Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300521/2/WEI/Ni

Linz, 05.08.2003

 

 VwSen-300521/2/WEI/Ni Linz, am 5. August 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß aus Anlass der mündlichen Berufung des Privatanklägers P B, vom 7. Juli 2003 gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 17. Juni 2003, Zl. Ges-18/02, betreffend die Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens gegen den Privatbeschuldigten T W wegen des Vorwurfs einer Ehrenkränkung vom 17. August 2002 beschlossen und zu Recht erkannt:

 

 

I. Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

II. Aus Anlass der Berufung wird der angefochtene Bescheid mangels Zulässigkeit des Verwaltungsweges (Zuständigkeit der belangten Behörde) ersatzlos aufgehoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 6 AVG 1991.

 

 

 

B e g r ü n d u n g :

 

1.1. Mit dem angefochtenen Bescheid hat der Bürgermeister von Steyr als Strafbehörde erster Instanz in der Privatanklagesache des Berufungswerbers (Bw) gegen den Privatbeschuldigten T W wegen des Vorwurfs einer Ehrenkränkung auf Basis der §§ 45 Abs 1 Z 1 und 56 Abs 3 VStG wie folgt abgesprochen:

 

"Das anhängige Verwaltungsstrafverfahren gegen Hrn. T W, wegen des Vorwurfs der Ehrenkränkung des Hrn. P B, wird eingestellt."

 

1.2. Am 21. August 2002 nahm die belangte Behörde mit dem in Begleitung seines Sohnes H B erschienenen Bw eine Niederschrift auf. Der Bw gab an, dass sein Chef T W am 17. August 2002 um 9.50 Uhr am Handy angerufen hätte. Sein Sohn hätte das Gespräch entgegen genommen und dann dem Bw übergeben. Der Chef hätte ihm den Lohn bar auszahlen wollen, was der Bw abgelehnt hätte, weil er eine Überweisung auf sein Konto wünschte. Daraufhin hätte ihn sein Chef beschimpft und ihn einen "elendigen Hund" genannt. Der Bw hätte ihm geantwortet: "Pass auf, was Du sagst." Der Sohn bestätigte diese Angaben als Zeuge.

 

Der Bw gab weiter an, dass er am 19. August 2002 um 10.00 Uhr auf der Arbeiterkammer gewesen wäre, als sein Chef mit ihm abermals telefoniert hätte. Am Ende des Gesprächs hätte er zum Bw gesagt: "Du kannst mich am Arsch lecken."

 

 

2.1. Nach Aufforderung zur Rechtfertigung vom 26. August 2002 nahm der Bw durch seine Rechtsvertreter schließlich mit Eingabe vom 8. Oktober 2002 Stellung. In dieser Stellungnahme wird unter Vorlage von weiteren Unterlagen das Vorbringen des Bw und die behaupteten Beschimpfungen bestritten und die Einstellung des Verfahrens beantragt.

 

2.2. In weiterer Folge erging in der gegenständlichen Privatanklagesache der angefochtene Einstellungsbescheid vom 17. Juni 2003. Die belangte Behörde bejahte ihre Zuständigkeit in Bezug auf die behauptete Äußerung "elendiger Hund", weil diese nicht in der Öffentlichkeit geschah.

 

Die belangte Strafbehörde stellte das Verwaltungsstrafverfahren mit der Begründung ein, dass der Privatbeschuldigte leugnete und die Behörde nicht zweifelsfrei nachvollziehen könnte, wie der Sohn des Bw ein per Handy geführtes Telefongespräch seines Vaters mithören hätte können.

 

2.3. In der rechtzeitig (Eigenhandzustellung am 23.06.2003) zu Protokoll erhobenen Berufung vom 7. Juli 2003 führte der Bw lediglich aus:

 

"Ich bin mir sicher, dass mich Hr. T W bei einem Telefonat mittels Handy beleidigt hat. Weiters bin ich mir sicher, dass mein Sohn dies gehört hat."

 

 

3. Schon nach der Aktenlage war bei richtiger rechtlicher Beurteilung ersichtlich, dass Ehrenkränkungen im Verwaltungsverfahren nicht mehr verfolgbar sind und damit auch die Berufung unzulässig erscheint.

 

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß Art 129a Abs 1 B-VG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges, sofern ein solcher in Betracht kommt,

1. in Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen, ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes,

2. über Beschwerden von Personen, die behaupten durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes (vgl auch § 67a Abs 1 Z 2 AVG),

3. in sonstigen Angelegenheiten, die ihnen durch die die einzelnen Gebiete der Verwaltung regelnden Bundes- oder Landesgesetze zugewiesen werden (vgl auch § 67a Abs 1 Z 1 AVG),

4. über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheiten der Z 1, soweit es sich um Privatanklagesachen oder um das landesgesetzliche Abgabenstrafrecht handelt, und der Z 3.

 

4.2. Nach § 56 Abs 1 VStG ist die Verwaltungsübertretung der Ehrenkränkung nur zu verfolgen und zu bestrafen, wenn der Verletzte binnen sechs Wochen von dem Zeitpunkt an, in dem er von der Verwaltungsübertretung und der Person des Täters Kenntnis erlangt hat, bei der zuständigen Behörde einen Strafantrag stellt (Privatankläger). Diese verfahrensrechtliche Bestimmung setzt voraus, dass eine solche Verwaltungsübertretung der Ehrenkränkung im materiellen Recht überhaupt vorgesehen ist.

 

Seit 1. Jänner 1975 (vgl Art VIII der B-VG Novelle 1974, BGBl Nr. 444/1974) sind Maßnahmen zur Verfolgung von Ehrenkränkungen in Gesetzgebung und Vollziehung Landessache iSd Art 15 B-VG, während sie vorher zur allgemeinen Sicherheitspolizei nach Art 10 Abs 1 Z 7 B-VG gezählt wurden.

 

In Wahrnehmung dieser Landeskompetenz hat der Oö. Landtag mit Gesetz vom 22. Oktober 1975 über die Verfolgung von Ehrenkränkungen (LGBl Nr. 76/1975), ausgegeben und versendet am 16. Dezember 1975, in Anlehnung an die Straftatbestände der §§ 111 ff StGB auf Antrag des Verletzten zu verfolgende Verwaltungsdelikte geschaffen, die sich von den gerichtlich strafbaren Handlungen nur durch die fehlende öffentliche Begehungsform unterscheiden.

 

Mit dem am 18. Februar 2000 ausgegebenen und versendeten Oö. Rechtsbereinigungsgesetz 1999, LGBl Nr. 17/2000, wurde im § 1 Z 4 das Gesetz über die Verfolgung von Ehrenkränkungen, LGBl Nr. 76/1975, aufgehoben. Gemäß § 3 trat dieses Landesgesetz mit Ablauf des Tages seiner Kundmachung im Landesgesetzblatt für Oberösterreich in Kraft.

 

Da es demnach in Oberösterreich seit 19. Februar 2000 keine verwaltungsrechtliche Strafbarkeit von Ehrenkränkungen mehr gibt, hätte die belangte Behörde im Jahr 2002 gar kein solches Verwaltungsstrafverfahren einleiten dürfen. Ebenso wenig kam ihr die Kompetenz zu, ein solches Strafverfahren wegen einer behaupteten nicht öffentlichen Ehrenbeleidigung einzustellen.

 

Gemäß § 6 Abs 1 AVG hat die Behörde ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen. Der erkennende Verwaltungssenat war daher aus Anlass der vorliegenden Berufung gehalten, den mangels sachlicher Zuständigkeit der belangten Strafbehörde ergangenen Einstellungsbescheid ersatzlos aufzuheben. Gleichzeitig war die Berufung als unzulässig zurückzuweisen, weil der Bw in Oberösterreich keine Legitimation mehr hat, ein Verwaltungsstrafverfahren wegen Ehrenkränkungen zu betreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. W e i ß

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