Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260103/3/Wei/Bk

Linz, 22.02.1995

VwSen-260103/3/Wei/Bk Linz, am 22. Februar 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine dritte Kammer (Vorsitzender Dr. Fragner, Berichter Dr. Weiß, Beisitzerin Mag. Bissenberger) über die Berufung des J K, Geschäftsführer, vom 27. Jänner 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 13. Jänner 1994, Zl. Wa-96/14/1993-We, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 137 Abs 4 lit i) Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 (BGBl Nr. 215/1959 idF BGBl Nr.

252/1990) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Z 1 und 3 VStG eingestellt.

II. Die Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991, § 66 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis vom 13.

Jänner 1994 hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie sind als handelsrechtlicher Geschäftsführer und sohin als im Sinne des § 9 Verwaltungsstrafgesetz 1991 zur Vertretung nach außen Berufener der J K Ges.m.b.H. dem ihr mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 22.1.1991, Wa-301479/7-1990/Fo/Kes, gemäß § 138 Abs. 1 Wasserrechtsgesetz 1959 erteilten Auftrag zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes, nämlich bis 31. März 1991 die Beseitigung der im Bereich des Kfz- und Tankstellenbetriebes in H anfallenden verunreinigten Oberflächenwässer (Niederschlags- und Manipulationswässer), welche wasserrechtlich nicht bewilligt entsorgt werden, einzustellen, bisher nicht nachgekommen." Dadurch erachtete die Strafbehörde § 137 Abs 4 lit i) WRG 1959 als verletzte Rechtsvorschrift und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe von S 15.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz wurde ein Betrag von S 1.500,-- vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 17. Jänner 1994 zugestellt worden ist, richtet sich die als Einspruch fehlbezeichnete Berufung vom 27. Jänner 1994, die am 28. Jänner 1994 - und damit rechtzeitig - zur Post gegeben wurde und am 31. Jänner 1994 bei der belangten Strafbehörde einlangte.

2.1. Dem angefochtenen Straferkenntnis lag folgender S a c h v e r h a l t zugrunde:

Mit Feststellungsbescheid gemäß § 27 WRG 1959 des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 28. Juni 1972, Zl.

Wa-366/4-1972/Sch, wurde das den Rechtsvorgängern mit Bescheid vom 10. November 1965, Zl. Wa-144/6-1965, verliehene Wasserrecht zur Beseitigung der Abwässer und Niederschlagswässer der Kfz-Werkstätte mit Tankstelle auf den Grundstücken und der KG H wegen Nichteinhaltung der Bauvollendungsfrist und der Anschlußmöglichkeit an die Ortskanalisation H für erloschen erklärt.

Mit Bescheid gemäß § 138 Abs 1 WRG 1959 des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 22. Jänner 1991, Zl.

Wa-301479/7-1990/Fo/Kes, wurde der J K Gesellschaft m.b.H., Kfz-Reparaturwerkstätte und Tankstelle, S, Marktgemeinde H, aufgetragen, die Beseitigung der im Bereich ihres Kfz- und Tankstellenbetriebes anfallenden verunreinigten Oberflächenwässer (Niederschlags- und Manipulationswässer), welche wasserrechtlich nicht bewilligt entsorgt werden, bis 31. März 1991 einzustellen. Dieser Bescheid stützt sich auf die Niederschrift über eine gewerberechtliche Überprüfung vom 15. Oktober 1990 durch die belangte Behörde. Er ist in Rechtskraft erwachsen.

2.2. In rechtlicher Hinsicht nahm die belangte Strafbehörde auf § 137 Abs 4 lit i) WRG 1959 Bezug und stellte fest, daß der laufende Betrieb sowohl der Kfz-Werkstätte als auch der Tankstelle im Standort H unstrittig sei, weshalb der Tatbestand der Übertretung als erwiesen anzusehen sei.

Die Strafbemessung sei entsprechend dem Unrechtsgehalt der Tat im Sinne des § 19 VStG unter Berücksichtigung der Einkommens- und Familienverhältnisse erfolgt. Angaben über seine Vermögensverhältnisse habe der Bw verweigert. Sein Vermögen werde jedoch als nicht unbedeutend erachtet. Erschwerend sei die einschlägige Strafvormerkung vom 2. Oktober 1992, mildernd kein Umstand gewesen.

2.3. In seiner Berufung erklärt der Bw, ihm sei nicht bekannt, daß das den Betriebsvorgängern gewährte Abwasserrecht zu irgendeinem Zeitpunkt aufgehoben worden wäre, da dieses Recht auf die Betriebsstätte und nicht auf die Person gewährt werde. Der im Straferkenntnis angeführte Feststellungsbescheid vom 28. Juni 1972, welcher eine Erlöschung des Abwasserrechtes bewirkt hätte, liege ihm archivmäßig nicht vor.

Nach der baubehördlichen Verhandlungsschrift vom 8. Jänner 1973 (Beilage I) werde der Bestand des Abwasserrechts im Punkt 11.) des bautechnischen Gutachtens bestätigt. Laut Verhandlungsschrift vom 18. Dezember 1975 der Gewerbebehörde (Beilage II) werde der Bestand eines Wasserrechts ebenfalls bestätigt. Auf den Bescheid aus 1972 werde nur bezüglich der Überprüfung, nicht der Aufhebung hingewiesen.

Die gesamtwirtschaftlich und branchenbezogen schwierige Lage erfordere den vollen Einsatz des Bw als Geschäftsführer (60 Wochenstunden). Es sei ihm daher erst Zug um Zug möglich gewesen, Behördenunterlagen aus der damaligen Zeit, in der er nicht Geschäftsführer war, ausfindig zu machen. Die Vorgänger, seine Eltern, seien bereits verstorben. Zu seinem Nachteil hätten Einspruchsfristen nicht wahrgenommen werden können. Wenn auch in Bau-, Gewerbe- und Wasserrecht verschiedene Behörden zuständig sind, werde wechselseitig in Verhandlungsschriften und Bescheiden Bezug genommen, woraus der Bw verbindliche Aussagen ableite. Ansonsten käme dies einer Täuschung gleich.

In bezug auf die Auflage zur Erstellung eines dem letzten Stand der Technik entsprechenden Abwasserprojektes hätten sich in den letzten Jahren wesentliche technische Verbesserungen ergeben, welche die Erstellung eines neuen Projektes erst jetzt wirtschaftlich vertretbar erscheinen ließen. Mit Brief vom 15. November 1993 habe er der Wasserrechtsabteilung der belangten Behörde mitgeteilt, daß er einen entsprechenden Auftrag mit Unterstützung der Betriebsberatung des WIFI bereits erteilt hätte. Der ausführende Sachverständige Ing. K, habe die Terminisierung der Behörde bereits schriftlich bestätigt.

2.4. Die belangte Strafbehörde hat ihren Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt und von einer Berufungsvorentscheidung sowie von einer Gegenschrift abgesehen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß der entscheidungswesentliche Sachverhalt geklärt und das angefochtene Straferkenntnis bereits nach der Aktenlage aufzuheben ist.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war daher entbehrlich.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 137 Abs 4 lit i) WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz mit Geldstrafe bis S 250.000,-- zu bestrafen, wer einem ihm gemäß § 138 Abs 1 erteilten Auftrag zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes nicht nachkommt.

Nach § 138 Abs 1 lit a) WRG 1959 kann der Übertreter der Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht von der Wasserrechtsbehörde verhalten werden, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes vom 22. Jänner 1991 wurde der J K Gesellschaft m.b.H. aufgetragen, "die Beseitigung der im Bereich ihres Kfz- und Tankstellenbetriebes anfallenden verunreinigten Oberflächenwässer (Niederschlags- und Manipulationswässer), welche wasserrechtlich nicht bewilligt entsorgt werden, bis 31. März 1991 einzustellen." 4.2. Diesen wasserpolizeilichen Auftrag hat die belangte Strafbehörde als Grundlage für das gegenständliche Straferkenntnis herangezogen. Dabei hat sie übersehen, daß dieser Auftrag unzureichend determiniert und auch sprachlich derart mißlungen ist, daß er als Grundlage für eine Strafnorm nicht in Betracht kommt.

Eine durch Bescheidspruch auferlegte Verpflichtung muß so bestimmt gefaßt werden, daß nötigenfalls ihre Durchsetzung im Wege der Zwangsvollstreckung möglich ist. Der Umfang der möglichen Ersatzvornahme muß dabei deutlich abgegrenzt werden, weshalb die aufgetragenen Maßnahmen im Bescheidspruch unmißverständlich und nachvollziehbar zu umschreiben sind. Diese schon nach § 59 AVG geforderte Bestimmtheit bedeutet, daß ohne weiteres Ermittlungsverfahren und ohne neuerliche Entscheidung eine Vollstreckungsverfügung ergehen kann (vgl etwa VwSlg 11601 A/1985; VwGH 23.4.1991, 91/07/0014). Dies ist gegenständlich schon im Hinblick auf den sprachlichen Widersinn des erteilten Auftrags nicht der Fall. Außerdem wurden auch keinerlei konkrete Maßnahmen zur Beseitigung des für rechtswidrig erkannten Zustandes vorgeschrieben. Ein bloßer Einstellungsbefehl ohne aufgetragene Beseitigungsmaßnahmen, der nur eine allenfalls schon bestehende gesetzliche Verpflichtung wiederholt, entspricht jedenfalls bei einer eigenmächtig errichteten Abwasseranlage auch nicht dem Gesetz.

Aus der Sicht rechtsstaatlicher Grundsätze im Strafrecht kommt dem Bestimmtheitsgebot besondere Bedeutung zu. Nach dem Prinzip "nullum crimen sine lege" sind klare und unmißverständliche Umschreibungen von bescheidmäßigen Geboten oder Verboten, die zum Gegenstand eines Straftatbestandes werden, unverzichtbar. Der Verwaltungsgerichtshof hat mehrfach ausgesprochen, daß solche Gebote oder Verbote so klar gefaßt sein müssen, daß sie zweifelsfrei die Grenzen des erlaubten Verhaltens und damit den Unrechtsgehalt der Zuwiderhandlung erkennen lassen (vgl VwSlg 9979 A/1979; VwGH 27.3.1990, 89/04/0119; VwGH 25.2.1993, 92/04/0164).

4.3. Die Ausführungen des wasserbautechnischen Amtssachverständigen anläßlich der gewerberechtlichen Überprüfung vom 15. Oktober 1990 haben gezeigt, daß die vorgefundene Abwassersituation großteils bewilligungsfähig erscheint.

Lediglich die Ableitung der Schleifwässer ohne jede Reinigung wäre nicht konsensfähig und daher umgehend einzustellen gewesen. Auch die Ölverunreinigungen auf einer Vorplatzfläche wären zu beseitigen gewesen. Es war daher auch rechtlich verfehlt, pauschal einen unbedingten Auftrag nach § 138 Abs 1 lit a) WRG 1959 zu erteilen. Vielmehr hätte ein solcher nur hinsichtlich der nicht konsensfähigen Neuerungen und im übrigen unter Vorschreibung der Einreichung eines wasserrechtlichen Projektes nur ein Alternativauftrag nach § 138 Abs 2 WRG 1959 ergehen dürfen.

Im vorliegenden Fall käme abgesehen vom vorgeworfenen Verstoß gegen einen Auftrag zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes grundsätzlich auch der Straftatbestand des § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959 in Betracht, wonach strafbar ist, wer eine bewilligungspflichtige Einleitung in eine Kanalisation ohne Bewilligung oder entgegen einer solchen vornimmt. Diese Verwaltungsübertretung, bei der allerdings die für Indirekteinleiter mit Novelle BGBl Nr. 185/1993 eingefügte Übergangsvorschrift des § 33g Abs 3 WRG 1959 zu beachten ist, hat die belangte Behörde überhaupt nicht vorgeworfen.

5. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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