Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280708/2/Ga/Ni

Linz, 30.12.2003

 

 

 

VwSen-280708/2/Ga/Ni Linz, am 30. Dezember 2003

DVR.0690392 

 

E R K E N N T N I S
 
 
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Herrn J H in S, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in N gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 10. November 2003, Zl. Ge96-2515-2003, wegen Übertretungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG), zu Recht erkannt:
 
Zu Faktum 1. wird der Berufung stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird insoweit aufgehoben und das Verfahren eingestellt.
 
Zu den Fakten 2. bis 5. wird die Berufung hinsichtlich der Schuld abgewiesen. Das angefochtene Straferkenntnis wird insoweit bestätigt, dies mit der Maßgabe, dass a) der erste Satz des Schuldspruchs zu 5. wie folgt zu lauten hat: "5. Der Verpflichtung des Arbeitgebers, dafür sorgen zu müssen, dass die Arbeitsstätte einschließlich der Sanitär- und Sozialeinrichtungen, die elektrischen Anlagen und die Arbeitsmittel ordnungsgemäß instandgehalten und gereinigt werden, wurde nicht nachgekommen: ..."; b) der vorletzte Satz des Schuldspruchs zu 5. wie folgt zu lauten hat: "Für die Manipulation mit dem im Hof gelagerten Koks stand nur eine Schaufel mit abgebrochenem Stiel zur Verfügung."
Hinsichtlich der Strafen zu den Fakten 2. bis 5. wird der Berufung hingegen stattgegeben: Die verhängten Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) werden auf je 600 € (je 43 Stunden), die auferlegten Kostenbeiträge auf je 60 € herabgesetzt.

 
Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 51 Abs.1, § 51c, § 64 f VStG.
 

Entscheidungsgründe:
Mit bezeichnetem Straferkenntnis vom 10. November 2003 wurde der Berufungswerber für schuldig befunden, er habe in seiner organschaftlichen Eigenschaft als außenvertretungsbefugter handelsrechtlicher Geschäftsführer der A K GmbH, Sitz in S, dafür einzustehen, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin in ihrer (weiteren) Arbeitsstätte in B, E, bestimmte Arbeitnehmer am 16. Juli 2003 beschäftigt und dabei mehrfach gegen Vorschriften des ASchG verstoßen habe.
Die konkreten (iSd § 44a Z1 VStG als erwiesen angenommenen) Übertretungssachverhalte wurden dem Berufungswerber mit den Fakten 1. bis 5. angelastet und die dadurch verletzten Rechtsvorschriften (iSd § 44a Z2 VStG) angeführt.
Über den Berufungswerber wurden gemäß § 130 Abs.1 Einleitung ASchG folgende Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) je kostenpflichtig verhängt: Zu 1. bis 4. je 1.000 Euro (je 72 Stunden), zu 5. 2.000 Euro (144 Stunden).
 
Über die gegen alle fünf Fakten dieses Straferkenntnisses erhobene, Aufhebung und Einstellung beantragende Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat nach Einsicht in den zugleich vorgelegten Strafverfahrensakt der belangten Behörde erwogen:
 
Für alle Fakten blieben Tatzeit, Tatort, die Arbeitgeber-Eigenschaft der involvierten Gesellschaft, die Beschäftigung bestimmter Arbeitnehmer dieser Gesellschaft sowie der Verantwortlichkeitsgrund des Berufungswerbers unbestritten. Die bezgl. Sachverhalte waren als erwiesen festzustellen.
 
Zu Faktum 1.
Die vom hier als erfüllt angenommenen Straftatbestand des § 130 Abs.1 Z3 ASchG verwiesene, vorliegend als verletzt vorgeworfene Gebotsnorm des § 3 Abs.6 ASchG lautet:
"Für eine Arbeitsstätte, Baustelle oder auswärtige Arbeitsstelle, in/auf der der Arbeitgeber nicht im notwendigen Umfang selbst anwesend ist, ist eine geeignete Person zu beauftragen, die auf die Durchführung und Einhaltung der notwendigen Schutzmaßnahmen zu achten hat".
Demnach nimmt die Verhaltensvorschrift einen bestimmten Arbeitgeber nur unter der Voraussetzung in Pflicht, dass dieser Arbeitgeber in der konkreten Arbeitsstätte nicht - im notwendigen Umfang - selbst anwesend ist. Diese Voraussetzung, genauer: einlösende Bedingung, erweist sich als daher wesentliches Tatbestandsmerkmal des Pflichtenverstoßes des Arbeitgebers. Die Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmals durch einen näher umschriebenen Sachverhalt der Nichtanwesenheit wurde im Berufungsfall in den Verfolgungshandlungen (AzR vom 3.10.2003; angefochtene Straferkenntnis) nicht angelastet. Ist dadurch aber der Tatvorwurf zu 1. von Anfang an unbestimmt geblieben, war er wegen Verfolgungsverjährung einer Sanierung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat nicht zugänglich, weshalb wie im Spruch - unter Wegfall auch der Kostenfolgen - zu entscheiden und gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG die Einstellung zu verfügen war.
 
