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VwSen-280429/18/1998/Ur/Ri

Linz, 06.07.1999

VwSen-280429/18/1998/Ur/Ri Linz, am 6. Juli 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des F W, W Straße, St. F, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft L-L vom 16.3.1998, Ge96-25-1997/Ew, wegen Verwaltungsübertretungen nach der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) bzw. nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) nach der am 12.10.1998 durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. 1. Der Berufung wird hinsichtlich der Fakten 1), 2), 3) und 4) Folge gegeben, in diesen Punkten wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

2. Der Berufungswerber hat diesbezüglich keine Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

II. 1. Hinsichtlich Faktum 5) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß der Schuldspruch wie folgt abgeändert wird:

"Sie haben als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit Verantwortlicher gem. § 9 Abs.1 VStG der Arbeitgeberin "C-F W Gesellschaft m.b.H.", mit dem Sitz in St. F, W Straße, zu vertreten, daß in der Betriebsstätte in St. F, W Straße, am 17.12.1996, wie von einem Organ des Arbeitsinspektorates L anläßlich einer Kontrolle festgestellt wurde, die Stickstoffflasche im Entwicklerraum nicht ausreichend gegen Umfallen gesichert war, da diese nur an das Mauereck und an eine vorgeschobene Kiste angelehnt war, obwohl gem. § 65 Abs.7 AAV Behälter für verdichtete, verflüssigte oder unter Druck gelöste Gase auch im entleerten Zustand gegen Umfallen gesichert sein müssen."

Als verletzte Rechtsvorschrift ist iSd § 44a Z2 VStG zu zitieren: "§ 65 Abs.7 Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung - AAV, BGBl.Nr. 218/1983 idF BGBl.Nr. 369/1994, iVm § 110 Abs.8 und § 130 Abs.5 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz - ASchG, BGBl.Nr. 450/1994."

Als Strafnorm iSd § 44a Z3 VStG ist zu zitieren: "§ 130 Abs.5 Einleitungssatz ASchG, BGBl.Nr. 450/1994."

2. Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren 600 S zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I. 1.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 1 Abs.2, 44a Z1, 2 und 3, 45 Abs.1, 51, 51c 1.Satz, 51e Abs.1 VStG.

2.: § 65 und 66 Abs.1 VStG.

zu II. 1.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19, 44a Z2 und Z3, 51, 51c 1.Satz, 51e Abs.1 VStG,

2.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem eingangs zitierten Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber (Bw) folgendes vorgeworfen:

"Sie haben als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit Verwantwortlicher gem. § 9 Abs.1 VStG der Arbeitgeberin "C - F W Gesellschaft m.b.H.", St. F, W Straße, zu vertreten, daß im Betrieb in St. F, W Straße, in dem 15 Arbeitnehmer beschäftigt werden, am 17.12.1996, wie von einem Organ des Arbeitsinspektorates L anläßlich einer Kontrolle festgestellt wurde,

1.beim Sessel im Labor der Überzug der Rückenlehne sowie die Sitzfläche derart beschädigt war, daß der Schaumgummi herausquoll, und somit dieses Arbeitsmittel nicht ordnungsgemäß instand gehalten war, obwohl gem. § 17 Abs.1 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes Arbeitgeber dafür zu sorgen haben, daß die Arbeitsstätten einschließlich der Sanitär- und Sozialeinrichtungen, die elektrischen Anlagen, Arbeitsmittel und Gegenstände der persönlichen Schutzausrüstung sowie die Einrichtungen zur Brandmeldung oder -bekämpfung, zur Erste-Hilfe-Leistung und zur Rettung aus Gefahr ordnungsgemäß instand gehalten und gereinigt werden,

2.entgegen § 17 Abs. 1 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes die Beschläge der Fluchttüre vom Labor in den Hof dermaßen mangelhaft montiert waren, daß die Gefahr des Loslösens der Türklinken bestand und die Tür somit nicht mehr zu öffnen wäre, obwohl sich Notausgänge gemäß § 23 Abs.3 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung jederzeit von innen ohne fremde Hilfsmittel öffnen lassen müssen,

3.den Arbeitnehmern beim Handwaschbecken im Sanitärbereich nur ein Stück Seife und zwei Handtücher zur Verfügung gestellt wurden, obwohl gem. § 84 Abs. 3 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung bei jedem Waschplatz die notwendigen Mittel zum Reinigen, wie Seife in Cremeform, Pulverform oder flüssiger Seife in Seifenspendern oder als Seifenstück, sofern dies ausschließlich von einer Person verwendet wird, sowie die notwendigen Mittel zum Abtrocknen beigestellt sein müssen, sofern nicht jedem Arbeitnehmer ein eigenes Handtuch zur Verfügung gestellt wird, dürfen Handtücher nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sein,

4.den Arbeitnehmern entgegen § 27 Abs. 4 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes keine sperrbaren Kleiderkästen oder sonstige geeignete versperrbare Einrichtungen zur Aufbewahrung der Privatkleidung sowie sonstiger Gegenstände, die üblicherweise zur Arbeitsstätte mitgenommen werden, zur Verfügung gestellt wurden, obwohl gemäß § 86 Abs.1 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung jedem Arbeitnehmer zur Aufbewahrung und Sicherung gegen Wegnahme seiner Straßen-, Arbeits- und Schutzkleidung ein ausreichend großer, luftiger und versperrbarer Kasten zur Verfügung zu stellen ist, in dem die Kleidung gegen Einwirkungen, wie Nässe, Staub, Rauch, Dämpfe oder Gerüche, geschützt ist,

5.die Stickstoffflasche im Entwicklerraum nicht gegen Umfallen gesichert war, obwohl gem. § 65 Abs.7 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung Behälter für verdichtete, verflüssigte oder unter Druck gelöste Gase auch im geleerten Zustand gegen Umfallen gesichert sein müssen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1.130 Abs.1 Ziff. 14 i.V.m. § 17 Abs.1 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl.Nr. 450/1994 i.d.F. BGBl.Nr. 457/1995

2.§ 23 Abs.3 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung, BGBl.Nr. 218/1983 i.d.F. BGBl.Nr. 369/1994, i.Vm. § 21 Abs.4, § 17 Abs. 1 und § 130 Abs.1 Ziff. 14 und 15 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl.Nr. 450/1994 i.d.F. BGBl.Nr. 457/1995

3.§ 84 Abs.3 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung, BGBl.Nr. 218/1983 i.d.F. BGBl. Nr. 369/1994, i.Vm. § 27 Abs. 1 und § 130 Abs.1 Ziff. 15 und Abs.5 Ziff. 1 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl.Nr. 450/1994 i.d.F. BGBl.Nr. 457/1995

4.§ 86 Abs.1 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung, BGBl.Nr. 218/1983 i.d.F. BGBl.Nr. 369/1994, i.V.m. § 27 Abs. 4 und § 130 Abs. 5 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl.Nr. 450/1994 i.d.F. BGBl.Nr. 457/1995

5.§ 67 Abs. 5 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung, BGBl.Nr. 218/1983 i.d.F. BGBl.Nr. 369/1994, i.Vm. § 130 Abs. 5 Ziff. 1 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl.Nr. 450/1994 i.d.F. BGBl.Nr. 457/1995.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie gemäß § 130 Abs.1 Einleitung und Abs.5 Einleitung ArbeitnehmerInnenschutzgesetz folgende Geldstrafen verhängt:

Geldstrafe von S im Falle der Uneinbringlichkeit

Ersatzfreiheitsstrafe von

Zu 1.) 2.000,-- 6 Stunden

Zu 2.) 4.000,-- 10 Stunden

Zu 3.) 2.000,-- 6 Stunden

Zu 4.) 5.000,-- 24 Stunden

Zu 5.) 3.000,-- 9 Stunden

----------- ----------------

Gesamt S 16.000,-- 55 Stunden

======== =========

Ferner haben Sie gem. § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) 10% der Strafe, das sind S 1.600,--, als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

Der zu zahlende Gesamtbetrag beträgt daher S 17.600,--.

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 67 VStG)."

1.2. Das angefochtene Straferkenntnis verweist im wesentlichen auf die Sachverhaltsfeststellungen des Arbeitsinspektorates und darauf, daß mangels Rechtfertigungsangaben des Bw auf Grund der Aktenlage (Anzeige des Arbeitsinspektorates vom 3.2.1997) zu entscheiden gewesen sei und folglich der Sachverhalt als erwiesen anzusehen.

2. Dagegen hat der Bw mit Schriftsatz vom 8.4.1998 rechtzeitig Berufung erhoben und beantragte die gänzliche Aufhebung des Straferkenntnisses. Begründend wurde ua sinngemäß dargelegt, daß er in seinem Betrieb nicht 15 sondern nur 5 Arbeitnehmer beschäftigte. 4 Beschäftigte seien ausschließlich im Außendienst tätig, die im Monat einmal in den Betrieb kämen. Daher seien insgesamt nur 9 - und nicht wie vom Arbeitsinspektorat angenommen - 15 Arbeitnehmer beschäftigt. Zu Faktum 1) brachte der Bw vor, daß er 8 Sessel im Betrieb habe, wovon sich 7 in einwandfreiem Zustand befinden würden. Der genannte kaputte Sessel sei in einem Eck abgestellt und nie benützt worden. Zu Faktum 2) entgegnete der Bw, daß bei dem beanstandeten Beschlag am Türgriff nur die Schraube locker gewesen sei und er diesen Mangel sofort behoben hätte. Der Türgriff habe aber einwandfrei funktioniert und hätte sich die Türe ohne Mühe sicher öffnen und schließen lassen. Hinsichtlich Faktum 3) brachte der Bw vor, es habe sich neben dem Handwaschbecken ein Seifenspender befunden und ein Arbeitnehmer, der nur seine Seife benützen wollte, habe diese am Waschbecken deponiert. Weiters habe jeder Mitarbeiter sein eigenes Handtuch und es seien noch zusätzlich zwei Handtücher direkt neben dem Waschbecken angebracht gewesen. Zu Faktum 4) betreffend gab der Bw an, daß 5 Kleiderkästen vorhanden seien, wobei diese von den Bediensteten nicht benützt würden, da absperrbare Räume zur Verfügung stünden, wo die Möglichkeit bestehe, Kleidung zu deponieren. Zu der Stickstoffflasche (Leichtflasche, Höhe ca 70 cm, Durchmesser ca 12 cm, Gewicht ca 10 kg) - Faktum 5 - legte der Bw dar, daß diese im Eintwicklungsraum durch einen vorgeschobenen Holzschrank gegen Umfallen voll und ganz gesichert wäre.

