Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221670/9/Gu/Pr

Linz, 20.06.2000

VwSen-221670/9/Gu/Pr Linz, am 20. Juni 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung der A. M., vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Ch. Kuhn und Dr. W. V. gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 7.12.1999, Ge96-20-10-1999-Nihd, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 nach der am 15.6.2000 durchgeführten Verhandlung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird teilweise neu gefasst und hat nach den letzten Worten des Einleitungssatzes "...... genehmigt wurde" zu lauten:

"Mit dem Auflagepunkt 1 im Spruchteil I des genannten Genehmigungs-bescheides wurde Folgendes vorgeschrieben:

  1. Die Parkanlage ist im Bereich der Einfahrt ostseitig mit einer Schrankenanlage auszustatten. Nach Geschäftsschluss ist dafür zu sorgen, dass diese Anlage geschlossen ist.

Sie haben es nun als verantwortliche gewerberechtliche Geschäftsführerin der Billa AG zu vertreten, dass dieser Auflagepunkt 1, 2. Satz ab 16.3.1999 bis 29.4.1999 nicht eingehalten wurde, indem nicht dafür gesorgt wurde, dass die Schrankenanlage nach Geschäftsschluss auch tatsächlich geschlossen war, sondern offen gehalten wurde.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 367 Z25 GewO 1994 idgF iVm § 370 Abs.2 GewO 1994 sowie iVm dem Auflagepunkt 1, 2. Satz des rechtskräftigen Bescheides der Bezirkshaupt-mannschaft Urfahr-Umgebung vom 26.6.1991, Ge700-1990-14/91/Kp."

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über sie in Anwendung des § 367 Einleitung GewO 1994 eine Geldstrafe von 800 S (entspricht  58,14 €), im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Stunden und ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von 80 S (entspricht  5,81 €) auferlegt.

Ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 5, § 19, § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Rechtsmittelwerberin mit dem angefochtenen Straferkenntnis der im Spruch aufscheinenden Verwaltungs-übertretung schuldig erkannt und darüber hinaus belangt, dass sie auch Auflagepunkt 2, 2. Satz des Betriebsanlagenbescheides der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 26.6.1991, Ge700/1990-14/91/Kp, zuwider gehandelt habe. Punkt 2 des erwähnten Bescheides lautet: "Durch geeignete Maßnahmen ist dafür zu sorgen, dass der Parkplatz nur über die Schrankenanlage befahren werden kann. Das Ausfahren hat ebenfalls über diese Schrankenanlage zu erfolgen."

Wegen des gesamten Tatbildes wurde der Rechtsmittelwerberin eine Geldstrafe von 1.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden und ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von 10 % der Geldstrafe auferlegt.

Die 1. Instanz stützt ihr Straferkenntnis auf eine Bekanntgabe der Umstände durch einen Nachbarn und auf einen von der Amtsabordnung der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung am 30.4.1999 durchgeführten Lokalaugenschein, bei der die stellvertretende Filialleiterin zugegen war und beim Lokalaugenschein zugestand, dass die Schrankenanlage nach einer Beschotterung eines nachbarlichen Grundes seit langem nicht mehr geschlossen worden sei.

In ihrer von den rechtsfreundlichen Vertretern verfassten Berufung vertritt die Rechtsmittelwerberin die Ansicht, dass der Sachverhalt aufgrund des Lokalaugenscheines nicht als erwiesen angenommen werden könne. Darüber hinaus sei der zur Last gelegte Sachverhalt nicht ausreichend konkretisiert und werde dieser bestritten. Ferner sei das Verschulden gering. Sie habe stets alles in ihrer Macht stehende unternommen, Verwaltungsübertretungen hintan zu halten, insbesondere die unterstehenden Mitarbeiter entsprechend geschult und kontrolliert. Dass es dann noch bisweilen zu Unzulänglichkeiten kommen könne, liege in der nichtbeseitigbaren Unvollkommenheit der Mitarbeiter.

Selbst wenn der Sachverhalt vorliegen würde und strafbar wäre, sei die verhängte Strafe zu hoch. Die Beschuldigte habe keine einschlägige Vorstrafe und die Verwaltungsübertretung habe keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen. Die Beschuldigte beziehe ein durchschnittliches monatliches Einkommen von 25.000 S und besitze kein Vermögen. Angesichts des geringen Verschuldens wäre gemäß § 21 VStG von einer Strafe abzusehen gewesen.

Als Verletzung von Verfahrensvorschriften wird gerügt, dass die 1. Instanz trotz Beweisanträge keine solchen Beweise aufgenommen habe (insbesondere war ein Antrag auf Lokalaugenschein gestellt worden). Aus all diesen Gründen beantragt die Rechtsmittelwerberin eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Strafverfahren einzustellen. Hilfsweise wird beantragt, die verhängte Strafe herabzusetzen.

