Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-320078/2/Kl/Ni

Linz, 28.02.2002

VwSen-320078/2/Kl/Ni Linz, am 28. Februar 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des E, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt, vom 31. Mai 2001, N96-5-2001, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Oö. NSchG 1995 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat einen Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, das sind 116,28 Euro (entspricht 1.600 S) zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt, vom 31. Mai 2001, N96-5-2001, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 8.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 42 Abs.3 Z2 iVm § 8 Abs.1 Z2 und Abs.2 des Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1995, LGBl. Nr. 37/1995 in der Fassung LGBl. Nr. 35/1999 iVm § 1 Abs.1 der Verordnung über den Landschaftsschutz im Bereich von Flüssen und Bächen, LGBl. Nr. 107/1982 in der

Fassung LGBl. Nr. 4/1987 und Z3.9.1 deren Anlage verhängt, weil er vom 10. April 2001 bis jedenfalls 7. Mai 2001 auf dem nordwestlichen Teil des gemischt genutzten

Grundstückes Nr. und dem nordöstlichen Teil des Grundstückes Nr. (begrünte Baufläche), beide KG H, Marktgemeinde H, an das bestehende Wohngebäude in Massivbauweise einen Zubau von ca. 9,14 mal ca. 13,50 Meter und einer Höhe von ca. 3,00 Meter sowie auf dem nordwestlichen Teil des Grundstückes Nr. (begrünte Baufläche), KG H, Marktgemeinde H, einen Zubau von ca. 5,40 mal ca. 9,50 Meter und einer Höhe von ca. 3,00 Meter an das bestehende Wohngebäude rohbaumäßig im rechtsufrigen 50-m-Schutzbereich der Feldaist außerhalb einer geschlossenen Ortschaft errichtet und somit einen Eingriff in das Landschaftsbild getätigt hat, ohne dass hiefür der erforderliche naturschutzbehördliche Feststellungsbescheid gemäß § 8 Abs.2 des Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1995, LGBl. Nr. 37/1995 idF LGBl.Nr. 35/1999 iVm § 1 der Verordnungen der Oö. Landesregierung vom 20.12.1982 über den Landschaftsschutz im Bereich von Flüssen und Bächen, LGBl.Nr. 107/1982 idF LGBl.Nr. 4/1987 und Z3.9.1. deren Anlage, dass durch den gegenständlichen Eingriff solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes und im Grünland in den Naturhaushalt, die allen anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden, vorlag und obwohl für die Feldaist und einen daran unmittelbar anschließenden 50 m breiten Geländestreifen § 1 der genannten Verordnung iVm Z 3.9.1. deren Anlage gilt, und für die gegenständlichen Grundstücke kein rechtswirksamer Bebauungsplan vorliegt.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses bzw. Absehen von der Strafe bzw. Herabsetzen der Strafe beantragt. Dies wurde damit begründet, dass bereits im Februar 2001 dem Regionsbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz die Baupläne und Einreichunterlagen zur Kenntnis gebracht worden seien und naturschutzrechtlich keine Probleme dargelegt wurden. Am 7.5.2001 sei das positive Gutachten erstattet und am 16.5.2001 der positive Feststellungsbescheid erlassen worden. In Kenntnis dieser Umstände sei das Straferkenntnis erlassen worden, das zum Zeitpunkt des Beginns und der folgenden Durchführung von Rohbauarbeiten der Feststellungs-bescheid noch nicht vorgelegen sei und dies strafwürdig sei. Dies sei unrichtig. Ein Verschulden liege keinesfalls vor. Im Übrigen sei noch vor Erlassung des Straferkenntnisses der positive Feststellungsbescheid ergangen, sodass das günstigere Recht anzuwenden sei. Sowohl die Baubehörde als auch der Bauführer hätten den Beschuldigten nicht darauf aufmerksam gemacht, dass er erst nach Erhalt des positiven Feststellungsbescheides mit den Bauarbeiten beginnen dürfe. Die geltenden Rechtsvorschriften seien schwer durchschaubar und verwirrend, sodass Rechtsirrtum geltend gemacht werde. Darüber hinaus hätte der Beschuldigte in die Wohnung der Schwiegereltern umziehen müssen. Darüber hinaus sei die finanzielle Situation angespannt.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Mit der Berufung wurde unrichtige rechtliche Beurteilung und die Höhe der Strafe angefochten und eine öffentliche mündliche Verhandlung in der Berufung nicht ausdrücklich beantragt. Es konnte daher gemäß § 51e Abs.3 VStG abgesehen werden.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Der Beschuldigte selbst hat ausgeführt, dass er mit dem im Spruch näher umschriebenen Zubau am 9. April 2001 begonnen hat. Die Zubaumaßnahmen wurden im gesamten Verfahren nicht bestritten. Sie sind auch aufgrund der Aktenlage erwiesen. Ein Feststellungsbescheid lag nicht vor. Weiters steht aufgrund der Aktenlage und auch der Berufungsausführungen fest, dass anlässlich der naturschutzbehördlichen Verhandlung am 7. Mai 2001 aus der Sicht des Natur- und Landschaftsschutzes seitens des Regionsbeauftragten festgestellt wurde, dass durch den konkreten Eingriff in der beantragten Form keine derartig maßgebliche Beeinträchtigung des vorhandenen Landschaftsbildes bewirkt wird, welche die alle anderen Interessen überwiegenden öffentlichen Interessen an seiner Erhaltung verletzen würden. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde H vom 8. Mai 2001 wurde die Baubewilligung für den gegenständlichen Wohnhauszu- und Dachgeschossausbau erteilt. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 16. Mai 2001, wurde die naturschutzrechtliche Feststellung für den gegenständlichen Wohnhauszu- und Dachgeschossausbau getroffen. Diesem Bescheid lag die Stellungnahme des Naturschutzbeauftragten zugrunde, dessen Aussagen nicht in Zweifel gezogen werden. Es konnte daher von einer weiteren Einvernahme Abstand genommen werden.