3. Gemäß den gesetzlichen Bestimmungen wurde die Berufung dem Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk zur Kenntnis gebracht. Dieses gab mit Schreiben vom 27.5.1998 eine Stellungnahme folgenden Inhalts ab:

"ad 1) Zum Zeitpunkt der Inspektion wurden nach Auskunft der anwesenden Arbeitnehmer 15 Arbeitnehmer beschäftigt; wobei die Aussage, daß 4 Arbeitnehmer im Außendienst beschäftigt seien, seitens des Arbeitsinspektorates nicht bestritten werden kann.

ad 2) Der beanstandete Sessel befand sich zum Zeitpunkt der Inspektion im Labor und zwar vor einem Arbeitsplatz; seitens des Arbeitsinspektorates kann nicht angenommen werden, daß in Arbeitsräumen befindliche Sitzgelegenheiten nicht benützt werden.

ad 3) Der Türgriff der Fluchtwegtüre war bei der Inspektion nicht einwandfrei funktionstüchtig.

ad 4) Zum Zeitpunkt der Inspektion waren nur 1 Stück Seife und 2 Handtücher beim Handwaschbecken im Sanitärbereich vorhanden.

ad 5) Es konnten keine Kästen für die Aufbewahrung von Kleidern vorgezeigt werden; sollten jedoch die 5 Kästen, wie vom Beschuldigten beschrieben, vorhanden sein, sind das immer noch 10 zuwenig. Es ist nach der gängigen Rechtsprechung auch für die Personen im Außendienst ein Kleiderkasten zur Verfügung zu stellen.

ad 6) Die Größe der Stickstoffflasche ist in diesem Fall nicht relevant. Nach Ansicht des Arbeitsinspektorates war diese nicht ausreichend gegen Umfallen gesichert.

Als Ergänzung wird bemerkt, daß über die beanstandeten Mängel Fotos angefertigt und der Anzeige an die Bezirkshauptmannschaft L-L beigelegt wurden."

4. Die Bezirkshauptmannschaft L-L hat als belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und von einer Berufungsvorentscheidung keinen Gebrauch gemacht.

Da pro Spruchpunkt keine 10.000,-- S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war zur Entscheidung das zuständige Mitglied des Oö. Verwaltungssenates berufen.

5. Aufgrund der Berufung wurde am 12.10.1998 in Gegenwart des Berufungswerbers und eines Vertreters des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in deren Rahmen die Zeugin Ing. S P (Kontrollorgan des Arbeitsinspektorates) vernommen und die Aufforderung des Arbeitsinspektorates an den Bw zur Mängelbehebung vom 12.4.1995, GZ 0050/437-9/95, beigebracht und dem Akt in Kopie angeschlossen wurde.

 

6. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

6.1. Gemäß § 106 Abs.3 Z3 ASchG, BGBl.Nr. 450/1994 gelten bis zum Inkrafttreten einer Verordnung nach diesem Bundesgesetz zur Durchführung des 2. Abschnittes für Arbeitsstätten ua nachstehend angeführte Bestimmungen der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) als Bundesgesetz:

Für Ausgänge und Verkehrswege in Arbeitsstätten gelten § 22 Abs.1 bis 5 und 7, §§ 23 bis 26, § 27 Abs.1 und § 28 AAV. § 21 AAV gilt mit der Maßgabe, daß in Abs.2 die Worte im Sinne des § 10 des Arbeitnehmerschutzgesetzes" entfallen.

Gemäß § 108 Abs.2 ASchG, BGBl.Nr. 450/1994, gilt ua bis zum Inkrafttreten einer Verordnung nach diesem Bundesgesetz, die die sanitären Vorkehrungen und die Sozialeinrichtungen in Arbeitsstätten regelt, für Waschgelegenheiten und Waschräume § 84 Abs.1 und 3 bis 6 AAV und für Kleiderkästen und Umkleideräume § 86 Abs.1 bis 3 und 5 bis 9 AAV als Bundesgesetz.

Gemäß § 110 Abs.8 ASchG, BGBl.Nr. 450/1994 gilt bis zum Inkrafttreten einer Verordnung nach diesem Bundesgesetz zur Durchführung des 4. Abschnittes ua. für die Lagerung von besonderen Arbeitsstoffen § 65 AAV als Bundesgesetz.

Mit 1. Jänner 1999 ist die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales, mit der Anforderungen an Arbeitsstätten und an Gebäuden auf Baustellen festgelegt und die Bauarbeiterschutzverordnung geändert wird (Arbeitsstättenverordnung - AStV), BGBl. II Nr. 368/1998, in Kraft getreten.

Gemäß § 48 Abs.4 Z1 genannter Verordnung wird gemäß § 125 Abs. 8 ASchG festgestellt, daß mit Inkrafttreten dieser Verordnung ua folgende gemäß § 106 Abs.3 als Bundesgesetz geltende Bestimmungen der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) außer Kraft treten: ...... § 21,§ 23, § 26 Abs.1 bis Abs.9 .... .

