Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280901/28/Kl/Sp

Linz, 02.08.2006

 

 

 

VwSen-280901/28/Kl/Sp Linz, am 2. August 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Mag. E R, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. D E, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 8.2.2006, BZ-Pol-09010-2005, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 23. Juni 2006, zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Verwaltungsübertretungsnorm iSd § 44a Z2 VStG um den Ausdruck "und § 118 Abs.3 ASchG" zu ergänzen ist und die Strafnorm iSd § 44a Z3 VStG zu lauten hat: "§ 130 Abs.5 Einleitung ASchG".

 

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, das sind 280 Euro, zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 8.2.2006, BZ-Pol-09010-2005, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.400 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 65 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs.5 Z1 AschG iVm § 30 Abs.1 BauV verhängt, weil er es als Vorstand, somit iSd § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der Fa. E W Aktiengesellschaft, (Firmensitz) zu verantworten habe, dass am 19.1.2005 gegen ca. 13.00 Uhr auf der Baustelle der F W, dem Arbeitnehmer R H, geb., bei Elektroarbeiten an der Brandrauchentlüftung am Dach (Absturzhöhe ca. 15 m) keine Schutzausrüstung gegen Absturz zur Verfügung gestellt wurde. In der Folge stürzte der Arbeitnehmer und wurde dabei schwer verletzt.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, die Aufhebung des Straferkenntnis und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Herabsetzung der Strafhöhe beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass seitens der E W AG und seitens der Firma S Schutzausrüstung zur Verfügung gestellt worden sei. Die Arbeiten seien an einer nicht absturzgefährlichen Stelle durchgeführt worden. Sämtliche Vorschriften seien durch den Berufungswerber eingehalten worden. Der Arbeitnehmer hätte sich selbsttätig von der eigentlichen - nicht absturzgefährlichen - Arbeitsstelle entfernt. Auch liege kein Verschulden des Berufungswerbers vor. Es hätte Dienstanweisungen an die Mitarbeiter gegeben, die die Einhaltung der rechtlichen Bestimmungen zur Unfallsverhinderung überwachten. Auch gäbe es firmeninterne Schulungen sowie Leitfäden und ein Arbeitssicherheitskonzept. Der Berufungswerber führe Kontrollen wöchentlich durch und die Schulungen der Mitarbeiter finden regelmäßig statt. Auch sei die verhängte Strafe nicht tat- und schuldangemessen, sondern wäre eine geringere Strafe angemessen. Auch könnte mit einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden.

 

3. Der Magistrat Wels hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Auf eine ordnungsgemäße Zustellung wurde hingewiesen. Es wurde die Abweisung der Berufung beantragt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 23.6.2006, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden. Es hat der Rechtsvertreter des Berufungswerbers an der mündlichen Verhandlung teilgenommen, die übrigen Parteien haben sich entschuldigt. Weiters wurden R H, G B, F R, C R S und W N als Zeugen geladen und einvernommen. Der als Zeuge geladene Arbeitsinspektor DI A G hat sich entschuldigt; von einer Einvernahme wurde im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens dann Abstand genommen, zumal der Sachverhalt ausreichend geklärt und erwiesen wurde.

 

4.1. Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

Aufgrund des Firmenbuchauszuges ist der Berufungswerber Vorstand der E W Aktiengesellschaft mit Sitz in.

Auf der Baustelle F W, waren am 19.1.2005 sowohl Arbeitnehmer der E W AG (30 bis 40) als auch Arbeitnehmer des Elektroinstallationsunternehmens C R S, mit Elektroinstallationsarbeiten beschäftigt. Die Elektroinstallationsarbeiten wurden im Namen und auf Rechnung der E W AG ausgeführt. Bauleitender Obermonteur der E W AG war F R. Er teilte auf der Baustelle die Arbeiten ein. Wenn Arbeitskräfte für die Elektroinstallationsarbeiten fehlten, wurden diese im Büro der E W AG angefordert und vom Büro dann auf die Baustelle entsandt. Arbeitskräfte wurden aus dem eigenen Unternehmen sowie über Leasingfirmen und auch über das Elektroinstallationsunternehmen S beschafft. Es wurde vor Ort die Arbeit zugewiesen, nach Fertigstellung kontrolliert und die geleisteten Arbeitsstunden dem jeweiligen Arbeitnehmer bestätigt. Abgerechnet wurde nach geleisteten Regiestunden. Installationspläne und Anweisungen erhielten die Arbeitnehmer vor Ort auf der Baustelle von Herrn R. Dies geschah auch gegenüber dem Arbeitnehmer R H und dem Lehrling W N. Das Elektroinstallationsunternehmen S hatte keine Installationspläne und wusste nicht konkret welche Arbeiten an welchem Tag zu verrichten waren und wurden diese Arbeiten auch nicht von ihm eingeteilt. Es wurden die Arbeitnehmer auf Anforderung der E W AG zur Verfügung gestellt und die Arbeit nach Regiestunden abgerechnet. Das erforderliche Material sowie auch größere Geräte wurden durch die E W AG zur Verfügung gestellt. Auch technische Schutzeinrichtungen wurden zur Verfügung gestellt. Kleines Handwerkzeug wurde in einem Werkzeugkoffer durch die Arbeitnehmer der Firma S mit auf die Baustelle gebracht. Persönliche Schutzausrüstung sollte im Firmenbus vorhanden sein. Am Unfallstag waren von der Firma S der Elektrikermeister R H und drei weitere Arbeitnehmer auf der Baustelle mit Elektroinstallationsarbeiten beschäftigt, der Arbeitnehmer R H hatte von Herrn R den Auftrag, die Brandrauchentlüftungsanlage am Flachdach elektrisch anzuschließen. Das Dach war nass, es lag aber kein Schnee auf dem Dach. Die Absturzhöhe betrug ca. 15 m, die Attika wies eine Höhe von ca. 30 cm auf. Die Arbeiten erfolgten ca. 50 cm neben der Attika. Eine Schutzausrüstung wie Sicherheitsseile und -gurte wurden nicht zur Verfügung gestellt und es gab auch keine Anordnung, eine persönliche Schutzausrüstung zu verwenden. Auch war sonst keine technische Absicherung gegen Absturz vorhanden. Der Arbeitnehmer R H stürzte in der Folge ab.

Bei der Unfallserhebung war keine persönliche Schutzsausrüstung für die genannten Arbeitnehmer vorhanden. Sie wurde nicht von der E W AG zur Verfügung gestellt.

Durch das Unternehmen S werden an die Arbeitnehmer Unterweisungen hinsichtlich Sicherheitsausrüstung durchgeführt, zunächst mündlich, später auch schriftlich und erhielten die Monteure eine Mappe. Sie waren angewiesen, bei gefährlichen Situationen sich abzusichern. Eine Vereinbarung zwischen dem Unternehmen Schürz und der E W AG bezüglich Schutzausrüstung gab es nicht.

Die Personalanforderung und -beistellung durch das Unternehmen S wurde mit dem Leiter der Elektroinstallationsabteilung der E W AG, Herrn W F, vereinbart. Für die konkrete Baustelle war G B Projektleiter und als solcher für die planliche Gestaltung verantwortlich. Verantwortlicher Baustellenleiter und Verantwortlicher für den Arbeitnehmerschutz war F R. Dieser hat die Arbeiten an die Arbeitnehmer an der Baustelle zugewiesen. Die Arbeitnehmer werden von der Firma S beigestellt und führen wöchentliche Stundennachweise, die auch von ihm bestätigt werden. Werden neue Leute auf die Baustelle geschickt, kommen sie zunächst in das Baustellenbüro des Baustellenleiters und erhalten eine generelle Baustellenunterweisung. Diese ist auch schriftlich zu bestätigen. Die Installation des Brandmelders wurde Herrn H vom Baustellenleiter aufgetragen und war eine Schutzausrüstung der E W AG auf der Baustelle nicht vorhanden. Das Hauptquartier war aber ganz in der Nähe der Baustelle und es hätte daher jeder Zeit eine Ausrüstung geholt werden können.

Der Baustellenleiter war bei Baustellenbesprechungen hinsichtlich des SIGE-Plans dabei und war ihm der SIGE-Plan nach seinen Angaben teilweise bekannt. Auch ist ihm das Baukoordinationsprotokoll Nr.25 vom 23.12.2004 Punkt 109/0 bekannt.

Der Projektleiter G B ist für die konkrete Abwicklung auf der Baustelle nicht verantwortlich, ist aber bei den Baustellenbesprechungen dabei und erhält auch die monatlichen Baukoordinationsprotokolle. Für die Umsetzung und die Kontrolle ist der Bauleiter R verantwortlich.

Eine Sicherheitsanweisung für die konkrete Arbeit wurde nicht getroffen.

 

Dieser Sachverhalt ist durch die glaubwürdigen und widerspruchsfreien Zeugenaussagen erwiesen. Auch wurden diese schon im Verfahren erster Instanz von der Behörde einvernommen und machten sie auch dort keine anderen Angaben.

 

4.2. Weiters wurde in der mündlichen Verhandlung eine Baustellenordnung vom 25.9.2003, unterzeichnet durch die E W AG, sowie eine Unterschriftenliste der Arbeitnehmer vorgelegt. Aus dem im erstbehördlichen Akt vorliegenden Baukoordinationsprotokoll Nr.25 vom 23.12.2004, Punkt 109/0 "Arbeiten Flachdach Bauteil 1" geht hervor, dass im Flachdachbereich Absturzgeländer an der Attika aufgrund der fortgeschrittenen Arbeiten entfernt wurden. "Sollten dennoch Arbeiten im Randbereich erforderlich sein, so haben sich alle Arbeitnehmer mittels persönlicher Schutzausrüstung an den Anschlagpunkten zu sichern bzw. können die Arbeiten mittels Fassadengerüst durchgeführt werden." Diese Anordnung ist auch von allen Professionisten durchzuführen. Diese Anweisung war auch dem Baustellenleiter bekannt.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Der hinsichtlich des Straferkenntnisses geltend gemachte Zustellmangel liegt nicht vor. Gemäß dem im Akt aufliegenden Zustellnachweis wurde die Zustellung zu Handen des Rechtsvertreters verfügt, das Schriftstück aber vom Berufungswerber persönlich übernommen.

Gemäß § 7 Abs.1 Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 idgF, gilt die Zustellung, wenn im Verfahren bei der Zustellung Mängel unterlaufen, die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist. Mit diesem Zeitpunkt ist die Zustellung gültig und rechtswirksam zustande gekommen.

Da als Empfänger auf der Sendung eindeutig der Rechtsvertreter aufscheint, ist mit dem tatsächlichen Zukommen des Schriftstückes an den Rechtsanwalt, der dann die Berufung erhoben hat, der Mangel geheilt und die Zustellung wirksam geworden. Die Berufung wurde durch den Rechtsvertreter rechtzeitig eingebracht.

 

5.2. Gemäß § 135 Abs.2 GewO ist kein reglementiertes Gewerbe gemäß § 94 Z72 die vorübergehende Überlassung von Arbeitskräften an Beschäftiger, welche die gleiche Erwerbstätigkeit wie der Überlasser ausüben, unter der Voraussetzung, dass der Charakter des Betriebes des Überlassers gewahrt bleibt, bis zur Höchstdauer von sechs Monaten im Kalenderjahr, wobei auch die Zeiten nacheinander folgender Überlassungen verschiedener Arbeitskräfte zusammenzuzählen sind (Z1).

Gemäß § 1 Abs.1 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz - AÜG, BGBl. Nr. 196/1988 idF BGBl. I Nr. 104/2005, gilt dieses Bundesgesetz für die Beschäftigung von Arbeitskräften, die zur Arbeitsleistung an Dritte überlassen werden. Eine Ausnahme vom Geltungsbereich für die vorübergehende Überlassung von Arbeitskräften an Beschäftiger, welche die gleiche Erwerbstätigkeit wie der Überlasser ausüben, ist in § 1 Abs.2 AÜG nicht vorgesehen.

Gemäß § 3 Abs.1 AÜG ist die Überlassung von Arbeitskräften, die zur Verfügungsstellung von Arbeitskräften zur Arbeitsleistung an Dritte und gemäß § 3 Abs.3 AÜG ist Beschäftiger, wer Arbeitskräfte eines Überlassers zur Arbeitsleistung für betriebseigene Aufgaben einsetzt. Nach § 4 Abs.1 AÜG ist für die Beurteilung, ob eine Überlassung von Arbeitskräften vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

Aufgrund des festgestellten und erwiesenen Sachverhaltes war daher vom wahren wirtschaftlichen Gehalt auszugehen und war daher das Zur-Verfügung-Stellen des verunfallten Arbeitnehmers an die E-Werke Wels AG als Überlassung iSd AÜG zu werten. Insbesondere waren auch die Voraussetzungen nach § 3 Abs.3 AÜG erfüllt, nämlich, dass die überlassenen Arbeitskräfte für betriebseigene Aufgaben der E W AG eingesetzt wurden und, dass gemäß § 4 Abs.2 AÜG Material und Werkzeug der E-Werk Wels AG benutzt wurde, eine Eingliederung in den Betrieb der E W erfolgte und diese die Fachaufsicht und Arbeitseinteilung durchführte. Auch wurde nur stundenweise abgerechnet, ein Erfolg oder Werk nicht selbständig geschuldet. Dafür spricht auch, dass das Elektrounternehmen S über keine Pläne verfügte und daher keine konkreten Arbeiten schuldete, sondern dass dieses Unternehmen lediglich die Arbeitskraft zur Verfügung stellte und stundenweise abrechnete. Es war daher von Arbeitskräfteüberlassung auszugehen.

 

Gemäß § 6 AÜG gilt für die Dauer der Beschäftigung im Betrieb des Beschäftigers der Beschäftiger als Arbeitgeber im Sinn der Arbeitnehmerschutzvorschriften und obliegen für die Dauer der Beschäftigung im Betrieb des Beschäftigers die Fürsorgepflichten des Arbeitgebers auch dem Beschäftiger (Abs.1 und Abs.3).

 

Es regelt daher § 9 Abs.2 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz -ASchG, dass für die Dauer der Überlassung die Beschäftiger als Arbeitgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten.

 

Es trifft daher die E W AG die Pflicht des Arbeitgebers nach den Arbeitnehmerschutzbestimmungen, also auch nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz. Als Vorstand der E W AG ist daher der Berufungswerber gemäß § 9 Abs.1 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortliches Organ.

 

5.3. Gemäß § 7 Abs.2 Z4 Bauarbeiterschutzverordnung - BauV liegt Absturzgefahr vor an sonstigen Arbeitsplätzen, Standplätzen und Verkehrswegen, bei mehr als 2,00 m Absturzhöhe. Gemäß § 30 Abs.1 BauV sind, sofern bei Arbeiten an absturzgefährlichen Stellen durch technische Schutzmaßnahmen ein ausreichender Schutz nicht erreicht wird, den Arbeitnehmern Sicherheitsgeschirre oder Sicherheitsgürtel einschließlich der dazugehörigen Ausrüstungen, wie Sicherheitsseile (Fangseile), Karabinerhaken, Falldämpfer, Seilkürzer und Höhensicherungsgeräte, zur Verfügung zu stellen.

Gemäß § 118 Abs.3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz - ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

Aufgrund des erwiesenen Sachverhaltes steht fest, dass auf der Baustelle F W am 19.1.2005 dem Arbeitnehmer R H auf dem Flachdach Elektroinstallationsarbeiten, nämlich der elektrische Anschluss der Brandrauchentlüftung, angeordnet wurde, also auch Arbeiten im Bereich der Attika, wobei die Attikahöhe 30 cm und die Absturzhöhe ca. 15 m betrug. Gemäß § 7 Abs.2 Z4 BauV war daher jedenfalls Absturzgefahr gegeben. Die Gefährlichkeit war nicht mehr gesondert zu prüfen. Es wurden dem Arbeitnehmer keine Sicherheitsgeschirre oder Sicherheitsgürtel zur Verfügung gestellt. Auch waren keine technischen Schutzmaßnahmen gegen Absturz vorhanden. Auch war seitens der E W AG keine Schutzausrüstung gegen Absturz auf der Baustelle vorhanden. Die E W AG als Beschäftiger und daher Arbeitgeber hat daher die Bestimmung der BauV bzw. des ASchG nicht erfüllt und daher ist der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt. Dies hat der Berufungswerber als nach außen vertretungsbefugtes Organ verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten.

 

Es war aber auch vom Verschulden des Berufungswerbers auszugehen.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Berufungswerber initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

Sofern der Berufungswerber daher seine Beweisanträge nicht näher konkretisiert hat, weil keine Beweismittel mit Namen und Anschrift und einem entsprechenden Beweisthema bekannt gegeben wurden, war der Oö. Verwaltungssenat nicht gehalten solche Erkundungsbeweise aufzunehmen.

Im Übrigen hat aber das durchgeführte Beweisverfahren ergeben, dass zwar eine geeignete Person als Baustellenleiter vom Arbeitgeber eingesetzt wurde, nämlich der Obermonteur F R, dass aber eine Kontrolle dieser eingesetzten Person nicht vorgebracht wurde und behauptet wurde und auch nicht unter Beweis gestellt wurde. Das Beweisverfahren hat zwar gezeigt, dass die eingesetzten Arbeitnehmer zu Beginn der Arbeiten eine generelle Unterweisung, nämlich eine Baustellenordnung, erhalten, eine konkrete Unterweisung für die zum Tatzeitpunkt vorgenommenen Arbeiten erfolgte nicht. Insbesondere erfolgte keine Schulung und Unterweisung hinsichtlich der Absturzgefahr bei den vorzunehmenden Arbeiten. Auch erfolgte keine Anweisung, entsprechende persönliche Schutzausrüstung zu verwenden. Vielmehr wurde diese Schutzausrüstung gar nicht zur Verfügung gestellt. Auch wurde die Verwendung der erforderlichen persönlichen Schutzausrüstung nicht kontrolliert. Weiters wurde auch nicht kontrolliert, ob eine solche Schutzausrüstung an der Baustelle vorhanden ist und zur Verfügung gestellt werden könnte. Dies ergibt sich einwandfrei aus den Aussagen der einvernommenen Zeugen. Seitens der E W AG wird gar nicht geleugnet, dass eine persönliche Schutzausrüstung gar nicht auf der Baustelle vorhanden war. Sie wurde auch nicht mit den Arbeitnehmern diskutiert. Ein Vorbringen zur Entlastung wurde daher gar nicht gemacht. Vielmehr ist entgegenzuhalten, dass auch nach dem Baukoordinationsprotokoll Nr. 25 vom 23.12.2004 bei Arbeiten auf dem Flachdach persönliche Schutzausrüstung zu verwenden und an den Anschlagpunkten zu sichern sei, der vom Beschuldigten namhaften gemachten Person, nämlich dem Baustellenleiter auch bekannt war, dieser aber die Anordnung nicht umsetzte. Eine Kontrolle des Baustellenleiters wurde nicht einmal behauptet.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat aber der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen des ASchG sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist der Arbeitgeber selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Allerdings hat dann der Unternehmer, der die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich überlässt, die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer nur dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Dieser Beweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass der Berufungswerber die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen hat, es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177 sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Weiters reichen nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die bloße Erteilung von Weisungen und Wahrnehmung einer "Oberaufsicht" nicht aus (VwGH vom 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt. Insbesondere bemängelt in dieser Judikatur der Verwaltungsgerichtshof, dass nicht geltend gemacht wurde, dass etwa die Einhaltung der vom verunfallten Arbeitnehmer erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft wurde. "Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmervorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem, Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg Judikatur vorhanden war."

 

Wenngleich im Verfahren erster Instanz noch eigenmächtiges Handeln des verunfallten Arbeitnehmers vom Berufungswerber vorgebracht wurde, so ist doch aus dem Beweisverfahren erwiesen, dass der Arbeitnehmer nicht eigenmächtig vorging, sondern vielmehr Anordnung hatte, den Brandrauchentlüfter am Flachdach anzuschließen. Auch gab es überhaupt keine Anordnung hinsichtlich der Verwendung von Schutzeinrichtungen für diese Arbeit. Es kann daher nicht von Eigenmächtigkeit ausgegangen werden. Darüber hinaus zeigt aber auch dieses Verhalten des Arbeitgebers, dass es nicht nur an einer Kontrolle mangelte, sondern vielmehr schon die Schutzausrüstungsgegenstände nicht zur Verfügung gestellt wurden. Eine Kontrolle des Beschuldigten der von ihm beauftragten Person, ob diese auch alle Arbeitnehmerschutzbestimmungen einhält und insbesondere auch die konkreten Baustellenanordnungen hinsichtlich der Baukoordinationsbesprechungen einhält, wurde gar nicht vorgebracht und ins Treffen geführt. Auch vom Baustellenleiter selbst wurde in seiner zeugenschaftlichen Einvernahme diesbezüglich nichts ausgeführt und lediglich darauf hingewiesen, dass die Schutzausrüstung nicht vorhanden war, aber jederzeit hätte geholt werden können. Es wurde nicht bestritten, dass eine Vorsorge an der Baustelle selbst nicht getroffen wurde. Es wurden daher gerade nicht jene Maßnahmen gesetzt, die mit gutem Grund die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen erwarten lassen. Es war daher auch von schuldhafter Tatbegehung, nämlich von Fahrlässigkeit auszugehen.

 

5.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

Die belangte Behörde hat bei der Strafbemessung gemäß § 19 Abs.1 VStG insbesondere auf den Unrechtsgehalt der Tat hingewiesen, da durch die Tatbegehung in hohem Maße die geschützten Interessen, nämlich Leben und Gesundheit des Arbeitnehmers gefährdet und auch beeinträchtigt wurden. Insbesondere waren auch die nachteiligen Folgen aus dem Arbeitsunfall beim Unrechtsgehalt der Tat zu berücksichtigen. Hinsichtlich der Bemessungsgründe gemäß § 19 Abs.2 VStG hat sie die Unbescholtenheit des Berufungswerbers als strafmildernd gewertet. Straferschwerungsgründe lagen nicht vor. Auch hat die belangte Behörde auf die persönlichen Verhältnisse Rücksicht genommen, wobei diese mangels Angaben durch den Beschuldigten geschätzt wurden. Dabei wurde ein monatliches Nettoeinkommen von 3.000 Euro, kein Vermögen und keine Sorgepflichten zugrunde gelegt. Diesen Umständen wurde weder im Verfahren erster Instanz noch in der Berufung etwas entgegengehalten und kamen auch keine geänderten Umstände im Berufungsverfahren hervor, sodass diese Erwägungen auch nunmehr der Strafbemessung zugrunde zu legen waren. Im Hinblick auf den gesetzlich vorgesehenen Strafrahmen von über 7.000 Euro ist die verhängte Geldstrafe im untersten Bereich des Strafrahmens gelegen und im Hinblick auf die nachteiligen Folgen der Tat nicht überhöht. Sie war auch erforderlich, den Berufungswerber vor einer weiteren Tatbegehung abzuhalten und ihn zu einem gesetzeskonformen Verhalten und Einrichtung einer gesetzlich geforderten Organisation anzuhalten. Auch in der Berufung bringt der Beschuldigte keine besonderen Umstände für eine Strafmilderung vor. Es war daher die festgelegte Geldstrafe als angemessen zu bestätigen.

Die Voraussetzungen gemäß § 21 VStG liegen jedoch nicht vor, weil entgegen den Ausführungen des Berufungswerbers von geringfügigem Verschulden nicht auszugehen ist. Das Verfahren hat nämlich gezeigt, dass ein Kontrollsystem und entsprechende Vorsorgemaßnahmen nicht getroffen wurden, sodass schon nach der vom Berufungswerber zitierten Judikatur nicht von geringfügigem Verschulden auszugehen ist. Darüber hinaus nimmt der Verwaltungsgerichtshof Geringfügigkeit des Verschuldens nur dann an, wenn das Verhalten des Beschuldigten weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrecht- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Weiters ist die kumulativ erforderliche Voraussetzung der unbedeutenden Folgen ebenfalls nicht gegeben. Es war daher nicht mit § 21 VStG vorzugehen. Auch war ein Überwiegen von Milderungsgründen nicht festzustellen und daher auch nicht von einer außerordentlichen Milderung gemäß § 20 VStG auszugehen.

Es war daher auch die verhängte Geldstrafe und gemäß § 16 VStG die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe zu bestätigen.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Klempt

 

Beschlagwortung:

Absturzgefahr, Kontrollsystem, Arbeitskräfteüberlassung, Pflichten des Beschäftigers

 

 

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