Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400314/4/Kl/Ka

Linz, 09.12.1994

VwSen-400314/4/Kl/Ka Linz, am 9. Dezember 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Beschwerde der D L (alis A C A), vertreten durch M R wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Schärding zu Recht erkannt: I. Der Beschwerde wird insofern stattgegeben, als festgestellt wird, daß die Beschwerdeführerin durch die verfahrensgegenständliche Festnahme und Anhaltung vom 6.

November 1994 bis 17. November 1994 in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt wurde; im übrigen wird die Beschwerde abgewiesen und festgestellt, daß die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

II. Der Bund hat der Beschwerdeführerin zu Handen ihrer Vertreterin die Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in Höhe von 8.453 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Kostenersatzantrag der belangten Behörde wird abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 51 Abs.1, 52 Abs.1, 2 und 4 sowie 54, 36 und 37 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl.Nr.838/1992 in der Fassung BGBl.Nr.110/1994, iVm § 67c Abs.1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG sowie Art.4 Abs.6 des BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl.Nr.684/1988.

zu II.: §§ 74 und 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 2.12.1994, zur Post gegeben am 3.12.1994 und beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 5.12.1994, wurde Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Schärding erhoben und beantragt, festzustellen, daß die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen, und eine weitere Anhaltung der Beschwerdeführerin als rechtswidrig zu erklären. Weiters wurde ein Kostenersatzantrag gestellt.

Begründend wurde ausgeführt, daß die Beschwerdeführerin äußerst glaubhaft liberianische Staatsangehörige sei, Analphabetin sei und nie eine Schule besucht habe und daher über ihre Flucht sowie über die zeitliche Abfolge keine Angaben machen könne. Sie sei jedenfalls eine sehr lange Zeit auf der Flucht und wahrscheinlich schon drei Jahre in Ungarn gewesen, bevor sie unter Verwendung des ihr zur Verfügung gestellten holländischen Reisepasses von Ungarn nach Österreich am 6.11.1994 eingereist sei und noch am selben Tag die Ausreise nach Deutschland versucht habe. Zur Lage ihres Heimatlandes wurde darauf hingewiesen, daß der Bürgerkrieg in Liberia seit Dezember 1989 mehr als 150.000 Todesopfer gefordert und mehr als eine Million Menschen in die Flucht geschlagen habe. Auf verschiedene Medienberichte wurde detailliert hingewiesen. Aus diesen Gründen sei daher eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib und Leben der Antragstellerin im Falle einer Rückkehr nach Liberia zu rechnen. Es sei daher eine Abschiebung aus tatsächlichen sowie aus rechtlichen Gründen unmöglich, weil einerseits Abschiebungsverbote zum Tragen kommen und andererseits weder eine Flugverbindung nach Monrovia noch die Ausstellung eines Heimreisezertifikates tatsächlich möglich sind. Mangels eines Sicherungszweckes sei daher auch die Schubhaft nicht rechtmäßig. Auch eine Zurückschiebung nach Ungarn ist faktisch unmöglich. Ebenso die Abschiebung in irgendein anderes Land, weil die Beschwerdeführerin über keine Identitätspapiere verfüge.

Schließlich wurde bemängelt, daß der Schubhaftbescheid der Beschwerdeführerin nicht übersetzt wurde, nicht einmal der Spruch und die Rechtsmittelbelehrung.

2. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt, keine Gegenschrift erstattet und für den Fall des Obsiegens die Zuerkennung der Kosten beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in den vorgelegten Verwaltungsakt Einsicht genommen und es wird festgestellt, daß der Sachverhalt in den wesentlichen entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gemäß § 52 Abs.2 Z1 FrG unterbleiben.

4. Es ergibt sich im wesentlichen folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt:

4.1. Die Beschwerdeführerin hat sich zunächst als ghanesische Staatsangehörige ausgewiesen und ist nach ihren weiteren Angaben Staatsangehörige von Liberia. Nach einer schon mehrere Jahre zurückliegenden Flucht aus Liberia nach Ungarn, wo sie sich für lange Zeit aufgehalten hat und ein Kind geboren hat, hat sie am 6.11.1994 von Ungarn kommend das Bundesgebiet von Österreich ohne gültiges Reisedokument betreten und hat am selben Tag um 9.00 Uhr bei der Grenzkontrollstelle Suben die Ausreise unter Verwendung eines fremden holländischen Reisepasses auf den Namen A C A, gültig vom 7.5.1992 bis 7.5.1997, die Ausreise nach Deutschland versucht. Sie wurde wegen des Verdachtes des Gebrauchs eines fremden Ausweises gemäß § 231 StGB festgenommen und über Anordnung der Bezirkshauptmannschaft Schärding vorgeführt.

4.2. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 6.11.1994, Sich41-737-1994, wurde über die Beschwerdeführerin die Schubhaft verhängt, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und die Abschiebung zu sichern. Begründend wurden die illegale Einreise, das Fehlen von Lichtbilddokumenten zur Feststellung der Identität und fehlende Mittel für den Lebensunterhalt angeführt. Dieser Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin am selben Tag um 14.00 Uhr persönlich übernommen und durch Überstellung in das polizeiliche Gefangenenhaus Wien sofort in Vollzug gesetzt.

Weitere Erhebungen haben ergeben, daß der von der Beschwerdeführerin verwendete Reisepaß am 6.11.1994 als gestohlen gemeldet wurde.

Dem Amtshilfeersuchen der belangten Behörde entsprechend versuchte die Bundespolizeidirektion Wien eine Einvernahme der Beschwerdeführerin am 8.11.1994, auch im Hinblick darauf, daß sie der englischen Sprache offenkundig mächtig ist. Diese Einvernahme wurde aber wegen Zweifel an der Einvernahmefähigkeit wieder abgebrochen (Aktenvermerk vom 8.11.1994). Eine amtsärztliche Untersuchung der Beschwerdeführerin hat am 11.11.1994 deren Vernehmungsfähigkeit und Haftfähigkeit ergeben. Eine Vollmacht für die Beschwerdeführervertreterin vom 16.11.1994 wurde der Behörde vorgelegt.

Am 17.11.1994 fand eine niederschriftliche Einvernahme der Beschwerdeführerin im Beisein ihrer Vertreterin sowie einer Dolmetscherin (für die ghanische Sprache) statt, bei welcher die Beschwerdeführerin nunmehr ihren Namen mit D L angab und ihre Nationalität mit Liberia bezeichnete. Auch gab sie an, des Lesens und Schreibens nicht kundig zu sein. Ihr Heimatort sei Laptan. Anläßlich dieser Einvernahme gab sie auch an, daß ihre Eltern und ihre zwei Brüder in Liberia getötet worden seien und sie daher die Flucht angetreten habe, nämlich etwa vor drei Jahren. Diese führte sie nach Ungarn, wo sie auch ein Kind gebar und gegen 150 US-Dollar eintauschte. Von dort aus reiste sie dann mit dem holländischen Reisepaß nach Österreich ein. Weiters gab die Beschwerdeführerin an, daß sie nie einen Paß besessen habe, daß sie keine Barmittel besitze und keine Angehörigen mehr habe. Sie wurde sodann über das Vorliegen der Voraussetzungen zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes belehrt und darüber, daß wegen der ungeklärten Identität eine Entlassung aus der Schubhaft nicht erfolgen könne.

4.3. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 1.12.1994, Sich41-737-1994-Hol, zur Post gegeben am 2.12.1994, wurde über die Beschwerdeführerin ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von 3 Jahren für das gesamte Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen und einer Berufung gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung ausgeschlossen. Begründend hat die belangte Behörde die Mißachtung der Einreisebestimmungen sowie auch das Verlassen des Bundesgebietes ohne den erforderlichen Reisepaß sowie das Vergehen nach § 231 StGB als bestimmte Tatsache nach § 18 Abs.1 Fremdengesetz gesehen und im übrigen auch noch bestimmte Tatsachen, nämlich unrichtige Angaben zur Person der Beschwerdeführerin und daher ungeklärte Identität sowie die Mittellosigkeit der Beschwerdeführerin zur Bestreitung ihres Unterhaltes angeführt. Zwei Ausfertigungen dieses Bescheides wurden an die BPD Wien mit dem Ersuchen um Zustellung an die Beschwerdeführerin wie an ihre Vertreterin übermittelt. Eine Zustellung ist im Akt nicht ausgewiesen.

Gleichzeitig wurde die BPD Wien ersucht, nach Zustellung des Aufenthaltsverbotes die Beschwerdeführerin aus der Schubhaft zu entlassen.

4.4. Mit Eingabe vom 30.11.1994, bei der Bezirkshauptmannschaft Schärding eingelangt am 5.12.1994, hat die Beschwerdeführerin durch ihre Vertreterin einen Antrag auf Feststellung von Abschiebungsverboten gemäß § 54 Abs.1 FrG sowie einen Antrag auf Gewährung eines Abschiebungsaufschubes gemäß § 36 Abs.2 FrG gestellt.

Aufgrund dieses Antrages wurde der BPD Wien telefonisch mitgeteilt, daß die Beschwerdeführerin noch in Haft zu halten sei, bis eine Entscheidung über diesen Antrag ergangen sei. Im übrigen wurde von dort mitgeteilt, daß die Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin nicht geklärt sei, insbesondere ob sie Liberianerin ist, werde noch in einer ergänzenden Einvernahme erhoben (Aktenvermerk vom 5.12.1994).

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 51 Abs.1 Fremdengesetz - FrG, BGBl.Nr. 838/1992 idF BGBl.Nr. 110/1994, hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 leg.cit.).

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (§ 52 Abs.4 leg.cit.).

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde die Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft behauptet. Die Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt. Die Beschwerde ist zulässig.

5.2. Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen.

Gemäß § 48 Abs.1 FrG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß die Schubhaft so kurz wie möglich dauert.

Die Schubhaft darf nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Sie darf außer in den Fällen des Abs.4 insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern (§ 48 Abs.2 leg.cit.).

5.3. Aufgrund des dargelegten und als erwiesen festgestellten Sachverhaltes steht fest, daß die Beschwerdeführerin illegal, dh ohne gültige Reisedokumente nämlich unter Verwendung eines fremden, gestohlenen Reisepasses -, nach Österreich eingereist ist, sich unrechtmäßig im Bundesgebiet Österreich aufgehalten hat, über keinen Wohnsitz und keine Barmittel für die Bestreitung des geordneten Lebensunterhaltes in Österreich verfügt und auch keinerlei Bindungen zu Österreich aufweist (keine Angehörigen). Aufgrund der mangelnden Aufenthaltsberechtigung ist es der Beschwerdeführerin auch verwehrt, ein Einkommen auf legalem Wege zu erwerben. Das von der belangten Behörde angesichts dieser Umstände in Aussicht genommene Aufenthaltsverbot erscheint daher von vornherein nicht unzulässig, zumal bestimmte Tatsachen gemäß § 18 Abs.2 FrG (fehlende Mittel; unrichtige Angaben über die Person, Zweck und beabsichtigte Dauer des Aufenthaltes, um sich die Einreise zu verschaffen) offenkundig waren.

Aufgrund dieses Sachverhaltes ist nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Befürchtung der belangten Behörde begründet, daß sich die Beschwerdeführerin durch Untertauchen einem fremdenpolizeilichen Verfahren und einer Ausreise bzw. einer Abschiebung entziehen oder jedenfalls dieses Verfahren erschweren werde. Für eine solche Annahme reichen nach der Judikatur eine illegale Einreise und unrechtmäßiger Aufenthalt oder Mittellosigkeit und fehlende Unterkunft aus (VwGH vom 17.6.1993, 93/18/0078, VwGH 14.4.1993, 93/18/0080).

Es war daher die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung des Verwaltungsverfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes jedenfalls gerechtfertigt und erforderlich. Auch die weitere Anhaltung in Schubhaft zu diesem Zweck war gerechtfertigt. Aus der Aktenlage geht auch hervor, daß die belangte Behörde bestrebt war, die Haft so kurz wie möglich zu halten, indem sie über ihr Amtshilfeersuchen die sofortige Einleitung des Ermittlungsverfahrens zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes veranlaßte. Sie hat auch ohne Verzug einen Aufenthaltsverbotsbescheid am 1.12.1994 erlassen (zur Post gegeben am 2.12.1994). Die Zustellung dieses Bescheides ist im Akt nicht ausgewiesen, sodaß zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung noch davon auszugehen war, daß die Schubhaft zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes aufrecht war. Ab der Bescheidzustellung, weil die Überwachung der Ausreise der Fremden aus eben den angeführten Gründen auch für notwendig anzusehen ist, dient die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung (§ 48 Abs.3 leg.cit). Da es keine Anhaltspunkte dafür gibt, daß eine Änderung in den die Notwendigkeit der Schubhaftverhängung begründenden Umständen bis zur Erlassung dieser Entscheidung eingetreten wäre, ist auch die weitere Anhaltung in Schubhaft gerechtfertigt.

5.4. Zu der von der Beschwerdeführerin behaupteten tatsächlichen Unmöglichkeit der Abschiebung wird auf § 36 Abs.2 erster Satz FrG hingewiesen, wonach die Abschiebung eines Fremden auf Antrag oder von Amts wegen auf bestimmte, jeweils ein Jahr nicht übersteigende Zeit aufzuschieben ist, wenn sie ua aus tatsächlichen Gründen unmöglich scheint. Für einen solchen Fall ist daher ein eigenes Verfahren vorgesehen, welches vor den Fremdenbehörden (§ 65 Abs.1 FrG) zu führen ist. Die Prüfung, ob die Abschiebung eines Fremden aus tatsächlichen Gründen unmöglich ist, hat daher in einem solchen Fall nicht im Rahmen der Prüfung einer Schubhaftbeschwerde durch den unabhängigen Verwaltungssenat zu erfolgen (vgl. VwGH vom 8.7.1994, 94/0227). Ein diesbezüglicher Antrag auf Abschiebungsaufschub wurde - wie unter Punkt 4. dargelegt - auch tatsächlich von der Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde eingebracht und ist noch anhängig.

An dieser Stelle ist jedoch anzumerken, daß die Identität der Beschwerdeführerin nicht geklärt erscheint, zumal sie sich zunächst als ghanesische Staatsangehörige ausgab, sodann ihre liberianische Staatsangehörigkeit zugab und aber diese Angabe mangels irgendwelcher Identitätsdokumente bislang nicht nachgewiesen werden konnte. Vielmehr hegt die belangte Behörde Zweifel an der Staatsangehörigkeit zu Liberia. Es könnte daher - nach Feststellung der Identität der Beschwerdeführerin - auch die Möglichkeit der Abschiebung in ein anderes Land noch in Betracht kommen.

5.5. Die weiters von der Beschwerdeführerin behauptete Unzulässigkeit der Abschiebung wegen des Vorliegens von "Refoulement" - Verboten ist ebenfalls nicht im Rahmen der Prüfung einer Schubhaftbeschwerde durch den unabhängigen Verwaltungssenat aufzugreifen, weil der Beschwerdeführerin noch die Möglichkeit der Antragstellung nach § 54 Fremdengesetz an die belangte Behörde, also die Überprüfung der Unzulässigkeit einer Abschiebung in ein bestimmtes Land, noch offensteht, von welcher Möglichkeit die Beschwerdeführerin auch tatsächlich mit ihrem schriftlichen Antrag vom 30.11.1994 Gebrauch gemacht hat. Die Überprüfung von Rückschiebungsverboten hat daher die Fremdenbehörde in einem diesbezüglich vorgesehenen gesonderten Verfahren durchzuführen. Diese Auffassung stützt sich auf die nunmehr ständige Judikatur beider Gerichtshöfe öffentlichen Rechts.

5.6. Da sohin Gründe für die Verhängung der Schubhaft vorlagen, diese Gründe fortbestanden und keine Änderung erfahren haben, war die Anhaltung in Schubhaft rechtmäßig und liegen auch weiterhin Gründe für die Anhaltung in Schubhaft vor.

5.7. Die Beschwerdeführerin ist jedoch insofern im Recht, als sie vorbringt, daß "der Schubhaftbescheid der Beschwerdeführerin nicht übersetzt wurde. Nicht einmal Spruch und Rechtsmittelbelehrung wurden übersetzt." Aus dem vorgelegten Akt geht nämlich eine Ersteinvernahme der Beschwerdeführerin bzw eine Information über die Inhaftierung und die Haftgründe an die Beschwerdeführerin (in einer ihr verständlichen Sprache) nicht hervor. Ein Haftblatt liegt lediglich in deutscher Sprache dem Akt bei, welches zwar von der Beschwerdeführerin unterschrieben wurde, aber keine Übersetzung beinhaltet. Auch liegt im Akt der Schubhaftbescheid lediglich in deutscher Sprache auf, und wurde dieses in deutscher Sprache ausgefertigte Original von der Beschwerdeführerin unterschrieben. Weiters ist aus dem Akt ersichtlich, daß die Beschwerdeführerin nur schlecht die englische Sprache spricht und nach ihren Angaben nicht lesen und schreiben könne. Eine Ersteinvernahme unter Beiziehung eines Dolmetschers erfolgte erst am 17.11.1994, wobei sie über die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und die weitere Anhaltung in Schubhaft unterrichtet wurde.

Gemäß Art.4 Abs.6 des BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl.Nr.684/1988, ist jeder Festgenommene "ehestens, womöglich bei seiner Festnahme", in einer ihm verständlichen Sprache über die Gründe seiner Festnahme und die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen zu unterrichten.

Dadurch daß weder dem Haftbericht noch aus dem ausgehändigten Schubhaftbescheid und dessen Beilagen noch aus einem niederschriftlichen Vermerk hervorgeht, daß eine diesbezügliche Verständigung in einer der Beschwerdeführerin verständlichen Sprache erfolgt ist, wurde gegen diese verfassungsgesetzlich festgelegten Erfordernisse der Festnahme bzw der Anhaltung verstoßen. Ein Dolmetscher wurde erstmals bei der bereits genannten Einvernahme durch einen Beamten der Bundespolizeidirektion Wien am 17.11.1994, also erst elf Tage nach der Festnahme der Beschwerdeführerin beigezogen.

Entsprechend der jüngsten Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 10.10.1994, B46/94-8 und B85/94-11) haben die unabhängigen Verwaltungssenate jedwede Rechtsverletzung, also auch die gegenständliche Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Grundrechtes "in möglichst kurzer Frist" bzw "ehestens, womöglich bei der Festnahme" über die Gründe der Festnahme unterrichtet zu werden, aufzugreifen und für rechtswidrig zu erklären.

Bei dieser Sachlage war daher der vorliegenden Beschwerde insofern stattzugeben, als festzustellen war, daß die Beschwerdeführerin durch die Festnahme und Anhaltung von 6.11.1994 bis zum 17.11.1994 in ihrem durch Art.4 Abs.6 BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt wurde; im übrigen war aber die Beschwerde abzuweisen und gemäß § 52 Abs.4 FrG festzustellen, daß die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

6. Bei diesem Verfahrensergebnis waren der Beschwerdeführerin zu Handen der Beschwerdeführervertreterin (KontoNr.20-11302/00 von amnesty international beim CA-Bankverein) nach § 79a AVG antragsgemäß die Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in Höhe von 8.453 S (Schriftsatzaufwand zuzüglich Bundesstempelmarke von 120 S) zuzusprechen. Der Kostenersatzantrag der belangten Behörde war daher abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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