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erhoben:

5.1. Gemäß § 8 Abs.1 Z2 Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1995, LGBl.Nr. 37/1995 in der Fassung LGBl.Nr. 35/1999 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung) gilt der Natur- und Landschaftsschutz für sonstige Flüsse und Bäche (einschließlich ihrer gestauten Bereiche) und einen daran unmittelbar anschließenden 50 m breiten Geländestreifen, wenn sie in einer von der Landesregierung erlassenen Verordnung angeführt sind. In geschützten Bereichen gemäß Abs.1 ist jeder Eingriff in das Landschaftsbild und im Grünland in den Naturhaushalt verboten, solang die Behörde nicht bescheidmäßig festgestellt hat, dass solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden. (§ 8 Abs.2 leg.cit.)

Gemäß § 42 Abs.3 Z2 leg.cit. begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 500.000 S zu bestrafen, wer Eingriffe, die im Schutzbereich übriger Gewässer verboten sind (§ 8), ohne bescheidmäßige Feststellung iSd § 8 Abs.2 ausführt.

5.2. Auf Grund der Berufungsausführungen und des erwiesenen Sachverhaltes ist zweifelsfrei und rechtsrichtig die belangte Behörde davon ausgegangen, dass zum Zeitpunkt der Tatbegehung eine bescheidmäßige Feststellung gemäß § 8 Abs.2 Oö. NSchG 1995 nicht vorlag. Das Bauvorhaben lag zweifelsfrei im 50 m Bereich der Feldaist, welche in der zitierten Verordnung angeführt ist, und es war daher ein Eingriff ohne die bescheidmäßige Feststellung verboten. Diesem Verbot wurde durch den Bw zuwidergehandelt. Es hat daher der Bw den objektiven Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt.

Er hat - wie die belangte Behörde rechtsrichtig im Straferkenntnis ausführte - die Tat auch schuldhaft begangen. Entschuldigungsgründe lagen nicht vor. Gemäß § 5 Abs.1 VStG war von fahrlässiger Tatbegehung auszugehen, zumal es sich auch bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamsdelikt handelt und ein Entlastungsnachweis vom Beschuldigten nicht erbracht wurde.

5.3. Wenn hingegen der Bw ausführt, dass er die Pläne bereits im Februar 2001 dem Regionsbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz zur Kenntnis gebracht habe und dieser zum Ausdruck gebracht habe, dass naturschutzrechtlich keine Probleme auftreten werden, so kann dies den Beschuldigten nicht entlasten. Eine solche Planbesprechung kann die im Gesetz geforderte bescheidmäßige Feststellung nicht ersetzen. Wie sich aber gezeigt hatte, wurde erst aufgrund eines positiven Gutachtens vom 7.5.2001 der gegenständliche Feststellungsbescheid am 16.5.2001 erlassen. Er war daher im Tatzeitraum, in dem die Rohbauarbeiten für den Zu- und Ausbau begonnen und durchgeführt wurden, noch nicht vorhanden. Auch kann den Berufungswerber die geltend gemachte Rechtsunkenntnis nicht vor Bestrafung schützen und auch sein Verschulden nicht aufheben, zumal gemäß § 5 Abs.2 VStG Rechtsunkenntnis nur dann entschuldigt, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Nach der ständigen Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts wird aber die Kenntnis der Gesetze bei den österreichischen Staatsbürgern vermutet bzw. setzen die Gerichtshöfe öffentlichen Rechts voraus, dass sich die Bürger eine entsprechende Rechtskenntnis bei der zuständigen Behörde verschaffen. Dass der Beschuldigte bei der zuständigen Behörde angefragt hätte und Rechtsauskunft verlangt hätte, hat er nicht einmal in der Berufung behauptet. Es kann ihm daher kein Entschuldigungsgrund zu Gute gehalten werden.

Wenn der Bw für sich die Regel des § 1 Abs.2 VStG über die Anwendung der günstigeren Rechtslage im Verwaltungsstrafverfahren geltend machen will, so ist dem entgegenzuhalten, dass damit nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nur eine Änderung der Rechtslage, also eine vom Gesetzgeber geschaffene neue Gesetzeslage gemeint ist. Das Günstigkeitsprinzip des § 1 Abs.2 VStG hat nur die

Strafe, als die Sanktion zum Gegenstand (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des öst. Verwaltungsverfahrens, S.742 m.N.) Die gesetzliche Strafzumessungsregel bzw. Bestimmung über die Höhe der Strafdrohung wurde im Hinblick auf die gegenständliche Verwaltungsübertretung im Tatzeitraum nicht geändert.

Dagegen ist dem Beschuldigten anzulasten, dass gerade die Bestimmung des § 8 Abs.1 und 2 Oö. NSchG 1995 jene Situation erfasst, dass jeglicher Eingriff in das Landschaftsbild verboten ist, solange nicht die Behörde eine positive bescheid-mäßige Feststellung im Sinne dieser Gesetzesbestimmung erlässt. Es ist daher gerade ein Eingriff bis zur rechtsgültigen bescheidmäßigen Feststellung verboten und unter Strafe gestellt. Eine nachträgliche positive Feststellung kann hingegen das Fehlen während des Tatzeitraumes nicht ersetzen. Vielmehr setzt die zitierte Gesetzesstelle voraus, dass bis zu einer bescheidmäßigen Feststellung mit jeglichen Maßnahmen im Schutzbereich der Flüsse und Bäche zugewartet wird.

Schließlich ist der Beschuldigte auch mit seinen Argumenten, dass er weder von der Baubehörde noch von der eingesetzten Baufirma aufmerksam gemacht worden sei, dass er mit den Bauarbeiten nicht vor Bescheiderlassung beginnen dürfe, nicht erfolgreich. Wie bereits ausgeführt wurde, wird schon vom Gesetzgeber die Rechtskenntnis bei allen Bürgern vorausgesetzt bzw. ist nach dem Maßstab eines sorgfältigen Durchschnittsmenschen dem Beschuldigten zumutbar, dass er sich vor Inangriffnahme des Bauvorhabens nach den entsprechenden Rechtsvorschriften bei der zuständigen Behörde erkundigt. Dieser Sorgfaltspflicht hätte er durch eine Anfrage bei der zuständigen Naturschutzbehörde nachkommen können. Diesbezügliche Behauptungen stellt der Bw aber nicht auf. Es war daher von einer Sorgfaltsverletzung, die ein Verschulden und Strafbarkeit begründet, auszugehen. Auch die weiters geltend gemachten Umstände des Umzugs zu den Schwiegereltern können ein rechtswidriges und strafbares Verhalten nicht rechtfertigen. Es war daher der Schuldspruch zu bestätigen.

5.4. Hinsichtlich der Strafbemessung hat die belangte Behörde den § 19 Abs.1 und 2 VStG zu Grunde gelegt. Aufgrund der Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses ist nicht zu erkennen, dass die belangte Behörde bei dem ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessen in gesetzwidriger Weise Gebrauch gemacht hat. Sie hat zutreffend auf den Unrechtsgehalt der Tat hingewiesen. Zu den subjektiven Strafbemessungsgründen hat sie insbesondere auf die Unbescholtenheit des Bw Bedacht genommen. Erschwerungsgründe hat sie nicht zugrunde gelegt. Sie hat auf die persönlichen Verhältnisse, die der Beschuldigte im Verfahren erster Instanz bekannt gegeben hat, Bedacht genommen. Es hat der Bw in seiner Berufung keine weiteren Gründe für eine Strafmilderung geltend gemacht. Es war daher auch das verhängte Strafausmaß zu bestätigen. Insbesondere war dabei zu berücksichtigen, dass die verhängte Geldstrafe im untersten Bereich des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens (bis zu 500.000 S) gelegen ist. Sie ist auch erforderlich, um den Beschuldigten von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten. Sie

ist tat- und schuldangemessen und auch im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten nicht überhöht. Es war daher auch die Strafe zu bestätigen.

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe festzulegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro (entspricht 2.476,85 S) zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

Bauvorhaben, keine bescheidmäßige Feststellung, Uferschutzbereich, Rechtsun-kenntnis, Verschulden.

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum