Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101821/8/Br

Linz, 19.04.1994

VwSen - 101821/8/Br Linz, am 19. April 1994 DVR.0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn W, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr, Zl. St 2485/93, vom 8. Februar 199e, wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 19. April 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird in Punkt 1) mit der Maßgabe F o l g e gegeben als die Geldstrafe auf 750 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 18 Stunden ermäßigt wird.

In Punkt 2) wird der Berufung keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 866/1992 iVm § 19, § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 666/1993; II. Hinsichtlich des Punktes 1) ermäßigen sich demzufolge die erstinstanzlichen Verfahrenskosten auf 75 S. Für das Berufungsverfahren wird diesbezüglich ein Kostenbeitrag nicht auferlegt.

In Punkt 2) wird zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren ein Verfahrenskostenbeitrag von 100 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Steyr hat mit dem Straferkenntnis vom 8. Februar 1994 über den Berufungswerber wegen der Übertretungen 1) nach § 38 Abs.5 und 2) § 9 Abs.2 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 1) 1.500 S und 2) 500 S für den Nichteinbringungs-fall 1) 36 Stunden und 2) 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 10. Mai 1993 um 18.00 in Steyr, Pachergasse auf Höhe des Hauses Nr.4a, den Pkw mit dem Kennzeichen in Richtung Kreuzung Pachergasse - Dr. Klotzstraße gelenkt habe und er 1) vor dem Schutzweg das Rotlicht der Verkehrslichtsignalanlage nicht beachtet und 2) auf dem Schutzweg befindlichen Fußgängern das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn nicht ermöglicht habe. 2. Begründend führt die Erstbehörde im wesentlichen aus, daß die Verkehrsampel für die Fußgänger Grünlicht gezeigt habe, und eine Gruppe von etwa acht Fußgängern den Fußgängerübergang von rechts nach links, aus der Sicht des Berufungswerbers, überquert hätte. Auch der Meldungsleger habe den Schutzweg zu überqueren beabsichtigt gehabt, als der Berufungswerber etwa mit seinem Fahrzeug diesen mit 30 km/h überquert habe. Um nicht angefahren zu werden hätten dabei einige ein paar Schritte zurückweichen müssen. Dieser Sachverhalt sei glaubwürdig durch die Angaben des Meldungslegers erwiesen.

Bei einem monatlichen Einkommen des Berufungswerbers von ca. 20.000 S sei die verhängte Strafe als schuldangemessen zu erachten gewesen. 3. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht bei der Erstbehörde am 28. Februar 1994 überreichten Berufung. Inhaltlich führt er sinngemäß aus, daß er während seiner 26-jährigen Fahrpraxis nie zur Anzeige gebracht wurde. Sein Einkommen mit 20.000 S sei nicht als überdurchschnittlich zu bezeichnen. Ferner bestreite er eine Gefährdung oder Behinderung von Fußgängern, insbesondere aber, daß diese durch sein Fahrverhalten (am Fußgängerübergang) zurückweichen hätten müssen. Es sei daher anzunehmen, daß der Meldungsleger die Situation falsch eingeschätzt habe.

3.1. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt, somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Da sich die Berufung gegen die Schuld und Strafe richtet, war eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen und durchzuführen gewesen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bundespolizeidirektion Steyr, Zl. St 2485/93; in der mit einem Ortsaugenschein verbundenen öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde der Meldungsleger, RevInsp. M, als Zeuge und der Berufungswerber als Partei einvernommen. 5. In der Sache selbst wurde nachfolgender Sachverhalt als erwiesen angenommen:

5.1. Der Berufungswerber hat zur fraglichen Zeit seinen Pkw, Kennzeichen, in Steyr, in Richtung der Kreuzung Pachergasse - Dr. Krotzstraße, Fahrtrichtung Amstetten gelenkt. Seine Fahrgeschwindigkeit war während der Annäherung an den Fußgängerübergang eher gering. Durch einen von einem links gelegen Parkplatz sich in den fließenden Verkehr einreihenden Pkw hatte er seine Fahrgeschwindigkeit auf 10 bis 20 km/h reduziert gehabt. Zwischenzeitig hatte die Verkehrslichtsignalanlage an der Kreuzung Pachergasse vor dem Haus Nr. 4a auf "ROT" geschaltet. Der Berufungswerber hat die Kreuzung "noch" durchfahren, obwohl bereits Fußgänger den Schutzweg betreten gehabt haben, um in Richtung Stadtzentrum die Fahrbahn der Pachergasse zu übersetzen. Durch das Fahrzeug des Berufungswerbers wurden sie veranlaßt ihr Schrittempo zu erhöhen. Ebenfalls hat der an der Kreuzung befindliche Meldungsleger die Kreuzung zu übersetzen beabsichtigt gehabt. Dadurch wurde er auf den Vorfall aufmerksam. 5.2. Dieser Sachverhalt wurde vom Meldungsleger , RevInsp. Hans-Peter M, aus unmittelbarer Nähe wahrgenommen und in der Folge zur Anzeige gebracht. Der Zeuge legt überzeugend dar, daß er ursprünglich das Fahrzeug des Berufungswerbers nicht wahrgenommen gehabt und dieses erst erblickt habe, als es mit einer eher geringen Geschwindigkeit den Schutzweg passierte. Zu diesem Zeitpunkt hätten sich bereits Passanten auf dem Schutzweg befunden, welche vom Fahrzeug des Berufungswerbers dadurch behindert worden sind, als sie veranlaßt wurden ihren Schritt zu beschleunigen. Auch er habe gerade die Absicht gehabt den Schutzweg zu betreten, als der Berufungswerber diesen - in seiner Fahrtrichtung bei Rotlicht der Verkehrsampel - übersetzt hatte. Diese Angaben stehen mit der Verantwortung des Berufungswerbers nicht in Widerspruch. Der Berufungswerber bestreitet nicht, daß es wohl der Fall gewesen sein könnte, daß er bei "ROT" in die Kreuzung eingefahren ist. Dies könnte dadurch passiert sein, weil sich ein Fahrzeug von einem, in seiner Fahrtrichtung links gelegenen Kaufhausparkplatz, in den fließenden Verkehr einreihen habe wollen. Er habe dadurch seine Fahrgeschwindigkeit vermindert und sei dadurch (noch) bei "ROT" im Kreuzungsbereich gewesen. Zu einer Gefährdung von Fußgängern sei es hiedurch aber nicht gekommen. Der Berufungswerber macht im Zuge der Verhandlung einen positiven und glaubwürdigen Eindruck. Er verdeutlicht, daß er seit vielen Jahren unbeanstandet Straßenverkehrsteilnehmer ist. Er fühle sich letztlich wegen dieses Vorfalles, welcher sich nicht so wie von der Erstbehörde angenommen zugetragen hat, zu hoch bestraft. 5.3. Rechtlich ist daher folgendes zu erwägen: 5.3.1. Rotes Licht gilt als Zeichen für "Halt". Bei diesem Zeichen haben die Lenker von Fahrzeugen unbeschadet der Bestimmungen des Abs.7 und des § 53 Z10a an den in Abs.1 bezeichneten Stellen anzuhalten (§ 38 Abs.5 StVO 1960). Bei diesem Zeichen haben die Lenker herannahender Fahrzeuge unbeschadet der Bestimmungen des Abs.7 anzuhalten:

a) wenn eine Haltelinie vorhanden ist, vor der Haltelinie; b) wenn ein Schutzweg ohne Haltelinie vorhanden ist, vor dem Schutzweg; c) wenn eine Kreuzung ohne Schutzweg und ohne Haltelinie vorhanden ist, vor der Kreuzung; d) ansonsten vor dem Lichtzeichen.

5.3.2. Der Lenker eines Fahrzeuges hat einem Fußgänger, der sich auf einem Schutzweg befindet, das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. Zu diesem Zweck darf sich der Lenker eines Fahrzeuges einem Schutzweg nur mit einer solchen Geschwindigkeit nähern, daß er das Fahrzeug vor dem Schutzweg anhalten kann, und er hat, falls erforderlich, vor dem Schutzweg anzuhalten (§ 9 Abs.2 StVO 1960). Das Gebot "rechtzeitig anhalten zu können" bezieht sich nur auf bereits auf dem Schutzweg befindliche Fußgänger (Kammerhofer-Benes, 7. Auflage, Seite 135, Anm.7).

Der oben geschilderte Sachverhalt vermochte daher nur unschwer unter den zitierten Tatbeständen subsumiert werden.

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1.1. Konkret ist zur Strafzumessung jedoch auszuführen, daß die Mißachtung des Rotlichtes einerseits bei geringer Fahrgeschwindigkeit, andererseits aber auch durch ein Fehlverhalten eines anderen Fahrzeuglenker - welcher vor dem Berufungswerber sich in den Fließverkehr eingeordnet hatte - erfolgt ist. Aus diesem Grunde ist das einer solchen Übertretung an sich anhaftende Gefährdungsmoment doch erheblich reduziert zu erachten. Diese Übertretung war letztlich Folge von Verkettung widriger Umstände, welche beim Berufungswerber zu der ihm vorgeworfenen Fehlleistung geführt haben. Daher ist auch von einer geringeren subjektiven Tatschuld auszugehen gewesen. Weil die Fußgänger am Fußgängerübergang, entgegen der Annahme der Erstbehörde, offenbar nicht "ein paar Schritte zurückweichen", sondern ihren Schritt bloß beschleunigen mußten, trifft die obige Betrachtung auch im Hinblick auf Punkt 2) zu. Diese zugunsten des Berufungswerbers sprechenden Umstände vermögen die Übertretungen wohl nicht zu entschuldigen. In unzutreffender Weise wurde von der Erstbehörde der Milderungsgrund der absoluten Unbescholtenheit - der Berufungswerber ist seit vielen Jahren motorisierter Verkehrsteilnehmer - nicht zuerkannt (vgl. VwGH 24.3.1963,790/61). Als weiterer Milderungsgrund hat auch noch das jedenfalls teilweise vorliegende Tatsachengeständnis gewertet werden können. In Punkt 1) war daher eine Ermäßigung der Geldstrafe vorzunehmen. Zumal in Punkt 2) ohnedies eine sehr geringe Strafe verhängt wurde, war dieses Strafausmaß nicht mehr weiter reduzierbar.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß jeweils - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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