Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-540076/2/SR/Ta

Linz, 15.12.2003

VwSen-540076/2/SR/Ta Linz, am 15. Dezember 2003

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider aus Anlass der Berufung der Firma R G Vieh- und Fleischexport GmbH & Co.KG, U, St. M/I, vertreten durch RA Dr. K W, U S, S, gegen den Bescheid der Oö. Landesregierung vom 5. Mai 2003, Zl. Vet-220004/3220-2003, wegen der Vorschreibung von Gebühren für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung, beschlossen:

  1. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die Gebühren in einer Gesamthöhe von 14.303,45 Euro festgesetzt werden; im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass im Zuge der Anführung der Rechtsgrundlagen die Wendung "Anhang A Kapitel I Z. 1 lit. a der RL 85/73/EWG" einzufügen ist.
  2. Der Antrag, der Berufung aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 212 Abs. 2 OöLAO.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem ihr am 13. Mai 2003 zugestellten Bescheid der Oö. Landesregierung vom 5. Mai 2003, Zl. Vet-220004/3223-2003, wurden der Rechtsmittelwerberin "für die Durchführung von Schlachttier- und Fleischuntersuchungen, Trichinenschau, Kontrolluntersuchungen und/oder sonstiger Untersuchungen, Kontrollen oder Überprüfungen" Gebühren in einer Höhe von 15.373,50 Euro "lt. beiliegender Kostenmitteilung" vorgeschrieben. Begründend wurde dazu nur ausgeführt, dass "die Vorschreibung der im Spruch angeführten Gebühren in den zit Rechtsvorschriften" - d.s. die §§ 1, 48 Abs. 1 Z. 1 und 146 der Oö. Landesabgabenordnung (LGBl.Nr. 107/1996, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 110/2002, im Folgenden: OöLAO), die §§ 1, 3 und 5 des Oö. Fleischuntersuchungsgebührengesetzes (LGBl.Nr. 79/1996, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 84/2002, im Folgenden: FlUGG) und die §§ 1, 2 und 3 der Oö. Fleischuntersuchungsgebühren-Verordnung (LGBl.Nr. 116/1996, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 133/2001, im Folgenden: FlUGV) - "begründet" sei.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, am 6. Juni 2003 - und damit rechtzeitig (vgl. § 190 Abs. 1 OöLAO) - bei der Erstbehörde eingelangte Berufung.

Darin bringt die Rechtsmittelwerberin im Wesentlichen vor, dass die Vorschriften des FlUGG und der FlUGV insbesondere im Widerspruch zu den Richtlinien 93/118/EG und 85/73/EWG stünden und diese zudem keinen Hinweis auf die EG-Richtlinien enthielten. Darüber hinaus sei das FlUGG ohne wirksame Rechtsgrundlage ergangen und könne daher keine Grundlage für eine rechtswirksame Verordnung darstellen. Auch seien die notwendigen Voraussetzungen für die Erhöhung der Pauschalgebühren oder Einhebung einer spezifischen Gebühr nicht gegeben.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides bzw. dessen Abänderung dahin, dass keine höhere als die Gemeinschaftsgebühr vorgeschrieben wird, in eventu die Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung, beantragt.

Weiters stellt die Rechtsmittelwerberin den Antrag, der Berufung aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, da sie als eines der führenden Schlachtunternehmen Oberösterreichs über eine ausgezeichnete Bonität verfüge und mit der Abgabenvorschreibung unweigerlich ein Zinsschaden verbunden sei.

Hinsichtlich des unter einem gestellten Antrages auf Aussetzung der Einhebung des festgesetzten Gebührenbetrages hat die belangte Behörde offenbar bereits gemäß § 160 OöLAO den Bescheid vom 16. Juni 2003, Zl. Vet-220004/3342-2003-W/Pod, erlassen; diesbezüglich hat die Beschwerdeführerin in der Folge einen Antrag auf Entscheidung durch den Oö. Verwaltungssenat gestellt, sodass über jenen Bescheid in einem gesonderten Verfahren zu entscheiden sein wird.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Amtes der Oö. Landesregierung zu Zlen. Vet-220004/3342-2003-W/Pod, Vet-220004/3657-2003-W/N, Vet-220004/4450-2003-W/N und Vet-220004/3220-2003; von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nach dem Verfahrenssystem der OöLAO nicht explizit vorgesehen ist.

