Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-310021/3/Ga/La

Linz, 31.05.1995

VwSen-310021/3/Ga/La Linz, am 31. Mai 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 5. Kammer (Vorsitzender: Dr. Weiß, Berichter:

Mag. Gallnbrunner, Beisitzer: Dr. Schön) über die Berufung des Ing. J. B., vertreten durch Dr. O. H., Dr. G. W., Dr. K.

H., Dr. S. H., Rechtsanwälte in ............., ..........., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft ............ (Faktum 1.) vom 12. Dezember 1994, Zl.

Ge-2203/1993/A/ZE, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes - AWG, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.1; § 66 Abs.1.

Entscheidungsgründe:

1.1. Dem Berufungswerber wurde mit dem angefochtenen Straferkenntnis unter Spruchpunkt 1. vorgeworfen, er sei schuldig, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma B. Abfallaufbereitung Gesellschaft m.b.H. mit dem Firmenbuchsitz in ............., ................, und sohin gemäß § 9 VStG als zur Vertretung nach außen berufenes und für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verantwortliches Organ für eine von dieser Gesellschaft durch Verletzung des § 39 Abs.1 lit.a Z1 iVm § 15 Abs.1 AWG begangene Verwaltungsübertretung einzutreten.

Als erwiesen wurde angenommen (§ 44a Z1 VStG): Die genannte Gesellschaft habe in der Zeit von 30. Jänner 1991 bis 8.

September 1993 gefährlichen Abfall mit der Schlüsselnummer 59803 (Druckgaspackungen) in einer Menge von 64.004 kg ohne die Erlaubnis des Landeshauptmannes nach § 15 AWG gesammelt, obwohl derjenige, der die Tätigkeit eines Abfallsammlers ausübt, hiefür einer Erlaubnis des Landeshauptmannes bedürfe.

Deswegen wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von 80.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: fünf Tage) kostenpflichtig verhängt.

1.2. Die dagegen erhobene und dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegte Berufung hat dieser mit Schreiben vom 22. Februar 1995 gemäß § 6 Abs.1 AVG an den zur Entscheidung in dieser Sache als örtlich zuständig erachteten unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol weitergeleitet - dies unter Anknüpfung an den in dessen Sprengel gelegenen und im Schuldspruch ausgewiesenen Sitz der involvierten Gesellschaft und weiters ausgehend davon, daß vorliegend die Verwaltungsübertretung im Zuge des Betriebes eines Unternehmens durch Unterlassung einer der Geschäftsführung pflichtgemäß obliegenden Vorsorgehandlung (nämlich: das rechtzeitige Erwirken der LH-Erlaubnis) begangen worden ist.

Daraufhin hat der unabhängige Verwaltungssenat in Tirol mit Bescheid vom 7. April 1995 zu Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses seine örtliche Zuständigkeit bejaht und in der Sache entschieden, zu Spruchpunkt 1. jedoch seine örtliche Unzuständigkeit mit der Begründung, daß vorliegend ein Begehungsdelikt zur Last gelegt werde, bei dem Tatort der Ort der Sammeltätigkeit sei, festgestellt.

Damit ist in der Sache ein negativer Zuständigkeitskonflikt gegeben.

1.3. Allerdings hat die Ausgangslage des Konflikts insofern eine Änderung erfahren, als nun seit dem h. Erkenntnis vom 31. März 1995, VwSen-210135/3/Ga/La, eine zu § 15 Abs.1 AWG einschlägige Rechtsprechung vorliegt, mit der der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich bezüglich Verwaltungsübertretungen gemäß § 39 Abs.1 lit.a Z1 iVm § 15 Abs.1 AWG ausspricht, daß sich die örtliche Zuständigkeit der Strafbehörde für die Ahndung derartiger Delikte nach dem Ort der unbefugt ausgeübten Tätigkeit (Wo wurde abgeholt? Wo wurde entgegengenommen?) richtet.

2. In Fortführung dieser Rechtsprechung einerseits und in Würdigung der durch den vorerwähnten Feststellungsbescheid des UVS Tirol geschaffenen Verfahrenslage andererseits (Spruchpunkt 1. ist dadurch nicht in Rechtskraft erwachsen; über die Berufung dagegen ist nach wie vor nicht endgültig entschieden) bejaht der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich aus Zweckmäßigkeitsgründen aus eigenem (ohne einen Beharrungsantrag des Berufungswerbers abzuwarten; in der seit dem Erk. vom 14.4.1993, 93/18/0092, einschlägigen Rspr. zeigt der VwGH die Beharrung des Berufungswerbers nur als rechtliche Möglichkeit, nicht jedenfalls nicht ausdrücklich - als Bedingung für die Lösung eines dergestaltigen Zuständigkeitskonfliktes auf) seine örtliche Zuständigkeit zur meritorischen Entscheidung über die Berufung gegen Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses und erkennt - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - wie im Spruch mit folgender Begründung:

2.1. Gemäß § 39 Abs.1 lit.a AWG begeht eine mit Geldstrafe von 50.000 S bis 500.000 S zu bestrafende Verwaltungsübertretung, wer gemäß Z1 dieser Vorschrift die Tätigkeit eines Abfall(Altöl)sammlers ... ausübt, ohne im Besitz der gemäß § 15 Abs.1 erforderlichen Erlaubnis zu sein ... .