Aufgrund der Berufung wurde am 15.6.2000 die öffentliche mündliche Verhandlung an Ort und Stelle, nämlich dem Parkplatz der Billa AG in G., durchgeführt, zu der allerdings trotz ausgewiesener rechtzeitiger Ladung weder die Berufungswerberin persönlich noch ein Rechtsvertreter, noch ein Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung erschien.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde der Zeuge Dipl.-Ing. Dr. F. St. vernommen, der Betriebsanlagenbescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 26.6.1991, Ge700/1990-14/91/Kp, samt beigeschafftem Lageplan, ferner der Auszug aus dem Gewerberegister Nr. 72 g - 1990 samt eingetragener Geschäftsführerbestellung, ferner die Fotodokumentation, angefertigt von Dipl.-Ing. Dr. St. vom 15.3.1999 und schließlich der Aktenvermerk der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 30.4.1999 zur Zahl Ge96-20-2-1999/Schf zur Erörterung gestellt.

Demnach ist erwiesen, dass die Billa AG am Standort G., ein Handelsgewerbe betreibt und nächst der Geschäftslokalität einen Kundenparkplatz bereitstellt. Auf letzteren hat der Betriebsanlagenbescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 26.6.1991, Ge700/1990-14/91/Kp, Bezug. Mit diesem Bescheid wurde bezüglich der gewerblichen Betriebsanlage des Handelsgewerbes eine Änderung und zwar die Errichtung von Kfz-Abstellplätzen genehmigt.

Im Spruchteil I dieses Bescheides lautet die Auflage 1:

"Die Parkanlage ist im Bereich der Einfahrt ostseitig mit einer Schrankenanlage auszustatten. Nach Geschäftsschluss ist dafür zu sorgen, dass diese Anlage geschlossen ist."

Die Auflage 2 lautet:

"Durch geeignete Maßnahmen ist dafür zu sorgen, dass der Parkplatz nur über die Schrankenanlage befahren werden kann. Das Ausfahren hat ebenfalls über diese Schrankenanlage zu erfolgen."

Durch die Aussage des in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen Dipl.-Ing. Dr. St., an dessen Glaubwürdigkeit nicht der geringste Zweifel bestand, ist erwiesen, dass in der Zeit vom 16.3.1999 bis herauf zur Gegenwart, sohin auch bis zu dem im Straferkenntnis erwähnten Zeitpunkt 29.4.1999, die Schrankenanlage nach Geschäftsschluss nicht geschlossen wurde.

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat auch keinen Zweifel über die Richtigkeit des Inhaltes des Aktenvermerkes der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung über eine Begehung der Örtlichkeit am 30.4.1999 unter Zuziehung der Filialleiterin-Stellvertreterin Frau Sch., dass die Schrankenanlage schon seit langem nicht mehr geschlossen wird, weil eine an dem Parkplatz angrenzende Wiese beschottert und derart befestigt wurde, dass sie befahrbar ist und sohin die Beschränkung des Ausfahrens über die vorhandene Schrankenanlage - weil nicht mehr effizient - nicht eingehalten wird.

Die Beschränkung des Betriebes des Kundenparkplatzes ab Geschäftsschluss hatte den offensichtlichen Zweck der Rücksichtnahme auf das Ruhebedürfnis zur Nachtzeit von in nahen Wohnhäusern lebenden Nachbarn.

Der spruchgegenständliche Lebenssachverhalt und die Verletzung des geschützten Interesses ist durch kein gegenteiliges Beweisanbot oder Beweisergebnis erschüttert.

Aus diesem Grunde war rechtlich zu bedenken:

Zutreffend hat die 1. Instanz nur den 2. Satz des Punktes 1 der Auflage des Spruchteiles I des Genehmigungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 26.6.1991, Ge700/1990-14/91/Kp, als übertreten erachtet, zumal an sich die Schrankenanlage vorhanden war. Sie wurde und wird nur nach Geschäftsschluss nicht geschlossen.

Der 2. Teil der erwähnten Auflage ist selbständig als Tatbestand umschrieben und insoferne erfolgte die rechtliche Zuordnung unter Einschränkung des verwirklichten Lebenssachverhaltes.

