Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240468/2/BMa/Be

Linz, 12.12.2003

 

 

 VwSen-240468/2/BMa/Be Linz, am 12. Dezember 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bergmayr-Mann über die Berufung der Mag. I M, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Grieskirchen vom 04. September 2003, SanRB96-21-2003, wegen Verstoßes gegen das Psychotherapiegesetz zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unzulässig abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

Die Berufungswerberin hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 36 Euro (d.s. 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - AVG, iVm §§ 24, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz, BGBl.Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl I Nr. 117/2002 - VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 
 

Entscheidungsgründe:
 

  1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Grieskirchen vom 04. September 2003, SanRB96-21-2003, wurde über die Rechtsmittelwerberin (im Folgenden: Bw) gem. § 23 Psychotherapiegesetz, BGBl. Nr. 361/1990 idF. BGBl. I Nr. 98/2001 eine Geldstrafe von 180 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 75 Stunden, verhängt, weil sie, obwohl sie nicht die materiell rechtlichen Voraussetzungen erfüllt habe, in der Zeit vom 14. Jänner 2002 bis 27. März 2003 die Berufsbezeichnung "Psychotherapeutin" bzw. "Psychotherapeutin (i.A.u.S.)" geführt habe und in diversen öffentlich zugänglichen Ankündigungen als Psychotherapeutin (i.A.u.S.) aufgetreten sei und auch durch das Führen der Praxisbezeichnung "Praxis für klin. psychologische Beratung und Psychotherapie" eine Bezeichnung geführt habe, die geeignet sei, die Berechtigung zur selbständigen Ausübung der Psychotherapie vorzutäuschen, obwohl das Führen der Berufsbezeichnung "Psychotherapeutin" in Zusammenhang mit der Ausübung des Berufes Personen vorbehalten sei, die zur selbständigen Ausübung der Psychotherapie berechtigt seien, und es untersagt sei, eine Bezeichnung zu führen, die geeignet sei, die Berechtigung zur selbständigen Ausübung der Psychotherapie vorzutäuschen. Sie habe dadurch die Bestimmung des § 13 Abs. 1, 2 und 3 Psychotherapiegesetz 1990 idgF. übertreten.
  2.  

    1. Begründend wird dazu im Wesentlichen ausgeführt, der im Spruch angeführte Sachverhalt sei durch die Angaben in der Anzeige des Bundesministeriums für Soziale Sicherheit und Generationen, durch Nachforschungen der Bediensteten des Stadtamtes Peuerbach und des Gendarmeriepostens Peuerbach sowie durch die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen.
    2.  

      Die Bw würde die Voraussetzungen für die selbständige Ausübung der Psychotherapie gem. § 11 leg.cit. zumindest in Bezug auf Abs. 5 nicht erfüllen, da sie im Tatzeitraum nicht in die Psychotherapieliste eingetragen gewesen sei.

      Sie habe angegeben, sie sei der Meinung gewesen, dass in den von der Druckerei H erstellten Geschäftspapieren die Berufsbezeichnung "Psychotherapeutin (i.A.u.S.)" aufgedruckt worden sei. Diese fälschliche Berufsbezeichnung sei auf diversen Schriftstücken mehr als ein Jahr geführt worden und es erscheine nach der allgemeinen Lebenserfahrung unglaubwürdig, dass dieser Fehler ihr oder ihren Mitarbeitern nicht früher aufgefallen sei. Dieser Fehler hätte Ihr jedenfalls bei gehöriger Sorgfalt auffallen müssen und sie hätte somit die Berufsbezeichnung "Psychotherapeutin" 1 1/4 Jahre geführt, ohne die dafür erforderliche Berechtigung besessen zu haben. So hätte sie selbst ihre Wirkungsstätte als "Praxis für klin. psychologische Beratung und Psychotherapie" bezeichnet und diese Bezeichnung auch auf Folder, Visitenkarten und Briefpapier geführt. Die Bezeichnung "Psychotherapeutin (i.A.u.S.)" werde in Publikationen vom 14. Jänner 2002 bis 27. März 2003 geführt und auch in den Geschäftspapieren, jedenfalls ab dem Zeitpunkt, zu dem sie diese auf die vermeintlich richtige Bezeichnung umgestellt habe. Die Bezeichnung "Praxis für klin. psychologische Beratung und Psychotherapie" und "Psychotherapeutin (i.A.u.S.)" sei geeignet, die Berechtigung zur selbständigen Ausübung der Psychotherapie vorzutäuschen, und daher untersagt.

      Bei der vorgeworfenen Übertretung handle es sich um ein Ungehorsamsdelikt und ihr sei jedenfalls Fahrlässigkeit zuzurechnen.

      Die verhängte Geldstrafe von 5 % der Höchststrafe sei aus spezialpräventiven Gründen angemessen.

      Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse hätten mangels ihrer Mitwirkung geschätzt werden müssen.

       

    3. Gegen das Straferkenntnis vom 4. September 2003 (zugestellt am 15. September 2003) richtet sich die vorliegende, am 19. September 2003 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

 

Darin bringt die Berufungswerberin im Wesentlichen vor, es sei zutreffend, dass der objektive Tatbestand durch die Beschuldigte erfüllt worden sei. Falsch sei jedoch, dass die Beschuldigte ein Verschulden zu vertreten habe. Sie habe die Vordrucke zu den Honorarnoten bei der Firma H in Auftrag gegeben, sämtliche dieser Firma zur Verfügung gestellten Muster hätten alle die Abkürzung "i.A.u.S." beinhaltet. Aus eigenem Verschulden von Seiten der Firma H sei dieser Vermerk jedoch nicht in die Honorarnoten aufgenommen worden. Dieser Fehler sei auch von der Firma H bestätigt worden.

 

Bei der vorerwähnten Abkürzung handle es sich um einen äußerst kleinen Abdruck, dessen Fehlen nicht unbedingt auffallen habe müssen. Dies erkläre auch, warum die fehlende Bezeichnung von der Berufungswerberin nicht wahrgenommen worden sei. Der Beschuldigten könne kein Verschulden nachgewiesen werden.

Selbst wenn die Erstbehörde davon ausgehe, dass zumindest Fahrlässigkeit vorliege, so werde dies ausdrücklich bestritten. Darüber hinaus wäre das Verwaltungsstrafverfahren auch deshalb einzustellen, da es sich in der gegenständlichen Angelegenheit nur um ein Vorsatzdelikt handle.

Die Berufungswerberin habe sämtliche Patienten darauf hingewiesen, dass eine Rückerstattung bei der Krankenkassa ausgeschlossen sei, sämtliche Honorarnoten seien privat bezahlt worden.

 

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und in eventu die Herabsetzung der im Straferkenntnis ausgesprochenen Geldstrafe beantragt.

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen zu Zl. SanRB96-21-2003; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte gemäß § 67 d AVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden, und da weder eine primäre Freiheitsstrafe, noch eine 2000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

  1. In der Sache selbst hat der OÖ. Verwaltungssenat erwogen:
  2.  

    1. Gemäß § 23 des Bundesgesetzes vom 7. Juni 1990 über die Ausübung der Psychotherapie (Psychotherapiegesetz), BGBl.Nr. 361/1990 idF. BGBl. I. Nr. 98/2001, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen, wer die in diesem Bundesgesetz geschützte Berufsbezeichnung unter anderem entgegen den Bestimmungen des § 13 unbefugt führt oder den Bestimmungen des § 13 Abs.3 zuwider handelt.

     

    § 13 Psychotherapiegesetz regelt die Voraussetzungen zur Führung der Berufsbezeichnung.

     

    Gemäß § 13 Abs.1 hat wer zur selbstständigen Ausübung der Psychotherapie berechtigt ist, im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes die Berufsbezeichnung "Psychotherapeut" oder "Psychotherapeutin" zu führen und kann als Zusatzbezeichnung einen Hinweis auf die jeweilige methodische Ausrichtung jener psychotherapeutischen Ausbildungseinrichtung, bei der die Psychotherapie-ausbildung absolviert worden ist, anfügen. Sofern mehrere Psychotherapie-ausbildungen absolviert worden sind, können entsprechende Hinweise als Zusatzbezeichnungen angeführt werden.

     

    Gemäß Abs.2 ist die Führung der Berufsbezeichnung "Psychotherapeut" oder "Psychotherapeutin" samt Zusatzbezeichnung im Zusammenhang mit der Ausübung ihres Berufes den im Abs.1 genannten Personen vorbehalten.

    Gemäß Abs.3 ist jede Bezeichnung, die geeignet ist, die Berechtigung zur selbstständigen Ausübung der Psychotherapie vorzutäuschen, untersagt.

     

    3.2. Die Berufungswerberin bestreitet auch gar nicht die Erfüllung des objektiven Tatbestandes. Dieser ist somit außer Streit gestellt.

