Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280196/8/Ga/La

Linz, 25.04.1997

VwSen-280196/8/Ga/La               Linz, am 25. April 1997 DVR.0690392                                                          

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Arbeitsinspektorats für den 18. Aufsichtsbezirk gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 15. Jänner 1996, Zl. Ge96-2664-1994, wegen Übertretungen des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugend lichen 1987 - KJBG, zu Recht erkannt:

I. Zu Punkt 1. wird der Berufung stattgegeben und der angefochtene Bescheid dahin geändert, daß an die Stelle des Absehens von der Strafe und der Erteilung einer Ermahnung folgender Strafausspruch zu treten hat: "Wegen dieser Verwaltungsübertretungen nach a) und b) werden über Sie gemäß § 30 KJBG Geldstrafen in der Höhe von je 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafen: je sechs Stunden) verhängt." II. Zu Punkt 2. wird der Berufung teilweise stattgegeben; die Einstellungsverfügung des angefochtenen Bescheides wird aufgehoben und folgender Schuldspruch gefällt: "Sie sind schuldig, Sie haben in Ihrem Bäckereibetrieb den Minder jährigen L O, geb. ..., an insgesamt 7 Tagen (am 26., 27. und 30. Juli sowie am 2. August 1994 von jeweils 04.30 Uhr bis 07.30 Uhr; am 29. Juli sowie am 1. und 3. August 1994 von jeweils 05.30 Uhr bis 07.30 Uhr) mit dem Einzählen des Gebäckes und der Mitfahrt bei der anschließenden Auslieferung entgegen dem Verbot, Kinder zu solchen Arbeiten nicht heranzuziehen, beschäftigt; dadurch haben Sie § 5 iVm § 30 KJBG übertreten." Im übrigen aber wird die Berufung, soweit sie die Verhängung einer Geldstrafe beantragt, abgewiesen.

Rechtsgrundlage: AVG: § 66 Abs.4. VStG: § 24; § 16, § 19 (nur zu I.), § 21 Abs.1 (nur zu II.), § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.2. Bundesverfassungsgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit - BVGPersFreiheit: Art. 3 Abs.3 (nur zu I.).

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde G B, Bäcker mit näher angegebenem Betriebsstandort in der Gemeinde Attersee, unter Spruchpunkt 1. schuldig gesprochen, er habe für eine namentlich genannte, in seinem Betrieb beschäftigte Jugendliche    a) im Zeitraum von Jänner bis Juli 1994 keine Arbeitsaufzeichnungen geführt, wodurch § 26 Abs.1 Z5 KJBG verletzt worden sei, und    b) keinen entsprechenden Aushang über den Beginn und das Ende der Normalarbeitszeit, der Ruhe pausen, sowie über die Dauer der Wochenruhezeit gut sichtbar an leicht zugänglicher Stelle angebracht, wodurch § 27 Abs.2 KJBG verletzt worden sei. Es sei jedoch in beiden Über tretungsfällen gemäß § 21 Abs.1 VStG von der Verhängung einer Strafe abzusehen und dem Beschuldigten eine Ermahnung zu erteilen gewesen.

Mit Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides wurde das wegen der mutmaßlichen Übertretung des § 5 KJBG gegen den genannten Beschuldigten eingeleitete Strafverfahren betreffend die Beschäftigung eines namentlich bezeichneten Minderjährigen mit dem Einzählen des Gebäcks und der Mitfahrt bei der anschließenden Auslieferung an insgesamt sieben Tagen in der Zeit von 26. Juli bis 3. August 1994, jeweils in der Zeit von 04.30 Uhr bzw 05.30 Uhr bis 07.30 Uhr gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

2. Gegen diesen Bescheid hat der Beschuldigte keine Berufung eingebracht. Berufen hat hingegen das anzeigelegende Arbeits inspektorat für den 18. Aufsichtsbezirk in Vöcklabruck (AI) und mit näherer Begründung beantragt, es möge der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert werden, daßágegen den Beschuldigten gemäß § 30 KJBG zu Spruchpunkt 1. a) und b) je eine Geldstrafe von 1.000 S und zu Spruchpunkt 2. eine Geldstrafe von 5.000 S verhängt wird.

