Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240027/8/Gf/Hm

Linz, 27.07.1992

VwSen - 240027/8/Gf/Hm Linz, am 27. Juli 1992 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Berufung des W, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 17. Dezember 1991, Zl. 101-6/1, nach der am 9. Juli 1992 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG und § 21 Abs. 1 VStG insoweit Folge gegeben, als von der Verhängung einer Straf abgesehen und stattdessen eine Ermahnung erteilt wird; im übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das ange- fochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Gemäß § 66 Abs. 1 VStG und § 45 Abs. 2 Satz 2 LMG entfällt sowohl die Verpflichtung zur Leistung von Kostenbeiträgen zum Strafverfahren vor der belangten Behörde und zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich als auch die Verpflichtung zum Ersatz der Kosten für die Untersuchung und Begutachtung durch die Bundesanstalt für Lebensmitte- lunrtersuchung in Linz.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 17. Dezember 1991, Zl. 101-6/1, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 500 S bzw. 300 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 20 Stunden) verhängt, weil er es als das zur Vertretung nach außen berufene Organ einer GmbH zu verantworten habe, daß am 24. Juli 1990 beim Eisverkaufsstand I Vanilleeis und Pistazieneis feilgehalten worden sei, das die in der Speiseeisverordnung festgesetzten Grenzwerte für ver- mehrungsfähige coliforme Keime und Enterokokken beträchtlich überschritten hätte; dadurch habe der Beschwerdeführer eine Über- tretung des § 74 Abs. 5 Z. 1 des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 78/1987 (im folgenden: LMG), i.V.m. § 9 Abs. 1 lit. c der Speiseeisverordnung, BGBl.Nr. 6/1973 (im folgenden: SpeiseeisVO), begangen, weshalb er zu bestrafen war.

1.2. Gegen dieses dem Beschwerdeführer am 14. Jänner 1992 zugestellte Straferkenntnis wendet sich die vorliegende, am 23. Jänner 1992 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Beschwerde.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Übertretung durch die Gutachten der Bundesanstalt für Lebenmit- teluntersuchung in Linz vom 19. September 1990, Zlen. UZ-4455/90 und 4456/90, als erwiesen anzusehen sei.

2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer vor, daß bei der Probenziehung das Glas und der Portionierer nicht abgeflammt gewesen, die Probe lediglich von der Oberfläche des Eisbehälters entnommen worden und diese in einer nicht zweckgemäßen Kühltasche zur Untersuchungsanstalt transportiert worden sei; außerdem führer die Untersuchungsanstalt die Begutachtung erfahrungsgemäß nicht sofort, sondern erst nach einiger Zeit durch. Durch alle diese Umstände könne nicht ausgeschlossen werden, daß die gezogene Probe verfälscht worden sei. Außerdem sei das Ver- fahren von der belangten Behörde derart lange hingezogen worden, daß eine Untersuchung der dem Beschwerdeführer bei der Probenziehung ausgehändigten Gegenprobe nicht mehr möglich gewesen sei.

Aus allen diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens bean- tragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Magistrates der Stadt Linz zu Zl. 101-6/1 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu der als Parteien der Beschwerdeführer sowie OAR T Vertreter der belangten Behörde und A, Beamter des Magistrates der Stadt Linz, als Zeuge erschienen sind.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungs- wesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Der Zeuge hat am 24. Juli 1990 um 12.45 Uhr beim Verkaufsstand des Beschwerdeführers in Gegenwart seiner Angestellten je eine Probe Vanilleeis und Pistazieneis gezogen. Die Probenziehung selbst erfolgte sachgerecht, d.h. mit einem zuvor abgeflammten Portionierer und unter Abgabe in ein von der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz zur Verfügung gestelltes, ver- siegeltes Probenglas, der Angestellten des Beschwerdeführers wurde auch jeweils eine Gegenprobe ausgehändigt. In der Folge wurden diese Proben in einer mit Kühlaggregaten versehenen Tasche zur Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz verbracht, wo sie um 13.10 Uhr desselben Tages einlangten. Sofort nach dem Einlangen wurden diese Proben untersucht und dabei u.a. festgestellt, daß die Vanilleeisprobe u.a. 780.000 aerobe Keime, 1.780 coliforme Keime und 2.100 Enterokokken (jeweils pro 1 Gramm) und die Pistazieneisprobe u.a. 5.300 Enterokokken pro 1 Gramm aufwies.

