Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230713/13/Fra/Ka

Linz, 16.06.1999

VwSen-230713/13/Fra/Ka Linz, am 16. Juni 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung der Frau S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 11.3.1999, Zl. Sich96-109-1997-Hol, wegen Übertretungen des § 80 Abs.1, Abs.2 Z2 und Abs.3 Fremdengesetz, BGBl.Nr.838/1992, in der Fassung BGBl.Nr.436/1996 (FrG), zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird in der Schuldfrage als unbegründet abgewiesen. Das angefochtene Straferkenntnis wird insofern bestätigt.

II. Der Berufung wird im Strafausspruch insofern Folge gegeben, als die Geldstrafen auf je 1.000 S herabgesetzt werden. Für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser werden Erstzfreiheitsstrafen von je 6 Stunden festgesetzt.

III. Die Berufungswerberin hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keinen Kostenbeitrag zu zahlen. Für das Verfahren erster Instanz ermäßigt sich der Kostenbeitrag auf je 10 % der neu bemessenen Strafen.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG.

zu II.: §§ 16 und 19 VStG

zu III.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über die Berufungswerberin (Bw) wegen Übertretung des § 80 Abs.1, Abs.2 Z2 und Abs.3 Fremdengesetz, BGBl.Nr.838/1992, in der Fassung BGBl.Nr.436/1996 (FrG), jeweils gemäß § 80 Abs.2 Z2 leg.cit. Geldstrafen von 3.000 S (EFS von je 12 Stunden) verhängt, weil sie am 16.2.1997 gegen 13.15 Uhr an der damaligen Grenzkontrollstelle Suben-Autobahn sowie während der Anreise dorthin vorsätzlich den Versuch unternommen hat, die drei unten angeführten jugoslawischen Staatsangehörigen als Beifahrer in dem von ihr gelenkten PKW der Marke BMW mit dem amtlichen deutschen Kennzeichen unrechtmäßig die Ausreise aus dem Gebiet der Republik Österreich in das der Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen, obwohl diese Personen zwar für sie ausgestellte und zeitlich gültige jugoslawische Reisedokumente mit sich führten, in denen sich jedoch weder für die Republik Österreich noch für die BRD gültige (Touristen) Sichtvermerke befanden, sich diese Personen mit mißbräuchlich verwendeten deutschen Reisedokumente auswiesen und sie diese Tat um ihres Vorteils willen beging, da sie für diese Handlungen einen Betrag von DM 3.000,-- erhalten sollte.

1. Herr A, geb.11.5.1965,

2. Herr H, geb. 28.12.1979,

3. Frau H, geb.4.8.1972.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafen vorgeschrieben.

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil jeweils 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c VStG).

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

Die Berufung enthielt keinen begründeten Berufungsantrag. Mit Schreiben des Oö. Verwaltungssenates vom 14.4.1999, VwSen-230713/2/Fra/Ka, wurde dem Vertreter der Berufungswerberin (Bw) unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 63 Abs.3 AVG (§ 24 VStG), § 66 Abs.4 AVG und § 13 Abs.3 AVG Gelegenheit gegeben, diesen Antrag nachzuholen. Fristgemäß wurde der begründete Berufungsantrag nachgeholt und ausgeführt, daß hier ein Verstoß gegen den Grundsatz "ne bis in idem" vorliege, der allgemeines internationales Recht sei. Die Bw sei bereits wegen des Vorwurfes in Deutschland rechtskräftig verurteilt worden, sodaß eine weitere Verurteilung rechtswidrig sei. Die Strafen seien völlig überzogen. Sie sei inzwischen in Rente, ihr Ehemann nicht berufstätig und er wird von ihr nach einem derzeitigen Nettoeinkommen von ca. 2.300 DM alimentiert. Das Straferkenntnis gehe bei den finanziellen Verhältnissen von einem Vermögen in Form eines Eigenheimes aus. Auch diese Angabe sei eine falsche Einschätzung. Sie sei neben ihrem Ehemann Miteigentümerin eines Hauses, in dem noch ihre Tochter wohne. Das Haus sei vor der Jahrhundertwende gebaut worden und so belastet, daß die Mieteinnahme, die sie durch ihre Tochter erziele, die Finanzierung nicht trage, sodaß sie monatlich ca. 1.000 DM selbst für die Hausfinanzierung aufbringen müsse. Sie besitze auch keinen PKW, der erwähnte BMW sei durch das Urteil des Amtsgerichtes Passau eingezogen worden. Irgendwelche Vergütungen gebe es dabei bekanntlichermaßen nicht.

Mit Schreiben vom 5.5.1999 teilt der Vertreter der Bw mit, daß die Berufung eingelegt worden ist, mit Ziel und dem Antrag, die eingesetzten Geldstrafen auf das gesetzlich zulässige Mindestmaß zu reduzieren. Es wird nochmals darauf hingewiesen, daß das Straferkenntnis von falschen Vermögensverhältnissen ausgehe und die Bw mit ihrem Ehemann, der über keinerlei Einkünfte verfügt, von ihrer Rente lebt und irgendwelches verwertbares Vermögen nicht vorhanden ist.

Im Hinblick auf das Schreiben des Vertreters der Bw vom 5.5.1999 teilte der Oö. Verwaltungssenat mit Schreiben vom 12.5.1999, VwSen-230713/8/Fra/Ka, dem Vertreter der Bw mit, daß, falls binnen zwei Wochen keine gegenteilige Äußerung erfolgt, davon ausgegangen wird, daß sich das Rechtsmittel nur gegen das Ausmaß der Strafe richtet. Eine gegenteilige Äußerung erfolgte bis zum Zeitpunkt dieser Entscheidung nicht.

Mit Schreiben vom 27.5.1999 wurde dem Oö. Verwaltungssenat eine Abschrift der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Passau vom 5.5.1997 sowie ein Protokoll des Amtsgerichtes Passau vom 1.7.1997 übermittelt. Laut Anklageschrift wird die Bw beschuldigt, in zehn Fällen einem anderen dabei Hilfe geleistet zu haben, entgegen § 58/I Nr.1o.Nr.2 AuslG in das Bundesgebiet einzureisen und sich entgegen § 3/I S.1 AuslG ohne Aufenthaltsgenehmigung im Bundesgebiet aufzuhalten, wobei sie dafür einen Vermögensvorteil erhielt und hierbei gewerbsmäßig handelte und durch eine weitere selbständige Handlung unmitttelbar dazu angesetzt zu haben, einem anderen dabei Hilfe zu leisten, entgegen § 58/I Nr.1 o. Nr.2 AuslG in das Bundesgebiet einzureisen und sich entgegen § 3 /I. S.1 AuslG ohne Aufenthaltsgenehmigung im Bundesgebiet aufzuhalten, wobei sie sich hiefür einen Vermögensvorteil versprechen ließ und gewerbsmäßig handelte, strafbar als gewerbsmäßiges Einschleusen von Ausländern in zehn Fällen in Tatmehrheit mit einem Fall des versuchten gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern.

Unter Punkt 11 der Anklageschrift werden die drei Personen angeführt, deren unrechtmäßige Ausreise im verfahrensgegenständlichen Fall ermöglicht werden sollte. Laut Protokoll des Amtsgerichtes Passau wurde über die Bw eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt. Diese Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt, wobei die Bewährungszeit drei Jahre beträgt. Weiters wurde der Bw zur Auflage gemacht, während des Laufes der Bewährungszeit jeden Wohnungswechsel dem Gericht unter Angabe der vorgenannten Geschäftsnummer unverzüglich anzuzeigen.

zu II. Der Oö. Verwaltungssenat hatte daher im Hinblick auf das Vorbringen der Bw und der vorgelegten Unterlagen zu prüfen, ob eine Herabsetzung der Strafe vertretbar ist. Die Kriterien für die Strafbemessung finden sich in § 19 VStG. Nach Absatz 1 ist Grundlage für die Strafbemessung stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

§ 80 Abs.2 Z2 FrG sieht einen Strafrahmen bis zu 200.000 S vor.

Im Hinblick auf die glaubhaft dargelegte soziale und wirtschaftliche Situation sowie im Hinblick auf das Urteil des Amtsgerichtes Passau sah sich der Oö. Verwaltungssenat zu entsprechenden Strafreduzierungen veranlaßt. Die Unbescholtenheit und das Tatsachengeständnis hatte bereits die Erstbehörde zutreffend als mildernd gewertet. Entgegen der Auffassung der Strafbehörde war jedoch die "Absichtlichkeit" der Begehungsform nicht als erschwerend zu werten, weil diese Schuldform bereits ein Tatbestandsmerkmal darstellt und diese Vorgehensweise gegen das Doppelverwertungsverbot verstößt. Die verhängten Strafen betragen nunmehr jeweils nur mehr ein halbes Prozent des gesetzlichen Strafrahmens und ist eine weitere Herabsetzung der Strafe schon aufgrund des beträchtlichen Unrechts- und Schuldgehaltes der Übertretungen nicht vertretbar. Die Strafen in dieser Höhe sind der Bw auch unter Berücksichtigung ihrer sozialen Situation (allenfalls im Wege von Ratenzahlungen) zumutbar. Durch die Verurteilung in Deutschland können auch spezialpräventive Überlegungen in den Hintergrund treten. Adäquat wurden auch die Ersatzfreiheitsstrafen herabgesetzt, wobei hier hinzuzufügen ist, daß es diesbezüglich keinen festen Umrechnungsschlüssel gibt und auch entgegen der Auffassung der Erstbehörde bei der Ersatzfreiheitsstrafe die Untergrenze von 12 Stunden unterschritten werden kann (siehe § 16 Abs.2 letzter Satz VStG).

Ergänzend wird festgestellt: Entgegen der Behauptung der Beschuldigten liegt gegenständlich kein Verstoß gegen den Grundsatz "ne bis in idem" vor. Artikel 4 des 7. Zusatzprotokolles zur Menschenrechtskonvention schließt eine Doppelbestrafung lediglich innerhalb desselben Staates aus. Ein Verbot der Doppelbestrafung in zwei verschiedenen Vertragsstaaten der EMRK läßt sich aus keiner Vorschrift der Konvention ableiten.

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

zu III. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

 

 

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