Die belangte Behörde hat die Berufung und zugleich den Strafakt vorgelegt, keine Gegenäußerung abgegeben, jedoch die Abweisung der Berufung sowie den - allerdings für das Verwaltungsstrafverfahren nicht vorgesehenen - "Zuspruch des pauschalierten Aufwandersatzes" beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat gewährte dem Beschuldigten rechtliches Gehör zum Inhalt der Berufung; zu dessen Stellungnahme wurde eine Replik der Berufungswerberin eingeholt. Die so ergänzte Aktenlage läßt eine abschließende Beurteilung in der Sache zu. Weil Tatfragen in diesem Fall nicht strittig und weitere Beweise daher nicht aufzunehmen waren, im übrigen nur Rechtsfragen beurteilt werden mußten, keine Geldstrafen über 3.000 S zu verhängen waren und auch keine der Verfahrensparteien ein ausdrückliches Verhandlungsverlangen erhob, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4. Zu Spruchpunkt 1. a) und b) Die zu diesen Fakten gefällten Schuldsprüche als solche wurden nicht bekämpft. Schon im Verfahren vor der belangten Behörde waren die angelasteten Taten nicht strittig; die Schuldsprüche sind in der vorliegenden Fassung rechtskräftig geworden. Unangreifbar ist damit auch, daß der Tatvorwurf gemäß 1. b) keine ausdrückliche Tatzeit enthält; allerdings scheint aus dem gesamten Akteninhalt ableitbar, daß hier von derselben Tatzeit ausgegangen wurde wie zum Faktum 1. a) und dies für den Beschuldigten von Anfang an nicht zweifelhaft war.

4.1. Die Berufung wendet sich dagegen, daß die belangte Behörde zu diesen Schuldsprüchen keine Strafen verhängte und statt dessen Ermahnungen erteilte. Es sei aber - die Rechtsmittelbegründung zusammengefaßt - der § 21 VStG zu Unrecht angewendet worden, weshalb die Verhängung der gesetzlichen Mindeststrafen zu beiden Fakten beantragt werde.

In diesem Zusammenhang allerdings verfehlt ist die Deutung der (bloß pauschal verwiesenen) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes durch das AI dahin, daßáÜbertretungen des KJBG ausnahmslos "nicht als geringes Verschulden zu werten" seien. Tatsächlich kommt es, was die Gewichtung des Verschuldens angeht, auch bei Übertretungen des KJBG auf die Umstände des Einzelfalles an. Rechtsirrig ist weiters die Auffassung, vorliegend seien sogen. fortgesetzte Delikte verwirklicht worden und es könne schon deshalb nicht von einem bloß geringfügigen Verschulden iSd § 21 Abs.1 VStG die Rede sein. Abgesehen davon, daß durch das eine das andere nicht von vornherein ausgeschlossen ist (zB VwGH 27.5.1992, 92/02/0167, ua), sind die Taten gemäß 1. a) und b) nicht als fortgesetzte Delikte, sondern als echte Unterlassungsdelikte mit der Wirkung von Dauerdelikten zu qualifizieren. Und schließlich erlaubt die schon in sich widersprüchliche "Mitteilung" (auf Seite 2 oben der Rechtsmittelschrift) nicht die vom AI offenbar gezogene Schlußfolgerung auf bestimmte Aspekte der Strafbemessung in den Beschwerdefällen.

4.2. Im Ergebnis aber ist die Berufung zu Punkt 1. aus folgenden Gründen berechtigt:

4.2.1. § 21 verlangt für seine Anwendung, daß beide Tatbestandsmerkmale - geringfügiges Verschulden des Beschuldigten und unbedeutende Folgen der Übertretung - erfüllt sind.

4.2.2. Was den unter objektiven Gesichtspunkten zu beurteilenden Unrechtsgehalt der Tat anbelangt, kann schon im Hinblick auf die immerhin sechsmonatige Dauer des verpönten Verhaltens (Anfang Jänner bis Anfang Juli 1994; die Amtspartei geht offenbar versehentlich von acht Monaten aus) nicht mehr von einer bloß geringfügigen Verletzung der Schutzzwecke der hier berührten Ordnungsvorschriften im 4. Abschnitt des KJBG die Rede sein. Die Nichtbeachtung der Aufzeichnungspflicht sowie der Aushangpflicht durch einen Zeitraum von einem halben Jahr läßt daher keine Einschätzung des Erfolgsunwerts (hiezu einläßlicher unten 5.2.1.) als nur 'unbedeutend' zu, mag auch richtig sein, daß, wie die belangte Behörde ausführt, die im § 26 Abs.1 Z5 sowie § 27 Abs.2 KJBG niedergelegten Pflichten des Dienstgebers nicht dem Kernbereich des mit dieser Schutzvorschrift verfolgten Anliegens zugehören. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde ist für die hier vorzunehmende Bewertung des Unrechtsgehalts der Taten unbeachtlich, daß "trotz der Mißachtung der oa Pflichten, die Beschäftigung der Jugendlichen in Art und Umfang den gesetzlichen Anforderungen" entsprochen habe. Ebenso kann aus objektivem Blickwinkel der - gleichwohl unstrittige - Umstand, daß "die festgestellten Mängel zwischenzeitlich vollinhaltlich beseitigt" worden seien, keine günstigere Beurteilung der Frage nach der Strafwürdigkeit der Unterlassungen bewirken.

