Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101851/5/Br

Linz, 03.05.1994

VwSen - 101851/5/Br Linz, am 3. Mai 1994 DVR.0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn Christian P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18. Februar 1994, Zl.: VerkR96-14468/1992-Mr, wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 27. April 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und der Verkündung am 3. Mai 1993 zu Recht erkannt:

I. a) Der Berufung wird mit der Maßgabe F o l g e gegeben, als in Punkt 2) die Strafe auf 100 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 12 Stunden ermäßigt wird. b) In Punkt 5) wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG eingestellt; im übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis jedoch vollinhaltlich bestätigt. Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 866/1992 - AVG iVm. § 19, § 24, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 867/1992 - VStG.

II. a) Zu Punkt 5) entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge. Zu Punkt 2) ermäßigt sich der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag auf 10 S.

b) In den übrigen Punkten werden dem Berufungswerber zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren ad 1) 100 S, ad 2) 20 S ad 3) 220 S, ad) 4) 100 S und ad 6) 100 S <gesamt: 540 S> (20% der verhängten Strafe) an Verfahrenskosten auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem Straferkenntnis vom 18. Februar 1994, VerkR96/14468/1992-Mr, wegen der Übertretungen nach § 16 Abs.2 lit.a, § 9 Abs.1, § 52 lit.a Z10 a, § 16 Abs.1 lit.c, § 16 Abs.1 lit.b und § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 über den Berufungswerber Geldstrafen von 1) 500 S, 2) 400 S, 3) 1.100 S, 4) 500 S, 5) 500 S und 6) 500 S, sowie für den Nichteinbringungsfall 1) u. 2), sowie 4) bis 6) je 24 Stunden und 3) 48 Stunden Ersatzarreststrafe verhängt, weil er am 23. Oktober 1992 um 08.25 Uhr im Gemeindegebiet von Leonding, auf der Bundesstraße 139 von Leonding/Hart kommend in Richtung Traun den als Taxi zugelassenen PKW, Kennzeichen gelenkt habe, wobei er 1) bei Strkm 7,0 der B 139 ein mehrspuriges Kraftfahrzeug auf einer Straßenstrecke, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gekennzeichnet gewesen ist, links überholt habe, 2) bei Strkm 7,0 der B 139 die Sperrfläche befahren habe, 3) bei Strkm 7,0 der B 139 das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit 50 km/h)" mißachtet habe, indem er mit 80 km/h gefahren sei, 4) von Strkm 7,1 bis 7,5 ein Fahrzeug überholt habe, obwohl er nicht einwandfrei erkennen habe können, ob er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer wieder in den Verkehr einordnen würde können, 5) vor Strkm 7,3 bis Strkm 7,8 auf einer unübersichtlichen Straßenstelle vorschriftswidrig überholt habe, weil sich an dieser Stelle eine Fahrbahnkuppe befunden habe und 6) bis zum Strkm 7,5 ein Fahrzeug überholt habe, obwohl andere Straßenbenützer gefährdet und behindert werden hätten können. 1.1. Begründend führt die Erstbehörde sinngemäß aus, daß die Übertretung aufgrund der dienstlichen Wahrnehmung von zwei Gendarmeriebeamten erwiesen sei. Die Erstbehörde habe an der Richtigkeit der Angaben der Meldungsleger keinerlei Bedenken gehabt. Demgegenüber sei die Verantwortung des Berufungswerbers als reine Schutzbehauptung zu werten gewesen. Auch seien die von den Gendarmeriebeamten getätigten Ortsangaben als richtig zu erkennen gewesen. Bei einem mit 20.000 S zu schätzenden Monatseinkommen seien daher die Strafsätze angemessen gewesen. Erschwerend seien die einschlägigen Vormerkungen und das mit diesen Übertretungen zum Ausdruck kommende rücksichtslose Verhalten zu werten gewesen. 2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter mit der fristgerecht erhobenen Berufung. Inhaltlich führt er im wesentlichen aus, daß er das Straferkenntnis hinsichtlich aller Punkte bekämpfe. Richtig sei, daß er an der angeführten Stelle unterwegs gewesen sei und dort eine aufgelockerte Kolonne in Fahrtrichtung Traun gefahren sei. Richtig sei ferner, daß er ein Überholmanöver durchgeführt habe. Dies sei jedoch erst nach dem Ende des Überholverbotes erfolgt. Wohl habe er eine auf der Fahrbahn angebrachte Sperrfläche überfahren. Dies habe er wegen der Fahrbahnverengung an der Baustelle jedoch nicht vermeiden können. Daraus lasse sich ein strafrechtlicher Vorwurf nicht ableiten. Zum Vorfallszeitpunkt sei keine 50 km/h, wohl aber eine 60 km/h-Beschränkung verordnet gewesen, wobei er einräume, daß er 60 km/h beim Überholen geringfügig überschritten haben könnte. Eine Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit um 30 km/h bestreite er jedoch entschieden. Die Vorwürfe unter den Punkten 4) bis 6) seien insofern nicht berechtigt, als hiedurch andere Verkehrsteilnehmer nicht einmal theoretisch gefährdet worden sind. Dieser Vorwurf sei auch in der Anzeige nicht ausreichend konkretisiert, weil sich insbesondere nicht erkennen lasse ob überhaupt, bzw. welche Verkehrsteilnehmer gefährdet worden sein sollten. Neben der Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragt der Berufungswerber auch "die belangte Behörde in den Kostenersatz zu verfällen." Als Kosten macht er 2.899,20 S geltend.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war erforderlich, weil vom Berufungswerber die zur Last gelegten Übertretungen dem Grunde nach bestritten wurden (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Verwaltungsstrafaktes und in der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, Zl.: VerkR96-14468/1992-Mr vom 5. April 1994 und Zl. VerkR - 110712/1257-1992/Rö vom 8.10.1972, im Rahmen der auch unter Abhaltung eines Ortsaugenscheines durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, ferner die zeugenschaftliche Vernehmung des BezInsp. Innerlohinger und des Berufungswerbers als Beschuldigten. 5. Folgender Sachverhalt gilt aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens als erwiesen.

Mit der Verordnung vom 8.10.1992 ist auf der B 139, 150 bis 250 Meter und bis 10 Meter nach der Arbeitsstelle, bis zur Beendigung der Arbeiten, spätestens jedoch bis 15. 12. 1992 ein "Überholverbot" und für eben diesen Zeitraum, 50 Meter vor bis 10 Meter nach der Arbeitsstelle eine "Geschwindigkeitsbeschränkung, erlaubte Höchstgeschwindigkeit 50 km/h", festgelegt worden. Diese war mittels der entsprechenden Verkehrszeichen ordnungsgemäß kundgemacht.

Der Berufungswerber hat zur oben genannten Zeit den PKW mit dem Kennzeichen auf der B 139 in Fahrtrichtung Traun gelenkt. In diesem Zeitpunkt ist in gleicher Fahrtrichtung der Zivilstreifenkraftwagen der Bundesgendarmerie unterwegs gewesen. Vor dem Dienstfahrzeug der Gendarmerie hat sich eine Fahrzeugkolonne von mindestens acht Fahrzeugen in Richtung Traun bewegt. Der Zeuge BezInsp. I hat sich während seiner Wahrnehmung als Beifahrer in diesem Fahrzeug befunden. Die B 139 ist an der Vorfallsörtlichkeit etwa sieben Meter breit. Unmittelbar vor Strkm 7, vor und hinter der Einmündung der Edtstraße in die B 139 sind auf der Fahrbahn zwei Sperrflächen angebracht gewesen. Sie weist in jede Fahrtrichtung einen durch eine Leitlinie gekennzeichneten Fahrstreifen auf. Die Distanz von Strkm 7 bis zur Fahrbahnkuppe beträgt etwa 550 Meter. Der Straßenzug verläuft in diese Richtung völlig geradlinig.

Bei Strkm 7 wurde das mit 50 km/h in der Kolonne fahrende Dienstkraftfahrzeug, vom Fahrzeug des Berufungswerbers überholt, wobei die dort befindlichen Sperrflächen befahren worden sind. Bis zum Strkm 7,1 war das in diesem Bereich kundgemachte Überholverbot verordnet und durch ein entsprechendes Verbotszeichen kundgemacht gewesen. Das Fahrzeug des Berufungswerbers war dabei mit einer Geschwindigkeit von 70 bis 80 km/h unterwegs. In weiterer Folge hat der Berufungswerber ohne den Überholvorgang unterbrochen zu haben, mehrere Fahrzeug der in Richtung Traun fahrenden Kolonne überholt. Erst vor der Fahrbahnkuppe und knapp vor einem Gegenverkehr, hat er sein Fahrzeug wieder auf den rechten Fahrstreifen zurückgelenkt. Zu diesem Zeitpunkt war bereits ein Gegenverkehr in Fahrtrichtung Linz sichtbar. Die Sicht auf den ankommenden Verkehr ist vor der Fahrbahnkuppe entsprechend reduziert, wobei ein Personenkraftwagen etwa auf 100 Meter in den Sichtbereich gelangt. 5.1. Der Beweis stützt sich auf das Ergebnis der Beweisaufnahme im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung, insbesondere der zeugenschaftlichen Angaben des BezInsp. I und des Ergebnisses des Ortsaugenscheines. Der Zeuge vermochte schlüssig und den Denkgesetzen entsprechend nachvollziehbar darzulegen, daß der Berufungswerber im Bereich des Überholverbotes und der Geschwindigkeitsbeschränkung das Dienstkraftfahrzeug der Gendarmerie und in weiterer Folge noch mehrere vor dem Gendarmeriefahrzeug fahrende Fahrzeuge mit einer Geschwindigkeit von 70 bis 80 km/h überholt habe. Zwingend ergibt sich daraus, daß dabei auch die unmittelbar bei Strkm. 7 angebrachte(n) Sperrfläche(n) befahren werden mußten. Ferner ist durchaus nachvollziehbar, daß der Berufungswerber sich erst wieder im Bereich der Fahrbahnkuppe auf den rechten Fahrstreifen eingeordnet gehabt hat. Eine derartige Beobachtungsmöglichkeit ist auf eine Entfernung von etwa 200 Metern durchaus realistisch. Der Zeuge gibt an, daß der Lenker des Dienstkraftwagens das Fahrzeug etwas nach links aus der Kolonne herausgelenkt hat und dadurch habe der Fahrverlauf eben beobachtet werden können. Nachvollziehbar ist dieser Fahrverlauf insbesondere aber dadurch, weil die Distanz vom Strkm 7 bis zum Bereich der Fahrbahnkuppe etwa 550 Meter beträgt. Wird von einer Fahrgeschwindigkeit des Berufungswerbers von 70 bis 80 km/h ausgegangen, so wurde von ihm diese Strecke in etwa 24 bis 29 Sekunden durchfahren. Während dieser Zeit hatte das Fahrzeug des Anzeigers (Fahrgeschwindigkeit 50 km/h) etwa 325 Meter zurückgelegt. Wenn der Meldungsleger angibt, daß sie sich zum Zeitpunkt des Einordnens des überholenden Fahrzeuges im Bereich der "Fahrbahnsenke" befunden hätten, so entspricht dies etwa einem Abstand zum Fahrzeug des Berufungswerbers um die 200 Meter. Dies entspricht auch den rechnerisch nachvollzogenen Werten und ergibt ferner auch einen Beweis für die überhöhte Fahrgeschwindigkeit des Berufungswerbers. Diese räumt der Berufungswerber schließlich selbst ein, wenn er in seiner Berufung ausführt, daß er "im Zuge des ordnungsgemäß durchgeführten Überholvorganges die Geschwindigkeit von 60 km/h geringfügig überschritten haben könnte." Geht man daher von einer Fahrgeschwindigkeit der in der Kolonne fahrenden Fahrzeuge von 50 km/h aus, das Einhalten der erlaubten Höchstgeschwindigkeit ist wohl durchaus realistisch und vom Meldungsleger glaubwürdig bestätigt, ergibt sich - jedenfalls indirekt - auch aus der Verantwortung des Berufungswerber, daß er den Überholvorgang bei einer Geschwindigkeit von erheblich über 50 km/h durchgeführt haben mußte. Dies entspricht auch durchaus dem sich aus der Realität ergebenden Zwang den Überholvorgang möglichst rasch abzuschließen. Nachvollziehbar ist ferner, wenn der Meldungsleger angibt, daß der Berufungswerber im Zuge dieses Überholvorganges mehrere Fahrzeuge überholt hat, wobei sich vor dem Dienstfahrzeug jedenfalls acht Fahrzeuge befunden haben. Bei Zugrundelegung der Einhaltung eines normalen Sicherheitsabstandes hinsichtlich der in der Kolonne fahrenden Fahrzeuge, vermochten in der Wegstreckendifferenz zu den überholten (mit 50 km/h fahrenden) Fahrzeugen (ca. 170 Meter) durchaus 6 bis 7 Fahrzeuge gewesen sein, sodaß das Einordnen etwa hinter dem 7. oder 8. Fahrzeug durch den Gegenverkehr erforderlich geworden ist. Auch diese Logik belegt, daß der Berufungswerber bei diesem Überholablauf bis in den Bereich der Fahrbahnkuppe gelangt und sich dort - wegen eines Gegenverkehrs - in die Kolonne einordnen mußte. Das der Ablauf dieses Manövers bei einer so weiten Überholdistanz weder kalkulierbar noch abschätzbar gewesen sein kann, ergibt sich von selbst. Der im Hinblick auf den Tatvorwurf des vorschriftswidrigen Überholens bloß bestreitende Verantwortung des Berufungswerbers war angesichts des Ermittlungsergebnisses nur der Charakter einer Schutzbehauptung zugeordnet werden. 6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. folgendes erwogen:

6.1. Gemäß § 43 Abs.1 StVO 1960 ist im angeführten Bereich zur Tatzeit der B 139 ein Überholverbot und eine erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h durch das Verkehrszeichen gemäß § 52 lit.a Z4 u. § 52 Z 10a u.b u. Z 11 StVO 1960 kundgemacht gewesen.

6.2. Nach § 16 Abs.2 lit.a StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges keine mehrspurigen Kraftfahrzeuge auf Straßenstrecken (links) überholen, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gekennzeichnet sind.

Gemäß § 16 Abs.1 lit.c StVO 1960, ist das Überholen ferner verboten, wenn nicht einwandfrei zu erkennen ist, daß er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr einordnen kann, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern. Eine derartige mangelnde Erkennbar- und Überprüfbarkeit ist in der Tatsache zu erblicken, daß in einem Vorgang gleich eine Fahrzeugkolonne überholt wurde und der Vorgang sich über eine größere Distanz erstreckt gehabt hat (zB OGH 2.12.1966, ZVR 1967/206, u.v.m.). Eine konkrete Behinderung oder Gefährdung ist nach dem Tatbild des § 16 Abs.1 lit.c nicht erforderlich. Die Zulässigkeit des Überholens ist nicht vom Endpunkt des Überholmanövers, sondern von dessen Beginn aus zu beurteilen (VwGH 20.11.1967, ZVR 1969/11). Ferner setzt die Entscheidung über die Zulässigkeit des Überholmanövers grundsätzlich die Feststellung jener Umstände voraus, die für die Länge der für den Überholvorgang benötigten Strecke von Bedeutung sind, das sind in erster Linie die Geschwindigkeiten des überholenden und des (der <Anzahl>) zu überholenden Fahrzeuge(s). Ebenso sind vor dem Überholmanöver Umstände zu beurteilen, welche einem Wiedereinordnen in den Verkehr entgegenstehen könnten (VwGH 12.3.1986, 85/03/0152).

Die Möglichkeit einer Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer, insbesondere entgegenkommender, ergibt sich im Sinne des § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 bereits aus der Tatsache, daß eine Fahrzeugkolonne überholt worden ist, indem eine Behinderung anderer Fahrzeuglenker beim Einordnen zum Zeipunkt des Beginnes des Überholmanövers jedenfalls nicht ausgeschlossen werden konnte (vgl. VwGH 23.10.1986, 86/02/0097). Auch der Inhalt dieser Bestimmung stellt auf das "Behindern-können" ab und nicht auf eine tatsächliche Behinderung (VwGH 17.6.1981, 3097/80, ZfV 1982/1775).

6.2.1. Eine Kumulation hat dann zu erfolgen, wenn zwei verschiedene Tatbilder vorliegen, welche einander nicht ausschließen, indem jedes für sich alleine und beide auch gleichzeitig begangen werden können (VwGH 28.10.1983, 83/02/0233). Die hier mit einem Überholvorgang verletzten Schutznormen (§ 16 Abs.1 lit.a und c, sowie § 16 Abs.2 lit.a StVO 1960) sind daher jeweils gesondert zu bestrafen (§ 22 VStG). Dem Spruch des Straferkenntnisses kommt im Hinblick auf die in § 44a lit. a bis e VStG festgelegten Erfordernissen besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat nach der Rechtsprechung des VwGH ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde, usw.

Die zentrale Frage, wie ein Spruch abgefaßt sein muß, um der Bestimmung des § 44a lit.a VStG zu entsprechen, ergibt sich aus der hiezu entwickelten Judikatur des VwGH. Ein bedeutender Schritt zur Lösung der Problematik kann in dem Erkenntnis des VwGH v. 13.6.1984 Slg 11466 A gesehen werden, indem dargelegt wurde, daß die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Diesem Erfordernis (1.) ist durch den Vorwurf zu Punkt 5) "vor Strkm 7,3 bis Strkm 7,8 auf einer unübersichtlichen Straßenstelle überholt zu haben, weil sich dort eine Fahrbahnkuppe befunden habe" - offenbar irrtümlich wurde diesem Punkt die Rechtsnorm des § 16 Abs.1 lit.b, anstatt § 16 Abs.2 lit.b StVO 1960, zugeordnet - nicht entsprochen. Als zusätzliches (negatives) Tatbestandselement beinhaltet diese Bestimmung, "daß jedoch dann überholt werden darf, wenn die Fahrbahn durch eine Sperrlinie (§ 55 Abs.2 StVO 1960) geteilt ist und diese Linie vom überholten Fahrzeug nicht überragt wird!" Der Berufungswerber irrt aber wenn er vermeint, daß es auch einer Umschreibung bedürfte, in welcher Form, Verkehrsteilnehmer durch das Überholmanöver gefährdet werden hätten können. Die Tatumschreibung ist daher in allen anderen Punkten als klar und vollständig zu erachten.

In Punkt 5) ist innerhalb der Frist nach § 31 Abs.1 und 2 VStG auch keine taugliche Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs.2 VStG erfolgt.

6.3. Im Hinblick auf die Feststellung einer Geschwindigkeitsüberschreitung ist anzumerken, daß auch die Schätzung der Fahrgeschwindigkeit durch Nachfahrt als tauglicher Nachweis für die Fahrgeschwindigkeit anzusehen ist. Einem zur Wahrnehmung der Vorgänge des öffentlichen Straßenverkehrs bestellten und geschulten Organ, wie es die einschreitenden Gendarmeriebeamten sind, ist es zuzubilligen, die Vorgänge des Straßenverkehrs richtig zu beobachten und entsprechend wiederzugeben (VwGH 23.9.1992, 92/03/0166 uam.). Umsomehr hat diese Rechtsansicht auf die Frage der Beurteilung eines Überholvorganges zuzutreffen.

6.4. Für den vom Berufungswerber beantragten Zuspruch der Kosten für seine Rechtsverfolgung(gemeint wohl für den Fall und den Teil seines Obsiegens), ergibt sich keine rechtliche Grundlage. 7. Gemäß 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

7.1. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, daß die von der Erstbehörde verhängten Strafen im wesentlichen durchaus gering bemessen wurden. Hinsichtlich des Überfahrens der Sperrfläche ist jedoch zu bedenken, daß der Unwertgehalt dieser Übertretung weitgehend vom Unwertgehalt, welcher durch die Bestrafung wegen der Überholvorschriften geahndet ist, miterfaßt ist. Die Strafe war ferner in diesem Punkt zumindest auch in ein Verhältnis zum objektiven Unwertgehalt der Übertretung der anderen Verbotsnormen zu setzen. Hinsichtlich der eklatanten Mißachtung der Überholvorschriften muß festgestellt werden, daß - wohl unbestreitbar - diese Art von Übertretungen zu den schwersten Verkehrsunfällen mit oft schwerwiegenden Folgen führt. Es ist daher, sowohl aus Sicht der Spezialprävention (den Berufungswerber künftighin von weiteren derartigen Übertretungen abzuhalten) aber auch aus Gründen der Generalprävention (den Unrechtsgehalt derartiger Übertretungen generell zu pönalisieren) die Verhängung von "spürbaren Strafen" angezeigt. Die verhängten Strafsätze sind daher, bei einem bis zu 10.000 S reichenden Strafrahmen, bei durchschnittlichen Einkommensverhältnissen und der Sorgepflicht für zwei Kinder, durchaus angemessen. Daran vermochte auch der Umstand nichts zu ändern, daß die Erstbehörde von einem höheren Einkommen ausgegangen war. Sowohl der erhebliche objektive Unrechtsgehalt, als auch der Grad der mit diesem Überholvorgang offenbar ganz bewußt begangenen Mißachtung des "verordneten Überholverbotes und der Geschwindigkeitsbeschränkung" und der hiedurch zum Ausdruck kommenden Gleichgültigkeit gegenüber den gesetzlichen geschützten Werten, subjektiven Schuld, hätte an sich durchaus höhere Strafen gerechtfertigt. Erschwerend sind ferner die teilweise einschlägigen Vormerkungen zu werten gewesen. Mildernd war demgegenüber kein Umstand.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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