Was das Ausfahren nicht über die Schrankenanlage betrifft, so war allerdings aufgrund des Umstandes, dass Auflage 2 des vorzitierten Genehmigungsbescheides aus zwei Sätzen besteht, welche einerseits das Befahren des Parkplatzes, andererseits das Ausfahren des Parkplatzes einer Beschränkung unterzieht, welche Sätze aber inhaltlich in der Zusammenschau als verschränkt anzusehen sind und die Wortfolge "durch geeignete Maßnahmen ist dafür zu sorgen", auch auf das Ausfahren Bezug hat. Nach ständiger Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes ist die Formulierung durch geeignete Maßnahmen zu unbestimmt, um als Grundlage für eine Bestrafung zu dienen. Aufgabe des Sachverständigen im gewerbebehördlichen Betriebsanlagenverfahren und somit auch der Gewerbebehörde bei Abfassung des Genehmigungsbescheides wäre es gewesen, genau festzuschreiben, eben welche Maßnahmen geeignet wären, die Kanalisierung des Verkehrs vorzunehmen (z.B. Errichtung eines Zaunes auf eine bestimmte Länge oder in einem bestimmten Bereich oder rund um den durch Gebäude nicht beschränkten Parkplatz).

Aus diesem Grunde musste der Spruch eingeschränkt werden, wiewohl der Schutzzweck der Auflage durch das nunmehr ungehinderte Gestatten des Durchfahrens über den Parkplatz, nämlich bei Zeiten, zwar auch zur Nachtzeit vereitelt wird.

Gemäß § 367 Z25 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs.1 oder § 82a Abs.1 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 - 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

Um eine solche Auflage handelt es sich bei Punkt 1 des Spruchteiles I des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 26.6.1991, Ge700/1990-14/91/Kp.

Gemäß § 370 Abs.2 GewO 1994 sind die Geldstrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt worden ist.

Die Beschuldigte war zur Tatzeit die gewerberechtliche Geschäftsführerin und als solche bei der Behörde angezeigt.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder eine Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Die Rechtsmittelwerberin hat in ihrer Berufung und im Verfahren, nicht wie in ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gefordert, konkret dargetan, was sie alles unternommen habe um Sorge zu tragen, dass die Schrankenanlage beim Parkplatz nach Geschäftsschluss geschlossen ist.

Der vorgeworfene Lebenssachverhalt, nämlich das Nichtgeschlossenhalten der Schrankenanlage beim Parkplatz des Handelsgeschäftes nach Geschäftsschluss, scheint in der Anzeige des Meldungslegers Dipl.-Ing. Dr. St. vom 16.3.1999 und im Aktenvermerk der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 30.4.1999 zur Zahl Ge96-20-2-1999/Schf hinlänglich umschrieben auf. Neben der Aufforderung zur Rechtfertigung wurde dies den Rechtsvertretern der Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist durch Akteneinsicht zur Kenntnis gebracht, sodass die Ergänzung des Spruches auch im Berufungsverfahren zulässig war.

Hinsichtlich des Ausfahrens über die Schrankenanlage und die unzureichende Konkretisierung der "geeigneten Maßnahme" musste diese Beschreibung des Lebenssachverhaltes und der dazugehörige Vorhalt aus dem Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses eliminiert werden, indem der Spruch durch die Entscheidung der Berufungsbehörde neu gefasst wurde.

Insofern war die Berufung auch erfolgreich. Dies hatte bei der Strafbemessung zur Folge, dass mit einer geringfügigen Herabsetzung der ausgesprochenen Strafe vorgegangen wurde. Geringfügig nur deshalb, weil im Grunde genommen die Verletzung des geschützten Interesses beträchtlich wog und auch bezüglich der subjektiven Tatseite kein geringes Verschulden sondern Vorsatz anzunehmen war.

Aus diesem Grunde schied die Anwendung des § 21 VStG von vorneherein aus.

Im Verfahren sind keine Milderungsgründe, wie etwa die Unbescholtenheit ersichtlich geworden, zumal die Beschuldigte schon verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen und zwar wegen Übertretung der Gewerbeordnung besitzt.

Angesicht des von der Rechtsmittelwerberin bekannt gegebenen Monatseinkommens war die ausgesprochene Strafhöhe daher an der Untergrenze des Strafrahmens zu betrachten und erfüllt nach dem Grundsatz der Ökonomie der Strafe letztlich den Strafzweck im Zusammenwirken mit der Gewerbebehörde für die Benützung des Parkplatzes eine dem Geschäftsbetrieb und nachbarlichen Interessen Rechnung tragende Regelung zu finden, indem Auflage 2 des vorzitierten Genehmigungsbescheides einer weiteren bescheidmäßigen Konkretisierung zugeführt wird oder die ursprüngliche Wiese samt hohem Randstein wiederhergestellt wird.

Aufgrund des Teilerfolges der Berufung war die Rechtsmittelwerberin von der Pflicht befreit, Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens leisten zu müssen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 €) zu entrichten.

Dr. G u s c h l b a u e r

Beschlagwortung: "geeignete Maßnahmen" im Betriebsanlagenbescheid reichen für eine Bestrafung nicht aus.

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