Gemäß § 48 Abs.4 Z4 AStV treten ua folgende gemäß § 108 ASchG als Bundesgesetz geltende Bestimmungen der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) mit Inkrafttreten dieser Verordnung außer Kraft:

..... § 84 Abs.1, Abs.3, in Abs.4 der erste Satz sowie Abs.5 und Abs.6, ...., § 86 Abs.1 bis Abs.3, Abs.5, Abs.7 bis Abs. 9 ..... .

Gemäß § 130 Abs.5 Einleitungssatz ASchG, BGBl.Nr. 450/1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 2.000 S bis 100.000 S, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 4.000 S bis 200.000 S zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in gemäß dessen Z1 den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

Gemäß § 1 Abs.2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre.

Die Berufungsinstanz hat im Verwaltungsstrafverfahren nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ihrer Entscheidung die im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides gegebene Sach- und Rechtslage zugrunde zu legen und davon ausgehend das Straferkenntnis auf seine Rechtmäßigkeit zu prüfen. Die Änderung der Rechtslage nach Fällung des Bescheides 1. Instanz ist nach dem Wortlaut des Abs.2 rechtlich ohne Bedeutung (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 742).

Dementsprechend war auf das Außerkrafttreten der Bestimmungen der §§ 21, 23, 84 Abs.1 und Abs.3, 86 Abs.1 AAV zum 31.12.1998 bei gegenständlicher Entscheidung keine Rücksicht zu nehmen, da der Erlassungszeitpunkt des erstinstanzlichen Straferkenntnisses (Zustellung am 30.3.1998) noch vor der Änderung der Rechtslage gelegen ist. Im übrigen wurden ua die außer Kraft getretenen Bestimmungen der §§ 21, 23, 84 Abs.1 und Abs.3, 86 Abs.1 AAV in modifizierter Form in die Arbeitsstättenverordnung (AStV) aufgenommen (vgl. §§ 3, 17, 19, 20, 34, 35 und 47 AStV).

6.2. Zu Faktum 1)

Gemäß § 17 Abs.1 ASchG, BGBl.Nr. 450/1994, haben Arbeitgeber dafür zu sorgen, daß die Arbeitsstätten einschließlich der Sanitär- und Sozialeinrichtungen, die elektrischen Anlagen, Arbeitsmittel und Gegenstände der persönlichen Schutzausrüstung sowie die Einrichtungen zur Brandmeldung oder -bekämpfung, zur Erste-Hilfe-Leistung und zur Rettung aus Gefahr ordnungsgemäß instand gehalten und gereinigt werden.

Laut § 2 Abs.3 erster Satz leg.cit. sind Arbeitsstätten im Sinne dieses Bundesgesetzes Arbeitsstätten in Gebäuden und Arbeitsstätten im Freien.

Nach § 19 Abs.1 Z1 leg.cit. sind Arbeitsstätten alle Gebäude und sonstigen baulichen Anlagen sowie Teile von Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen, in denen Arbeitsplätze eingerichtet sind oder eingerichtet werden sollen oder zu denen Arbeitnehmer im Rahmen ihrer Arbeit Zugang haben (Arbeitsstätten in Gebäuden). § 2 Abs.5 ASchG normiert, daß Arbeitsmittel im Sinne dieses Bundesgesetzes alle Maschinen, Apparate, Werkzeuge, Geräte und Anlagen sind, die zur Benutzung durch Arbeitnehmer vorgesehen sind. Zu den Arbeitsmitteln gehören insbesondere auch Beförderungsmittel zur Beförderung von Personen oder Gütern, Aufzüge, Leitern, Gerüste, Dampfkessel, Druckbehälter, Feuerungsanlagen, Behälter, Silos, Förderleitungen, kraftbetriebene Türen und Tore sowie Hub-, Kipp- und Rolltore.

Gemäß § 33 Abs.1 ASchG sind die Benutzung von Arbeitsmitteln alle ein Arbeitsmittel betreffenden Tätigkeiten wie In- und Außerbetriebnahme, Gebrauch, Transport, Instandsetzung, Umbau, Instandhaltung, Wartung und Reinigung.

Nach § 2 Abs.4 ASchG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung ist Arbeitsplatz im Sinne dieses Bundesgesetzes der räumliche Bereich, in dem sich Arbeitnehmer bei der von ihnen auszuübenden Tätigkeit aufhalten.

Laut § 61 Abs.1 ASchG müssen Arbeitsplätze so eingerichtet und beschaffen sein und so erhalten werden, daß die Arbeitnehmer möglichst ohne Gefahr für ihre Sicherheit und ihre Gesundheit ihre Arbeit verrichten können.

§ 61 Abs.2 leg.cit. bestimmt, daß Arbeitsplätze so beschaffen sein müssen, daß sie nicht einstürzen, umkippen, einsinken, abrutschen oder ihre Lage auf andere Weise ungewollt verändern.

§ 61 Abs.5 erster Satz leg.cit. normiert, daß, kann die Arbeit ganz oder teilweise im Sitzen verrichtet werden, den Arbeitnehmern geeignete Sitzgelegenheiten zur Verfügung zu stellen sind.

Laut ständiger Judikatur des VwGH hat der Beschuldigte gemäß § 44a VStG ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert bzw welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde.

Bezogen auf den gegenständlichen Tatvorwurf bedeutet dies, daß der in Rede stehende Bürosessel weder unter die Begriffsbestimmung einer Arbeitsstätte (§ 2 Abs.3 ASchG) noch unter jene eines Arbeitsmittels (§ 2 Abs.5 ASchG) einzuordnen ist. Vielmehr fällt dieser unter die Begriffsbestimmung eines Arbeitsplatzes gemäß § 2 Abs.4 ASchG.

Da der Sessel - entgegen dem Tatvorwurf - kein Arbeitsmittel im Sinne der Definition des § 2 Abs.5 ASchG (kein Betriebsmittel, keine Anlage im Sinne von miteinander verketteten Maschinen, keine mechanische Einrichtung etc) ist und dessen Benutzung keine Tätigkeit betreffend ein Arbeitsmittel darstellt (vgl. § 33 Abs.1 ASchG), wurde der Sachverhalt einer falschen Norm zugeordnet. Es wurden daher die entsprechenden Tatbestandsmerkmale der in Frage kommenden Verwaltungsvorschriften (vgl. § 61 Abs.1, 2 und 5 ASchG idF BGBl.Nr. 450/1994) im Spruch nicht konkretisiert zum Ausdruck gebracht (§ 44a Z1 VStG) bzw nicht zitiert (§ 44a Z2 VStG).

Weil eine diesen Grundsätzen konforme Verfolgungshandlung innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist nicht ergangen ist, ist Verfolgungsverjährung eingetreten (§ 31 Abs.1 und 2 VStG) und war bereits daher von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und dessen Einstellung zu verfügen (§ 45 Abs.1 Z3 VStG).

Im übrigen gelangt der Oö. Verwaltungssenat - wie das im Akt befindliche Photo eindeutig zeigt - zu der Auffassung, daß der Sessel trotz starker Gebrauchsspuren keine Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer dargestellt hat (§ 61 Abs.1 ASchG). Der auf Rollen befindliche Sesselfuß erscheint stabil und es war daher die Gefahr des "Umkippens" (vgl. § 61 Abs.2 ASchG) nicht gegeben. Zudem hat der Bw in der mündlichen Beufungsverhandlung glaublich versichert, daß im UG (für 2 Arbeitnehmer) sechs weitere intakte Sessel vorhanden waren und der abgenutzte Sessel nicht gleich entfernt wurde.

6.3. Zu Faktum 2)

Gemäß der zum Tatzeitpunkt und zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses noch in Geltung stehenden Vorschrift des § 21 AAV, BGBl.Nr. 218/1983, müssen gemäß dessen Abs.1 Ausgänge so angelegt und beschaffen sein, daß der im Betrieb übliche Fußgänger- und Fahrzeugverkehr sicher erfolgen kann und die Betriebsräume und Betriebsgebäude von den Arbeitnehmern rasch und sicher verlassen werden können. Ausgänge aus Räumen müssen so angelegt sein, daß, sofern § 26 Abs.2 nicht anderes bestimmt, der zurückzulegende Weg zu einem Stiegenhaus, zu einem unmittelbar ins Freie führenden Ausgang (Endausgang) oder zu einem brandbeständig ausgeführten Gang, der ein Entfernen aus dem Gefahrenbereich leicht ermöglicht, von jedem Punkt der Baulichkeit nicht mehr als 40 m beträgt; bei brandgefährdeten Räumen ohne selbsttätig wirkende Feuerlöschanlagen darf diese Entfernung nicht mehr als 30 m und bei explosionsgefährdeten Räumen nicht mehr als 20 m betragen. Ausgänge, die nicht als Fluchtwege benützt werden können, müssen entsprechend gekennzeichnet sein.

§ 21 Abs.2 AAV bestimmt, daß, besteht infolge besonderer Betriebsverhältnisse, wie bei Lagerung oder Verwendung von Arbeitsstoffen oder Anwendung von Arbeitsverfahren, duch die die Arbeitnehmer besonders gefährdet werden können, oder aus anderen Gründen, wie bei Beschäftigung einer größeren Anzahl besonders schutzbedürftiger Arbeitnehmer, die Möglichkeit, daß die dem regelmäßigen Verkehr dienenden Ausgänge und Verkehrswege im Gefahrenfall ein entsprechend rasches und sicheres Verlassen der Betriebsräume oder der Gebäude durch die Arbeitnehmer nicht gewährleisten, die Behörde kürzere Fluchtwege als im Abs.1 vorzuschreiben hat.

Laut § 21 Abs.6 AAV müssen Ausgänge, solange sich Arbeitnehmer in den Räumen aufhalten, jederzeit benützbar sein. Ausgänge von Traglufthallen müssen stabil ausgeführt sein; durch ein Stützgerüst oder andere geeignete Einrichtungen muß das Zusammensinken der Hülle soweit verhindert sein, daß der Raum gefahrlos verlassen werden kann. Ausgänge dürfen durch Lagerungen auch vorübergehend nicht verstellt sein.

Gemäß der zum Tatzeitpunkt und zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses noch in Geltung stehenden Vorschrift des § 23 AAV, BGBl.Nr. 218/1983, normiert dessen Abs.1, daß, besteht infolge der im § 21 Abs.2 genannten Umstände oder der besonderen örtlichen Verhältnisse die Möglichkeit, daß die dem regelmäßigen Verkehr dienenden Ausgänge und Verkehrswege und auch kürzere Fluchtwege nach den §§ 21 Abs.2 und 26 Abs.2 im Gefahrenfall ein entsprechend rasches und sicheres Verlassen der Betriebsräume oder der Gebäude durch die Arbeitnehmer nicht gewährleisten, die Behörde zusätzlich die Anlage von Notausgängen vorzuschreiben hat; die Vorschreibung von Notausstiegen ist zulässig, wenn diese für nicht mehr als fünf Arbeitnehmer bestimmt sind. Notausgänge und Notausstiege müssen auf möglichst kurzem Weg ins Freie oder in einen gesicherten Bereich führen.

Nach § 23 Abs.2 AAV müssen Notausgänge entsprechend § 21 Abs.3 bemessen sein; Türen von Notausgängen müssen in der Fluchtrichtung aufgehen. Die lichte Weite von Notausstiegen in horizontalen Flächen muß mindestens 0,80 m betragen; Notausstiege in vertikalen Flächen müssen mindestens 1,20 m hoch und mindestens 0,80 m breit sein. Notausgänge und Notausstiege müssen leicht erreichbar und leicht benützbar sein.

Gemäß § 23 Abs.3 AAV müssen Notausgänge und Notausstiege sowie die Zugänge zu diesen als solche deutlich sichtbar gekennzeichnet sein; sie dürfen durch Lagerungen auch vorübergehend nicht verstellt sein. Sofern Notausgänge und Notausstiege aus Betriebsgründen versperrt sein müssen, ist durch geeignete Vorkehrungen dafür zu sorgen, daß sie sich, solange sich Arbeitnehmer im Raum aufhalten, jederzeit ohne fremde Hilfsmittel von innen leicht öffnen lassen.

§ 21 Abs.7 und 8 sind auf Notausgänge und Notausstiege anzuwenden.

Dem Betriebsanlagengenehmigungsbescheid vom 10.10.1984, Ge-3891/3-1984-Schi/Hü, ist zu entnehmen (vgl. Punkt B.) 3. des Gutachtens des techn. Amtssachverständigen, Seite 4 der Verhandlungsschrift vom 13.9.1984 in Zusammenhalt mit Punkt I 1.) des Spruches), daß auf Grundlage des § 27 ASchG die Ausgangstüre an der Südseite des Untergeschoßes als Fluchtwegtüre (iSd § 21 Abs.2 AAV) zu kennzeichnen und während der Betriebszeit unversperrt zu halten ist. Die Funktion der Türe als behördlich vorgeschriebener - aus Betriebsgründen versperrt zu haltender - Notausgang unter den Prämissen des § 23 Abs. 3 AAV konnte entgegen dem Tatvorwurf nicht erwiesen werden.

Aus § 21 Abs.6 AAV ergibt sich aber, daß Ausgänge, solange sich Arbeitnehmer in den Räumen aufhalten, jederzeit benützbar sein müsen und durch Lagerungen auch vorübergehend nicht verstellt werden dürfen.

Aus § 21 Abs.3 ASchG ergibt sich darüberhinaus, daß Ausgänge und Verkehrswege so angelegt und beschaffen sein müssen, daß sie leicht und sicher begangen oder befahren werden können. Es muß dafür vorgesorgt sein, daß alle Arbeitsplätze bei Gefahr von den Arbeitnehmern schnell und sicher verlassen werden können (§ 21 Abs.6 ASchG).

Von dieser Sach- und Rechtslage ausgehend bedeutet dies - ohne daß es eines Eingehens auf den Schließmechanismus der in Rede stehenden Türe bedarf - , daß durch die gemäß dem Betriebsanlagengenehmigungsbescheid unversperrt zu haltende Fluchtwegtüre der Arbeitsplatz schnell und sicher verlassen werden können muß und die Fluchtwegtüre jederzeit benützbar sein muß (z.B. auch durch generelles Offenstehen der Türe), um den Arbeitnehmern ein rasches und sicheres Verlassen zu ermöglichen. Dies wurde innehalb der Vefolgungsverjährungsfrist nicht vorgeworfen.

Eine Einschränkung dahingehend, daß die jederzeitige Benützbarkeit einer Fluchtwegtüre - im Gegensatz zu einer aus Betriebsgründen versperrt gehaltenen Notausgangstüre (vgl. § 23 Abs.3 zweiter Satz AAV) - nur ohne fremde Hilfsmittel gegeben sein muß, ist der Vorschrift des § 21 AAV nicht zu entnehmen.

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 war daher von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen, da die dem Bw zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden konnte bzw keine Verwaltungsübertretung bildet.

6.4. Zu Faktum 3

Gemäß § 2 Abs.1 erster Satz ASchG sind Arbeitnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes alle Personen, die im Rahmen eines Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnisses tätig sind.

Gemäß der zum Tatzeitpunkt und zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses noch in Geltung stehenden Vorschrift des § 84 AAV, BGBl.Nr. 218/1983 idF BGBl.Nr. 369/1994, bestimmt dessen Abs.3, daß bei jedem Waschplatz die notwendigen Mittel zum Reinigen, wie Seife in Cremeform, Pulverform oder flüssiger Form in Seifenspendern oder als Seifenstück, sofern dieses ausschließlich von einer Person verwendet wird, sowie die notwendigen Mittel zum Abtrocknen beigestellt sein müssen; sofern nicht jedem Arbeitnehmer ein eigenes Handtuch zur Verfügung gestellt wird, dürfen Handtücher nur zur einmaligen Benützung bestimmt sein.

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Vorweg ist festzuhalten, daß Personen, die auf Grund eines Werkvertrages tätig werden, nicht unter den Arbeitnehmerbegriff fallen (vgl. ARD Arbeitnehmerschutz - ASchG, ArbeitnehmerInnenschutzgesetz mit Erläuterungen und Übergangsrecht ab 1.1.1995, redigiert von Dr. Dietrich Scherff als Sondernummer des ARD-Betriebsdienstes, Seite 3, Anmerkung zu § 2 Abs.1 ASchG).

Sowohl in der Aufforderung zur Rechtfertigung als auch im angefochtenen Bescheid ging die belangte Behörde von 15 Arbeitnehmern aus, ohne diese Anzahl (z.B. durch Meldungen bei der Gebietskrankenkase oder Zeugeneinvernahmen) näher zu überprüfen.

Im Berufungsschriftsatz vom 8.4.1998 und in der mündlichen Verhandlung vom 12.10.1998 (vgl. S 3 des Tonbandprotokolles) gab der Bw an, insgesamt 9 Personen zum Tatzeitpunkt beschäftigt zu haben (und nicht 15), wovon 4 Beschäftigte ausschließlich im Außendienst tätig gewesen seien, diese nie in den Betrieb kämen und ihre Arbeitsplätze in ihrer Wohnung hätten.

Die Vertreterin des Arbeitsinspektorates führte hingegen in der mündlichen Verhandlung aus, daß sie zum Zeitpunkt der Kontrolle von einer Bürokraft die Auskunft erhalten habe, daß 15 Arbeitnehmer im Betrieb beschäftigt seien. Ob 4 davon im Außendienst beschäftigt waren, sei möglich; dies sei jedoch nicht besprochen worden (vgl. S 1 des Tonbandprotokolles der mündlichen Verhandlung). Allerdings fand sie zum Zeitpunkt der Kontrolle 3 Arbeitnehmer im Büro im Erdgeschoß und 2 Arbeitnehmer im Untergeschoß (also insgesamt 5 Arbeitnehmer) vor. In der Stellungnahme des Arbeitsinspektorates vom 27.5.1998, Zl. 1160/57-9/98, wurde ausgeführt (vgl. ad 1), daß zum Zeitpunkt der Inspektion nach Auskunft der anwesenden Arbeitnehmer fünfzehn Arbeitnehmer beschäftigt gewesen seien, wobei die Aussage, daß 4 Arbeitnehmer im Außendienst beschäftigt seien, seitens des Arbeitsinspektorates nicht bestritten werden könne.

Die belangte Behörde hat hiezu keine Erhebungen gepflogen, oder Einsicht in den Betriebsanlagengenehmigungsbescheid genommen (vgl. Seite 3 der Verhandlungsschrift, Ge 3891/3-1984/Schi/Hü, vom 13.9.1984 ..." Insgesamt sind einschließlich Büro und Verkauf 9 Personen beschäftigt....".). Die behauptete Anzahl von 15 Arbeitnehmern konnte daher nicht erwiesen werden.

Im Sinne des § 44a Z1 VStG ist jedoch die genaue Anzahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer insofern für den Tatbestand des § 84 Abs.3 zweiter Halbsatz AAV von Relevanz, als "sofern nicht jedem Arbeitnehmer ein eigenes Handtuch zur Verfügung gestellt wird, Handtücher nur zur einmaligen Benützung bestimmt sein dürfen und daher Feststellungen der notwendigen bzw. fehlenden Anzahl von Handtüchern erforderlich sind und dem Tatvorwurf zugrundezulegen sind. Entgegen dem Tatvorwurf sind höchstens 5 Arbeitnehmer beschäftigt und wies das von der vernommenen Zeugin angefertigte Foto 3 Handtücher (Spruch: 2 Handtücher) auf; es würden demnach 2 Handtücher fehlen. Ob diese Handtücher nicht beigestellt bzw nicht zur Verfügung gestellt wurden, kann zwar aus dem Umstand, daß sie nicht neben dem Waschplatz lagen, geschlossen werden, ist aber nicht zwingend. Ob Handtücher und Seifenstücke anderweitig (z.B. in einem Kasten) ebenfalls nicht zur Verfügung standen, konnte aber nicht erwiesen werden.

Da die essentiellen Tatbestandsmerkmale (vgl. sinngemäß VwGH Erkenntnis vom 14.10.1994, Zl. 94/02/0287) und die dazu nötigen wörtlichen Anführungen (nicht nur bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- und Verbotsnormen) nicht innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist (§ 31 Abs.1 und 2 VStG) vorgeworfen wurden, war eine weitere Verfolgung unzulässig.

Es war daher dieser Spruchpunkt aufzuheben und das bezügliche Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 und 3 VStG einzustellen.

6.5. Zu Faktum 4

Nach der zum Tat-und Entscheidungszeitpunkt der erstinstanzlichen Behörde noch in Geltung stehenden Vorschrift des § 86 Abs.1 AAV, BGBl.Nr. 218/1983 idF BGBl.Nr. 369/1994, ist jedem Arbeitnehmer zur Aufbewahrung und zur Sicherung gegen Wegnahme seiner Straßen-, Arbeits- und Schutzkleidung ein ausreichend großer, luftiger und versperrbarer Kasten zur Verfügung zu stellen, in dem die Kleidung gegen Einwirkungen, wie Nässe, Staub, Rauch, Dämpfe oder Gerüche geschützt ist.

Die an den Diensteid gebundene Zeugin - die auch am Tattag die Arbeitsstätte des Bw kontrollierte - konnte sich, wie sich in der mündlichen Verhandlung herausstellte, nicht mehr erinnern, ob überhaupt Kleiderkästen nicht vorhanden oder ob diese nicht versperrbar waren (vgl. Tonbandprotokoll zur mündlichen Verhandlung, S 2 1. Absatz). Ob zwar Schränke vorhanden waren, diese aber nicht genutzt wurden, wurde von der Zeugin nicht überprüft und konnte daher nicht erwiesen werden. Es kann aber auch das gänzliche Fehlen nicht erwiesen werden.

Dem Bw konnte somit die zur Last gelegte Tat nicht mit der für das Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden und es war daher im Zweifel für den Beschuldigten zu entscheiden. Hinsichtlich dieses Spruchpunktes war ebenfalls von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und dessen Einstellung zu verfügen (§ 45 Abs.1 Z1 1.Alternative VStG).

Im übrigen war auch bei diesem Tatbestandsmerkmal die exakte Ermittlung der Anzahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer Anknüpfungsmoment für den zu konkretisierenden Tatvorwurf der Anzahl von fehlenden bzw. vorhandenen Kästen.

6.6. Zu Faktum 5

Gemäß § 65 Abs. 7 erster Satz AAV, BGBl. Nr. 218/1983 idF BGBl.Nr.  369/1994, dürfen Behälter für verdichtete, verflüssigte oder unter Druck gelöste Gase nicht geworfen oder gestürzt werden; sie müssen, auch im entleerten Zustand, gegen Umfallen gesichert sein.

In der mündlichen Berufungsverhandlung legte die Vertreterin des Arbeitsinspektorates dar, daß die Stickstoffflasche wie am Foto vorgefunden wurde. Eine Abschrankung oder sonstige Sicherung gegen Umfallen war nicht vorhanden (vgl. S 2, 2. Absatz des Tonbandprotokolles). Der Bw entgegnete, daß die Flasche durch einen Kasten eingeklemmt gewesen sei.

Das im Akt befindliche Photo dokumentiert, daß die in einem Eck stehende Gasflasche wohl an das Mauereck gestellt bzw. an eine leere Kiste angelehnt war. Im Anschluß an die Kiste ist ein bis zur Flaschenmitte reichender Einrichtungsgegenstand ersichtlich. Ein - wie vom Bw behauptet - vorgeschobener Kasten, durch den die Flasche eingeklemmt gewesen wäre, ist auf dem Photo nicht zu sehen.

Der Oö. Verwaltungssenat gelangt daher zu der Auffassung, daß die Flasche nicht entsprechend der Vorschrift des § 65 Abs.7 AAV gegen Umfallen abgesichert war.

6.7. Hinsichtlich der Strafbemessung ist den Erwägungen der Erstbehörde zu folgen und entspricht die verhängte Strafe (3% der Höchststrafe von 100.000 S) dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat. Insbesondere wurde der Bw bereits bei einer Betriebsstättenbesichtigung am 21. März 1995 von einer Kontrollorin des Arbeitsinspektorates darauf aufmerksam gemacht, daß die Gasflasche z.B. mittels Kette gegen Umfallen gesichert werden könnte.

6.8. Abschließend sieht sich der Oö. Verwaltungssenat noch zu folgender Anmerkung veranlaßt:

Gemäß den Übergangsbestimmungen der §§ 106, 108, 110 ASchG (vgl. Punkt 6.1. des h. Erkenntnisses) gelten bis zum Inkrafttreten der entsprechenden Verordnungen die in den Übergangsbestimmungen genannten Bestimmungen der AAV als Bundesgesetz. Dementsprechend sind bei Tatbestandsmäßigkeit iSd § 44a Z2 VStG die jeweiligen einschlägigen Gebots- bzw Verbotsnormen der AAV in Verbindung mit der jeweiligen Übergangsbestimmung des ASchG in Verbindung mit § 130 Abs.5 Z1 ASchG als verletzte Rechtsvorschrift und als Strafnorm iSd § 44a Z3 VStG § 130 Abs.5 Einleitungssatz ASchG zu zitieren.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung: AAV, Anwendbarkeit, Übergangsbestimmungen, Zahl der Arbeitnehmer, Spruchkonkretisierung.

 

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