§ 15 Abs.1 AWG ordnet an, daß, wer gefährliche Abfälle oder Altöle sammelt (abholt oder entgegennimmt) ..., hiefür einer Erlaubnis des Landeshauptmannes bedarf.

2.2. Für eine im Lichte des Konkretisierungsgebotes gemäß § 44a Z1 VStG hinlänglich bestimmte Tatanlastung genügt es aus dem Blickwinkel der hier maßgeblichen Gebotsnorm, wenn der Schuldspruch auf der unbefugt ausgeübten SAMMLUNG als wesentliches Tatbestandsmerkmal beruht; des dezidierten Vorwurfs des Abholens oder des Entgegennehmens bedarf es nicht, wenn sonst hinreichend klargestellt scheint, wofür der Beschuldigte bestraft worden ist (vgl. VwGH 25.10.1994, 94/05/0143). Ausgehend davon stellt das Tatbild nach objektiven Kriterien entscheidend auf die Tätigkeit ab, einerlei, ob diese durch ein Abholen des Abfalls/Altöls direkt beim Kunden oder durch ein Entgegennehmen an einer dafür bestimmten Örtlichkeit nachgewiesen ist.

Damit aber ist als Tatort iSd § 27 Abs.1 iVm § 2 Abs.2 VStG jener Ort maßgeblich, an dem der Täter durch Abholen oder Entgegennehmen von Abfällen/Altöl gehandelt hat.

Dieser Ort ist gegenständlich jedoch weder im Schuldspruch gemäß Faktum 1. vorgeworfen noch sonst von der belangten Behörde in tauglicher Weise gemäß § 32 Abs.2 VStG in Verfolgung gezogen worden. Die einzige in der spruchgemäßen Tatanlastung enthaltene Ortsbezeichnung gibt den Sitzort der Gesellschaft an, nicht jedoch den Ort, an dem die Sammeltätigkeit in der oben dargestellten Weise unbefugt ausgeübt worden ist. Und was die diesbezüglich erste Verfolgungshandlung (das ist die dem Berufungswerber am 20. Dezember 1993 persönlich ausgefolgte Aufforderung zur Rechtfertigung vom 15. Dezember 1993) angeht, so kann nach der Aktenlage die nur in der Adressierung dieser Aufforderung enthaltene Wohnanschrift des Berufungswerbers keinesfalls als Bezeichnung des Tatortes gewertet werden.

2.3. In diesem Zusammenhang ist bei der Prüfung, ob vorliegend überhaupt taugliche Verfolgungshandlungen gesetzt wurden, darüber hinaus zu beachten, daß die belangte Behörde der neuerlichen Vorlage ihres bezughabenden Strafaktes zu Zl. Ge-2203/1993/RE/ZE auch den Aktenvorgang der Bezirkshauptmannschaft ............... zu Zl.

Ge96-1109-1993/Rb, aus dem ein von dieser Behörde geführtes Verwaltungsstrafverfahren gegen den Berufungswerber, u.zw.

gleichfalls wegen des Verdachtes einer Übertretung des § 15 Abs.1 AWG, hervorgeht, angeschlossen hat.

Diesem Aktenkonvolut, in das als Beweismittel der unabhängige Verwaltungssenat daher Einsicht genommen hat, liegt die an den Berufungswerber gerichtet gewesene Aufforderung zur Rechtfertigung der Bezirkshauptmannschaft ............... vom 1. Oktober 1993 ein. Mit dieser - eine geeignete Ortsangabe als Tatort zwar enthaltenden Verfolgungshandlung ist dem Berufungswerber allerdings eine andere Tat (betreffend nämlich einen anderen Tatzeitraum und eine andere Abfallmenge) angelastet worden, weshalb diese Amtshandlung als Verfolgungshandlung für den gegenständlichen Berufungsfall von vornherein ausscheidet. Dies folgert - wenigstens im Zweifel zugunsten des Berufungswerbers - der unabhängige Verwaltungssenat aus der vergleichenden Würdigung der in den Aktenkonvoluten gleichfalls einliegenden und als Beweismittel eingesehenen Schreiben der Umweltrechtsabteilung des Amtes der o.ö.

Landesregierung vom 29. Juni 1993 (als Anzeige mit Sachverhaltsdarstellung an die Bezirkshauptmannschaft ............ gerichtet) einerseits und vom 19. November 1993 (als Anzeige mit Sachverhaltsdarstellung an die Bezirkshauptmannschaft ........ gerichtet) andererseits, weil sonst auch nicht erklärbar wäre, daß in der Anzeige an die Bezirkshauptmannschaft .......... nicht der geringste Hinweis auf die frühere Anzeige an die Bezirkshauptmannschaft ............. (und den darin geschilderten anderen - Sachverhalt) enthalten ist.

Wäre aber - was, wie dargelegt, wegen des anderen Tatsachverhalts ausscheidet - die Ortsangabe (Hofkirchen an der Trattnach) in der zit. Aufforderung zur Rechtfertigung der Bezirkshauptmannschaft ............. vom 1. Oktober 1993 als rechtzeitig in Verfolgung gezogener Tatort für das vorliegend bekämpfte Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft ............. anzuerkennen, dann hätte dies unter Hinweis auf die oben wiedergegebene h. Rechtsprechung die Auswirkung, daß das Straferkenntnis im Faktum 1. als von einer örtlich unzuständigen Behörde erlassen aufgehoben werden müßte.

2.4. Aus allen diesen Gründen und im Hinblick auf die ausdrückliche Formulierung der Tatzeit im angefochtenen Schuldspruch - die (fortgesetzte) strafbare Tätigkeit war mit 8. September 1993 abgeschlossen - ist daher die unter Spruchpunkt 1. unter Verletzung des Konkretisierungsgebotes verfolgte Verwaltungsübertretung schon zum Zeitpunkt der Fällung des angefochtenen Straferkenntnisses (12. Dezember 1994) verjährt gewesen.

3. Bei diesem Ergebnis kann im übrigen auf sich beruhen, * daß, wie der Berufungswerber zu Recht vorbringt, die von der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses (offenbar für sich selbst) reklamierte Übertragung des Strafverfahrens gemäß § 29a VStG im vorgelegten Strafakt nicht nachgewiesen ist; * daß, wie der Berufungswerber im Ergebnis zutreffend gleichfalls rügt, die spruchgemäße Einordnung der 'Druckgaspackungen' (= Spraydosen) als gefährlicher Abfall gemäß der dafür als Determinante maßgeblichen Schlüssel-Nummer 59803 mit schweren Feststellungsmängeln behaftet ist, sodaß der angefochtene Spruchpunkt auch aus diesem Grunde der Aufhebung verfallen müßte (vgl.

diesbezüglich die ständige h. Rspr. zB Erk. vom 10.2.1995, VwSen-220859/2/Wei/Bk; mwN). Die Aktenlage weist nämlich trotz einschlägiger Bestreitung durch den Berufungswerber - kein hinreichendes solches Ermittlungsergebnis aus, das die Einordnung der ganzen Menge Druckgaspackungen pauschal als gefährlicher Abfall gemäß dem, wie die Begründung darlegt, im Wege des § 2 Z23 der Verordnung BGBl.Nr.

49/1991 herangezogenen und die 'Gefährlichkeit' der Abfälle hier allein bestimmenden Tatbestand der Schlüssel-Nummer 59803 der ÖNORM S 2100, Fassung 1. März 1990, rechtfertigen könnte.

Andererseits kann auch dahingestellt bleiben, ob, wie der Berufungswerber geltend macht, nicht er in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer, sondern vielmehr der von der involvierten Gesellschaft im Grunde des § 39 Abs.3 AWG bestellte abfallrechtliche Geschäftsführer hätte bestraft werden müssen. Diesbezüglich geht nämlich aus dem vorgelegten Strafakt nur die Behauptung der erfolgten Bestellung einer namentlich bezeichneten Person zum abfallrechtlichen Geschäftsführer, nicht aber der Nachweis dieser Bestellung selbst hervor.

4. Zusammenfassend war spruchgemäß die Aufhebung auszusprechen und gleichzeitig die Einstellung des Verfahrens zu verfügen, weil gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG Umstände vorliegen, die die Verfolgung des Berufungswerbers in dieser Sache ausschließen.

5. Mit diesem Ergebnis entfällt auch die Kostenpflicht des Berufungswerbers (die Aufhebung bewirkt zugleich auch den Wegfall des strafbehördlichen Kostenausspruchs; Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens waren dem Beschuldigten in diesem Fall von Gesetzes wegen nicht aufzuerlegen).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum