Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221732/2/Le/La

Linz, 13.02.2001

VwSen-221732/2/Le/La Linz, am 13. Februar 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des Dr. H K, Z 4, N, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. A J, H 21, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 7.11.2000, Zl. Ge96-116-1998-Poe, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 7.11.2000 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 367 Z25 Gewerbeordnung 1994 (im Folgenden kurz: GewO) iVm dem Genehmigungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14.4.1987, Ge-233-75-1987, Auflagenpunkt 10, eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 24 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe es als gemäß § 370 Abs.2 GewO bestellter gewerberechtlicher Geschäftsführer der N P AG mit Sitz in A zu vertreten, dass in der (näher bestimmten) Betriebsanlage der (wörtlich wiedergegebene) Auflagenpunkt 10. des Genehmigungsbescheides Ge-233-75-1987 vom 14.4.1987 nicht eingehalten worden sei, indem zumindest am 21.3.1998 gegen 19.45 Uhr bei der Einlagerung von Hackschnitzel die freie Fallhöhe von 2,5 m bei weitem überschritten worden sei, da diese zumindest 8 m betragen habe (dies werde durch die von den Gendarmerieorganen angefertigten Fotos belegt), wodurch die Möglichkeit einer Belästigung von Nachbarn durch Staub nicht auszuschließen gewesen wäre.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 27.11.2000, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Zur Begründung wies der Berufungswerber darauf hin, dass die Erstbehörde auf Grund des Tatvorwurfes offensichtlich von einer Erfolgshaftung ausgehe, die im VStG jedoch unbekannt sei. Er habe bereits in seinem Einspruch ausführlich dargelegt, dass er Maßnahmen getroffen habe, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten ließen. Er habe im Einzelnen sein Kontrollsystem dargelegt, doch habe die Erstbehörde darüber keinerlei Beweise erhoben.

Bereits in seinem Einspruch habe er dargelegt, alles Zumutbare unternommen zu haben, um die erlaubte freie Abwurfhöhe nicht zu überschreiten. Die von ihm angebotenen Beweise wären nicht aufgenommen worden.

Hinsichtlich des im Akt erliegenden Lichtbildes des Gendarmeriepostens A liege unrichtige Beweiswürdigung vor:

Auf Grund der auf einem Lichtbild evidenten Verzerrung der Größenverhältnisse könnten niemals Abmessungen, auch nicht schätzungsweise, vorgenommen werden, da aus der Sicht des Betrachters des Lichtbildes die Linien derartig verzerrt wären, dass völlig falsche Eindrücke entstehen. Ohne fotogrammetrisches Gutachten könne daher das im Akt erliegende Lichtbild keine Feststellung der Behörde nach sich ziehen, insbesondere, wenn das Foto von unten nach oben (fliehende Linien) aufgenommen worden sei.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da bereits aus dem vorgelegten Verwaltungsakt hervorgeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen.

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Dieser hatte, da eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

4.2. Dem Berufungswerber wurde vorgeworfen, er habe eine näher bezeichnete Auflage im (gewerberechtlichen) Betriebsanlagengenehmigungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14.4.1987, Ge-233-75-1987, nicht eingehalten.

Der dem Straferkenntnis zu Grunde liegende Sachverhalt wurde vom Gendarmerieposten A am 20.3.1998 und am 21.3.1998 festgestellt. In der Anzeige vom 5.4.1998 ist dargelegt, dass der Nachbar Karl Ö am 20.3.1998 um 17.45 Uhr persönlich am GP A die Anzeige erstattet hätte, dass die Belästigung durch die Holz-Hackgutlagerung in der N P in letzter Zeit besonders hoch sei, weil die behördlichen Auflagen von der P nur teilweise eingehalten würden.

Darauf führten zwei Beamte des Postens A Erhebungen durch und stellten fest, dass das Anwesen des Karl Ö auf einer leichten Anhöhe (ca. 30 m höher als der Lagerplatz des Holz-Hackgutes) ca. 150 m vom betreffenden Hackgutlagerplatz entfernt liege. Das Hackgut sei bis zu ca. 25 m hoch aufgeschüttet.

Am 21.3.1998 um 19.45 Uhr stellten die Beamten beim Anwesen von Karl Ö Verschmutzungen fest, nämlich feinen Holzstaub auf dem Fensterbrett im Badezimmer sowie Staubablagerungen in den verdeckten Regenfälzen der Dachziegel.

Die Beamten nahmen eine Übersichtaufnahme des Hackgutlagers auf. (Von welchem Standort die Beamten fotografierten wurde nicht festgehalten.)

