Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251340/20/Kü/Hu

Linz, 29.06.2006

 

 

 

VwSen-251340/20/Kü/Hu Linz, am 29. Juni 2006

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung von Frau E Rr, W, L, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. J M, V, S, vom 20. Oktober 2005 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 21. September 2005, GZ. 0039310/2005, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 23. Juni 2006, zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2. Die Berufungswerberin hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 21. September 2005, GZ: 0039310/2005, wurde über die Berufungswerberin (im Folgenden Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz eine Geldstrafe von 1.500 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 101 Stunden verhängt, weil sie es als Privatperson zu verantworten hat, dass von ihr im Club N O, B, B, die bulgarische Staatsbürgerin V L A, geb. ..., als Animierdame am 14.4.2005 ohne entsprechende arbeitsmarktrechtliche Bewilligungen beschäftigt wurde.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass sich für die Behörde der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Beweisverfahrens als erwiesen ergebe. Ein Schuldentlastungsbeweis sei der Bw nicht gelungen, da sie sich nicht geäußert habe.

 

Zur Strafhöhe wurde festgehalten, dass als strafmildernd und straferschwerend keine Umstände zu werten gewesen seien, bei der Berücksichtigung der Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse die Behörde von einer realistischen Schätzung des monatlichen Nettoeinkommens ausgegangen sei.

 

2. Dagegen wurde rechtzeitig vom Vertreter der Bw Berufung erhoben und das Straferkenntnis wegen Rechtswidrigkeit infolge von Verfahrensfehlern und inhaltlicher Rechtswidrigkeit zur Gänze angefochten. Aus der Formulierung der Erstinstanz, die Bw sei zum einen als Privatperson und zum anderen verantwortlich für die Beschäftigung von Frau A gewesen, ergebe sich ein gedanklicher Widerspruch, da die Bw zum einen entweder Privatperson an der Örtlichkeit B, B, sei, andernfalls müsste sie im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit fungieren, in der es ihr möglich sein müsste, Arbeitsverhältnisse überhaupt zu begründen bzw. andererseits müsste es hier einen Arbeitnehmer geben, der ihren Betrieb und sohin einem von ihr zu verantwortenden Beschäftigungsverhältnis zuzuordnen wäre.

 

Nichts davon liege im gegenständlichen Verfahren vor. Die Bw betreibe weder am Club N O in B ein Gewerbe, noch sei sie dort Arbeitgeberin einer angeblichen Animierdame V L A. Mit der Örtlichkeit in B, B, habe sie nicht mehr oder weniger zu tun, als sie dort selbst der Prostitution nachgehe. Sie sei weder Betreiberin dieses Clubs, noch habe sie sonst irgend etwas mit dem organisatorischen und verwaltungsmäßigen Ablauf dieses Clubs zu tun.

 

In seiner Begründung führe das angefochtene Straferkenntnis lediglich aus, dass von einem Organ des Zollamtes Wels bei einer Kontrolle am 14.4.2005 festgestellt worden sei, dass die im Spruch angeführte Ausländerin ohne entsprechende arbeitsmarktrechtliche Bewilligungen als Animierdame beschäftigt worden sei. In wie fern und überhaupt die Bw in diesem Zusammenhang als Arbeitgeber aufscheinen solle, würde in der Begründung mit keinem Wort erwähnt. Eine zugestellte Aufforderung zur Rechtfertigung mit Datum 12.7.2005 sei ihr nicht bekannt und habe sie eine derartige auch nicht erhalten. Diesbezüglich wäre interessant zu wissen, wohin diese Aufforderung zur Rechtfertigung vom 12.7.2005 zugestellt worden sei.

 

Da sie mit dem Betrieb des Clubs N O in B nicht das Geringste zu tun habe, erübrige sich jedenfalls auch ein Eingehen auf die Schuldfrage, wonach ihr im vorliegenden Fall ein Ungehorsamsdelikt vorgeworfen werde.

 

Wie die Behörde zu ihren entscheidungswesentlichen Erkenntnissen gelange, sei dem bekämpften Straferkenntnis keineswegs zu entnehmen und entsprechende das angefochtene Erkenntnis demzufolge keineswegs den notwendigen und essentiellen Begründungsverpflichtungen im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens. Jedenfalls sei im vorliegenden Fall von einer vorgreifenden und einseitigen Beweiswürdigung auszugehen.

 

Geradezu utopisch sei es, wenn die erkennende Behörde von einer realistischen Schätzung ausgehe und demnach ein monatliches Nettoeinkommen in der Höhe von 3.000 Euro einschätze. Die Bw bringe höchstens monatlich durchschnittlich einen Betrag in Höhe von 1.200 Euro ins Verdienen.

 

3. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung samt den bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt.

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 23. Juni 2006. In der mündlichen Verhandlung wurde das Zollorgan, von dem die Kontrolle durchgeführt wurde, als Zeuge einvernommen.