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus der glaubwürdigen Aussage des einvernommen Zeugen sowie aus den im Akt befindlichen Unterlagen und Gutachten; dem teilweise gegenteiligen Vorbringen des Beschwerdeführers, der bei der Probenziehung selbst nicht anwe- send war, sondern seine Vorhalte auf die Aussage seiner Ange- stellten stützte, konnte schon gemäß dem in § 51i VStG grundgelegten Unmittelbarkeitsprinzip nicht gefolgt werden; es wäre - worauf er in der Ladung zur mündlichen Verhandlung auch ausdrück- lich hingewiesen wurde - vielmehr an ihm gelegen, seine Ange- stellte als Zeugin zur mündlichen Verhandlung mitzubringen.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 74 Abs. 5 Z. 1 i.V.m. § 77 Abs. 1 Z. 18 und i.V.m. § 9 Abs. 1 lit. c SpeiseeisVO begeht derjenige eine Verwaltungs- übertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 25.000 S zu bestrafen, der Speiseeis nicht so herstellt, daß in je 1 g nicht mehr als 250.000 vermehrungsfähige Keime, 100 coliforme Keime, 1 Escherichia coli und 1.000 Enterokokken enthalten sind.

4.2. Bei den beim Verkaufsstand des Beschwerdeführers gezogenen Proben wurden diese Grenzwerte nach den Gutachten der Bundesan- stalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz vom 19. September 1990, Zlen. UZ 4455/90 und UZ 4456/90, insofern überschritten, als sich im Vanilleeis 780.000 vermehrungsfähige Keime, 1.780 coliforme Keime und 2.100 Enterokokken und im Pistazieneis 5.300 Enterokokken (jeweils pro Gramm) befanden. Die Tatbestandsmäßig- keit der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsüber- tretung ist damit offensichtlich, zumal seinen Einwänden inso- fern keine Berechtigung zukommt, als entgegen seinen Behauptun- gen der zur Probenziehung verwendete Portionierer abgeflammt war, ein versiegeltes Glas und eine zweckmäßige Kühltasche zum Transport verwendet wurden und die Untersuchung bereits eine halbe Stunde nach der Probenziehung verwendet wurde.

In der mündlichen Verhandlung hat der Beschwerdeführer jedoch überzeugend dargetan, daß er an sich die bestmöglichste Vorsorge dafür getroffen hat, daß nur den gesetzlichen Vorschriften ent- sprechendes Eis zum Verkauf gelangen kann; die Überschreitung der Grenzwerte scheint in erster Linie tatsächlich auf die äuße- ren Umstände (Straßenstaub, unsachgemäßes Hantieren der Ange- stellten) zurückzuführen sein. Ihm kann daher nur leichte Fahr- lässigkeit zum Vorwurf gemacht werden.

4.3. Gemäß § 21 Abs. 1 VStG hat die Behörde von der Verhängung einer Strafe abzusehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind; sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Daß das Verschulden des Beschwerdeführers im vorliegenden Fall geringfügig war, wurde bereits dargetan. Daß die Tat irgenwelche Folgen nach sich gezogen hätte, ist im Verfahren vor dem unabhän- gigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nicht hervorgekommen.

4.4. Aus allen diesen Gründen war der vorliegenden Beschwerde daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG und § 21 Abs. 1 VStG insoweit stattzugeben, als von der Verhängung einer Strafe abzusehen und stattdessen - um den Beschwerdeführer von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten - eine Ermahnung zu erteilen war; im übrigen war diese hingegen abzuweisen und der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses zu bestätigen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfah- rens vor der belangten Behörde noch zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorzuschreiben. Gemäß § 45 Abs. 2 zweiter Satz LMG war überdies die Vorschreibung des Ersatzes der Untersuchungskosten aufzuhe- ben, da eine bescheidmäßige Ermahnung kein Straferkenntnis i.S.d. zitierten Gesetzesstelle darstellt.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 51d VStG) binnen sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Grof 6

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