Sie befragten auch den Verantwortlichen der N P, Herrn Dr. P P, der angab, es lasse sich beim Hof von Karl Ö eine gewisse Belästigung durch Holzstaub nicht vermeiden, da das Anwesen in der Hauptwindrichtung der N P liege. Durch die automatische Förderbandsteuerung sei das Förderband immer knapp über dem Hackschnitzelberg, um die freie Fallhöhe möglichst klein zu halten. Die Belastung durch Holzstaub könne somit bedeutend verringert werden.

Etwaige Erhebungen an Ort und Stelle durch Organe der Erstbehörde sind nicht aktenkundig.

Dennoch warf die Erstbehörde dem Beschuldigten schon in der Strafverfügung vom 19.5.1998 vor, dass zumindest am 21.3.1998 gegen 19.45 Uhr bei der Einlagerung von Hackschnitzel die freie Fallhöhe von 2,5 m bei weitem überschritten worden sei, da diese zumindest 8 m betragen habe. Die Behörde verwies dazu auf von den Gendarmerieorganen angefertigte Fotos.

Der Berufungswerber stellte diesen Vorwurf bereits in seinem rechtzeitig eingebrachten Einspruch vom 10.6.1998 in Abrede. Er verwies darauf, dass aus dem Foto nicht ersichtlich sei, dass die freie Fallhöhe "zumindest 8 m" betragen habe; die freie Fallhöhe betrage vielmehr weniger als 2,5 m.

Ohne weitere Ermittlungsschritte und ohne einer Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter wurde das nunmehr angefochtene Straferkenntnis vom 7.11.2000 erlassen.

Darin wurde zwar ausgeführt, wie die Erstbehörde die Abwurfhöhe aus dem Foto abgeleitet hat, jedoch liegt diesen Berechnungen keine fotogrammetrische Auswertung und Begutachtung zu Grunde. Dabei wurde eine Höhe des Schüttkegels von 2/3 der Höhe des Förderbandes angenommen, also in etwa 18 bis 19,5 m; dieser Wert wurde von der tatsächlichen Förderbandhöhe von 27,5 m subtrahiert, woraus eine freie Fallhöhe von 9,5 bis 8 m errechnet wurde.

Dabei blieb unberücksichtigt die Feststellung der Gendarmerie in der Anzeige vom 5.4.1998, wonach das Hackgut bis zu ca. 25 m hoch aufgeschüttet war.

Allein diese Darstellung zeigt die Ungenauigkeit und Unzulänglichkeit des erstbehördlichen Ermittlungsverfahrens.

4.3. Ein tragender Grundsatz des Verwaltungsstrafverfahrens ist die Offizialmaxime, die in § 25 VStG festgelegt ist. Demnach hat die Behörde sowohl bei der Einleitung als auch bei der Durchführung des Strafverfahrens von Amts wegen vorzugehen und entsprechend der Anordnung des § 37 AVG die materielle Wahrheit zu erforschen. Sie hat weiters dem Beschuldigten die Ergebnisse des solcherart ermittelten Sachverhaltes vorzuhalten und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme dazu zu geben.

Trotz konkreter Behauptungen und Beweisanbote im Einspruch gegen die Strafverfügung hat sich die Erstbehörde bei der Beurteilung des Sachverhaltes letztlich nur auf ein einziges Foto (und nicht auf mehrere Fotos, wie im Spruch des Straferkenntnisses behauptet) gestützt. Dazu ist anzumerken, dass dieses Foto aus etwa 150 m Entfernung aufgenommen wurde und dass dieses Bild nicht durch einen Sachverständigen fotogrammetrisch ausgewertet wurde. Überdies wurde die Aussage der Gendarmeriebeamten in der Anzeige, dass das Hackgut bis zu ca. 25 m hoch aufgeschüttet ist, völlig ignoriert.

Die Erstbehörde hat daher wesentliche Verfahrensprinzipien außer Acht gelassen und ist somit in einem mangelhaften Verfahren zu einem Schuldspruch gekommen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat als Berufungsbehörde ist von der Verfassung her nicht dazu vorgesehen, solche gravierenden Ermittlungsmängel zu sanieren, noch dazu fast drei Jahre nach der angeblichen Tatbegehung.

Bereits aus diesen Gründen war daher der Berufung Folge zu geben, ohne auf die weiteren Berufungsargumente einzugehen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen.

Damit war der Verfahrenskostenausspruch der belangten Behörde aufzuheben.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sind gemäß § 65 VStG dem Berufungswerber nicht aufzuerlegen, weil der Berufung Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. L e i t g e b

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