 
Zu den Fakten 2. bis 4.
Die zu diesen Übertretungen - zu 2. nach § 130 Abs.1 Z5 iVm § 4 Abs.1 ASchG; zu 3. nach § 130 Abs.1 Z6 iVm § 4 Abs.3 ASchG; zu 4. nach § 130 Abs.1 Z7 iVm § 5 ASchG - als erwiesen angenommenen Unterlassungssachverhalte wurden in Übereinstimmung mit der Aktenlage vorgeworfen. Zu den Fakten 2. und 4. gibt der Berufungswerber die Unterlassungen ausdrücklich zu. Zu Faktum 3. verantwortet sich der Berufungswerber mit einem schlichten Abstreiten des Vorwurfs, wobei er die Behauptung, er habe Maßnahmen zur Gefahrenverhütung schriftlich aufgezeichnet, jedoch gänzlich unbescheinigt gelassen hat einerseits und er andererseits übersieht, dass die Erfüllung der hier als verletzt angelasteten Gebotsvorschrift zur Voraussetzung hat, dass er (für die Arbeitgeberin) die allgemeine Evaluierungspflicht des § 4 Abs.1 ASchG gesetzesgemäß erfüllt hätte, was jedoch als nicht geschehen (Faktum 2.) von ihm selbst zugegeben wurde.
Die Schuldsprüche zu 2. bis 4. waren daher zu bestätigen.
 
Aus der Begründung zur Strafbemessung ist dem angefochtenen Straferkenntnis nicht zu entnehmen, dass die belangte Behörde gemäß § 19 Abs.2 VStG auf erschwerende und mildernde Umstände in bestimmter Weise Bedacht genommen hätte. Nach dem Stand des dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegten Strafaktes wäre zu Gunsten des Berufungswerbers der besondere Milderungsgrund im Sinne des § 34 Z2 StGB (absolute Unbescholtenheit), zu seinen Lasten jedoch kein Erschwerungsgrund zu werten gewesen. Ausgehend davon hatte gegenüber dem Berufungswerber der täterbezogene Abschreckungszweck des Strafübels (noch) in den Hintergrund zu treten. Der Unabhängige Verwaltungssenat hält die nun festgesetzten Strafausmaße in diesen Fällen als tat- und täterangemessen.
 
Zu Faktum 5.
Was die spruchgemäßen Vorwürfe hinsichtlich der beiden Schaufeln (je mit abgebrochenem Stiel; jene, die Herr H benützt habe und jene, die für das Einschaufeln des Koks benützt worden sei), hinsichtlich der Verschmutzung der beiden WC-Anlagen und des Bodens (insbesondere im Aufenthaltsraum) und hinsichtlich des aufgequollenen Holzbodens im Lager angeht, war der Schuldspruch zu 5. - der Berufungswerber gibt diese Mängel zu und führt aus, dass die Mängel mittlerweile z.T. bereits behoben worden seien und z.T. die Behebung "in den kommenden Wochen" durchgeführt werden würde - in diesem Umfang zu bestätigen. Die wenigstens nachträgliche Erfüllung der hier in Rede stehenden Instandhaltungs- und Reinigungspflichten vermag weder an der Tatbestandsmäßigkeit des Vorwurfs etwas zu ändern noch einen Milderungsgrund für die Strafbemessung abzugeben.
Im Recht ist der Berufungswerber allerdings mit seinem Einwand, es sei ihm der Umstand, dass "Koks im Haufen im Hof" gelegen sei, nicht als Übertretungsverhalten vorzuwerfen gewesen. Weder nämlich aus der Anzeige des AI noch aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses vermag der Unabhängige Verwaltungssenat nachzuvollziehen, aus welchen Gründen die hier vorgefundene Art und Weise der Kokslagerung (im Hof) gegen die dem Arbeitgeber nach § 17 Abs.1 ASchG auferlegte Pflicht zur Instandhaltung der Arbeitsstätte oder der Arbeitsmitteln in diesem Fall verstoßen haben könnte. Insofern und insoweit war der Schuldspruch zu 5. daher zu bereinigen.
 
In der Strafbemessung zu 5. ging die belangte Behörde mit Blick auf die "elektrischen Anlagen" von einem (offenbar auch im Vergleich zu 1. bis 4.) "besonders gravierenden" Unrechtsgehalt der Tat aus und befand eine doppelt so hohe Geldstrafe als angemessen. Dabei übersah sie jedoch, konkrete Instandhaltungsmängel hinsichtlich konkreter elektrischer Anlagen der Arbeitsstätte durch Vorwurf entsprechender Lebenssachverhalte in den Tatvorwurf zu 5. aufzunehmen (nicht anders die AzR vom 3.10.2003 als erste Verfolgungshandlung), sodass die spezifische Bewertung des Unrechtsgehaltes in diesem Punkt gar nicht möglich ist. Dies berücksichtigend und bei gleichzeitigem Wegfall des "Koks"-Vorwurfs war daher von keinem wesentlich höheren Unrechtsgehalt als zu den Fakten 2. bis 4. auszugehen. Andererseits war der oben dargelegte besondere Milderungsgrund im Sinne des § 34 Z2 StGB auch hier anzurechnen, sodass aus all diesen Erwägungen zu 5. die Strafe auf das selbe Ausmaß wie zu 2. bis 4. zu mindern war.
 
Die weitere Spruchänderung zu 5. war aus rechtlichen Gründen geboten und zulässig, weil für den 'verständigen Leser' (vgl. VwGH 13.10.1993, 93/02/0181) der Anlastung im Vergleich mit der tatbestandlichen Rechtsvorschrift kein berechtigter Zweifel darüber aufkommen konnte, dass die hier in Rede stehende Gebotsnorm keine unmittelbare Verpflichtung des Arbeitgebers normiert, die Arbeitstätte etc. selbst in Stand zu halten, zu reinigen etc., sondern vielmehr anordnet, dass der Arbeitgeber (nur) dafür zu sorgen hat, dass ... .
 
Dieses Verfahrensergebnis bewirkte zu 1. den gänzlichen Wegfall der Kostenpflicht, und zu 2. bis 5., dass die dem Berufungswerber strafbehördlich auferlegten Beiträge entsprechend zu mindern, Beiträge zu den Kosten des Tribunalverfahrens jedoch nicht aufzuerlegen waren.
 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 € zu entrichten.
 

 

Mag. Gallnbrunner

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