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des Landes Oberösterreich
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VwSen-280172/8/Kon/Fb

Linz, 16.04.1996

VwSen-280172/8/Kon/Fb Linz, am 16. April 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Herrn Ing. F G, H, R, vertreten durch Rechtsanwälte Prof. Dr. A H, DDr. H M, Dr. P W, Dr. W M und Dr. W G, K, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 14. November 1995, Ge96-149-1994, wegen Übertretung des Arbeitnehmerschutzgesetzes (ASchG), nach mündlicher Verkündung am 16. April 1996 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Strafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG und § 45 Abs.1 Z2 (1. Fall) VStG.

Entscheidungsgründe:

Im angefochtenen Straferkenntnis wird dem Beschuldigten in seiner Eigenschaft als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs.2 VStG der Brüder R, Hoch- und Tiefbau GmbH & CoKG, mit dem Sitz in A iM, zur Last gelegt, am 27.10.1994 auf der Baustelle: Kanal R, R, B, den Arbeitnehmer R A mit der Herstellung des Schachtanschlusses in der 2,3 m tiefen und ca 3 m breiten maschinell ausgehobenen Künette beschäftigt zu haben, ohne daß die nicht abgeböschten Wände durch Verbaue gesichert gewesen wären. Beim Boden habe es sich um einen nicht bindigen (schottrigen) und bindigen (lehmigen) Boden gehandelt.

Er habe dadurch die Bestimmungen des § 61 Abs.5 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) verletzt.

In Entscheidung über die dagegen rechtzeitig erhobene Berufung des Beschuldigten hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 9 Abs.4 VStG kann verantwortlicher Beauftragter nur eine Person mit Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung zu § 9 Abs.4 VStG ausgesprochen, daß die Bestellung und Namhaftmachung von verantwortlichen Beauftragten für räumlich abgegrenzte Bereiche eines Unternehmens dann nicht rechtswirksam sind, wenn dieser Bereich nicht klar abgegrenzt ist, sodaß die Verwaltungsstrafbehörde die Bestellung aufgrund der Ergebnisse von hiezu erforderlichen Ermittlungen einer Interpretation zu unterziehen hat. Die Bestellungen dürfen dabei keinen Zweifel über den Umfang der Übertragung der Verantwortlichkeit offen lassen.

Eine solche eindeutige und zu keinen Zweifeln Anlaß gebende Umschreibung des Verantwortungsbereiches liegt darüber hinaus nur dann vor, wenn für die beispielsweise in räumlicher Hinsicht abgegrenzte, verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit immer nur eine von vornherein feststehende Person in Betracht kommt. Wird von einer juristischen Person vom Institut des verantwortlichen Beauftragten Gebrauch gemacht, dann kann für ein und denselben Verantwortungsbereich (im gegenständlichen Fall der Arbeitnehmerschutz) nur ein verantwortlicher Beauftragter bestellt werden, dessen Verantwortlichkeit möglichst klar zu definieren ist.

Dies bedeutet, daß beispielsweise bei der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten für einen räumlichen Bereich, wie beispielsweise für eine oder mehrere Baustellen, diese in der Bestellung konkret anzugeben sind.

Die im Akt erliegende schriftliche Bestellung des Beschuldigten zum verantwortlichen Beauftragten (Kopie) vom 9.7.1993 entspricht dem Erfordernis einer klaren räumlichen Abgrenzung des Verantwortungsbereiches insoferne nicht, als die verfahrensgegenständliche Baustelle hierin nicht angeführt ist, für den darin festgelegten räumlichen Bereich, nämlich Oberösterreich, aber von der Brüder R GmbH & CoKG neben dem Beschuldigten noch sechs weitere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt wurden.

Aufgrund des aufgezeigten Umstandes stand daher für die gegenständliche Baustelle von vornherein keine verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Person fest, sondern war diese aufgrund behördlicher Ermittlungen in Erfahrung zu bringen. Dies zeigt sich daran, als die belangte Behörde mit Schreiben vom 21.11.1994 an die Brüder R Baumeister- und Zimmermeister GmbH & CoKG die Anfrage richtete, wer für die gegenständliche Baustelle als verantwortlicher Beauftragter für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften bestellt wurde.

Aufgrund der aufgezeigten Umstände ist daher eine rechtswirksame Bestellung des Beschuldigten zum verantwortlichen Beauftragten zu verneinen.

Es ist aber auch nicht möglich, die vorliegende Bestellung in eine Bevollmächtigung im Sinne der Bestimmungen des § 31 Abs.2 ASchG umzudeuten. Dies zum einen deshalb, weil eine rechtswirksame Bevollmächtigung ebenfalls die Festlegung eines räumlich klar abgegrenzten Verantwortungsbereiches bedarf, zum anderen, weil davon auszugehen ist, daß sich die zur Vertretung nach außen berufenen Organe der Brüder R Baumeister- und Zimmermeister GmbH & CoKG überhaupt ihrer verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit in bezug auf die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften entledigen wollten. Hinzu kommt weiters, daß zum Bevollmächtigten in der Regel immer eine Person bestellt wird, die sich ständig an der Baustelle aufhält, weil eine weitere Verantwortungsdelegation durch einen Bevollmächtigten, anders als beim verantwortlichen Beauftragten, nicht möglich ist. In der Regel wird daher als Bevollmächtigter ein Polier oder ein Bauführer für die Bestellung in Aussicht genommen werden.

Bei einem Bauleiter hingegen, der in der Regel doch für mehrere Baustellen verantwortlich ist und darüber hinaus auch noch mit Abrechnungs- und Projektierungsarbeiten befaßt sein wird, würde sich die Bestellung zum Bevollmächtigten als nicht zielführend erweisen.

Aus den dargelegten Gründen war die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschuldigten zu verneinen, weshalb wie im Spruch zu entscheiden war.

Die stattgebende Berufungsentscheidung bewirkt, daß der Beschuldigte von der Entrichtung jeglicher Verfahrenskosten befreit ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K o n r a t h

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