Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280663/4/Ga/He

Linz, 10.02.2004

 

 

 

VwSen-280663/4/Ga/He Linz, am 10. Februar 2004

DVR.0690392 

 

E R K E N N T N I S

 
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die - auf die Strafe eingeschränkte - Berufung des Arbeitsinspektorates Wels gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 13. Februar 2003, Zl. Ge96-87-2002, betreffend die Erteilung einer Ermahnung wegen Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung (BauV), zu Recht erkannt:
Der Berufung wird stattgegeben. Der auf § 21 VStG gestützt Ausspruch des angefochtenen Bescheides, von der Verhängung einer Strafe gegen Herrn E K als Beschuldigter abzusehen und ihm statt dessen eine Ermahnung zu erteilen, wird aufgehoben und durch folgenden Strafausspruch ersetzt: "Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie gemäß § 130 Abs.5 Einleitung ASchG eine Geldstrafe von 600 € (Ersatzfreiheitsstrafe: 36 Stunden) verhängt."
Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 19, § 51 Abs.1, § 51 Abs.6, § 51c VStG. Art.3 Abs.3 BVGPersFreiheit.
 

Entscheidungsgründe:
Mit bezeichnetem Bescheid vom 13. Februar 2003 wurde E K als handelsrecht licher Geschäftsführer der E K Spenglerei und Dachdeckerei Ges.m.b.H. usf. einer am 29. Oktober 2002 begangenen Übertretung des § 87 Abs.3 BauV schuldig erkannt, über ihn jedoch in Anwendung des § 21 VStG keine Strafe verhängt, sondern eine Ermahnung erteilt.
 
Dagegen erhob der Beschuldigte keine Berufung. Das Arbeitsinspektorat Wels als Organpartei im zugrunde liegenden Verwaltungsstrafverfahren hingegen erhob Berufung (nur) gegen den Ausspruch, von der Verhängung einer Strafe gegen den Beschuldigten abzusehen und ihm eine Ermahnung zu erteilen, beantragte dessen Aufhebung und die Verhängung einer Geldstrafe von 600 €.
 
Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat nach Einsicht in den zugleich vorgelegten Strafverfahrensakt der belangten Behörde erwogen:
 
Im Berufungsfall ist der Schuldspruch, der von keiner der Parteien bekämpft worden war, rechtskräftig geworden. Somit steht unangreifbar fest, dass der Beschuldigte für die angelastete (im Schuldspruch näher ausgeführte) Schutzpflichtverletzung verantwortlich einzustehen hat.
 
Die Strafbehörde begründete die Anwendung des § 21 VStG ("Absehen von der Strafe") mit eigenmächtigen, weisungswidrigen Verhaltensweisen von Arbeitnehmern der involvierten Gesellschaft, wodurch das Verschulden des verantwortlichen Organs als geringfügig zu werten gewesen sei, sowie dem Umstand, dass durch das verpönte Verhalten keine (für Leben und Gesundheit von Menschen) nachteilige Folgen eingetreten seien. Die Ermahnung hielt die belangte Behörde wegen Mängel im betrieblichen Kontrollsystem für erforderlich.
 
Dem hielt das AI in seiner Berufung Folgendes entgegen:
"Das Arbeitsinspektorat führte in der Strafanzeige vom 26. November 2002 an, dass erfahrungsgemäß Stürze aus einer Höhe von ca. 6,5m mit schweren Verletzungen, wenn nicht tödlich enden. Gerade im Herbst, wenn die Witterung der Sicherheit von Dacharbeiten nicht zuträglich ist, wird diesbezüglich die Übertretung von der Strafbehörde lediglich als "latente Möglichkeit einer Gefährdung besonders geschützter Interessen" gewertet. Dass die Tat in diesem Falle keine nachteiligen Folgen hatte, darf nicht als strafmildernd gewertet werden, da es bei derartigen Übertretungen nicht auf das Eintreten eines bestimmten Erfolges ankommt.
Die Bezirksverwaltungsbehörden kennen die Vorgangsweise des Arbeitsinspektorates. Somit ist diesen auch bekannt, dass erst nach einigen Übertretungen und Aufforderungen nach § 9 ArbIG bezüglich verschiedener Baustellen ein Strafantrag bei der Bezirksverwaltungsbehörde gestellt wird.
Aus diesen Gründen ist eine Ermahnung nicht geeignet, den Beschuldigten von weiteren Übertretungen abzuhalten."