Ist aber schon das Tatbestandsmerkmal der geringen Unrechtsschwere nicht erfüllt, durfte hier - ohne daß noch auf das zweite Merkmal einzugehen gewesen wäre - § 21 VStG nicht angewendet werden und war daher zu beiden Fakten, wie vom AI beantragt, eine Strafe auszusprechen.

4.2.3. Was die Höhe der Sanktion angeht, ist gegen die Tatangemessenheit der beantragten und vom KJBG (für Erst taten) so vorgesehenen Mindeststrafe (Strafrahmen 1.000 S bis 15.000 S) nichts hervorgekommen. Die Mindeststrafe ist für beide Fakten aber auch dann schuldangemessen, wenn, wie der Beschuldigte einwendet, er für keine vorsätzliche, sondern für eine nur fahrlässige Nichtbeachtung der Aufzeichnungs- bzw Aushangpflicht einzustehen hätte.

4.2.4. Als Milderungsgrund ist nach der Aktenlage immerhin gänzliche Unbescholtenheit der Beschuldigtenpartei aufzugreifen. Andererseits ist entgegen der Ansicht der Amtspartei die zum Tatzeitpunkt bereits mehr als fünf Jahre zurückliegende, einschlägige schriftliche Aufforderung des AI nicht als erschwerend zu werten. Aus dem somit verbleibenden Milderungsgrund allein kann allerdings dessen 'beträchtliches Überwiegen' iSd § 20 VStG nach den Umständen dieses Falles noch nicht abgeleitet werden.

4.2.5. Zur Festsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe: Die gleichzeitig für den Fall der Uneinbringlichkeit einer Geldstrafe festzusetzende Ersatzfreiheitsstrafe kann wegen der Besonderheit des Berufungsfalles nicht allein auf § 16 Abs.1 VStG gestützt werden, sondern ist vielmehr auch Art. 3 Abs.3 BVGPersFreiheit, BGBl.Nr. 684/1988, heranzu ziehen. Weil nämlich dieses Erkenntnis keinem Rechtszug mehr unterliegt, sondern nur durch Beschwerde an den VwGH/VfGH angefochten werden kann, ist damit weder eine Anfechtung in vollem Umfang noch mit aufschiebender Wirkung gewährleistet, sodaß im Einklang mit der zitierten Verfassungsvorschrift die ERSTMALIGE VERHÄNGUNG einer Ersatzfreiheitsstrafe hier überhaupt nur deswegen statthaft ist, weil sie durch den O.ö. Verwaltungssenat und somit von einem iSd Art. 6 Abs.1 MRK unabhängigen und unparteiischen Tribunal verhängt wurde (vgl h Vorjudikatur Erk 2.4.1996, VwSen-280046/11/Ga/La).

4.2.6. Kosten des Strafverfahrens:

Obgleich auf Grund der Berufung der Amtspartei zu 1. a) und b) erstmals Geldstrafen zu verhängen waren, bewirkt die besondere Fallkonstellation, daß entgegen § 64 und § 65 VStG der nunmehr Bestrafte zu keinen Kostenbeiträgen zu ver pflichten ist (vgl VwGH 19.5.1993, 92/09/0031).

5. Zu Spruchpunkt 2. 'Sache' des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungs senat zu diesem Faktum ist die in der nun angefochtenen Einstellungsverfügung (oben 1.) bzw in der auf die Anzeige des AI vom 11. November 1994 zurückgehenden ersten Verfolgungshandlung (AzR vom 23.11.1994) umschriebene Tat. Weil dadurch das dem Beschuldigten als Übertretung des § 5 KJBG angelastete Geschehen hinreichend bestimmt als 'Sache' iSd   § 66 Abs.4 AVG (§ 24 iVm § 44a Z1 VStG) vorliegt und im übrigen allein in der rechtlichen Beurteilung strittig ist, war der ausdrücklich nur die Verhängung einer Geldstrafe begehrende Berufungsantrag so zu interpretieren, als wäre er zugleich auch auf die Fällung eines - für die Bestrafung unerläßlichen - Schuldspruchs gerichtet. Dieser Berufung war jedoch, wie sogleich zu begründen sein wird, nur insoweit Folge zu geben, als die Einstellung zwar aufgehoben werden mußte und ein Schuldspruch in der Sache zu fällen war; auf einen Strafausspruch war hingegen nicht zu erkennen.

5.1.  Die belangte Behörde stützt die Einstellung gemäß᧠45 Abs.1 Z1 zweiter Fall VStG im Ergebnis darauf, daßáTatbestandsmäßigkeit im Sinne einer Übertretung des Beschäftigungsverbotes gemäß § 5 KJBG nicht vorliege. Die in Rede stehenden Tätigkeiten des Minderjährigen seien gerade noch (ein "Grenzfall") als Ausnahme iSd § 1 Abs.2 KJBG zu beurteilen gewesen.

5.1.1. Der unabhängige Verwaltungssenat übersieht nicht das Bemühen der belangten Behörde, die besonderen Umstände dieses Falles, die von gegenseitigem Vertrauen und Wohlwollen auf der Grundlage eines gutnachbarschaftlichen Verhältnisses zwischen Beschuldigtem und Eltern des Minder jährigen geprägt sind, mit einer einläßlichen Begründung zu würdigen. Dennoch mußte die Unterstellung der vom Minder jährigen verrichteten Arbeiten unter die Ausnahme des § 1 Abs.2 KJBG scheitern.

Obzwar in der (von der Amtspartei aufgenommenen und als belangvolles Beweismittel zu Recht ins Treffen geführten) Niederschrift vom 3. August 1994 die Schilderung des Sachverhalts nicht mit den Worten des involvierten Kindes selbst vorgenommen wurde, sondern in der dem Kontrollorgan vertrauten und an den einschlägigen termini technici orientierten Ausdrucksweise erfolgte, geht der hier maßágebende Lebenssachverhalt - das sind die in der vorhin zit. Verfolgungshandlung näher beschriebenen Tätigkeiten - doch deutlich hervor. Zwar neigt auch der unabhängige Verwaltungs senat der Auffassung zu, daß diese Tätigkeiten als nur geringfügige, leichte Hilfeleistungen iSd bezüglichen Tatbestandsmerkmals des § 1 Abs.2 KJBG einzustufen sind. Auch das weitere Tatbestandsmerkmal der kurzen Dauer hält das erkennende Mitglied unter den gegebenen Umständen für noch erfüllt (die Feststellung der Amtspartei in der Berufungsschrift, wonach der Minderjährige an "7 Tagen hintereinander" beschäftigt worden sei, ist aktenwidrig). Nicht hingegen trifft zu, daß es sich iSd § 1 Abs.2 KJBG um vereinzelte Hilfeleistungen gehandelt hat. "Vereinzelt" ist einer Wortauslegung zugänglich und meint "manchmal", auch "selten", und steht im systematischen Gegensatz zum Begriff der "Beschäftigung" des 2. Abschnittes des KJBG, der doch eine gewisse Kontinuität - mit Momenten eines in einem Mindestmaß gleichmäßigen Fortganges - im Auge hat. Kommt schon aus diesem Grund die Ausnahmeregelung des § 1 Abs.2 KJBG hier nicht zum Tragen, kann weiters auch nicht, was die belangte Behörde fehlbeurteilt, gesagt werden, daß es sich bei der fraglichen Tätigkeit ihrer ART nach nicht um eine Dienstleistung von Dienstnehmern oder Lehrlingen des Bäckerhandwerks handeln würde (idS vgl VwGH 9.7.1992, 92/18/0106).

5.1.2. Im Ergebnis war, weil auch keine andere gesetz lich vorgesehene Ausnahme durchschlägt, die wegen Nicht erfüllung des Tatbildes verfügte Einstellung rechtswidrig. Dies aber hat die Konsequenz, daß zugleich mit ihrer Aufhebung in Stattgabe der Berufung ein Schuldspruch zu fällen war.

5.2. Eine Strafe war dennoch nicht zu verhängen, weil iSd § 21 Abs.1 VStG das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

5.2.1. Diese Voraussetzungen sind zufolge ständiger Rechtsprechung dann erfüllt, wenn das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl HAUER/LEUKAUF, Handbuch, 5.A [1996], 862, E 6 und 7 zu § 21 VStG; LEUKAUF/STEININGER, Kommentar zum StGB, 3.A, § 42 Rz 14). Nach der Judikatur des OGH zum vergleichbaren § 42 StGB muß die Schuld absolut und im Vergleich zu den typischen Fällen der jeweiligen Delikts verwirklichung geringfügig sein (vgl ua EvBl 1989/189 = JBl 1990, 124; SSt 55/59; SSt 53/15; SSt 51/21). Maßgebend ist zum einen der das Unrecht mitbestimmende Handlungsunwert und zum anderen der Gesinnungsunwert, der das Ausmaß der delikts typischen Strafzumessungsschuld ebenso entscheidend prägt (vgl LEUKAUF/STEININGER, aaO, Rz 14 f mwN). Der Aspekt des Erfolgsunwerts wurde im § 21 Abs.1 VStG ebenso wie im § 42 StGB unter dem Merkmal "unbedeutende Folgen der Tat" verselbständigt (vgl auch Erk UVSOÖ 9.9.1994, VwSen-260085/ 8/Wei/Bk).

5.2.2. Unrechtsgehalt bzw die Schuld des Täters sind im Berufungsfall im eben aufgezeigten Sinn nicht strafwürdig. Dies wird zunächst daraus deutlich, daß der Beschuldigte den Minderjährigen nicht aus Eigennutz zu Arbeiten heranzog (iS von "Benutzen" oder "Beiziehen"), sondern, wie die belangte Behörde zutreffend darstellt, im Rahmen eines - auch vom AI nicht bestrittenen - guten Nachbarverhältnisses aus eigenem Wollen des Minderjährigen und mit Wissen und Billigung seiner Eltern. Der Beschuldigte hat in dieser Konstellation aus dadurch motivierter Unbesonnenheit dem Wunsch des Kindes bzw der Eltern nachgegeben. Aus dem Blickwinkel des Erfolgsunwerts darf weiters nicht übersehen werden, daß der Minderjährige immerhin bereits 13 1/2 Jahre alt war. Zu berücksichtigen ist schließlich, daß es sich jeweils nur um kurzzeitige Verrichtungen handelte und der Minderjährige offenbar jederzeit, nach eigener Lust und Laune auch fernbleiben konnte (so jedenfalls geschehen am Donnerstag, dem 28. Juli 1994). Überdies scheint der Eindruck nicht verfehlt, daß die Mitfahrt beim Ausliefern - nach dem gemeinsamen nachbarschaftlichen Frühstück - wohl vor allem Erlebnischarakter (Sommerferien!) für den Minderjährigen hatte. Zuletzt kann angesichts der geringen Anzahl der Tage, an denen die Hilfstätigkeiten geleistet wurden, noch nicht von einer längeren Dauer gesprochen werden. Das aus allen diesen Gründen daher geringe Unrecht begründet auch insoweit keine besondere Tatschuld, weil Schuld im strafrechtlichen Sinn immer nur die Vorwerfbarkeit des konkret verwirklichten Unrechts bedeutet. Zusammenfassend ist das tatbildmäßige Verhalten des Beschuldigten erheblich hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unwert- und Schuldgehalt zurückgeblieben.

5.2.3. Eine bescheidmäßige Ermahnung, um den Beschul digten in Hinkunft von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten, hält das erkennende Mitglied schon deshalb nicht für erforderlich, weil der Berufungsfall durch die Einzigartigkeit des Geschehens insbesondere aus dem Nachbarschaftsverhältnis und dem darin begründeten, wenn gleich unbedacht gewesenen Entgegenkommen des Beschuldigten geprägt ist und keinerlei Hinweise hervorgekommen sind, die eine spezialpräventive Einwirkung auf den - absolut unbescholtenen - Beschuldigten über diesen Fall hinaus in Form einer Ermahnung erforderlich machen könnten.

5.3. Eine Kostenentscheidung war auch zu Spruchpunkt 2. nicht zu treffen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichts hof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Gallnbrunner

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