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des Landes Oberösterreich
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VwSen-310162/16/Ga/La

Linz, 30.08.2000

 

VwSen-310162/16/Ga/La Linz, am 30. August 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 5. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Grof, dem Berichter Mag. Gallnbrunner und dem Beisitzer Dr. Schön über die Berufung der Frau G H, vertreten durch Dr. R S, Rechtsanwalt in S, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 21. Oktober 1998, Zl. Abfall-36/96, wegen Übertretung des Abfallwirtschafts-gesetzes - AWG, nach Beendigung des beim Verfassungsgerichtshof zu G 3/99 protokollierten Verfahrens zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 51 Abs.1, § 51c, § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Mit bezeichnetem Straferkenntnis vom 21. Oktober 1998 wurde die Berufungswerberin für schuldig befunden, sie habe "als Abwicklerin/Liquidatorin und gewerberechtliche Geschäftsführerin" und somit als zur Vertretung nach außen bestimmtes Organ der "H Kanal- und Öltankreinigungs-Gesellschaft mbH. in Liqu.", näherer Standort in der Stadt S, dafür einzustehen, dass diese Gesellschaft am 9. Juli 1996 bestimmte gefährliche Abfälle sowie eine bestimmte Menge Altöl von der "C-A GesmbH", näherer Standort in der Gemeinde G, "entgegengenommen (abgeholt)" habe, ohne im Besitz der hiefür erforderlichen Erlaubnis des Landeshauptmannes gewesen zu sein. Dadurch habe sie § 15 Abs.1 iVm § 39 Abs.1 lit.a Z1 AWG verletzt. Über sie wurde gemäß § 39 Abs.1 lit.a Z1 AWG die gesetzliche Mindeststrafe von 50 000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 120 Stunden) kostenpflichtig verhängt.

Die Beschuldigte erhob Berufung, weil sie zu Unrecht bestraft worden sei. Hinsichtlich der sprucherfassten Abfälle sei sie nicht als Sammlerin iSd § 15 Abs.1 AWG, sondern als Transporteurin iSd § 15 Abs.2 Z3 AWG tätig geworden.

Über Antrag des h Tribunals bezog der VfGH dieses Berufungsverfahren als Anlassfall zur eingangs zit. Zahl in die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "von 50 000" in § 39 Abs.1 lit.a AWG - als hier präjudizielle Mindeststrafe - ein. Mit Erkenntnis vom 16. März 2000, G 312/97, G 3/99 uwZ, hob der VfGH diese Mindeststrafe - mit sofortiger Wirkung und ohne dass frühere gesetzliche Bestimmungen wieder in Kraft treten - als verfassungswidrig auf. Auf Grund der Anlassfallwirkung gilt die Aufhebung auch für den Berufungsfall. Dh, der Oö. Verwaltungssenat hätte bei seiner Kognition - unbeschadet der Beurteilung der Schuldfrage - für die Prüfung der gemäß den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen gewesenen Strafbemessung nunmehr von einem bei "null" - (statt bisher bei "50 000 S") beginnenden Strafrahmen für die hier als verwirklicht angenommene Verwaltungsübertretung auszugehen.

Davon aber abgesehen, hat der Oö. Verwaltungssenat, nach Einsicht in den Strafverfahrensakt der belangten Behörde, zur Schuldfrage in diesem Fall erwogen:

1. Ein Verstoß gegen die Vorschrift des § 15 Abs.1 AWG kann mit Bezug auf das vorliegend angelastete unbefugte Sammeln von Altöl und gefährlichen Abfällen durch zwei unterschiedliche, einander ausschließende Sachverhalte verwirklicht werden. Danach ist (iVm § 39 Abs.1 lit.a Z1 AWG) zu bestrafen, wer unbefugt, dh ohne Landeshauptmann-Erlaubnis, gefährlichen Abfall (Altöl) abholt oder entgegennimmt (nach der hier noch anzuwendenden Rechtslage vor der Novelle BGBl. I 1998/151).