 

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht fest, dass die Bw im Club N O in B, B, als selbstständige Prostituierte gearbeitet hat. Betreiberin des Clubs ist Frau D R, welche auch über die Gewerbeberechtigung mit dem Gewerbewortlaut "Gastgewerbe gemäß § 111 Abs.1 Z2 GewO 1994, eingeschränkt auf die Verabreichung von kleinen Imbissen und den Ausschank von Getränken in der Betriebsart Bar" verfügt. Als Standort dieser Gewerbeberechtigung ist B, B, festgelegt. Im Club N O werden von den anwesenden Damen im Namen und auf Rechnung der Betreiberin Getränke verkauft. Eine Beteiligung der Damen an den verkauften Getränken ist nicht gegeben. Von den Damen wird auch Sorge getragen, dass auf Rechnung der Betreiberin Getränke für den Verkauf im Club besorgt werden.

 

Am 14.4.2005 wurde der Club N O von der Fremdenpolizei kontrolliert. Bei dieser Kontrolle wurde festgestellt, dass die bulgarische Staatsangehörige V L A im Club als Animierdame tätig ist. Arbeitsmarktrechtliche Papiere konnte die Ausländerin für ihre Tätigkeit nicht vorweisen. Während der Kontrolle wurden keine Erhebungen darüber durchgeführt, wer Betreiber des Clubs ist. Die Bw wurde aufgrund der Tatsache, dass sie die Aufzeichnungsliste über die verkauften Getränke führt, als Arbeitgeberin der Ausländerin angenommen.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Auszug aus dem Gewerberegister, aus dem sich ergibt, dass nicht die Bw Betreiberin des Clubs N O ist. Insofern bestätigt dies die Angaben der Bw. Weiters ist festzustellen, dass vom einvernommenen Zeugen angegeben wurde, dass nur aufgrund der Tatsache, dass die Getränkeliste von der Bw geführt wurde, angenommen wurde, dass sie als Arbeitgeberin fungiert. Über Befragen gab der Zeuge allerdings auch zu verstehen, dass es seiner Einschätzung nach auch so gewesen sein kann, dass von der Bw diese Liste lediglich für die Betreiberin des Clubs geführt wird. Insofern ist davon auszugehen, dass kein Beweis dafür erbracht werden konnte, dass die Bw die Funktion der Arbeitgeberin für die betretene Ausländerin inne hat. Die Bw konnte auch glaubwürdig darstellen, dass sie am Verkauf der Getränke im Lokal nicht beteiligt ist, daher aus diesem Getränkeverkauf keinen wirtschaftlichen Vorteil zieht. Die Bw agiert im Club N O wie andere Damen auch als selbstständige Prostituierte und ist jedenfalls nicht als Betreiberin des Clubs anzusehen.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

  1. in einem Arbeitsverhältnis,
  2. in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht aufgrund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird,
  3. in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs.5 leg.cit.
  4. nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder
  5. überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl.Nr. 196/1988.

 

Gemäß § 2 Abs.4 erster Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

Das AuslBG ist durch spezifische Rechtsbegriffe gekennzeichnet, die über den Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbegriff des Arbeitsvertragsrechtes hinausgehen. Zweck dieser in § 2 AuslBG definierten Begriffe ist es, Gesetzesumgehungen zu verhindern, die dadurch bewirkt werden könnten, dass die Vertragspartien auf Rechtsbeziehungen ausweichen, die nicht dem typischen Arbeitsvertrag entsprechen. Es kommt daher für die Anwendbarkeit des AuslBG nicht auf die formellen Rechtsbeziehungen, sondern darauf an, dass der betreffende Sachverhalt faktisch einen der Tatbestände in § 2 Abs.2 bis 4 AuslBG erfüllt.

 

Der Begriffe des Arbeitsverhältnisses iSd § 2 Abs.2 lit.a AuslBG ist dabei mit dem des Arbeitsverhältnisses iSd Arbeitsvertragsrechtes ident. Dieses ist gekennzeichnet durch persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit des Beschäftigten von einem Arbeitgeber mittels Weisungsgebundenheit. Nach neuerer Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes genügt hiefür auch eine bloß "funktionelle Autorität" des Arbeitgebers. Es reicht aus, dass der Arbeitnehmer irgendwie in einem von seinem Willen unabhängigen Arbeitsablauf eingegliedert ist und der Arbeitgeber potenziell die Möglichkeit hat, die Arbeit durch Weisungen zu organisieren.

 

Von einem Arbeitsverhältnis iSd § 2 Abs.2 AuslBG kann demnach in der Regel dann gesprochen werden, wenn z.B.

 

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht für den Unabhängigen Verwaltungssenat fest, dass die Bw weder Betreiberin des Clubs N O in B ist noch auf eigene Rechnung der Bw Getränke im Lokal verkauft worden sind. Die Bw war am 14.4.2005 im Club als selbständige Prostituierte tätig und hat lediglich eine Liste über die an Kunden auf Rechnung der Betreiberin verkauften Getränke geführt. Es ist daher davon auszugehen, dass die im Zuge der Kontrolle aufgegriffene bulgarische Staatsangehörige weder in einer persönlichen noch einer wirtschaftlichen Abhängigkeit zur Bw gestanden ist, weshalb eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs.2 AuslBG nicht erfolgt ist. Aus diesem Grund war daher das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

 

6. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Kühberger

 

 

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