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VwSen-300282/2/Kei/Shn

Linz, 30.09.1999

VwSen-300282/2/Kei/Shn Linz, am 30. September 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung der Claudia Maria S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 8. Jänner 1999, Zl. Sich96-1415-2-1997, wegen einer Übertretung des Oö. Polizeistrafgesetzes, zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 45 Abs.1 Z3 und § 51 Abs.1 VStG.

II. Die Berufungswerberin hat keinen Beitrag zu den Verfahrenskosten zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die im Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses angeführte, als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z1 VStG), lautet:

" Sie haben in der Nacht zum 01.11.1997 an einem öffentlichen Ort gegen das Prostitutionsverbot verstoßen, indem Sie in den Räumlichkeiten des Hauses 'Club R' in St.G, durch Ihr äußeres Erscheinungsbild (Sie waren nur in Unterwäsche bekleidet) und durch die Aufforderung an einen Gast, mit Ihm einen Geschlechtsverkehr gegen Entgelt durchzuführen, die Prostitution angebahnt, obwohl durch Verordnung des Marktgemeindeamtes St. G. vom 26.09.1991, betreffend das Verbot der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution, die Prostitution im Haus 'Club R' in St. G. 23, rechtskräftig verboten ist." Die Berufungswerberin (Bw) habe dadurch "§ 2 Abs.3 lit.e des OÖ. Polizeistrafgesetzes, LGBl.Nr.36/1979, i.d.g.F., LGBl.Nr. 30/1995" übertreten, weshalb sie "gemäß § 10 Abs.1 lit.b OÖ. Polizeistrafgesetz" zu bestrafen gewesen sei - und zwar mit einer Geldstrafe von 8.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 40 Stunden).

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.

Die Bw brachte in der Berufung vor (auszugsweise wörtliche Wiedergabe):

"Das Straferkenntnis wird seinem gesamten Umfang nach angefochten und wird die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gem. § 45 VStG beantragt.

Das angefochtene Straferkenntnis ist rechtswidrig. Es ist der Begründung nicht entnehmbar, aus welchem Grund ich jene Person gewesen sein soll, die angeblich den Zeugen Manfred Backer zum Geschlechtsverkehr aufforderte. Auf der Seite 3 des Straferkenntnisses ist lediglich angeführt, daß eine kleinere Dame die Türe aufsperrte und diese den Zeugen Backer danach fragte, ob er mit ihr gegen Entgeld Geschlechtsverkehr durchführen wolle. Dem Bescheid ist entnehmbar, daß sich im Haus K 23 zumindest drei weibliche Personen aufhielten. Es ist im Zweifel jedoch davon auszugehen, daß nicht die Beschuldigte, sondern eine der anderen Anwesenden Personen den Zeugen Backer zur Durchführung des Geschlechtsverkehrs aufforderten.

Diejenige weibliche Person, die den Zeugen Backer aufforderte, mit ihm den Geschlechtsverkehr durchzuführen, hat jedoch auch nicht den Tatbestand des § 2 Abs.3 lit e Polizeistrafgesetz verwirklicht. Der Umstand, daß diese Person lediglich teilweise gekleidet war, rechtfertigt jedenfalls nicht die Bestrafung. Darüberhinaus ist das von der Behörde angeführte Verhalten jedenfalls nicht als Anbahnung der Prostitution zu werten. Es handelt sich hiebei bestenfalls um 'straffreie' Vorbereitungshandlungen.

Aus all diesen Gründen wird der eingangs gestellte Antrag auf Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gem. § 45 VStG wiederholt."

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft

Vöcklabruck vom 20. April 1999, Zl. Sich96-1415-2-1997, Einsicht genommen.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Im Hinblick auf das in § 44a VStG normierte Konkretisierungsgebot war das im folgenden Angeführte zu berücksichtigen (zitiert aus Hauer/Leukauf, "Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens", 5. Auflage, 1996, Linde Verlag, S 969 und S 970):

Dem Spruch des Straferkenntnisses kommt im Hinblick auf die in § 44a Z1 - 5 festgelegten Erfordernisse besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat nach der Rechtsprechung des VwGH ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde, usw.

Die zentrale Frage, wie ein Spruch abgefaßt sein muß, um der Bestimmung des § 44a Z1 VStG zu entsprechen, hat sowohl in der Praxis der Behörden als auch in der Judikatur des VwGH manchmal zu Unsicherheiten geführt. Ein bedeutender Schritt zur Lösung der Problematik kann in dem Erkenntnis eines verstärkten Senates des VwGH vom 13.6.1984 Slg 11466 A gesehen werden, in dem dargelegt wurde, daß die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, daß

1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung  a l l e r  Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Daß es im Bescheidspruch zufolge der Z1 der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat und die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift (Z2) erforderlich sind, bedarf, bedeutet, daß es nicht ausreicht, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes wiederzugeben, sondern daß die Tat entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falls zu individualisieren ist, wobei der Umfang der notwendigen Konkretisierung vom einzelnen Tatbild abhängt.

Den oben angeführten Erfordernissen entspricht die im gegenständlichen Straferkenntnis angeführte, als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z1 VStG), nicht.

Es wurde nicht ausreichend präzisiert, wann "die Aufforderung an einen Gast, mit Ihm einen Geschlechtsverkehr gegen Entgelt durchzuführen" erfolgt sei. Die Angabe im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses "in der Nacht zum 01.11.1997" ist zu wenig präzise. Eine diesbezügliche Spruchberichtigung durch den Oö. Verwaltungssenat war nicht möglich, weil innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist diesbezüglich kein tauglicher Vorwurf erfolgt ist und die Verfolgungsverjährungsfrist abgelaufen ist.

Es war schon aus den angeführten Gründen spruchgemäß (Spruchpunkt I) zu entscheiden.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis hat die Bw gemäß § 66 Abs.1 VStG keinen Beitrag zu den Verfahrenskosten zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Keinberger

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