Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400400/2/Le/Fb

Linz, 27.03.1996

VwSen-400400/2/Le/Fb Linz, am 27. März 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Beschwerde des T... B..., geb. ..., algerischer Staatsangehöriger, dzt.

Justizanstalt Ried/Innkreis, Bahnhofstraße 56, 4910 Ried/Innkreis, vertreten durch Frau B... H..., S..., ...

R..., wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird festgestellt, daß zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Höhe von 3.044 S binnen 14 Tagen ab der Zustellung bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: §§ 51 Abs.1, 52 Abs.1, 2 und 4 des Fremdengesetzes FrG, BGBl.Nr. 838/1992 idF BGBl.Nr. 110/1994, iVm § 67c Abs.1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 AVG.

Zu II.: §§ 74 und 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Mit Schriftsatz vom 19.3.1996, bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau eingebracht am 21.3.1996, erhob Herr T...

B... durch seine ausgewiesene Vertreterin Schubhaftbeschwerde.

In der Begründung dazu führte der Beschwerdeführer (im folgenden kurz: Bf) folgendes aus:

Er sei algerischer Staatsbürger und wäre bisher von der Caritas Innsbruck im Rahmen des "Projektes Wilten" versorgt worden; dorthin könne er jederzeit zurückkehren.

Er wäre bereits in Innsbruck ca. 3 Monate in Schubhaft gewesen; eine Abschiebung sei nicht zustandegekommen. Er befürchte, in Algerien Verfolgung zu erleiden, weil er dort den Militärdienst verweigert hätte.

Er ersuchte deshalb, aus der Schubhaft entlassen zu werden, weil er von der Caritas weiter versorgt und daher keine Kosten verursachen würde.

2. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau als belangte Behörde hat mitgeteilt, daß sich der Bf seit 12.2.1996 in Schubhaft befände; am 19.3.1996 sei er jedoch nach einem Selbstmordversuch von der Justizanstalt Ried in das Krankenhaus Ried überstellt worden.

Zur Sache selbst wurde angemerkt, daß der Bf trotz Aufenthaltsverbotes das Bundesgebiet nicht verlassen habe und nach versuchtem illegalem Grenzübertritt in die BRD nach Österreich zurückgeschoben wurde, wo er zur Sicherung der Abschiebung in Schubhaft genommen wurde. Die BH. Braunau hätte sich bereits um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bemüht, doch sei dieses noch nicht eingelangt.

Es sei daher beabsichtigt, die Schubhaft bis zur Durchführung der Abschiebung fortzusetzen.

Da sohin die Schubhaft nicht rechtswidrig sei, wurde die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in die vorgelegten Akten Einsicht genommen und festgestellt, daß der Sachverhalt in den entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdeausführungen ausreichend geklärt ist.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gem. § 52 Abs.2 Z1 FrG unterbleiben.

4. Es ergibt sich daraus im wesentlichen folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

4.1. Der Bf reiste am 18.9.1995 aus Italien kommend über den Brennerpaß nach Österreich ein, wobei er sich einer gefälschten italienischen Identitätskarte, lautend auf den Namen R... M... (M...) bediente.

Die Bezirkshauptmannschaft Kufstein verhängte daraufhin mit Bescheid vom 19.9.1995 die Schubhaft und erließ gleichzeitig ein Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich für die Dauer von 7 Jahren.

Im zugrundeliegenden Verfahren hatte der nunmehrige Bf angegeben, im Jahr 1991 nach Italien geflohen zu sein, weil er sich dem Wehrdienst in Algerien entziehen wollte. Im Jahr 1995 hätte er beschlossen, nach Italien weiterzureisen.

Seinen algerischen Paß hätte er in der Zwischenzeit jedoch verloren.

Bereits die Bezirkshauptmannschaft Kufstein bemühte sich mit Schreiben vom 13.10.1995 um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei der Botschaft der demokratischen Volksrepublik Algerien in Wien.