4. Über die gegenständliche Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Als lex specialis zu § 146 Abs. 1 OöLAO sieht § 5 Abs. 1 FlUGG in Ausführung des in der erstgenannten Bestimmung normierten Gesetzesvorbehaltes hinsichtlich der Einhebung der Fleischuntersuchungsgebühren vor, dass die Fleischuntersuchungs-Ausgleichskasse zunächst dem Abgabepflichtigen die Höhe der zu entrichtenden Gebühren nach Art und Anzahl der Tatbestände in aufgeschlüsselter Form schriftlich mitzuteilen hat; erst wenn die Einzahlung dieses Betrages nicht binnen eines Monats ab Ausfertigung dieser Mitteilung erfolgt, sind die Gebühren durch die Abgabenbehörde bescheidmäßig festzusetzen, wobei diesbezüglich nach § 8 Abs. 2 FlUGG die OöLAO anzuwenden ist.

Auf Grund des von der belangten Behörde vorgelegten "Aktes" ergibt sich - für einen Außenstehenden gerade noch nachvollziehbar -, dass die in der "Mitteilung" i.S.d. § 5 Abs. 1 FlUGG durch die Fleischuntersuchungs-Ausgleichskasse enthaltene Berechnung der Gebühren unter Heranziehung der Bestimmungen des § 1 TP A Z. 1 und 2 (unter jeweiliger Berücksichtigung eines 20%igen Abschlages gemäß § 3) sowie der TP C Z. 2 FlUGV sowie § 1 Abs. 2 FlUGV (unter Berücksichtigung eines teilweisen 100%igen Zuschlages gemäß § 2 Abs. 1 FlUGV) erfolgte.

Durch die vollinhaltliche Übernahme dieser Berechnung hat die belangte Behörde ihrer gesetzlich festgelegten Begründungspflicht (vgl. § 71 Abs. 3 Z. 1 OöLAO) zumindest im Ergebnis entsprochen.

Im Übrigen wird die bloße Handhabung dieser Berechnungsmethode durch die Erstinstanz auch von der Rechtsmittelwerberin selbst gar nicht bestritten.

4.2. Diese wendet sich vielmehr ausschließlich dagegen, dass die in der FlUGV festgelegten Gebührensätze insofern überhöht seien, weil die dadurch bewirkte Überschreitung der Gemeinschaftssätze in der EU-Richtlinie vom 29. Jänner 1985 über die Finanzierung der veterinär- und hygienerechtlichen Kontrollen nach den Richtlinien 89/662/EWG, 90/425/EWG und 91/496/EWG, RL 85/73/EWG i.d.F. 96/43/EG, ABl L 162 v. 1.7.1996, S. 1 bis 13 (im Folgenden kurz: RL 85/73/EWG), keine Deckung fände.

4.2.1. Nach Art. 1 bis 3 der RL 85/73/EWG haben die Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen, dass zur Finanzierung der veterinär- und hygienerechtlichen Kontrollen für die Kosten, die durch derartige Untersuchungen und Kontrollen entstehen, eine Gemeinschaftsgebühr eingehoben wird; gemäß Art. 5 Abs. 3 der RL 85/73/EWG können die Mitgliedstaaten jedoch einen höheren Betrag als die Gemeinschaftsgebühr einheben, soweit diese Gesamtgebühr die tatsächlichen Untersuchungskosten nicht überschreitet.

4.2.2. Davon ausgehend trifft der von der Rechtsmittelwerberin in ihrem Beschwerdeschriftsatz erhobene Einwand zu, dass die Voraussetzungen für die Erhöhung der Pauschalgebühren sowie zur Erhebung einer spezifischen Gebühr nicht gegeben sind.

Zur Frage der Rechtmäßigkeit einer derartigen Überschreitung hat der Verwaltungsgerichtshof z.B. in seinem Erkenntnis vom 21. Juni 1999, Zl. 97/17/0501, festgestellt, dass es insbesondere darauf ankommt, dass die Abgabenbehörde bei der Festsetzung höherer innerstaatlicher Gebühren die Einhaltung des Kriteriums der tatsächlichen Untersuchungskosten auf Grund dementsprechend zweckgerichteter Sachverhaltsermittlungen plausibel zu begründen vermag. Zudem sind in diesem Zusammenhang etwa auch die Honorarsätze für Tierärzte auf ihre Angemessenheit zu überprüfen, dürfen die nicht gedeckten Mehraufwendungen für die Untersuchungen bei einer Tierart nicht durch die Vorschreibung überhöhter Untersuchungskosten bei anderen Tierarten kompensiert werden, o.ä.