     

    3.3. Das Verschulden der Bw ist gemäß § 5 VStG zu beurteilen, da der Verstoß ein Vergehen gegen Verwaltungsvorschriften darstellt.

    Gemäß § 5 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

     

    3.4. Auf der Internetseite www.Gemeindeausstellung.at/www.Stadtausstellung.at Peuerbach wird oberhalb der Ordinationszeiten neben dem Namen Mag. Ingeborg Luise Meister die Bezeichnung "Praxis für klinische-, psychologische Beratung und Psychotherapie" angeführt. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist diese Bezeichnung geeignet, die Berechtigung zur selbstständigen Ausübung der Psychotherapie vorzutäuschen, denn eine Praxis vermittelt ebenso wie z.B. der Begriff Ordination oder Sprechstunde eine Nahebeziehung zu Heilberufen und diese wird üblicherweise nur von berechtigten Personen, die die fachlichen Voraussetzungen erfüllen, ausgeübt. Dass die Berufungswerberin die Bezeichnung "Praxis für Psychotherapie" nicht irrtümlich in ihre Vorstellungsseiten im Internet aufgenommen hat, sondern es ihr vielmehr gerade darauf angekommen ist, eine Berechtigung zur selbstständigen Ausübung der Psychotherapie vorzutäuschen, um einen entsprechenden Klientenkreis anzusprechen, ergibt sich auch aus dem Text unter der Rubrik "Psychotherapie sieht in jeder Krise eine Chance" den "Grundinformationen für Klienten/Innen" und den "Allgemeinen Informationen zur Psychotherapie".

    Sie hat daher die subjektive Tatseite des § 13 Abs.3 erfüllt.

     

    3.5. Das Führen der Bezeichnung "Psychotherapeutin (i.A.u.S.)" ist der Berufungswerberin jedenfalls im Sinne einer Fahrlässigkeit subjektiv vorwerfbar, da es jedem angehenden Psychotherapeuten und jeder angehenden Psychotherapeutin zumutbar ist, sich über die einschlägigen Bestimmungen des Berufes zu informieren, und eine allfällige Unkenntnis dieser einschlägigen Bestimmungen vorwerfbar ist. Durch das Führen der Bezeichnung "Psychotherapeutin (i.A.u.S.)" hat sie somit auch die subjektive Tatseite des § 13 Abs.2 iVm. Abs.1 erfüllt.

     

     

  3. Bei der Strafbemessung war ausgehend von einem Strafrahmen bis zu 3.600 Euro Folgendes zu erwägen:
  4.  

    1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
    2.  

      Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

       

      Der Strafrahmen des § 23 Psychotherapiegesetz ist bis zu 3600 Euro.

       

    3. Die belangte Behörde ist bei der Festsetzung der Strafhöhe von einem geschätzten monatlichen Nettoeinkommen von 800 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen. Mildernd ist zu berücksichtigen, dass keine einschlägigen Verwaltungsvormerkungen aufscheinen.

    Der Schutzzweck der übertretenen Norm ist einerseits darin zu sehen, dass für einen Außenstehenden erkennbar sein muss, wer zur Ausübung der Psychotherapie berechtigt ist und somit über eine ausreichende berufliche Qualifikation in diesem Bereich verfügt, andererseits in der Gewährleistung eines durch Ausbildung vorgegebenen Qualitätsstandards im Bereich der Psychotherapie.

    Das Führen der Bezeichnungen "Praxis für klin. psychologische Beratung und Psychotherapie" und "Psychotherapeutin (i.A.u.S.)" ist geeignet, einen - nicht vorhandenen - Qualitätsstandard vorzuspiegeln und wiederspricht somit massiv dem Schutzzweck der Norm.

    Obwohl auf den Umstand, dass keine einschlägigen Verwaltungsvormerkungen aufscheinen, im erstinstanzlichen Straferkenntnis nicht Rücksicht genommen wurde, war die Strafe dennoch nicht herabzusetzen, da der Grad des Verschuldens (zumindest) bei der Internetpräsentation ihrer Praxis als Vorsatz gesehen werden muss. (siehe oben Pkt. 3.4.)

     

  5. Die gegenständliche Berufung war daher gemäß § 24 VStG iVm. § 66 Abs.4 AVG als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.
  6.  

  7. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Bw nach § 64 Abs.1 und 2 VStG zusätzlich zum Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Betrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 20 % der verhängten Strafe, ds. 36 Euro, vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Bergmayr-Mann

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