Das AI beantragte die Verhängung einer Geldstrafe von 600 €. Dieses Strafausmaß hatte das AI zuletzt schon im erstinstanzlichen Verfahren beantragt.
 
Zu dieser Berufung und ihrer Begründung wurde der Berufungsgegner vom Unabhängigen Verwaltungssenat zur Stellungnahme unter Fristsetzung ausdrücklich aufgefordert. Er verschwieg sich jedoch.
 
Das AI ist mit seinem Einwand, es seien vorliegend die Tatbestandsvoraussetzungen des § 21 Abs.1 VStG für das Absehen von der Strafe nicht erfüllt gewesen, im Recht. Darauf, dass im Berufungsfall kein Arbeitnehmer Schaden erlitten hatte (kein Absturz zu beklagen gewesen war), kommt es aus dem Blickwinkel des objektiven Tatbestandes - es wurde ein Ungehorsamsdelikt verwirklicht - nicht an. Vielmehr war der hier für die Strafbemessung maßgebliche Unrechtsgehalt der Tat (im § 21 Abs.1 VStG als "Folgen der Übertretung" angesprochen) infolge der konkreten Ausprägung der Absturzgefahr (Absturzhöhe immerhin 6,5 m; Dachneigung 35°!) als bereits beträchtlich zu bewerten. Schon allein dadurch war die vom AI zuletzt beantragt gewesene Strafhöhe von 600 € (Schriftsatz vom 10.1.2003) zwar als streng, nicht aber als überzogen einzustufen.
 
Die belangte Behörde ist erkennbar - und zutreffend - davon ausgegangen, dass der Beschuldigte ein Kontrollsystem in der von der einschlägigen Judikatur geforderten Qualität, die insbesondere durch die im Detail vom Beschuldigten selbst darzustellenden Maßnahmen (va. disziplinärer und besoldungsmäßiger Natur) zur Hintanhaltung weisungswidrigen Verhaltens von Arbeitnehmern geprägt zu sein hat, schon nicht glaubhaft gemacht hatte. Auch dieser Umstand aber stand der Anwendung des § 21 Abs.1 VStG entgegen.
Besondere Milderungsgründe hat der Berufungswerber nicht geltend gemacht und waren auch vom Unabhängigen Verwaltungssenat nicht aufzugreifen. Auch persönliche Umstände (wirtschaftlicher Art; Sorgepflichten), die gegen die Verhängung einer Geldstrafe in der beantragten Höhe sprechen könnten, wurden nicht vorgetragen.
 
Aus allen diesen Gründen war die vom AI als Berufungswerberin beantragte Geldstrafe als in dieser Höhe tat- und täterangemessen zu verhängen.
Die gleichzeitige, erstmalige Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe gründet sich auf § 16 Abs.1 VStG in Verbindung mit Art.3 Abs.3 BVGPersFreiheit und ist eben dadurch in Konstellationen wie vorliegend nur deswegen statthaft, weil sie durch den Unabhängigen Verwaltungssenat und somit von einem iS des Art.6 Abs.1 MRK unabhängigen und unparteiischen Tribunal verhängt wurde (vgl. h. Erkenntnis vom 7.8.1998, VwSen-280329/14/Ga/Km; mit Vorjudikatur).
 
Zu Kostenbeiträgen war der Bestrafte entgegen § 64 und § 65 VStG nicht zu verpflichten, weil er nicht selbst Berufungswerber war (vgl Erk. VwGH vom 19.5.1993, 92/09/0031).
 
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 € zu entrichten.
 
 

Mag. Gallnbrunner

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