Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-230419/2/Kei/Bk

Linz, 30.04.1996

VwSen-230419/2/Kei/Bk Linz, am 30. April 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des Herbert P, gegen den Spruchpunkt 1 des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Linz vom 13.

Februar 1995, Zl. St.-380/94-B, betreffend eine Übertretung des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG), zu Recht:

I. Der Berufung gegen den Spruchpunkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses wird stattgegeben, diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt im Hinblick auf den Spruchpunkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde sowie zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), § 45 Abs.1 Z1, § 51 und § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem Spruchpunkt 1 des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe vier Tagen) verhängt, weil er sich "am 3.12.1994 um 20.50 Uhr in Linz, B, trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentl. Aufsicht, während diese ihre gesetzlichen Aufgaben wahrnahm, aggressiv verhalten und dadurch eine Amtshandlung behindert" habe, indem er "die einschreitenden Beamten fortgesetzt heftig, lautstark und unsachlich beschimpft" habe "und zudem wild mit den Händen gestikuliert" habe. Dadurch habe er eine Übertretung des § 82 Abs.1 SPG begangen, weshalb er gemäß § 82 SPG zu bestrafen gewesen sei.

2. Gegen dieses dem Berufungswerber am 17. Februar 1995 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die Berufung, die am 27. Februar 1995 bei der belangten Behörde eingelangt ist und fristgerecht erhoben wurde.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in den Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz vom 1. März 1995, Zl.III-St.-380/94-B und in den Verwaltungsakt des O.ö.

Verwaltungssenates VwSen-102635 Einsicht genommen.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 82 SPG begeht, wer sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber einer Militärwache, während diese ihre gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen, aggressiv verhält und dadurch eine Amtshandlung behindert, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 3.000 S zu bestrafen. Anstelle einer Geldstrafe kann bei Vorliegen erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen verhängt werden.

4.2. Im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal des "aggressiven Verhaltens" war das im folgenden Angeführte zu beachten (zitiert aus Hauer-Keplinger, "Handbuch zum Sicherheitspolizeigesetz", Prugg Verlag Eisenstadt, 1993):

"Während Art. IX Abs.1 Z2 EGVG 'ungestümes Benehmen' ahndete, fordert § 82 SPG nunmehr 'aggressives Verhalten'; eine inhaltliche Änderung sollte diesbezüglich nicht eintreten (RV), wenn auch gleichwohl zu beachten ist, daß das aggressive Verhalten zu einer Behinderung führen muß." "'Das Vertreten eines Rechtsstandpunktes, mag dies auch in entschiedener Weise geschehen, stellt eine angemessene Reaktion, nicht aber ein ungestümes Benehmen dar' (VfSlg.

2906/1955, 9730/1983 mwN, vgl. auch VwSlg. 7815A/1970)." "Andererseits tragen ungehörige oder allenfalls auch beleidigende Äußerungen keineswegs in jedem Falle das Merkmal des ungestümen Benehmens in sich (VfSlg. 9730/1983 mwN, VwSlg. 6987A/1966). So ist der Tatbestand des ungestümen Benehmens nicht erfüllt, wenn 'zwar beleidigende Äußerungen gemacht (werden), diese aber im normalen Gesprächston, also nicht übermäßig laut, ausgesprochen werden. ... Eine Äußerung, die zufolge des Tonfalles des Vorbringens nicht der üblichen Ruhe mangelt und darüber hinaus nicht mit heftigen Bewegungen verbunden ist, erfüllt nicht den Tatbestand ...' (VfSlg. 7464/1974 mwN).

'Theatralische Gesten' oder 'herrische Gebärden', unsachliches Vertreten seines Standpunktes und 'ungehörige Äußerungen' stellen kein ungestümes Benehmen dar (vgl.

VfSlg. 10957/1986). Unmutsäußerungen, die sich ausschließlich darauf beschränken, daß nach einem Anwalt und einem Arzt verlangt wird oder wenn sich jemand auf seine demokratischen Rechte beruft, erfüllen keinen Tatbestand (VfSlg. 9114/1982)." Daß durch das Verhalten des Berufungswerbers die oben zum Ausdruck gebrachte Schwelle überschritten und das Tatbestandsmerkmal des "aggressiven Verhaltens" verwirklicht worden wäre, ist für den O.ö. Verwaltungssenat nicht mit einem in einem Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Ausmaß an Sicherheit erwiesen. In diesem Zusammenhang wird auf die Ausführung im Rahmen des als erwiesen angenommenen Sachverhaltes im Erkenntnis des O.ö. Verwaltungssenates vom 30. März 1995, Zl. VwSen - 102635/10/Br/Bk hingewiesen: "Der Berufungswerber vertrat im Zuge der Amtshandlung nachhaltig und mit Entschiedenheit seinen Rechtsstandpunkt dahingehend, daß kein Verbot hinsichtlich des Abstellens von Pferden existiere".

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs.1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem O.ö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilagen Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Keinberger

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum