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des Landes Oberösterreich
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VwSen-280453/2/Gu/Pr

Linz, 18.06.1999

VwSen-280453/2/Gu/Pr Linz, am 18. Juni 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung der M. P., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 27.4.1999, Zl.Ge96-129-1999, wegen Übertretungen der EG-Verordnung 3820 iVm mit dem AZG zu Recht:

Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß jeweils bei den Tatvorwürfen und bei der Zitierung der verletzten Rechtsvorschriften anstelle der Wortfolgen "Kollektivvertrag für das Handelsgewerbe" die Wortfolgen "Kollektivvertrag für das Gütebeförderungs-gewerbe" zu treten hat und bei der Zitierung der verletzten Rechtsvorschriften zu Punkt 2. hinter den § 28 die Bezeichnung "Abs." einzufügen ist.

Die Rechtsmittelwerberin hat als Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens für die Fakten 1 und 2 jeweils die Beträge von 500 S, das sind iS 1.000 S zu bezahlen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 5 Abs.1, § 19, § 64 Abs.1 und 2 VStG; § 28 Abs.1a Z4 AZG iVm Art.6 Abs.1 EG-Verordnung 3820 iVm Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe Österreich sowie § 28 Abs.1a Z2 AZG iVm Art.8 Abs.1 der EG-Verordnung 3820 iVm Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe Österreichs

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat die Rechtsmittelwerberin mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, als das nach außen vertretungsbefugte Organ (handelsrechtliche Geschäftsführerin) der P. H. und Handels GesmbH mit dem Sitz in N., Herrn K. S. als Lenker des LKW mit Anhänger, Kennzeichen - einem Kraftfahrzeug, das der Güterbeförderung dient und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht 3,5 t übersteigt, am 23.11.1998 mit einer Lenkzeit von 11 Stunden und 50 Minuten und am 24.11.1998 mit einer Lenkzeit von 10 Stunden und 50 Minuten eingesetzt zu haben, wogegen die tägliche Lenkzeit an zwei Tagen pro Wochen 10 Stunden, an den übrigen Tagen 9 Stunden nicht überschreiben dürfe.

Ferner habe sie im vorerwähnten Zusammenhang auch zu verantworten, daß dem vorbezeichneten Lenker die tägliche Ruhezeit nicht gewährt worden sei und zwar nach Berechnung des Arbeitsbeginnes vom 23.11.1998 auf den 24.11.1998 nur in einem Ausmaß von 7 Stunden 25 Minuten und nach Ende des 24.11.1998 nur in einem Ausmaß von 8 Stunden 5 Minuten, wogegen innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden einzuhalten sei und diese Ruhezeit bei entsprechendem Ausgleich, aber nicht auf weniger als 9 Stunden verkürzt werden dürfe.

Wegen Verletzung des § 28 Abs.1a Z4 AZG iVm Art.6 Abs.1 der EG-Verordnung 3820 iVm dem Kollektivvertrag für das Handels- (richtig wohl Güterbeförderungs-)gewerbe Österreich einerseits und wegen Verletzung des § 28 Abs.1a Z2 AZG (richtig wohl § 28 Abs.1a Z2 AZG) iVm Art.8 Abs.1 der EG-Verordnung 3820 iVm dem Kollektivvertrag für das Handels-(richtig wohl Güterbeförderungs-)gewerbe Österreich wurden ihr in Anwendung des § 28 Abs.1a AZG zwei Geldstrafen im Ausmaß von je 2.500 S, im Falle der Uneinbringlichkeit zwei Ersatzarreststrafen im Ausmaß von je 30 Stunden und 10 %ige erstinstanzliche Verfahrenskostenbeiträge auferlegt.

Die erste Instanz stützt ihr Straferkenntnis auf die Auswertung der Tachographenscheiben durch das Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk und in subjektiver Hinsicht auf die Verschuldensvermutung des § 5 Abs.1 VStG im Hinblick auf die vorliegenden Ungehorsamsdelikte.

In ihrer dagegen eingebrachten Berufung bekämpft die Rechtsmittelwerberin die vorgeworfene Erfüllung der subjektiven Tatseite, nimmt Bezug auf das Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren, wonach dem Bediensteten K. S. aufgetragen worden ist, die vorgeschriebenen Ruhezeiten bzw. Lenkzeiten genauestens einzuhalten und sich dieser auch grundsätzlich danach halte, es aber nicht möglich sei, ihm eine Begleitperson zur Aufsicht beizustellen; er sei ein mündiger Bürger, der die Aufzeichnungen über die Lenk- und Ruhezeiten führen müsse und seine Bezahlung über die gesetzlich erlaubten Lenkzeiten laufe. Die vorgeworfenen Überschreitungen haben er der Firmenleitung in seiner Stundenaufstellung nicht übergeben und seien diese Zeiten auch nicht bezahlt worden. Die Rechtsmittelwerberin sei sich keiner Fahrlässigkeit bewußt und ersucht die Behörde dringendst mitzuteilen, welche Maßnahmen sie noch setzen solle, um in Zukunft nicht mit ungerechtfertigten Strafen belästigt zu werden.

Ihr genüge nicht, wenn in der Begründung ausgeführt werde, sie habe fahrlässig gehandelt.

Sie habe diesbezüglich mit vielen Fachleuten gesprochen, wobei keiner eine Auskunft habe geben können, welche zusätzlichen Maßnahmen sie noch setzen könnte, um solchen Schikanen zu entgehen - gemeint wohl - um einer Bestrafung zu entgehen.

Im Ergebnis begehrt sie mangels Vorliegens eines Verschuldens wegen der Sache nicht bestraft zu werden.

Mit diesem Vorbringen vermochte die Rechtsmittelwerberin bei nachgewiesener und unbestrittener objektiver Tatseite im Ergebnis für sich letztlich nichts gewinnen.

Die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angelasteten Verhaltensweisen stellen sogenannte Ungehorsamsdelikte dar, für die, was die subjektive Tatseite anlangt, die Rechtsvermutung des § 5 Abs.1 VStG gilt. Demnach genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, zumal die Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist aber bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

In Wahrnehmung dieser Sorgfaltspflicht bedürfte es daher für einen maßgerechten Arbeitgeber nicht nur des Vertrauens auf die Abrechnung der bloß gesetzlich zulässigen Arbeitszeiten, sondern der regelmäßigen und kurzfristigen Kontrolle der Tachographenblätter zu dem Zweck des Überzeugens, ob der Arbeitnehmer die zulässigen Lenk- und Ruhezeiten auch tatsächlich einhält. Darüber hinaus bedarf es auch einer auf die allseitigen Verhältnisse ausgelegten Fahrten- und Routenplanung, bei der nach der Lebenserfahrung insbesondere auf die zu erwartenden Umstände wie, Straßenzustand, Staus und Wartezeiten bei Grenzabfertigung entsprechend Bedacht genommen wird. Daß die Rechtsmittelwerberin dies bei den konkreten Fahrten berücksichtigt oder vorgekehrt hätte, hat sie aber nicht dargetan, sodaß im Hinblick auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, von der abzugehen der Oö. Verwaltungssenat nicht veranlaßt ist, ein Entlastungsbeweis nicht gelungen erscheint.

Aus diesem Grunde war der Schuldspruch zu bestätigen.

Was die Strafbemessung anlangt so war zu bedenken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen für die beiden angelasteten Übertretungen der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften beträgt gemäß § 28 Abs.1a Auslaufsatz AZG an Geldstrafe 1.000 S bis 25.000 S.

Die erste Instanz hat gegenüber dem Strafantrag des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk ohnedies maßhaltend reagiert, indem nur die Hälfte der beantragten Geldstrafe ausgesprochen worden ist.

Offensichtlich wurde auf das von der Beschuldigten bekanntgegebene Monatseinkommen von 12.000 S, auf die Vermögenslosigkeit und die Mitsorgepflicht für zwei Kinder im Alter von 9 und 11 Jahren Rücksicht genommen.

Angesichts des Umstandes, daß der Unrechtsgehalt der Übertretungen gewichtig war und die Rechtsmittelwerberin keinen Milderungsgrund für sich buchen konnte, sie dagegen aber Vormerkungen wegen Übertretung einschlägiger arbeitszeit-rechtlicher Vorschriften gegen sich gelten lassen mußte, hat die erste Instanz mit den ausgesprochenen Geldstrafen zu dem ihr eingeräumten Ermessen keinen Mißbrauch zu vertreten.

Auch die im Falle der Uneinbringlichkeit ausgesprochene Ersatzfreiheitsstrafe entspricht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Aus all diesen Gründen mußte der Berufung ein Erfolg versagt bleiben.

Dies hatte auf der Kostenseite zur Folge, daß kraft ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift des § 64 Abs.1 und 2 VStG die Rechtsmittelwerberin einen Beitrag von 20 % der bestätigten Geldstrafen zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. G u s c h l b a u e r

Beschlagwortung: Kontrollnetzjudikatur bei Übertretung des AZG

 

 

 

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