In ständiger Rechtsprechung hat der Oö. Verwaltungssenat ausgesprochen (vgl VwSen-210107/10/Ga/La vom 11.9.1995, mit Vorjud.), dass Abholen und Entgegennehmen nicht synonym verwendet werden dürfen, soweit nicht zweifelsfrei feststeht, welches konkrete Verhalten bestraft werden soll, sondern objektiv unterschiedliche Lebenssachverhalte beschreiben, die, weil es sich um Tätigkeiten handelt, im Grunde des § 27 Abs.1 iVm § 2 Abs.2 VStG hinsichtlich des Tatortes zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können.

Unter der Voraussetzung eines entsprechenden Feststellungsergebnisses hat daher ein die in Rede stehende Tatbestandsmäßigkeit annehmender Schuldspruch unmissverständlich, wenn sonst kein sicherer Schluss auf den Tatort gezogen werden könnte, entweder auf "abholen" oder "entgegennehmen" als Merkmal abzustellen.

Trotz entsprechender Ausführungen im h Erkenntnis VwSen-310136/3/Ga/Ha vom 29. Mai 1998 und unter Missachtung der Bindung an die Rechtsansicht des Tribunals unterließ die im zweiten Rechtsgang gemäß § 29a VStG nun auch örtlich zuständig gewordene belangte Behörde die Richtigstellung des Schuldspruchs und behielt die schon für das aufgehobene Straferkenntnis vom 18. Dezember 1997, Zl. Abfall-36/96, als rechtswidrig aufgezeigte synonyme Umschreibung des inkriminierten Verhaltens der Berufungswerberin bei.

Bereits nach der der belangten Behörde vorgelegenen Aktenlage war jedoch allseits unstrittig, dass die hier fraglichen Abfälle nicht (im Betriebsgelände des involvierten Unternehmens) entgegengenommen, sondern beim Abfallerzeuger, das war hier die C-A GesmbH in G, abgeholt wurden.

2. Strittig hingegen war im Berufungsfall die rechtliche Beurteilung der Tätigkeit des Abholens mit Blick auf die Erlaubnispflicht.

Die belangte Behörde sah darin das erlaubnispflichtige "Sammeln" verwirklicht, ohne allerdings in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses ihre Erwägungen darzustellen, auf die sie ihre Schlussfolgerung auf die Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens ("es war daher für die erkennende Behörde davon auszugehen, dass die Fa. H ... die ggst. Stoffe ... nicht als Transporteur entgegennahm") zu stützen können glaubte. Vielmehr ist sie in der ergebnishaften Annahme einer Erlaubnispflicht ohne eigene Ausführungen - und somit entgegen § 60 AVG - der im Strafakt einliegenden NS des Amtes der Oö. Landesregierung (OZ 1) über eine am 3. September 1996 im Betriebsgelände der C-A GesmbH in G durchgeführte abfallbehördliche Überprüfung der Abfallgebarung dieses Unternehmens gefolgt.

Die Berufungswerberin bestreitet, dass das Abholen der sprucherfassten Abfälle ein (erlaubnispflichtiges) Sammeln gewesen wäre; vielmehr habe sie die Abfälle in exakter Entsprechung eines telefonischen Auftrages nur in der Absicht und zu dem Zweck abgeholt, um sie ohne Umwege zu einem Entsorger zu befördern; insofern sei sie als erlaubnisbefreiter Transporteur iSd § 15 Abs.2 Z3 AWG tätig gewesen und hätte nicht bestraft werden dürfen.

Mit diesem Vorbringen ist die Berufungswerberin nach den Umständen dieses Falles im Ergebnis im Recht.

Nicht strittig ist, dass die Berufungswerberin zur Beförderung der Abfälle iS der im § 15 Abs.2 Z3 AWG angeführten Rechtsvorschriften gewerberechtlich und beförderungsrechtlich befugt war.

Zunächst spricht für die Richtigkeit des Einwandes der Berufungswerberin, sie sei vom Abfallerzeuger (C-A GesmbH in G) zur Beförderung der fraglichen Abfälle direkt beauftragt worden, die vorhin zitierte Niederschrift vom 3. September 1996. Daraus geht (Seite 4) beweiskräftig hervor, dass die Berufungswerberin vom genannten Unternehmen in den letzten Jahren - und schlüssig ableitbar auch so für den hier belangvollen Vorgang - regelmäßig fernmündlich zur Abholung von gefährlichen Abfällen aufgefordert (unbestritten mit den Rechtswirkungen eines Auftragsverhältnisses) und ihr dabei ein bestimmter Entsorger (als Adressat der Beförderung) jedoch nicht genannt worden ist; vielmehr blieb in der Durchführung des Beförderungsvertrages die Auswahl des Entsorgers der Berufungswerberin überlassen.

Über die Form des Beförderungs-Auftrages trifft § 15 Abs.2 Z3 AWG keine Regelung. In Anwendung allgemeiner Rechtsgrundsätze ist daher auch eine nur fernmündlich erteilte Beauftragung erfasst.

Wenn nun die Berufungswerberin angibt, es sei der Auftrag stets - und eben auch für die fraglichen Abfälle - so gegeben und gehandhabt worden, dass sie die Beförderung zum nächst günstigsten Entsorger durchzuführen gehabt habe, so widerspricht dies weder den Angaben in der zit. NS noch ist diese Darstellung aus der Aktenlage insgesamt widerlegbar. Ein mit solcher Modifikation erteilter Auftrag ist aber vor dem Hintergrund eines konkreten, gewachsenen Vertrauensverhältnisses zwischen Wirtschaftspartnern auch nicht lebensfern. Näherhin kann in dem Umstand, dass hier die vom tatsächlich angefahrenen Entsorger in Rechnung gestellten Entsorgungskosten - unstrittig von der Berufungswerberin als buchhalterischer "Durchlaufer" ohne eigene Aufschläge betragsgenau nur weiterverrechnet - von der Auftraggeberin offenbar anstandslos bezahlt wurden, die (betriebswirtschaftliche) Akzeptanz dafür erblickt werden, dass die Berufungswerberin auch nach Dafürhalten der Auftraggeberin eben den nächsten geeigneten - und insofern eben kostengünstigsten - Entsorger angefahren ist. Aus der Aktenlage spricht nichts gegen die Annahme, wonach die C-A GesmbH als Abfallerzeugerin auch in diesem Fall darauf vertraut hatte, dass die Beauftragung der Berufungswerberin zu einem alles in allem kostenmäßig vertretbaren Ergebnis (Auswahl einer kostengünstigen Deponie offenbar auch unter Bedachtnahme auf die Kosten des Transports dorthin) führen werde. Die aus der bezogenen NS ersichtliche jahrelange Geschäftsverbindung betreffend die Abholung und den Transport angefallener Abfälle wäre sonst nicht plausibel.

Stand aber bei dieser so gestalteten Beförderungspraxis zwischen dem Abfallerzeuger und der Berufungswerberin als Transporteur am Ausgangspunkt der einzelnen Abfallbeförderung jeweils der telefonische Auftrag, bestimmte Abfälle in der bewährten Weise zum nächstgünstigsten Entsorger nur zu befördern und hat die Berufungswerberin in Entsprechung dieses - unzweifelhaft direkt an sie gerichtet gewesenen - Auftrages die abgeholten Abfälle tatsächlich, wenngleich hinsichtlich der Auswahl des Entsorgers nur im stillen Einverständnis der C-A GesmbH, zum Entsorger nur befördert, so steht nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates einer Beurteilung dieses Vorganges als erlaubnisfreie Sammeltätigkeit (= 'Beförderung') weder die Wortwahl des § 15 Abs.2 Z3 AWG noch eine teleologische Betrachtung des § 15 AWG als Ganzes entgegen.

Überwogen aber aus allen diesen Gründen im Berufungsfall jene Aspekte, die gegen die - von der belangten Behörde undifferenziert unternommene - sichere Zuordnung der inkriminierten Abholtätigkeit als unbefugte Abfallsammlung, sondern im Gegensatz für eine insgesamt vertretbare Beurteilung als erlaubnisfreier Abfalltransport gemäß § 15 Abs.2 Z3 AWG sprachen, dann ist die Berufungswerberin iS ihres Vorbringens zu Unrecht bestraft worden, weshalb wie im Spruch zu erkennen war.

Dieses Verfahrensergebnis entlastet die Berufungswerberin auch von ihrer Kostenpflicht.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. G r o f

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