldigte sich entweder gar nicht oder zumindest nur sehr oberflächlich erkundigt hat, sodaß er den Sorgfaltsmaßstab eines mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen, besonnenen Inkassoinstitutbetreibers nicht erfüllt hat, weshalb ihm eine Widerlegung der Fahrlässigkeitsvermutung des § 5 Abs.1 Satz 2 VStG nicht gelungen ist.

Zwecks Vermeidung von Wiederholungen wird im übrigen auf die umfassende wie inhaltlich zutreffende Begründung der Erstbehörde verwiesen.

Nachdem der Tatbestand in subjektiver wie objektiver Weise als erfüllt anzusehen ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

Die Spruchberichtigung war zur näheren Konkretisierung der gegenständlichen Forderung iSd § 44a Z1 VStG erforderlich.

5.3. Da der Bw weder im erstinstanzlichen Verfahren noch in seiner Berufung Angaben zu den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen gemacht hat (- der unabhängige Verwaltungssenat geht daher von einem geschätzten durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen bei Nichtvorliegen von Sorgepflichten aus -), die erstinstanzliche Behörde ohnehin nur eine Geldstrafe im Ausmaß von 6 % (!) der gesetzlichen Höchststrafe verhängt hat und besonders mildernde Umstände - neben der schon berücksichtigten Unbescholtenheit - weder behauptet wurden noch vorliegen, ist die verhängte Geldstrafe als schuld- und tatangemessen anzusehen.

Auch aus spezialpräventiven Gründen erscheint die Strafe geboten.

§ 21 VStG (Absehen von der Strafe) war mangels der Erfüllung der Voraussetzungen nicht anzuwenden. ISd ständigen Rechtsprechung des VwGH ist nämlich geringfügiges Verschulden nur dann gegeben, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Bw in erheblichem Maß hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt. Der Bw hat aber gerade den typisierten Unwert der Tat erfüllt und die ihm auferlegte Sorgfaltspflicht verletzt, weshalb nicht mehr nur geringfügiges Verschulden gegeben war.

6. Bei diesem Verfahrensergebnis - weil das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt wurde - war ein Kostenbeitrag von 20 % der verhängten Strafe gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG aufzulegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. K l e m p t

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