Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102470/6/Br/Bk

Linz, 17.01.1995

VwSen-102470/6/Br/Bk Linz, am 17. Jänner 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn Dr. M, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 9.

November 1994, Zl.: Cst 10.569/93-S, wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 17. Jänner 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird in Punkt 1) und 4) mit der Maßgabe Folge gegeben, daß die Geldstrafe auf 1.200 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 48 Stunden und in Punkt 3) die Ersatzfreiheitsstrafe auf 72 Stunden herabgesetzt wird; in Punkt 2) wird der Berufung keine Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird in diesen Punkt vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 866/1992 - AVG iVm § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 666/1993 - VStG.

II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich im Punkt 1) und 4) auf 120 S. Im Punkt 2) werden zuzüglich zu den Erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren 240 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt. In Punkt 1), 3) und 4) entfällt ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2, § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem Straferkenntnis vom 9. November 1994, Zl.: Cst 10.569/93-S, wegen der Übertretung nach der StVO 1960 über den Berufungswerber Geldstrafen von 1) 3.000 S 2) 1.200 S, 3) und 4) je 2.000 S und für den Nichteinbringungsfall 1) 5 Tage, 2) 48 Stunden 3) und 4) je vier Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 21. Mai 1993 von 15.06 bis 15.12 Uhr in Linz, auf der A7 von ca. km 7.6 bis km 1.080 und auf der Westautobahn von km 168.452 bis 166.3 1) zwischen ca. km 7.3 und ca. km 5.4 der A 7 und bei ca. km 168.1 der A 1 den Fahrstreifenwechsel nicht so rechtzeitig angezeigt habe, daß sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen konnten, obwohl dadurch deren Gefährdung oder Behinderung möglich gewesen wäre, 2) er bei ca. km 6.7 der A 7 das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung" (erlaubte Höchstgeschwindig keit 80 km/h) um 27 km/h überschritten habe, 3) er bei ca.

km 4.2 der A 7 das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit 100 km/h") mißachtet habe, indem seine Fahrgeschwindigkeit 139 km/h betragen habe und 4) er in Ansfelden auf der A 7 ca. zwischen km 1.080 bis ca. km 0.0 den Fahrstreifenwechsel nicht so rechtzeitig angezeigt habe, daß sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen konnten, obwohl dadurch deren Gefährdung oder Behinderung möglich gewesen wäre.

1.1. Begründend hat die Erstbehörde sinngemäß ausgeführt, daß die Übertretung aufgrund der Feststellungen der Gendarmeriebeamten, welche im Zuge der Nachfahrt gemacht wurden, erwiesen sei.

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit der fristgerecht erhobenen Berufung.

Inhaltlich wird sinngemäß ausgeführt, daß Punkt 1) und 2) an sich nicht bestritten werde, jedoch insbesondere im Hinblick auf § 11 Abs.2 StVO die Strafe nicht den Bestimmungen des § 19 VStG entspräche. Ferner hätten die einschreitenden Beamten bereits früher eine Anhaltung vorzunehmen gehabt und hätten die Nachfahrt nicht zum Zwecke des "Sammelns von Verwaltungsübertretungen" gestalten dürfen.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war erforderlich, weil die zur Last gelegte Übertretung vom Berufungswerber zumindest in einzelnen Punkten auch dem Grunde nach bestritten wurde (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des Verwaltungsstrafaktes der Bundespolizeidirektion Linz, Zl.: Cst 10.569/93-S, im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 17. Jänner 1995, sowie durch die Vernehmung des Zeugen BezInsp. W und des RevInsp. T als Zeugen, der Abspielung des mittels ProViDa-Anlage auf Band dokumentierten Fahrverlaufes des Berufungswerbers, sowie dessen Vernehmung im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung als Verfahrenspartei.

5. Folgender Sachverhalt gilt aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens als erwiesen:

5.1. Der Berufungswerber hat sein Fahrzeug auf der im Straferkenntnis angeführten Wegstrecke gelenkt. Die dem Berufungswerber im Verlaufe dieser Fahrt zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen wurden an den genannten Örtlichkeiten begangen. Um Wiederholungen zu vermeiden wird diesbezüglich auf die entsprechenden Ausführungen im angefochtenen Straferkenntnis verwiesen. Der Berufungswerber war in Richtung Krankenhaus Enns unterwegs wohin kurz zuvor wegen eines erlittenen Unfalles dessen Sohn eingeliefert worden war.

5.1.1. In einer Stellungnahme des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen, vom 10. Juni 1994, GZ E - 42 071/94, wurde u.a. ausgeführt, daß dieses Gerät, Hersteller: Firma Proof Digitalsystemer) mit der Zulassungsbezeichnung OE 89 k 090, in das Gendarmeriefahrzeug eingebaut wurde.

Dieses Geschwindigkeitsmeßgerät ist mit einer Videokamera ausgerüstet. Die Geschwindigkeitsmeßanlage dient dazu, die fahrzeugeigene Geschwindigkeit zu messen. Die auf den Kopien der Bilder angezeigten Fahrgeschwindigkeiten sind demnach die zu dem am Bild eingeblendeten Zeitpunkt tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit des Zivilstreifenwagens (Momentangeschwindigkeit). Unter der Voraussetzung, daß der Abstand zwischen "verfolgtem und verfolgendem Fahrzeug" gleich bleibt, kann man schließen, daß das verfolgte Fahrzeug mit ähnlicher Geschwindigkeit unterwegs war. Dies war ferner auch sehr eindrucksvoll und leicht nachvollziehbar auf dem Videofilm zu erkennen.

5.2. Zumal der Berufungswerber die ihm zur Last gelegten Übertretungen zuletzt auch inhaltlich nicht mehr bestreitet, können diesbezüglich weitere beweiswürdigende Ausführungen unterbleiben. Glaubhaft hat der Berufungswerber jedoch vorgebracht, daß er kurz vor dieser Fahrt von seiner Frau angerufen wurde, daß sein Sohn infolge eines Unfalles wegen Verdachtes auf Schädelbruch in das Krankenhaus Enns eingeliefert worden sei. Aus diesem Grunde begab er sich so schnell wie möglich nach Enns, wobei er - dadurch bedingt zu wenig auf die Verkehrsvorschriften geachtet und daher auch erst sehr spät den mit Blaulicht nachfahrenden Funkstreifenwagen bemerkt habe. Widerlegt konnte im Rahmen des Beweisverfahrens, insbesondere aber anhand der Videoaufzeichnung, werden, daß die Gendarmeriebeamten (Zeugen) gleichsam "Übertretungen gesammelt" hätten. Eine frühere Anhaltemöglichkeit hat objektiv nicht bestanden.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgendes erwogen:

6.1. Die hier nicht (mehr) bestrittenen Verhaltensweisen wurden von der Erstbehörde in zutreffender Weise subsumiert, sodaß auch diesbezüglich auf die rechtlichen Ausführungen der Erstbehörde verwiesen werden kann.

6.2. Zur Strafzumessung ist jedoch festzustellen, daß im Punkt 1) und 4) die Strafen dem objektiven Unwertgehalt der anderen Übertretungen anzupassen gewesen sind. Aus der Videoaufzeichnung ist hervorgekommen, daß mit der Fahrweise des Berufungswerbers - insbesondere im Hinblick auf den Punkt 1) und 4) - eine konkrete Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer nicht verbunden gewesen ist, wenngleich solche dadurch jedoch irritiert werden sein konnten, weil sie sich auf diesen Vorgang nicht einstellen haben können.

Im Hinblick auf die weiteren Punkte (Schnellfahren) ist der Tatunwert dieser Übertretungspunkte jedoch als geringer zu erachten, sodaß dies in der Strafzumessung zum Ausdruck zu kommen hat, indem zumindest keine höhere Strafe als für eine Geschwindigkeitsüberschreitung zu verhängen gewesen ist.

Wenn für die Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit, insbesondere in Punkt 3) Strafrahmen bis zu 10.000 S und im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Wochen (§ 99 Abs.3 lit.a StVO 1960) - bloß 2.000 S verhängt wurden, so kann dieser Geldstrafe wohl auch nicht angesichts der, infolge des vorliegenden Unfalles auf der subjektiven Tatebene zu berücksichtigenden achtenswerten Gründe, welche zur Verwaltungsübertretung geführt haben, nicht entgegengetreten werden. Die Verkehrssicherheit geht dem subjektiven Interesse des Berufungswerbers, nämlich möglichst schnell zu seinem verunglückten Sohn zu kommen, vor. Sowohl dem objektiven Unwertgehalt der Übertretung an sich, als auch unter Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse und des straferschwerenden Umstandes der bereits bestehenden einschlägigen Vormerkungen war hier Rechnung zu tragen. Die verhängten Strafen sind demnach als sehr milde und daher was selbst die Geschwindigkeitsüberschreitung im Punkt 3) anlangt - jedenfalls nicht überhöht bemessen worden.

Unbegründet hat die Erstbehörde jedoch in Punkt 3) das Verhältnis Geldstrafe und angedrohte Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt, indem sie eine Ersatzfreiheitsstrafe von vier Tagen verhängte. Hier ein Unterschied: (Geldstrafe 2.000 S :

96 Stunden Ersatzarrest). Hiefür wäre eine besondere Begründung erforderlich. Im erstbehördlichen Straferkenntnis und auch aus dem Ergebnis des Berufungsverfahrens findet sich diesbezüglich jedoch kein begründbarer Anhaltspunkt.

Demzufolge war die Ersatzfreiheitsstrafe zur Geldstrafe in ein entsprechendes Verhältnis zu setzen (VwGH 5.11.1987, 87/18/0087, ZVR 1988/175).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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