4.2.3. Derartige Kriterien lassen sich jedoch im gegenständlichen Fall nicht nachvollziehen.

Zwar ist in § 1 Abs. 1 FlUGV den einzelnen Gebührentarifposten jeweils auch ein "Anteil des Fleischuntersuchungsorgans" beigesetzt, der rd. zwischen 80% und 90% der Gebühr beträgt.

Insgesamt - der "Akt" der belangten Behörde besteht lediglich aus der Mitteilung der Fleischuntersuchungs-Ausgleichskasse, dem kursorischen Bescheid der belangten Behörde und dem Zustellnachweis (Rückschein) - bleibt jedoch völlig offen, wie sich die tatsächlichen Untersuchungskosten, die i.S.d. Art. 5 Abs. 3 der RL 85/73/EWG ein Überschreiten der Gemeinschaftsgebühren rechtfertigen sollen, zusammensetzen.

Für den Fall eines derartigen Befundes hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch im bereits zuvor zitierten Erkenntnis festgestellt, dass den im Anhang A Kapitel I der RL 85/73/EWG festgelegten Gebührensätzen eine unmittelbare, innerstaatliches Recht verdrängende Wirkung zukommt.

Dies führt im vorliegenden Fall dazu, dass für die Berechnung der Abgabenhöhe nicht die in § 1 Abs. 1 FlUGV festgelegten, sondern die gemeinschaftsrechtlich normierten Gebührensätze maßgeblich sind. Hingegen ist eine Anwendung der Abschlagsregelung des § 3 FlUGV sowie der Zuschlagsregelung des § 2 FlUGV durch Gemeinschaftsrecht nicht gehindert. Auch die Durchführung der Trichinenschau und der Kontrolluntersuchung nach § 17 des Fleischuntersuchungsgesetzes BGBl.Nr. 522/1982, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 96/2002 (im Folgenden: FlUG), i.V.m. § 29 der Fleischuntersuchungsverordnung, BGBl.Nr. 395/1994, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. II 142/2002 (im Folgenden: FlUV), ist in der RL 85/73/EWG nicht geregelt, sodass hinsichtlich der Gebührenfestlegung für diese auch insoweit die zit. EU-Richtlinie der Anwendung innerstaatlichen Rechts nicht entgegensteht.

4.2.4. Davon ausgehend resultiert aber nach h. Auffassung für den vorliegenden Fall folgende Berechnung der Abgabenvorschreibung:

Menge Art Rechtsgrundlage Gebühr

147 Kontrolluntersuchungen nach FlUG i.V.m. FlUV § 1 Abs. 1 TP C Z. 2 FlUGV 2.082,99 Euro

3262 ausgewachsene Rinder Anh. A Kap. I Z. 1 lit. a RL 85/73/EWG; § 3 FlUGV 11.743,20 Euro

13 Jungrinder Anh. A Kap. I Z. 1 lit. a RL 85/73/EWG; § 3 FlUGV 26,00 Euro

6 Mindestgebühr § 1 Abs. 2 FlUGV 58,86 Euro

20 Mindestgebühr § 1 Abs. 2 FlUGV; § 2 Abs. 1 FlUGV 392,40 Euro

----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Summe 14.303,45 Euro

Damit ist der gegenständlichen Beschwerde gemäß § 212 Abs. 2 OöLAO inhaltlich insoweit stattzugeben, als die Gebühren in einer Gesamthöhe von 14.303,45 Euro (anstatt 15.373,50 Euro) festzusetzen sind; lediglich im Übrigen war diese hingegen abzuweisen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe zu bestätigen, dass im Zuge der Anführung der Rechtsgrundlagen die Wendung "Anhang A Kapitel I Z. 1 lit. a der RL 85/73/EWG" einzufügen ist.

5. Gemäß § 197 OöLAO wird durch die Einbringung einer Berufung die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides nicht gehemmt, insbesondere die Einhebung und zwangsweise Einbringung einer Abgabe nicht aufgehalten. Da die OöLAO demnach keine Rechtsgrundlage für einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung enthält, war dieser zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 13 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

M a g. S t i e r s c h n e i d e r

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum