Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-310006/6/Le/La

Linz, 27.06.1995

VwSen-310006/6/Le/La Linz, am 27. Juni 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Bleier, Beisitzer: Mag. Kisch, Berichter: Dr. Leitgeb) über die Berufung der E. L., ................, .............., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft ..........

vom 9.3.1995, UR96-16-12-1994-Do/M, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen alle Beiträge zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 9.3.1995 wurde die nunmehrige Berufungswerberin (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 39 Abs.1 lit.a Z2 des Abfallwirtschaftsgesetzes (im folgenden kurz: AWG) mit einer Geldstrafe in Höhe von 50.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 336 Stunden) bestraft.

Im einzelnen wurde ihr vorgeworfen, am 19. August 1994 um ca. 5.00 Uhr bis 6.00 Uhr vor der Betriebsanlage des Herrn F. B., ............., Gemeinde ............, ein Wrack des PKW Renault 5 TS abgelagert zu haben. Dieses Wrack stelle gefährlichen Abfall im Sinne des AWG dar und wäre von ihr außerhalb einer behördlich genehmigten Abfallbehandlungsanlage abgelagert worden.

In der Begründung wurde darauf hingewiesen, daß sie von der Gendarmerie angezeigt worden wäre, in der Nacht zum 19.

August 1994 das im Spruch genannte Autowrack vor dem Autoschrottplatz des Herrn F. B. abgelagert zu haben. Diese Ablagerung wäre außerhalb einer behördlich genehmigten Abfallbehandlungsanlage erfolgt.

Das Autowrack sei am 20.10.1994 von einem Amtssachverständigen der Maschinenbauabteilung beim Amt der o.ö.

Landesregierung besichtigt worden und hätte dieser in seinem schlüssigen Gutachten festgestellt, daß noch sämtliche Betriebsmittel, wie Motoröl, Bremsflüssigkeit und Kühlflüssigkeit vorhanden gewesen wären. Die Karosserie hätte bereits starke Durchrostungen aufgewiesen; eine Wiederinstandsetzung des Wracks wäre aus technischer Sicht völlig unmöglich gewesen.

Aufgrund dieses Gutachtens komme die Behörde zur Erkenntnis, daß es sich bei diesem Fahrzeugwrack um gefährlichen Abfall handle. Nach einer auszugsweisen Wiedergabe des § 17 sowie des § 1 Abs.3 AWG kam die belangte Behörde zum Ergebnis, daß auch der Umstand, daß die Beschuldigte arbeitslos ist, keine Grundlage bilde, von der Verhängung der Mindeststrafe abzusehen. Von Bedeutung für den Unrechtsgehalt der Tat wäre auch der Auffälligkeitswert, in der Öffentlichkeit ein Autowrack vor einer Autowrack-Behandlungsanlage abzustellen.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig beim unabhängigen Verwaltungssenat mündlich erhobene Berufung vom 16.3.1995.

Darin stellte die Bw dar, daß sie an diesem 19. August 1994 den alten Renault 5 nicht vor der Betriebsanlage des Herrn F. B. ablagern wollte, sondern sie habe ihn nur deshalb dorthin gestellt, weil ihr ein Bekannter dabei geholfen habe und ihr das Abschleppen zu dieser Tageszeit lieber gewesen wäre. Noch am selben Tage sei sie am späten Nachmittag zu Herrn F. B. gegangen, um mit ihm über die Entsorgung dieses PKW zu sprechen. Dieser habe sich grundsätzlich bereit erklärt, das alte Auto zu entsorgen, er hätte aber dafür 2.000 S verlangt. Da ihr diese Kosten zu hoch waren, wollte sie den PKW wieder mitnehmen, doch hätte ihn Herr B. nicht mehr hergegeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat aus dem vorgelegten Verwaltungsakt einen für die spruchmäßige Entscheidung ausreichend ermittelten Sachverhalt vorgefunden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt und konnte aus verwaltungsökonomischen Gründen auch entfallen.

3.1. Die belangte Behörde hat aufgrund einer Anzeige des Gendarmeriepostens ............. vom 4.9.1994 das Ermittlungsverfahren eingeleitet und im Zuge dessen das Gutachten eines Amtssachverständigen für Kraftfahrzeugtechnik über den Zustand des gegenständlichen Fahrzeuges eingeholt. Dieser kam in seinem Gutachten vom 24.10.1994 zum Ergebnis, daß die Karosserie des gegenständlichen PKW bereits völlig durchgerostet war, aber sämtliche Betriebsmittel (Motoröl, Bremsflüssigkeit, Kühlflüssigkeit) noch vorhanden wären. Aufgrund der starken Durchrostungen wäre eine Wiederinstandsetzung aus technischer Sicht völlig unmöglich.

3.2. Anläßlich ihrer Rechtfertigung als Beschuldigte vom 6.12.1994 wies Frau L. darauf hin, daß sie den alten PKW deshalb in der Nacht zum Betrieb des Herrn B. gebracht hätte, da ihr das Abschleppen am Tag zu gefährlich erschien.

Sie sei am späteren Nachmittag des 19. August 1994 zu Herrn B. gefahren, um ihm die Sachlage zu erklären und ihn zu bitten, das Fahrzeug ordnungsgemäß zu entsorgen. Dieser hätte ihr mitgeteilt, daß er in der Zwischenzeit bereits eine Anzeige wegen unbefugten Abstellens gemacht habe.

Gleich nach dem Gespräch mit Herrn B. sei sie zum Gendarmerieposten .............. gefahren, wo ihr jedoch mitgeteilt wurde, daß gegen sie noch keine Anzeige vorliege.

Am darauffolgenden Tag, dem 20. August 1994, wäre sie erneut zu Herrn B. gefahren, um ihn zu fragen, ob er ihr Fahrzeug entsorgen würde. Dieser verlangte dafür 1.500 S. Da ihr dieser Preis zu hoch erschien, wollte sie das Fahrzeug wieder abholen. Nach mehrmaligen Versuchen, das gegenständliche Fahrzeug abzutransportieren (der Schlüssel wäre plötzlich verschwunden gewesen) wäre sie mit einem Bekannten mit einem Traktor hingefahren, um den Renault in den Bauhof zur Entsorgung zu bringen. Herr B. hätte das Fahrzeug jedoch nicht mehr hergegeben und überdies eine Abstellgebühr in Höhe von 700 S verlangt. Auch eine Intervention beim Gendarmeriepostenkommando .......... hätte keinen Erfolg gebracht.

3.3. Daraufhin wurden von der belangten Behörde mehrere Zeugen einvernommen. Herr W. W. gab dazu an, daß er Frau L.

geholfen hätte, am 19.8.1994 den Renault 5 zum Schrottplatz zu schleppen. Als sie dort angekommen seien, wäre er aber versperrt gewesen. Er wäre auch am Nachmittag des 19. August 1994 mit Frau L. zu Herrn B. gefahren, dem sie die Autoablieferung melden wollten. Dieser hatte aber angegeben, bereits Anzeige erstattet zu haben. Daraufhin wären sie sofort zum Gendarmerieposten gefahren, wo ihnen erklärt worden sei, daß noch keine Anzeige erstattet worden sei.

Daraufhin hätten sie von Herrn B. erfahren, daß er ca 1.500 S für die Entsorgung verlangen würde. Da sie wußten, daß dies im Altstoffsammelzentrum ............ beträchtlich billiger sei, wollten sie das Auto wieder abholen, Herr B.

hätte dies jedoch verhindert.

Herr D. T. gab als Zeuge an, daß ihn Frau L. gebeten hätte, mit seinem Traktor das Fahrzeug vom Abstellplatz B. ins ASZ ......... zu schleppen. Zur Begründung hätte sie angeführt, daß Herr B. beim Renault den Schlüssel abgezogen hätte und nunmehr aufgrund der Lenkradsperre das Wrack mit einem PKW nicht mehr abgeschleppt werden könne. Soviel er wisse, hätten Herr S. und Frau L. das Wrack zum Abstellplatz B.

geschleppt; er vermutete, daß sie das Wrack dort abliefern wollten. Er glaubte nicht, daß Frau L. es dort einfach abstellen wollte.

Herr F. B. gab als Zeuge an, daß er am Freitag, den 19.

August 1994, um ca 6.00 Uhr früh das Wrack des Renault 5 TS vor seinem Abstellplatz gesehen hätte. Er hätte mit dem Vorbesitzer O. B. Kontakt aufgenommen, der ihm einen Kaufvertrag vorgewiesen hätte, woraus hervorging, daß der Renault Frau E. L. gehörte. Freitag abends wäre Frau L. mit einem Bekannten zu ihm gekommen, mit dem Wunsch, das Auto auf seinen Abstellplatz zu bringen. Er hätte darauf hingewiesen, Autowracks ohne Typenschild und Prüfplakette nicht anzunehmen. Er hätte Frau L. die Möglichkeit gegeben, den Renault bis Samstag, 20. August 1994, zu entsorgen. Ob zu diesem Zeitpunkt der Zündschlüssel gesteckt sei, wisse er nicht. Am Samstag um 20.00 Uhr hätte er das KFZ mit einem Stapler auf seinen Platz gebracht. Am Montag, den 22.

August, wäre Frau L. mit einem Bekannten gekommen, um das Auto wegzuschleppen. Als sie bemerkten, daß der Zündschlüssel fehlte und somit die Lenkradsperre aktiviert war, kündigten sie an, mit einem Traktor zu kommen. Am 26.8.1994 wäre Frau L. mit einem Bekannten gekommen, um das Auto mit einem Traktor wegzuschleppen. Er hätte 1.500 S berechnet (800 S für die Entsorgung und 700 S für 7 Tage Standgebühr).

Als sich Frau L. weigerte, die 700 S Standgebühr zu bezahlen, hätte er das Autowrack nicht herausgegeben.

Der Zeuge R. S. gab an, am 19.8.1994 ziemlich früh morgens Frau L. geholfen zu haben, das Wrack von .......... nach ......... zu schleppen. Er sei beim Abschleppen im Renault gesessen. Als sie vor dem Platz B. angekommen wären, hätte er sich sofort in seinen Wagen gesetzt und sei nachhause gefahren (seinen Wagen hätte er bereits vor dem Abschleppen zur Firma B. gestellt).

Trotz Vorhalt äußerte sich die Bw nicht zum Ergebnis der Beweisaufnahme.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Dem Beschuldigten steht gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat zu, in dessen Sprengel nach dem Ausspruch der Behörde erster Instanz die Tat begangen wurde. Nach dem angefochtenen Straferkenntnis liegt der Tatort in der Gemeinde ............, sodaß die Zuständigkeit des O.ö.

Verwaltungssenates gegeben ist.

Da eine Geldstrafe über 10.000 S verhängt wurde, ist für die Durchführung dieses Verfahrens die Zuständigkeit der Kammer gegeben (§ 51c VStG).

4.2. Gemäß § 39 Abs.1 Abfallwirtschaftsgesetz - AWG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen a) mit Geldstrafe von 50.000 S bis 500.000 S, wer 2. gefährliche Abfälle und Altöle entgegen § 17 Abs.1 lagert, behandelt oder ablagert, ...

§ 17 Abs.1 AWG bestimmt folgendes:

"(1) Gefährliche Abfälle und Altöle sind unbeschadet weitergehender Verpflichtungen jedenfalls so zu lagern und zu behandeln (verwerten, ablagern oder sonst zu behandeln), daß Beeinträchtigungen iSd § 1 Abs.3 vermieden werden. Das Ablagern von gefährlichen Abfällen oder Altölen außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen ist unzulässig" 4.3. § 17 Abs.1 AWG unterscheidet zwischen "Lagern" und "Ablagern" von gefährlichen Abfällen. Der Bw wurde konsensloses "Ablagern" vorgeworfen.

Dieser Begriff ist im AWG nicht eindeutig definiert; ein Hinweis auf die Bedeutung dieses Terminus ist lediglich dem § 2 Abs.11 AWG zu entnehmen.

Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des O.ö.

Verwaltungssenates geht aber davon aus, daß ein "Ablagern" ein längerfristiges Lagern von mehr als einem Jahr oder ein bewußtes endgültiges Entledigen eines Abfalls darstellt.

Es handelt sich dabei um ein Begehungsdelikt, das mit dem Abschluß der Handlung, nämlich der im Wissen um die Endgültigkeit der vorgenommenen Derelinquierung der beweglichen Sache als Abfall verwirklicht ist. Mit der Ablagerung ist daher das Delikt abgeschlossen und beginnt die Verjährungsfrist zu laufen (VwSen-210194/3/Ga/La vom 21.12.1994).

Zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmales "Ablagern" ist daher entweder das über ein Jahr andauernde Lagern oder die Absicht der endgültigen Entledigung erforderlich.

Beides ist jedoch im vorliegenden Fall nicht gegeben:

a) Das Autowrack stand nicht einmal zwei Tage vor dem Schrottplatz, weil es sodann von Herrn B. auf diesen Schrottplatz verbracht wurde.

b) Die Absicht der Bw, sich des Autowracks endgültig vor dem Schrottplatz entledigen zu wollen, konnte nicht nachgewiesen werden. Im Gegenteil: Dadurch, daß sie noch am selben Tag zum Schrotthändler B. kam, um mit ihm über die Entsorgung des Wracks zu sprechen, ist klar ersichtlich, daß sie sich durch das Abstellen des Wracks vor dem Schrottplatz eben nicht endgültig entledigen wollte, sondern eine ordnungsgemäße Entsorgung durch den Schrotthändler anstrebte. Dies steht aufgrund der eigenen Aussage sowie der Zeugenaussagen W., T. und B. fest. Zu bedenken ist weiters, daß die Bw aus freien Stücken zum Schrotthändler kam, um mit ihm die Entsorgung zu klären, und nicht etwa erst über Aufforderung durch die Behörde, die Gendarmerie oder Herrn B..

4.4. Somit ist der Tatvorwurf des Ablagerns von gefährlichen Abfällen außerhalb einer genehmigten Abfallbehandlungsanlage zu Unrecht erfolgt.

Ob eine unbefugte Lagerung von gefährlichem Abfall, die eine Verletzung eines oder mehrerer öffentlichen Interessen des § 1 Abs.3 AWG zur Folge gehabt hätte, vorlag, wurde von der belangten Behörde nicht untersucht und im angefochtenen Straferkenntnis auch nicht vorgeworfen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Die Aufhebung und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens bewirkt auf der Kostenseite, daß der Berufungswerber weder mit Beiträgen zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz noch zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu belasten ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum