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des Landes Oberösterreich
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VwSen-260014/10/Gu/Hm

Linz, 25.06.1992

VwSen - 260014/10/Gu/Hm Linz, am 25. Juni 1992 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine erste Kammer unter dem Vorsitz des Mag. Michael Gallnbrunner und durch Dr. Hans Guschlbauer als Berichterstatter sowie Mag. Karin Bissenberger als Beisitzerin über die Berufung des A gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 2. Dezember 1991, Wa96/216/1990/G, zweites Faktum, wegen Übertretung des Oö. Natur- und Landschaftschutzgesetzes 1982 nach der am 16. Juni 1992 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis bezüglich des Faktums 2 behoben und hiezu das Strafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG i.V.m. § 24 VStG, § 45 Abs.1 Z.1. zweite Alternative VStG, § 51 VStG; § 6 Abs.1 lit.b und Abs.2 i.Z.m. § 37 Abs.3 Z.2 O.ö.NschG 1982.

II. Es entfallen die Verpflichtungen zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis bezüglich des Faktums 2 den Rechtsmittelwerber schuldig erkannt, in der Zeit vom 15. Oktober 1990 bis 18. Oktober 1990 in Ü auf dem Grundstück , KG Ü, linksufrig des M, abwärts der bestehenden Teichanlage durch Aufschüttung von Aushubmaterial in einem Graben zwei Teiche in Größe von 6m x 22m und ca. 6m x 20m errichtet zu haben, obwohl bis zum 19. Oktober 1990 nicht mit Bescheid festgestellt worden war, daß durch diesen Eingriff im Bereich von weniger als 50m von einem Bach entfernt, öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden. Wegen Verletzung des § 6 Abs.1 lit.b und Abs.2 i.V.m. § 37 Abs.3 Z.2 O.ö.NschG 1982 wurde über den Beschuldigten eine Geldstrafe von 12.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwölf Tagen verhängt und ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 1.200 S zur Zahlung vorgeschrieben.

In der dagegen eingebrachten, im Ergebnis rechtzeitigen Berufung macht der Beschuldigte geltend, daß er bloß den Teich gereinigt habe und ein Biotop daraus entwickelt habe. Er sei sich keiner negativen Beeinflussung des Landschaftsbildes bewußt, die vorgenommene Änderung habe zur Belebung und Verschönerung der Natur beigetragen.

Aus dem gesamten Berufungsvorbringen leuchtet der Antrag hervor, nicht bestraft zu werden. Über die Berufung wurde am 16. Juni 1992 die öffentliche mündliche Verhandlung in Gegenwart des Beschuldigten durchgeführt und hiebei Beweis erhoben durch dessen Vernehmung, sowie durch Abhaltung eines Lokalaugenscheines unter Zuziehung einer naturschutztechnischen Amtsachverständigen.

Aufgrund dieser Beweismittel ist folgender Sachverhalt erwiesen:

Der Rechtsmittelwerber hat das Grundstück Nr. KG Ü im Jahre 1973 erworben. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich linksufrig entlang dem M mehrere kleine Geländemulden, in denen sich nach Niederschlägen Wasser sammelte. Zeitweise trockneten diese Mulden infolge Verdunstung und Versickerung aus. Vor acht bis zehn Jahren wurden unter der Verantwortung des Beschuldigten diese Erscheinungen einer landwirtschaftlichen Nutzung zugeführt, indem die Mulden mittels Spaten nachgestochen und als Grundlage für die Aufzucht und Haltung von Gänsen eingerichtet wurden. Bereits seinerzeit wurde zur Erzielung einer ständigen Wasserführung eine im nahegelegenen Objekt "S" befindliche Quelle im Wege über eine hölzerne Wasserleitung nutzbar gemacht und ein Verteilungsschacht angespeist, um die einzelnen Teiche dosiert mit Wasser zu versorgen. In der 42. Woche des Jahres 1990, nämlich zwischen 15. und 18. Oktober, ließ nun der Beschuldigte anläßlich anderweitiger Erdarbeiten von einem befugten Unternehmen bachabwärts betrachtet den letzten der vier Teiche, dessen Wasserstand zuvor geschwunden war, insoferne ändern, als er das westseitige Ufer dieses Teiches zum Gelände hin abschürfen und das hiebei gewonnene Material größtenteils in der Teichmitte anordnen ließ, wodurch die Wasserfläche des letzterwähnten vierten Teiches zweigeteilt wurde und das so entstandene vorletzte Becken wieder annähernd dieselbe Wasserführung wie seinerzeit erlangte.

Diese letzterwähnte Unterteilung nahm die belangte Behörde zum Anlaß, um den Berufungswerber wegen konsenslosen Eingriffes in eine Bachuferschutzzone nach dem Oberösterreichischen Natur- und Landschaftschutzgesetz 1982 zu bestrafen. Die vorangegangenen Schritte bilden keinen Gegenstand der Erörterung. Durch den Lokalaugenschein ist ferner erwiesen, daß der Wasserstand in den Teichen gegenüber dem in nächster Nähe vorbeifließenden M um einen Meter bis eineinhalb Meter höher liegt als das Fließwasser, auch der Grundwasserstand mit dem Teichniveau nicht korrespondiert, sondern die Anlage aus der beschriebenen Quelle versorgt wird, wobei das Wasserhaltevermögen des nunmehr letzten, bachabwärts gelegenen Beckens offensichtlich vermindert ist. Die vom Spruch berührten beiden Becken wiesen bezüglich der Wasserbeschaffenheit und der Umgebung Spuren der Benützung durch Gänse auf. Gemessen an dem beim Erwerb durch den Beschuldigten ungestörten Landschaftsbild, bildete der seinerzeitige Nachstich der mit schwankender Wasserfüllung versehenen Tümpel die Einführung von künstlichen Elementen in eine weitgehende naturbelassene Landschaft, insbesonders weil die Ufer steil ausgestaltet wurden. Diese negative Erscheinung tritt allerdings nur dann auf, wenn der Betrachter unmittelbar vor der Teichanlage steht.

Der Blick von der längsseitig am Grundstück des Berufungswerbers vorbeiführenden unbenannten Gemeindestraße eröffnet Fußgängern bei der vorgefundenen Vegetationslage keine Sicht auf die Teichfolge und läßt insbesondere keine Unterscheidung der Situation der bereits seinerzeit der Natur nicht angepaßten, durch die vorgeworfene Baggerung veränderte, Teichanlage zu. Gleiches gilt von einem Standpunkt nächst dem sogenannten "S" aus, der zugleich den höchsten Punkt eines vorbeiführenden uferbegleitenden Weges bildet.

Zu dieser Sachlage hat der O.ö.Verwaltungssenat rechtlich erwogen:

Zur Tatbildmäßigkeit der Strafnorm des § 37 Abs.3 Z.2 O.ö.NSchG 1982 gehört es, daß im Schutzbereich "übriger Gewässer" - um ein solches handelt es sich beim M im Sinne der Verordnung der o.ö. Landesregierung vom 20. Dezember 1982, LGBl.Nr.107, und der dieser zugehörigen Anlage 1 Punkt 2. - ohne bescheidmäßige Feststellung der Naturschutzbehörde ein Eingriff in das Landschafts nextbild (vgl. § 6 Abs.2 O.ö.NschG 1982) vorgenommen wird, ohne daß es sich hiebei um einen Bereich einer geschlossenen Ortschaft oder um ein Gebiet, für das ein rechtswirksamer Bebauungsplan vorhanden ist oder um die zeitgemäße land- und forstwirtschaftliche Nutzung von Grund und Boden handelt, es sei denn, es griffen die Sonderbestimmungen über Naturdenkmale, Naturschutzgebiete bzw. des besonderen Schutzes von Pflanzen und Tierarten. Der Tatort liegt nicht in einer geschlossenen Ortschaft, ein Bebauungsplan ist nicht gegeben, Naturschutzsonderbestimmungen der erwähnten Art greifen nicht.

Gemessen am Begriff "Eingriff in das Landschaftsbild" hat sich die Tatbildmäßigkeit des vorgeworfenen Verhaltens nicht erweisen lassen.

Maßzunehmen war nämlich an einem "Bild" einer bereits geänderten Naturlandschaft. Der Gesetzgeber setzt beim Tatbild als notwendig voraus, daß ein Betrachter die Bildveränderung auch wahrnehmen kann.

Ausgehend von dem bereits seinerzeit durch künstliche und negativ besetzte Änderungen geprägten Bild hat das Beweisverfahren ergeben, daß die Wahrnehmbarkeit der jüngsten Veränderung für Betrachter, die sich nicht im unmittelbaren Veränderungsbereich aufhalten, nicht feststellbar ist. Da der Eingriff nicht bestätigt gefunden wurde, war es entbehrlich darauf einzugehen, ob es sich beim Korrektiv des bachabwärts gelegenen untersten Gänseteiches um eine Maßnahme der zeitgemäßen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung von Grund und Boden gehandelt hat.

Im Ergebnis konnte daher der Berufung ein Erfolg nicht versagt werden und war spruchgemäß zu entscheiden.

Dies hatte auf der Kostenseite die Auswirkung, daß der Rechtsmittelwerber weder Beiträge für das erstinstanzliche Verfahren noch für das Berufungsverfahren zu entrichten hat (vgl. § 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Erkenntnis ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner 6

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