Als er am 18.12.1995 aus der Schubhaft entlassen wurde, trug ihm die Behörde auf, unverzüglich das Bundesgebiet zu verlassen. Er begab sich aber zuvor zur Caritas nach Innsbruck, wo er einen Schlafplatz im Stift Wilten bekam.

Am 6.1.1996 wurde er wiederum von der Polizei aufgegriffen und von der Bundespolizeidirektion Innsbruck in Schubhaft genommen. Allerdings konnte zu diesem Zeitpunkt die Schubhaft nicht vollstreckt werden, da kein Haftplatz aufzutreiben war.

4.2. Am 10.2.1996 wurde der Bf von der bayrischen Grenzpolizei dabei betreten, als er gerade im Beisein eines weiteren Ausländers am Brückenkopf des Kontrollpostens Braunau den Grenzzaun in Richtung BRD überklettern wollte. Der Bf wurde wegen unerlaubtem Grenzübertritt und Mittellosigkeit zurückgewiesen und am 12.2.1996 an den Gendarmerieposten Braunau übergeben.

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau verhängte daraufhin am 12.2.1996 über den Bf die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, daß der Bf algerischer Staatsbürger sei und am 18.9.1995 unter Verwendung einer gefälschten italienischen Identitätskarte nach Österreich eingereist sei. Von der Bezirkshauptmannschaft Kufstein sei ein seit 19.9.1995 durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden. Am 10.2.1996 hätte er in Begleitung eines irakischen Staatsbürgers versucht, unter Umgehung der Grenzkontrolle unerlaubt nach Deutschland auszureisen. Er sei dabei auf frischer Tat betreten und von den deutschen Grenzbehörden am 12.2.1996 gemäß dem deutsch-österreichischen Schubabkommen nach Österreich zurückgeschoben worden.

Der Bf besitze weder einen Reisepaß noch ein anderes Lichtbilddokument. Er sei zwar in Innsbruck polizeilich gemeldet, doch hätte er, da es offenbar seine Absicht gewesen sei, Österreich zu verlassen, diesen Wohnsitz aufgegeben. Er sei in Österreich somit als unstet anzusehen. Es sei aufgrund dieser Tatsachen die Abschiebung beabsichtigt. Da zu befürchten sei, daß er sich den beabsichtigten fremdenpolizeilichen Maßnahmen entziehen werde, müsse die Schubhaft verhängt werden.

Zum Vollzug der Schubhaft wurde der Bf in das Gefangenenhaus Ried/Innkreis überstellt.

4.3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau setzte sich ihrerseits mit der algerischen Botschaft in Wien zwecks Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Bf in Verbindung.

Mit Bescheid vom 12.3.1996 wies die Bezirkshauptmannschaft Braunau den Antrag vom 5.3.1996 auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach Algerien unter Hinweis auf § 54 Abs.2 Fremdengesetz zurück. In der Begründung wies sie darauf hin, daß aufgrund des bereits rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes ein derartiger Antrag nicht mehr gestellt werden könne.

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 51 Abs.1 Fremdengesetz (FrG), BGBl.Nr. 838/1992 idF 110/1994, hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Bf festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 leg.cit.).

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich.

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde - zumindest schlüssig - im wesentlichen die Rechtswidrigkeit der Inschubhaftnahme und der Anhaltung behauptet und die Feststellung begehrt, daß der Schubhaftbescheid, die Inhaftnahme sowie seine Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig wären.

Die Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt, die Beschwerde ist zulässig; sie ist jedoch im wesentlichen nicht begründet.

5.2. Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gem.

§ 57 AVG anzuordnen.

5.3. Auf Grund des unter Punkt 4. dargestellten Sachverhaltes steht fest, daß - der Bf ohne im Besitz eines gültigen Reisedokumentes zu sein, nach Österreich eingereist ist, - in Österreich keine Verwandten oder Bekannten hat, die ihm Unterkunft gewähren könnten, - in Österreich kein Einkommen hat, - gegen ihn ein Aufenthaltsverbot rechtskräftig für die Dauer von 7 Jahren verhängt wurde und - gegen ihn ein Schubhaftbescheid erlassen wurde.

Hinsichtlich der finanziellen Mittel für seinen Aufenthalt gab er durch seine ausgewiesene Vertreterin bekannt, bisher von der Caritas in Innsbruck (im Projekt Wilten) versorgt worden zu sein und dorthin jederzeit zurückkehren zu können.

5.4. In seinem Beschwerdeschriftsatz brachte der Bf im wesentlichen vor, daß er bei einer Abschiebung nach Algerien eine Verfolgung iSd § 37 FrG befürchte, weil er den Militärdienst verweigert hätte und deshalb von der algerischen Polizei gesucht werde.

Dazu ist anzumerken, daß die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung bereits von der Bezirkshauptmannschaft Kufstein im Rahmen eines Verfahrens nach den §§ 37 und 54 FrG rechtskräftig entschieden wurde und dem unabhängigen Verwaltungssenat diesbezüglich keine Entscheidungskompetenz zukommt. Im übrigen steht durch die bisherige Judikatur fest, daß die Wehrdienstverweigerung auch in den Staaten, die der Europäischen Menschenrechtskonvention beigetreten sind, mit Strafe bedroht ist, weshalb dieses Argument einer Abschiebung nicht entgegenstehen würde.

Zum weiters vorgebrachten Argument, von der Caritas in Innsbruck im Rahmen eines Projektes versorgt zu werden und deshalb "keine weiteren Kosten" zu verursachen, wird ausgeführt, daß dieses Argument hinter die oben unter 5.3.

aufgezählten Gründe, die für eine Abschiebung sprechen, zurücktreten muß. Die Frage des Wohnsitzes sowie der Verpflegungskosten sind nur ein Teilaspekt bei der fremdenrechtlichen Beurteilung des Aufenthaltes eines Fremden in Österreich.

Damit aber hat der Bf kein echtes Argument vorgebracht, mit dem die Rechtswidrigkeit seiner Anhaltung in Schubhaft begründet werden könnte.

5.5. Im Schubhaftprüfungsverfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist die Rechtmäßigkeit der Schubhaft die einzig zu entscheidende Frage (VwGH vom 27.1.1995, 94/02/0334).

Der unabhängige Verwaltungssenat hat die Frage der Rechtmäßigkeit der Anhaltung nach jeder Richtung hin selbständig zu untersuchen und jedwede unterlaufene Gesetzwidrigkeit festzustellen und aufzugreifen (VfGH vom 23.6.1994, B 2019/93).

Eine Überprüfung des Schubhaftbescheides aus dem Blickwinkel der dem unabhängigen Verwaltungssenat zukommenden Prüfungskompetenz ergab die Rechtmäßigkeit der Anordnung der Schubhaft, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 41 Abs.1 FrG dafür vorliegen und die Schubhaft notwendig ist, um die Durchsetzung des rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes sowie die Abschiebung zu sichern, zumal der Bf über kein gültiges Reisedokument verfügt. Die Aufrechterhaltung ist zur Sicherung dieser Gründe daher auch weiterhin notwendig.

Zu II.:

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die angeführte Gesetzesstelle. Der belangten Behörde als obsiegender Partei war antragsgemäß der Ersatz der Kosten iSd § 52 Abs.2 FrG iVm § 79a AVG für den Vorlage- und Schriftsatzaufwand zuzusprechen. Dabei ist nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes von einem Ansatz in Höhe von zwei Drittel des Pauschalkostenersatzes vor dem VwGH (Verordnung BGBl.Nr.

416/1994 Art.1 B Z4 und 5) auszugehen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. L e i t g e b

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